TE Bvwg Erkenntnis 2024/8/6 W102 2287819-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2024
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Entscheidungsdatum

06.08.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W102 2287818-1/13E

W102 2287819-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von 1. XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien (BF1), 2. XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien (BF2), BF1 und BF2 vertreten durch: BBU - Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten -Außenstelle Klagenfurt, 1. vom 24.01.2024, Zl. XXXX , 2. vom 24.01.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von 1. römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien (BF1), 2. römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien (BF2), BF1 und BF2 vertreten durch: BBU - Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten -Außenstelle Klagenfurt, 1. vom 24.01.2024, Zl. römisch 40 , 2. vom 24.01.2024, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1.       Der Erstbeschwerdeführer XXXX , geb. XXXX , (in Folge: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin XXXX , geb. XXXX , (in Folge: BF2) sind verheiratet. Die BF sind syrische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Araber sowie Angehörige der muslimischen Religion sunnitischer Ausrichtung.1.       Der Erstbeschwerdeführer römisch 40 , geb. römisch 40 , (in Folge: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin römisch 40 , geb. römisch 40 , (in Folge: BF2) sind verheiratet. Die BF sind syrische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Araber sowie Angehörige der muslimischen Religion sunnitischer Ausrichtung.

BF1 und BF2 stellten am 11.09.2022 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Im Rahmen der Erstbefragung am 12.09.2022 gab der BF1 zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass er Syrien verlassen habe, weil dort Krieg herrsche. Er hätte außerdem den Reservedienst machen müssen. Er wolle nicht im Krieg sterben. Bei einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

Die BF2 gab im Rahmen der Erstbefragung am 12.09.2022 zum Fluchtgrund befragt an, dass die Lage in Syrien sehr gefährlich sei. Es herrsche immer noch Krieg in Syrien. Ihr Haus sei bombardiert und zerstört worden. Sie könne nicht mehr dort leben, deshalb habe sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Syrien verlassen. Bei einer Rückkehr habe sie Angst im Krieg zu sterben.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde) am 07.11.2023 führte der BF1 zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst aus, dass es in XXXX keine Sicherheit mehr gebe. Er wolle nicht zum Militär. Alle Freunde, die zum Militär gegangen seien, würden kämpfen und dürften das Militär nicht verlassen. Er sei ein friedlicher Mensch und wolle nicht kämpfen. Fluchtauslösend sei gewesen, als er in XXXX ausgepeitscht worden sei. Wenn er in Orten der Regierung lebe, müsse er kämpfen und wenn er woanders hingehe, müsse er mit anderen gegen die Regierung kämpfen, aber er wolle nicht kämpfen. In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde) am 07.11.2023 führte der BF1 zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst aus, dass es in römisch 40 keine Sicherheit mehr gebe. Er wolle nicht zum Militär. Alle Freunde, die zum Militär gegangen seien, würden kämpfen und dürften das Militär nicht verlassen. Er sei ein friedlicher Mensch und wolle nicht kämpfen. Fluchtauslösend sei gewesen, als er in römisch 40 ausgepeitscht worden sei. Wenn er in Orten der Regierung lebe, müsse er kämpfen und wenn er woanders hingehe, müsse er mit anderen gegen die Regierung kämpfen, aber er wolle nicht kämpfen.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 07.11.2023 führte die BF2 zu ihren Fluchtgründen aus, dass sie wegen des Krieges, der fehlenden Sicherheit und Lebensgefahr geflüchtet seien. In XXXX hätten sie wegen Bombardierungen umziehen müssen und in XXXX habe der IS Leute aufgehängt. Sie hätten psychisch gelitten, weil sie viele Leichen auf den Straßen gesehen hätten. Bei einer Rückkehr ins Regierungsgebiet würde ihr Mann einberufen werden. In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 07.11.2023 führte die BF2 zu ihren Fluchtgründen aus, dass sie wegen des Krieges, der fehlenden Sicherheit und Lebensgefahr geflüchtet seien. In römisch 40 hätten sie wegen Bombardierungen umziehen müssen und in römisch 40 habe der IS Leute aufgehängt. Sie hätten psychisch gelitten, weil sie viele Leichen auf den Straßen gesehen hätten. Bei einer Rückkehr ins Regierungsgebiet würde ihr Mann einberufen werden.

2.       Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 24.01.2024, zugestellt am 31.01.2024, wies die belangte Behörde die Anträge der BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte den BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für ein Jahr (Spruchpunkt III.). Begründend führte die belangte Behörde hinsichtlich Spruchpunkt I. aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die BF Syrien aufgrund wohlbegründeter Furcht vor den Verwandten der BF2 verlassen hätten [sic]. Auch sei eine Verfolgung des BF1 durch das syrische Militär bzw. das syrische Regime betreffend einen möglichen Einzug zum Reservistendienst nicht glaubhaft. Eine Bedrohung durch andere Gruppierungen sei nicht hervorgekommen. Andere Ausreisegründe hätten nicht festgestellt werden können. 2.       Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 24.01.2024, zugestellt am 31.01.2024, wies die belangte Behörde die Anträge der BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte den BF gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen für subsidiär Schutzberechtigte gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.). Begründend führte die belangte Behörde hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die BF Syrien aufgrund wohlbegründeter Furcht vor den Verwandten der BF2 verlassen hätten [sic]. Auch sei eine Verfolgung des BF1 durch das syrische Militär bzw. das syrische Regime betreffend einen möglichen Einzug zum Reservistendienst nicht glaubhaft. Eine Bedrohung durch andere Gruppierungen sei nicht hervorgekommen. Andere Ausreisegründe hätten nicht festgestellt werden können.

3.       Gegen Spruchpunkt I. der oben dargestellte Bescheide richten sich die am 15.02.2024 bei der belangten Behörde eingelangten gleichlautenden Beschwerden der BF. Der BF1 habe den Militärdienst von 2009 bis 2011 abgeleistet. Bei einer Rückkehr würde er zweifelsfrei rekrutiert werden. Aus politischer Überzeugung lehne der BF1 den Reservedienst ab. Die BF würden auch Gefahr laufen, als Familienangehörige von Wehrdienst- und Reservedienstverweigerern, in Syrien als politisch Oppositionelle verfolgt zu werden. Zudem würden sie aufgrund der Asylantragstellung im Ausland sowie der illegalen Ausreise mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt. Im Jahr 2012 habe der BF1 zwei Anrufe eines Oberst der syrischen Armee erhalten mit der Aufforderung den Reservedienst zu leisten. Weiters seien Frauen in Syrien verstärkt vulnerabel. Zudem seien die BF aufgrund ihrer Eigenschaft als Angehörige von Personen, die als regierungsfeindlich wahrgenommen werden, ebenfalls als oppositionell wahrgenommen.3.       Gegen Spruchpunkt römisch eins. der oben dargestellte Bescheide richten sich die am 15.02.2024 bei der belangten Behörde eingelangten gleichlautenden Beschwerden der BF. Der BF1 habe den Militärdienst von 2009 bis 2011 abgeleistet. Bei einer Rückkehr würde er zweifelsfrei rekrutiert werden. Aus politischer Überzeugung lehne der BF1 den Reservedienst ab. Die BF würden auch Gefahr laufen, als Familienangehörige von Wehrdienst- und Reservedienstverweigerern, in Syrien als politisch Oppositionelle verfolgt zu werden. Zudem würden sie aufgrund der Asylantragstellung im Ausland sowie der illegalen Ausreise mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt. Im Jahr 2012 habe der BF1 zwei Anrufe eines Oberst der syrischen Armee erhalten mit der Aufforderung den Reservedienst zu leisten. Weiters seien Frauen in Syrien verstärkt vulnerabel. Zudem seien die BF aufgrund ihrer Eigenschaft als Angehörige von Personen, die als regierungsfeindlich wahrgenommen werden, ebenfalls als oppositionell wahrgenommen.

Mit Ladung vom 19.03.2024 brachte das Bundesverwaltungsgericht folgende Länderberichte in das Verfahren ein:

?        Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Syrien, Version 10, Stand 14.03.2024

?        Themenbericht der Staatendokumentation: Syrien – Grenzübergänge, Version 1, Stand 25.10.2023

?        ACCORD, Themendossier: Wehrdienst Syrien vom 16.01.2024 (2105521)

?        EUAA, Country Guidance: Syria von Februar 2023

?        UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung von März 2021

?        EUAA COI Report: Syria – Security situation von Oktober 2023

?        EUAA COI Report: Syria – Country Focus von Oktober 2023

?        EUAA COI Report: Syria. Targeting of Individuals von September 2022

?        EUAA COI Report: Syria. Security situation von September 2022

?        EASO COI Report: Syria. Security situation von Juli 2021

?        EASO COI Report: Syrien. Lage der Rückkehrer aus dem Ausland von Juni 2021

?        EASO COI Report: Syria. Military service von April 2021

?        Liveuamap LLC: Syria Live Map

?        Karte: Exploring Historical Control in Syria

und gab den BF und der belangten Behörde die Gelegenheit zur Stellungnahme.

Mit Schreiben vom 20.03.2024 verzichtete die belangte Behörde auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Mit Schreiben vom 02.04.2024 gab die Rechtsvertretung der BF bekannt, sie könne die BF aus Kapazitätsgründen nicht in der mündlichen Verhandlung am 10.04.2024 vertreten. Die BF hätten sich aufgrund ihres Interesses an einer zeitnahen Entscheidung dafür entschieden, an der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Rechtsvertretung teilzunehmen.

Mit Parteiengehör vom 03.04.2024 brachte das Bundesverwaltungsgericht das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Syrien, Version 11, Stand 27.03.2024, in das Verfahren ein und gab den Parteien die Möglichkeit zur Stellungnahme. Bis Fristende langte keine Stellungnahme ein.

Mit Schreiben vom 03.04.2024 gab die Rechtsvertretung der BF bekannt, die BF würden ihr Recht auf Vertretung nunmehr doch wahrnehmen und deshalb zur Wahrung ihrer Rechte nur eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit ihrer Rechtsvertretung durchführen wollen. Aus diesem Grund wurde eine Vertagungsbitte gestellt.

Mit Ladung vom 05.04.2024 wurde aufgrund der Vertagungsbitte die mündliche Verhandlung für den 24.04.2024 anberaumt.

Mit Parteiengehör vom 18.04.2024 brachte das Bundesverwaltungsgericht den aktualisierten Länderbericht EUAA Country Guidance: Syria von April 2024 in das Verfahren ein und gab den Parteien die Möglichkeit zur Stellungnahme.

Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 24.04.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der die BF, ihre Rechtsvertretung und ein Dolmetscher für die Sprache Arabisch teilnahmen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden beide BF zu ihren Fluchtgründen befragt.

Der BF1 legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

?        Reisepass

?        Personalausweis

?        Familienbuch

?        Militärbuch

?        Konvolut Integrationsunterlagen (AS 87-109)

Die BF2 legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

?        Personalausweis

?        Maturazeugnis

?        Konvolut Integrationsunterlagen (AS 63-81)

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zu den Personen und Lebensumständen der BF

Der Erstbeschwerdeführer XXXX , geb. XXXX , (in Folge: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin XXXX , geb. XXXX (in Folge: BF 2) sind seit Mai 2012 verheiratet. Beide BF sind Staatsangehörige der Arabische Republik Syrien, Angehörige der Volksgruppe der Araber und bekennen sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache der BF ist Arabisch. Der Erstbeschwerdeführer römisch 40 , geb. römisch 40 , (in Folge: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin römisch 40 , geb. römisch 40 (in Folge: BF 2) sind seit Mai 2012 verheiratet. Beide BF sind Staatsangehörige der Arabische Republik Syrien, Angehörige der Volksgruppe der Araber und bekennen sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache der BF ist Arabisch.

Die BF leben im Familienverband und sind gesund.

Der BF1 wurde in der Stadt XXXX , Gouvernement Aleppo, geboren, besuchte dort sechs Jahre die Schule und arbeitete dort dann von 2009 bis 2012 als Schuhmacher in einem der vier Schuhgeschäfte seines Vaters in Syrien. Von 2012 bis 2013 arbeitete er für das Schuhgeschäft in XXXX , Gouvernement Aleppo, und war 2013 auch kurzzeitig in der Türkei. 2014 verließ der BF1 XXXX und lebte anschließend sieben Jahre lang in der Türkei, bevor er nach Österreich reiste. Der BF1 wurde in der Stadt römisch 40 , Gouvernement Aleppo, geboren, besuchte dort sechs Jahre die Schule und arbeitete dort dann von 2009 bis 2012 als Schuhmacher in einem der vier Schuhgeschäfte seines Vaters in Syrien. Von 2012 bis 2013 arbeitete er für das Schuhgeschäft in römisch 40 , Gouvernement Aleppo, und war 2013 auch kurzzeitig in der Türkei. 2014 verließ der BF1 römisch 40 und lebte anschließend sieben Jahre lang in der Türkei, bevor er nach Österreich reiste.

Die BF2 wurde in der Stadt XXXX , Gouvernement Aleppo, geboren, wo sie auch aufwuchs. Sie besuchte zwölf Jahre die Grundschule, die sie mit Matura abschloss. Nach der Hochzeit zog die BF2 in die Stadt XXXX , Gouvernement Aleppo. Die BF2 zog zusammen mit dem BF1 zurück nach XXXX , Gouvernement Aleppo, von wo sie 2014 in die Türkei ausreisten. Die BF2 wurde in der Stadt römisch 40 , Gouvernement Aleppo, geboren, wo sie auch aufwuchs. Sie besuchte zwölf Jahre die Grundschule, die sie mit Matura abschloss. Nach der Hochzeit zog die BF2 in die Stadt römisch 40 , Gouvernement Aleppo. Die BF2 zog zusammen mit dem BF1 zurück nach römisch 40 , Gouvernement Aleppo, von wo sie 2014 in die Türkei ausreisten.

Die Mutter des BF1 ist bereits verstorben. Der Vater des BF1 lebt in XXXX , Gouvernement Aleppo. Sechs Brüder und vier Schwestern des BF1 leben in der Türkei. Der BF1 steht seit 2016 nur mehr in Kontakt zu seinen Schwestern und seinem Vater. Die Mutter des BF1 ist bereits verstorben. Der Vater des BF1 lebt in römisch 40 , Gouvernement Aleppo. Sechs Brüder und vier Schwestern des BF1 leben in der Türkei. Der BF1 steht seit 2016 nur mehr in Kontakt zu seinen Schwestern und seinem Vater.

Die Eltern und zwei Schwestern der BF2 leben in XXXX , Gouvernement Aleppo. Drei Brüder und eine Schwester der BF2 leben in der Türkei. Ein Bruder der BF2 lebt in Russland. Die BF2 steht in Kontakt mit ihren Familienangehörigen in Syrien. Die Eltern und zwei Schwestern der BF2 leben in römisch 40 , Gouvernement Aleppo. Drei Brüder und eine Schwester der BF2 leben in der Türkei. Ein Bruder der BF2 lebt in Russland. Die BF2 steht in Kontakt mit ihren Familienangehörigen in Syrien.

BF1 und BF2 sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2.    Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

1.2.1. Das Herkunftsgebiet der BF, Stadt XXXX im Gouvernement Aleppo, stand im Zeitpunkt der Ausreise der BF (Ende 2014) unter Kontrolle der syrischen Regierung und steht auch aktuell unter deren Kontrolle. 1.2.1. Das Herkunftsgebiet der BF, Stadt römisch 40 im Gouvernement Aleppo, stand im Zeitpunkt der Ausreise der BF (Ende 2014) unter Kontrolle der syrischen Regierung und steht auch aktuell unter deren Kontrolle.

1.2.2. Zur vorgebrachten Verfolgung wegen des Reservedienstes

Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren gesetzlich verpflichtend. Ein syrischer Mann bleibt nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes Reservist und kann bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden. Einzelnen Berichten zufolge kann die Altersgrenze für den Reservedienst erhöht werden, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen hat (das gilt z.B. für Ärzte, Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung). Vornehmlich werden Männer bis zu einem Alter von 27 Jahren eingezogen. Fallweise werden die Altersgrenze dennoch angehoben und auch Männer bis zu einem Alter von 55 oder sogar 62 eingezogen, abhängig vom Rang bzw. konnten Männer nach Erreichen des 42. Lebensjahres die Armee nicht verlassen. Es soll zu Einberufungen von über-42-Jährigen Rückkehrern aus dem Libanon und Jordanien gekommen sein. Es gibt jedoch nicht viele Berichte von Rekrutierungen über dem gesetzlichen Alter, die meisten Quellen berichten nicht von solchen Praktiken.

Mit der COVID-19-Pandemie und der Beendigung umfangreicher Militäroperationen im Nordwesten Syriens im Jahr 2020 haben sich die groß angelegten militärischen Rekrutierungskampagnen der syrischen Regierung in den von ihr kontrollierten Gebieten verlangsamt und im Jahr 2021 hat die syrische Regierung damit begonnen, Soldaten mit entsprechender Dienstzeit abrüsten zu lassen. Nichtsdestotrotz wird die syrische Armee auch weiterhin an der Wehrpflicht festhalten, nicht nur zur Aufrechterhaltung des laufenden Dienstbetriebs, sondern auch, um eingeschränkt militärisch operativ sein zu können. Ein neuerliches „Hochfahren“ dieses Systems scheint derzeit [Anm.: Stand 16.9.2022] nicht wahrscheinlich, kann aber vom Regime bei Notwendigkeit jederzeit wieder umgesetzt werden.

Nachdem die Regierung große Teile des Gebiets von bewaffneten Oppositionellen zurückerobert hatte, wurde mit der Entlassung der ältesten Rekrutenklassen begonnen, welche seit 2011 im Dienst waren. Mitte Oktober 2018 berichteten regierungsnahe Medien, dass etwa 800.000 Männer nicht mehr für den Reservedienst benötigt werden. Eine Reihe Syrer kehrten daraufhin nach Syrien zurück, wobei manche über Beziehungen in der Heimat ihren Wehrdienststatus überprüfen ließen und sich versicherten, dass sie tatsächlich nicht mehr gesucht werden. Zumindest manche der Rückkehrer wurden wenige Wochen später eingezogen, nachdem das Verteidigungsministerium im Dezember 2018 neue Einberufungslisten für den Reservedienst veröffentlichte, und so die vorherige Entscheidung aufhob. Die Gründe für diese Verkettung von Ereignissen ist jedoch laut International Crisis Group schwer zu ermitteln. Es werden jedoch weiterhin Reservisten eingezogen.

Der BF1 ist nicht mehr wehrpflichtig. Er hat seinen regulären Wehrdienst von 2009 bis 2010 als einfacher Rekrut geleistet. Er war als Chauffeur für einen Oberst (Offizier) tätig. Er war nicht an Kriegshandlungen beteiligt und hat keine Waffe getragen. Er hat eine Grundwehrausbildung an der Waffe erhalten.

Er befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt mit XXXX Jahren noch im wehrfähigen Alter. Der BF1 hat vor seiner Ausreise keinen offiziellen schriftlichen Befehl zur Einberufung in die Reserve erhalten und wurde von der syrischen Regierung auch nicht gesucht oder einberufen. Der BF1 wird auch auf der Website des syrischen Verteidigungsministeriums (http://mod.gov.sy/) nicht für den Reservedienst gesucht. Weder der BF1 noch dessen Familienangehörige wurden von Behörden der syrischen Regierung bedroht noch wurden sonstige Handlungen oder Maßnahmen gegen ihn bzw. diese gesetzt. Er befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt mit römisch 40 Jahren noch im wehrfähigen Alter. Der BF1 hat vor seiner Ausreise keinen offiziellen schriftlichen Befehl zur Einberufung in die Reserve erhalten und wurde von der syrischen Regierung auch nicht gesucht oder einberufen. Der BF1 wird auch auf der Website des syrischen Verteidigungsministeriums (http://mod.gov.sy/) nicht für den Reservedienst gesucht. Weder der BF1 noch dessen Familienangehörige wurden von Behörden der syrischen Regierung bedroht noch wurden sonstige Handlungen oder Maßnahmen gegen ihn bzw. diese gesetzt.

Der BF1 hat während der Ableistung seines Militärdienstes weder einen besonderen Rang oder eine besondere Position innegehabt noch eine besondere Ausbildung erhalten. Er war einfacher Soldat und diente als Fahrer für einen Offizier. Es besteht keine maßgebliche Gefahr für den BF1, bei einer Rückkehr als Reservist in die syrische Armee einberufen zu werden. Der BF1 weist keine oppositionelle Gesinnung gegenüber der syrischen Regierung auf.

1.2.3. Zur vorgebrachten Verfolgung des BF1 durch den Islamischen Staat (IS)

Der BF1 wurde im Jahr 2013 in XXXX , Gouvernement Aleppo, von Mitgliedern des IS mit 20 Schlägen auf den Rücken ausgepeitscht, weil er keinen Bart trug. Der IS hat aktuell keine Zugriffsmöglichkeiten auf das von der syrischen Regierung kontrollierte Herkunftsgebiet des BF1. Der BF1 wurde im Jahr 2013 in römisch 40 , Gouvernement Aleppo, von Mitgliedern des IS mit 20 Schlägen auf den Rücken ausgepeitscht, weil er keinen Bart trug. Der IS hat aktuell keine Zugriffsmöglichkeiten auf das von der syrischen Regierung kontrollierte Herkunftsgebiet des BF1.

1.2.4. Zur vorgebrachten Verfolgung des BF1 durch die Hayat Tahrir Al-Sham (ex Al-Nusra-Front)

Der BF1 wurde in seinem Heimatgebiet von der damaligen Al-Nusra-Front (nunmehr: HTS (Hay’at Tahrir ash-Sham)) aufgefordert, sich ihnen anzuschließen. Diese Gruppierung legt Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf. Zudem bestehen aktuell keine Zugriffsmöglichkeiten der HTS auf das von der syrischen Regierung kontrollierte Herkunftsgebiet des BF1.

1.2.5. Zur vorgebrachten Verfolgung als Angehörige von Oppositionellen

Die BF1 und der BF2 werden nicht aufgrund ihrer Eigenschaft als Angehörige von Wehr- bzw. Reservedienstverweigerern und einer deshalb unterstellten politisch oppositionellen Gesinnung seitens der syrischen Regierung gesucht oder verfolgt. Bei den Brüdern der BF handelt es sich weder um high-profile Deserteure noch werden diese von der syrischen Regierung wegen politischer Aktivitäten oder anderer Umstände gesucht. Den BF drohen aus diesem Grund keine Übergriffe von Seiten der syrischen Regierung.

1.2.6. Zur vorgebrachten Verfolgung aufgrund der Asylantragstellung im Ausland sowie der illegalen Ausreise

Ihnen droht bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsgebiet in Syrien nicht wegen der illegalen Ausreise, der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich oder der Abstammung aus einem als oppositionell angesehenen Gebiet Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung.

1.2.7. Zur vorgebrachten Verfolgung der BF2 als Angehörige des BF1

Der BF2 als Angehörigen des BF1 drohen von Seiten der syrischen Regierung keine Übergriffe psychischer oder physischer Gewalt.

1.2.8. Zur vorgebrachten Verfolgung der BF2

Der BF2 droht im Falle einer Rückkehr nach Syrien keine Gefahr einer geschlechtsspezifischen Verfolgung.

2. Beweiswürdigung:

2.1.    Zu den Personen und Lebensumständen der BF

Die Feststellungen zu den Identitäten der BF beruhen auf den vorgelegten syrischen Identitätsdokumenten (insbes. Reisepass des BF1, Auszug aus dem Familienbuch). Die Feststellungen zu Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie der Muttersprache der BF und deren Ausbildung sowie Wohn- und Aufenthaltsorten beruhen auf den glaubhaften stringenten Angaben der BF1 und BF2 während des gesamten Verfahrens (BF1: AS 51ff, BF2: AS 47ff).

Dass die BF gesund sind, basiert auf den Angaben der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2024 (in Folge: OZ 10), S. 3). Dass die BF gesund sind, basiert auf den Angaben der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2024 (in Folge: OZ 10), Sitzung 3).

Zum Verbleib der Familienangehörigen haben BF1 und BF2 im Lauf des Verfahrens konsistente übereinstimmende Angaben gemacht (OZ 10, S. 4 und S. 9). Zum Verbleib der Familienangehörigen haben BF1 und BF2 im Lauf des Verfahrens konsistente übereinstimmende Angaben gemacht (OZ 10, Sitzung 4 und Sitzung 9).

Die Feststellung zur Unbescholtenheit der BF ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszügen.

2.2.    Zu den Fluchtgründen der BF

2.2.1. Die Feststellungen zur Heimatregion der BF gründet sich - unter Berücksichtigung maßgeblicher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. hierzu VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0192) - darauf, dass der BF1 in der Stadt XXXX , Gouvernement Aleppo, aufgewachsen ist und dort gelebt und gearbeitet hat und sich auch nach seiner Heirat mit der BF2 wieder in XXXX niederlassen wollte. Aufgrund des Kriegsausbruchs flüchteten die BF zurück nach XXXX und lebten für ca. zwei Jahre bei den Eltern der BF2, bevor sie 2014 in die Türkei ausreisten. In seiner Rechtsprechung zur Rechtslage nach dem AsylG 1997 hat der Verwaltungsgerichtshof in Fällen, in denen Asylwerber nicht aufgrund eines eigenen Entschlusses, sondern unter Zwang aufgrund einer Vertreibung ihren dauernden Aufenthaltsort innerhalb des Herkunftsstaates gewechselt hatten und an dem neuen Aufenthaltsort nicht Fuß fassen konnten (Zustand innerer Vertreibung), den ursprünglichen Aufenthaltsort als Heimatregion angesehen (vgl. VwGH 28.6.2005, 2002/01/0414; 26.1.2006, 2005/01/0057; 13.10.2006, 2006/01/0125). Die BF geben in der Beschwerde (S. 2) auch selbst XXXX als ihren Lebensmittelpunkt an, weshalb die entsprechende Feststellung zu treffen war. 2.2.1. Die Feststellungen zur Heimatregion der BF gründet sich - unter Berücksichtigung maßgeblicher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vergleiche hierzu VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0192) - darauf, dass der BF1 in der Stadt römisch 40 , Gouvernement Aleppo, aufgewachsen ist und dort gelebt und gearbeitet hat und sich auch nach seiner Heirat mit der BF2 wieder in römisch 40 niederlassen wollte. Aufgrund des Kriegsausbruchs flüchteten die BF zurück nach römisch 40 und lebten für ca. zwei Jahre bei den Eltern der BF2, bevor sie 2014 in die Türkei ausreisten. In seiner Rechtsprechung zur Rechtslage nach dem AsylG 1997 hat der Verwaltungsgerichtshof in Fällen, in denen Asylwerber nicht aufgrund eines eigenen Entschlusses, sondern unter Zwang aufgrund einer Vertreibung ihren dauernden Aufenthaltsort innerhalb des Herkunftsstaates gewechselt hatten und an dem neuen Aufenthaltsort nicht Fuß fassen konnten (Zustand innerer Vertreibung), den ursprünglichen Aufenthaltsort als Heimatregion angesehen vergleiche VwGH 28.6.2005, 2002/01/0414; 26.1.2006, 2005/01/0057; 13.10.2006, 2006/01/0125). Die BF geben in der Beschwerde Sitzung 2) auch selbst römisch 40 als ihren Lebensmittelpunkt an, weshalb die entsprechende Feststellung zu treffen war.

Die Feststellung über die Gebietskontrolle in der Herkunftsregion beruht auf der in der Liveuamap dargestellten Gebietskontrolle (https://syria.liveuamap.com/, abgerufen am 09.07.2024) sowie dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Syrien, Version 11, vom 27.03.2024 (in Folge: Länderinformationsblatt): „Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs.“ (Länderinformationsblatt, Kapitel Sicherheitslage, Abschnitt Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten). Der BF1 gab in der Einvernahme vor der belangten Behörde selbst an, dass XXXX unter der Kontrolle der Regierung und bewaffneten Gruppierungen stehe (AS 57). Den Angaben des BF1 in der mündlichen Verhandlung, wonach sein Herkunftsort aktuell unter Kontrolle der FSA (Freie Syrische Armee; nunmehr SNA Syrische Nationale Armee) stehe, ist vor dem Hintergrund der Länderinformationen nicht plausibel. Das Bundesverwaltungsgericht geht folglich davon aus, dass die Stadt XXXX im gleichnamigen Gouvernement unter Kontrolle der syrischen Regierung steht. Die Feststellung über die Gebietskontrolle in der Herkunftsregion beruht auf der in der Liveuamap dargestellten Gebietskontrolle (https://syria.liveuamap.com/, abgerufen am 09.07.2024) sowie dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Syrien, Version 11, vom 27.03.2024 (in Folge: Länderinformationsblatt): „Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs.“ (Länderinformationsblatt, Kapitel Sicherheitslage, Abschnitt Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten). Der BF1 gab in der Einvernahme vor der belangten Behörde selbst an, dass römisch 40 unter der Kontrolle der Regierung und bewaffneten Gruppierungen stehe (AS 57). Den Angaben des BF1 in der mündlichen Verhandlung, wonach sein Herkunftsort aktuell unter Kontrolle der FSA (Freie Syrische Armee; nunmehr SNA Syrische Nationale Armee) stehe, ist vor dem Hintergrund der Länderinformationen nicht plausibel. Das Bundesverwaltungsgericht geht folglich davon aus, dass die Stadt römisch 40 im gleichnamigen Gouvernement unter Kontrolle der syrischen Regierung steht.

2.2.2. Zur vorgebrachten Verfolgung wegen des Reservedienstes

Die Feststellung zur Wehrpflicht beruht auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Die syrischen Streitkräfte – Wehr- und Reservedienst, Abschnitt Rechtliche Bestimmungen, die Feststellungen zum Reservedienst auf dem Abschnitt Reservedienst, die zu Rekrutierungsbedarf und Einziehungspraxis auf dem Abschnitt Rekrutierungsbedarf und partielle Demobilisierung.

Die Feststellungen zum bereits abgeleisteten Wehrdienst des BF1 gründen sich auf dessen Angaben in der Einvernahme vor der belangten Behörde (AS 60-62) und in der Beschwerde (S. 2), aus denen hervorgeht, dass der BF1 als einfacher Rekrut eingesetzt und als Fahrer für einen Offizier tätig war. Laut eigenen Angaben trug er keine Waffen (AS 62). Dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wonach der BF1 als Soldat spezialisiert auf das Abwerfen von Panzerabwehrraketen oder ATGM gewesen sei (OZ 10, S. 6), kann vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubhaft anzusehen sei, nicht gefolgt werden. Vielmehr müsse nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH). Vor diesem Hintergrund bestehen bereits im Hinblick auf die Steigerung des Vorbringens Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers betreffend seine vorgebrachte Einziehung zum Reservedienst. Dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Die syrischen Streitkräfte – Wehr- und Reservedienst, Abschnitt Reservedienst, ist in diesem Zusammenhang zu entnehmen, dass beispielsweise Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung eher zum Reservedienst (auch unter Anhebung der Altersgrenze) aufgrund ihrer besonderen Qualifikation eingezogen werden. In Anbetracht seiner Funktion als einfacher Soldat ergibt sich beim BF1 hingegen keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Einberufung als Reservist. So ist er auch zum Entscheidungszeitpunkt deutlich älter als 27 Jahre, sodass nach den Länderfeststellungen zwar grundsätzlich weiterhin die Möglichkeit einer Einberufung besteht, diese allerdings weniger wahrscheinlich ist. Vor dem Hintergrund, dass der BF1 keine spezielle militärische Ausbildung absolvierte, ergibt sich keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, trotz seines Alters noch einberufen zu werden.Die Feststellungen zum bereits abgeleisteten Wehrdienst des BF1 gründen sich auf dessen Angaben in der Einvernahme vor der belangten Behörde (AS 60-62) und in der Beschwerde Sitzung 2), aus denen hervorgeht, dass der BF1 als einfacher Rekrut eingesetzt und als Fahrer für einen Offizier tätig war. Laut eigenen Angaben trug er keine Waffen (AS 62). Dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wonach der BF1 als Soldat spezialisiert auf das Abwerfen von Panzerabwehrraketen oder ATGM gewesen sei (OZ 10, Sitzung 6), kann vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubhaft anzusehen sei, nicht gefolgt werden. Vielmehr müsse nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH). Vor diesem Hintergrund bestehen bereits im Hinblick auf die Steigerung des Vorbringens Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers betreffend seine vorgebrachte Einziehung zum Reservedienst. Dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kapitel Die syrischen Streitkräfte – Wehr- und Reservedienst, Abschnitt Reservedienst, ist in diesem Zusammenhang zu entnehmen, dass beispielsweise Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung eher zum Reservedienst (auch unter Anhebung der Altersgrenze) aufgrund ihrer besonderen Qualifikation eingezogen werden. In Anbetracht seiner Funktion als einfacher Soldat ergibt sich beim BF1 hingegen keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Einberufung als Reservist. So ist er auch zum Entscheidungszeitpunkt deutlich älter als 27 Jahre, sodass nach den Länderfeststellungen zwar grundsätzlich weiterhin die Möglichkeit einer Einberufung besteht, diese allerdings weniger wahrscheinlich ist. Vor dem Hintergrund, dass der BF1 keine spezielle militärische Ausbildung absolvierte, ergibt sich keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, trotz seines Alters noch einberufen zu werden.

Der BF1 gab in der Beschwerde (S. 3) sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 10, S. 5 und S. 6) erstmals an, dass er zum Reservedienst einberufen worden sei, indem ihm sein ehemaliger Oberst im Jahr 2012 zweimal telefonisch mitgeteilt habe, dass er zweimal einen Einberufungsbefehl erhalten hätte haben müssen. Unter den damaligen Umständen sei in XXXX aber nicht nichts zugestellt worden und er habe der Aufforderung nicht Folge geleistet. In der Einvernahme vor der belangten Behörde verneinte der BF1 hingegen die Frage, ob er einen Einberufungsbefehl zum Reservedienst erhalten habe (AS 61). Die BF2 brachte in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vor, dass der BF1 hingegen in XXXX einberufen worden sei (OZ 10, S. 10). Die BF, insbesondere der BF1, machten hinsichtlich der Einberufung zum Reservedienst folglich widersprüchliche Angaben. Vor diesem Hintergrund sind die Angaben des BF1 zu seiner Einberufung zum Reservedienst schon allein aufgrund der Widersprüche und Steigerung des Vorbringens nicht als glaubhaft zu erachten. Weiters ergab die vor der belangten Behörde unter Beiziehung eines Dolmetschers mit Zustimmung des BF1 durchgeführten Abfrage auf der Homepage des syrischen Verteidigungsministeriums (http://mod.gov.sy/), dass der BF1 nicht für den Militär- oder Reservedienst gesucht wird (AS 61, AS 107-109). Aus dem EASO COI Report: Syria. Military service von April 2021 ergibt sich zur Einberufungspraxis im Wesentlichen, dass Einberufungsbefehle nachhause geschickt und die Namen der einberufenen Männer in einer zentralen Datenbank, auf die auch Checkpoints und Grenzposten zugreifen, erfasst werden (Kapitel 2.4 Methods of recruiting of conscripts and reservists to the SAA, S. 20). Die Angaben des BF1 sind vor dem Hintergrund, dass er nicht auf der Homepage des syrischen Verteidigungsministeriums für den Reservedienst gesucht wird, nicht plausibel. Auch hätten die Familienangehörigen des BF1, beispielsweise sein Vater, der nach wie vor in XXXX lebt, einen allfälligen Einberufungsbefehl erhalten oder zumindest von einem solchen erfahren müssen. Ein derartiges Vorbringen wurde jedoch während des gesamten Verfahrens nicht erstattet, weshalb die Einberufung des BF1 in einer Gesamtbetrachtung nicht als glaubhaft erachtet werden konnte. Der BF1 gab in der Beschwerde Sitzung 3) sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 10, Sitzung 5 und Sitzung 6) erstmals an, dass er zum Reservedienst einberufen worden sei, indem ihm sein ehemaliger Oberst im Jahr 2012 zweimal telefonisch mitgeteilt habe, dass er zweimal einen Einberufungsbefehl erhalten hätte haben müssen. Unter den damaligen Umständen sei in römisch 40 aber nicht nichts zugestellt worden und er habe der Aufforderung nicht Folge geleistet. In der Einvernahme vor der belangten Behörde verneinte der BF1 hingegen die Frage, ob er einen Einberufungsbefehl zum Reservedienst erhalten habe (AS 61). Die BF2 brachte in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vor, dass der BF1 hingegen in römisch 40 einberufen worden sei (OZ 10, Sitzung 10). Die BF, insbesondere der BF1, machten hinsichtlich der Einberufung zum Reservedienst folglich widersprüchliche Angaben. Vor diesem Hintergrund sind die Angaben des BF1 zu seiner Einberufung zum Reservedienst schon allein aufgrund der Widersprüche und Steigerung des Vorbringens nicht als glaubhaft zu erachten. Weiters ergab die vor der belangten Behörde unter Beiziehung eines Dolmetschers mit Zustimmung des BF1 durchgeführten Abfrage auf der Homepage des syrischen Verteidigungsministeriums (http://mod.gov.sy/), dass der BF1 nicht für den Militär- oder Reservedienst gesucht wird (AS 61, AS 107-109). Aus dem EASO COI Report: Syria. Military service von April 2021 ergibt sich zur Einberufungspraxis im Wesentlichen, dass Einberufungsbefehle nachhause geschickt und die Namen der einberufenen Männer in einer zentralen Datenbank, auf die auch Checkpoints und Grenzposten zugreifen, erfasst werden (Kapitel 2.4 Methods of recruiting of conscripts and reservists to the SAA, Sitzung 20). Die Angaben des BF1 sind vor dem Hintergrund, dass er nicht auf der Homepage des syrischen Verteidigungsministeriums für den Reservedienst gesucht wird, nicht plausibel. Auch hätten die Familienangehörigen des BF1, beispielsweise sein Vater, der nach wie vor in römisch 40 lebt, einen allfälligen Einberufungsbefehl erhalten oder zumindest von einem solchen erfahren müssen. Ein derartiges Vorbringen wurde jedoch während des gesamten Verfahrens nicht erstattet, weshalb die Einberufung des BF1 in einer Gesamtbetrachtung nicht als glaubhaft erachtet werden konnte.

Das Vorbringen des BF1 gestaltet sich zudem allein unter Berücksichtigung der oben ausgeführten Überlegungen hinsichtlich des Alters und der mangelhaften militärischen Ausbildung des BF1 als nicht glaubhaft. Anzumerken ist weiters, dass der BF1 in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde die Auspeitschung durch den IS als fluchtauslösendes Ereignis vorbrachte (AS 60) und bei seinen Rückkehrbefürchtungen eine Inhaftierung durch die syrische Regierung darlegte (AS 62), die Einziehung zum Reservedienst jedoch nicht erwähnte. In der mündlichen Verhandlung brachte er hingegen, befragt zum konkreten Auslöser der Flucht vor, dass die Al-Nusra-Front seinen Heimatort übernommen hätte und ihn anwerben hätte wollen, als fluchtauslösenden Grund vor (OZ 10, S. 5). Die BF2 brachte als fluchtauslösendes Ereignis in ihrer Einvernahme die Unsicherheit wegen des Krieges und das Leben unter dem IS vor (AS 53) und in der mündlichen Verhandlung die Anschläge in XXXX und dass ihr Mann in XXXX einberufen worden sei, an (OZ 10, S. 10). Hier wäre nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu erwarten gewesen, dass zumindest der drohende Reservedienst seitens des BF1 im Rahmen der Fluchtgründe oder der Rückkehrbefürchtung angegeben würde, wenn tatsächlich ein Einberufungsbefehl vorliegen würde. Das Vorbringen des BF1 gestaltet sich zudem allein unter Berücksichtigung der oben ausgeführten Überlegungen hinsichtlich des Alters und der mangelhaften militärischen Ausbildung des BF1 als nicht glaubhaft. Anzumerken ist weiters, dass der BF1 in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde die Auspeitschung durch den IS als fluchtauslösendes Ereignis vorbrachte (AS 60) und bei seinen Rückkehrbefürchtungen eine Inhaftierung durch die syrische Regierung darlegte (AS 62), die Einziehung zum Reservedienst jedoch nicht erwähnte. In der mündlichen Verhandlung brachte er hingegen, befragt zum konkreten Auslöser der Flucht vor, dass die Al-Nusra-Front seinen Heimatort übernommen hätte und ihn anwerben hätte wollen, als fluchtauslösenden Grund vor (OZ 10, Sitzung 5). Die BF2 brachte als fluchtauslösendes Ereignis in ihrer Einvernahme die Unsicherheit wegen des Krieges und das Leben unter dem IS vor (AS 53) und in der mündlichen Verhandlung die Anschläge in römisch 40 und dass ihr Mann in römisch 40 einberufen worden sei, an (OZ 10, Sitzung 10). Hier wäre nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu erwarten gewesen, dass zumindest der drohende Reservedienst seitens des BF1 im Rahmen der Fluchtgründe oder der Rückkehrbefürchtung angegeben würde, wenn tatsächli

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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