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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des N in S, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 24. November 1994, Zl. Frb-4250/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 24. November 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 FrG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht Feldkirch am 8. Februar 1994 wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 3 SGG in der Form des Versuches nach § 15 StGB und des Vergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren sowie einer Geldstrafe von S 400.000,-- verurteilt worden. Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit einem Mittäter am 13. Juli 1993 den bestehenden Vorschriften zuwider zwei Kilogramm Heroin (= 1.022 Gramm reine Heroinbase) aus Österreich in die Schweiz zu schmuggeln versucht und ferner mit zwei Mittätern am 3. Juli 1993 und alleine bis 12. Juli 1993 in Vorarlberg Suchtgift, nämlich 2 kg Heroin, hinsichtlich dessen ein Schmuggel begangen worden sei, an sich gebracht und verheimlicht. Damit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 und 3 FrG verwirklicht; die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme sei gerechtfertigt.
Der Beschwerdeführer lebe seit ca. 25 Jahren im Bundesgebiet. Im Jahre 1978 seien seine Gattin und zwei in der Türkei geborene Kinder nachgekommen. Sein drittes Kind sei in Österreich geboren worden. Bis zum Jahre 1993 sei der Beschwerdeführer regelmäßig einer Beschäftigung nachgegangen. Im Jahre 1993 sei er arbeitslos geworden. Der Beschwerdeführer und seine Familie seien in Vorarlberg sozial voll integriert.
In Anbetracht der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, insbesondere angesichts der Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, vor allem zum Schutz der Gesundheit anderer sowie zum Zweck der Verhinderung weiterer strafbarer Taten, dringend geboten. Im Hinblick auf den langjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers und seiner Familie im Bundesgebiet und seine Berufstätigkeit bis zum Jahre 1993 sei davon auszugehen, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers gewichtig seien. Andererseits liege eine rechtskräftige Verurteilung wegen der Beteiligung an einem Suchtgifthandel vor. Der Handel mit Suchtgift, ohne selbst süchtig zu sein, lasse auf einen Charaktermangel schließen, der besonders verwerflich sei. Auch wenn das Suchtgift für die Schweiz bestimmt gewesen sei, so lasse die Vernetzung der Vorarlberger Drogenszene mit jener der Ostschweiz und dem süddeutschen Raum auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auch in Österreich schließen. Gesamt betrachtet seien daher die negativen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer zu gewichten als die nachteiligen Folgen des Aufenthaltsverbotes für den Beschwerdeführer und seine Familie.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 und 3 FrG erfüllt und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet keinen Bedenken.
Daß mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein erheblicher Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG bewirkt wird, wurde von der belangten Behörde berücksichtigt. Der Beurteilung, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen (Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei, entspricht - im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität - der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0025, mit weiteren Nachweisen).
Im Rahmen der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung wurde auf alle zu berücksichtigenden privaten und familiären Gesichtspunkte, die gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sprechen, Bedacht genommen, und es wurden die auf diese Umstände zurückzuführenden negativen Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie als beträchtlich gewertet. Dieser zutreffenden Einschätzung hat die belangte Behörde aber ebenso zutreffend das sehr große Gewicht der maßgeblichen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen gegenübergestellt. Wenn die belangte Behörde wegen der Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als unverhältnismäßig schwererwiegend ansah als das gegenläufige private Interesse des Beschwerdeführers, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle von Suchtgiftdelikten auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig (vgl. auch hiezu das bereits genannte Erkenntnis, Zl. 95/18/0025, und die Erkenntnisse vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0620 und Zl. 94/18/0600).
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er verfüge über keinerlei Kontakte zur Türkei, vermag das Ergebnis der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG schon im Hinblick auf das Gewicht der maßgeblichen gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Das Gewicht der dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Straftaten wird auch dadurch nicht entscheidend verringert, daß es sich um seine ersten derartigen Verfehlungen gehandelt hat. Die Auffassung des Beschwerdeführers, nach "Kennenlernen des Haftübels" falle eine Zukunftsprognose für ihn positiv aus, kann nicht geteilt werden.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995210485.X00Im RIS seit
20.11.2000