Entscheidungsdatum
22.08.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W117 2278534-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richter Dr. Andreas Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SYRIEN, vertreten durch: BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen den Bescheid des BFA vom 19.08.2023, Zl. 1328712904-223217354, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richter Dr. Andreas Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. SYRIEN, vertreten durch: BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen den Bescheid des BFA vom 19.08.2023, Zl. 1328712904-223217354, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Den Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide wird stattgegen und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt römisch eins. der angefochtenen Bescheide wird stattgegen und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) stellte am 12.10.2022 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG).
In der Erstbefragung am 12.10.2022 gab der BF zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er wegen des Krieges, keiner Arbeit und keiner Zukunft sein Herkunftsland verlassen habe. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte er festgenommen zu werden.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) stellte am 12.10.2022 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, idgF (AsylG).
In der Erstbefragung am 12.10.2022 gab der BF zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er wegen des Krieges, keiner Arbeit und keiner Zukunft sein Herkunftsland verlassen habe. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte er festgenommen zu werden.
2. In der am 20.03.2023 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) stattgefundenen Einvernahme gab der BF an, Arabisch und Kurdisch zu sprechen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der BF im Wesentlichen an, er habe Syrien verlassen, weil er mehrmals festgenommen worden sei und es einen Bürgerkrieg gäbe. Er habe 2011 gegen das Regime demonstriert. Es habe eine Revolution gegeben. Danach sei sein Ort von der Arbeiterpartei übernommen worden. Er sei aber enttäuscht worden, dass die Kurden mit dem Regime gemeinsame Sache machten. Es sei kein Unterschied zum Regime gewesen. Er habe seine Meinung nicht frei äußern oder habe Demos anmelden können. 2012/2013 sei die Arbeiterpartei an die Macht gelangt. Diese habe ihn bedroht, dass sie ihn wie das Regime behandeln und verhaften werden. Im Jahr 2013 während einer Demo sei die Arbeiterpartei zur Versammlung gekommen und habe auf alle geschossen, obwohl die Demonstranten unbewaffnet gewesen sind.
3. Das BFA wies mit dem gegenständlichen Bescheid vom 19.08.2023, den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) ab, erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm einen einjährigen Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 4 AsylG (Spruchpunkte II., III.)3. Das BFA wies mit dem gegenständlichen Bescheid vom 19.08.2023, den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG (Spruchpunkt römisch eins.) ab, erkannte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm einen einjährigen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG (Spruchpunkte römisch II., römisch III.)
In der jeweiligen Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person der BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Der BF hätte keine Verfolgung im Sinne der GFK geltend machen können. Die Heimatregion des BF stehe nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung, über die Türkei sei eine Einreise in seine Heimatregion möglich. Ihm drohe bei einer Rückkehr in die Heimatregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Rekrutierung durch die syrische Regierung oder eine Einberufung durch kurdische Streitkräfte. Dem BF war es nicht gelungen, aufgrund des vorgebrachten Fluchtgrundes der oppositionellen Einstellung von der syrischen Regierung und der PYD gesucht bzw. bedroht zu werden, schlüssig und glaubhaft darzulegen. Es habe keine Verfolgungsgefahr durch die syrischen bzw. kurdischen Behörden festgestellt werden können.
4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der BF mit Schreiben vom 20.09.2023 fristgerecht die gegenständliche Beschwerde, die beiden anderen Spruchpunkte erwuchsen somit in Rechtskraft. Moniert wurden Verfahrensfehler und eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Ausgeführt wurde, dass der BF und viele seiner Familienangehörigen Mitglieder der Demokratischen Partei Kurdistans in Syrien (PDK-S) und politisch aktiv seien. Aufgrund seiner politischen Aktivität für die PDK-S sei der BF bereits vor dem Bürgerkrieg mehrfach von der syrischen Regierung inhaftiert worden. 2006 sei der BF zum Wehrdienst einberufen worden, er kam dieser Einberufung nicht nach und sei noch vor dem Bürgerkrieg, nach einem Haftaufenthalt aufgrund seiner politischen Aktivität der Einberufungsbehörde vorgeführt worden, wobei er einen Aufschub des Wehrdienstes erwirken konnte. Der BF hat im Fall einer Rückkehr in seine Heimatregion in Syrien begründete Furcht vor Verfolgung durch die PYD aus politischen Gründen. Ihm drohe wegen seiner Mitgliedschaft in der PDK-S und seiner damit zusammenhängen politischen Aktivität Inhaftierung, Folter oder das Verschwindenlassen durch die Kräfte der PYD. Der BF habe aufgrund seiner politischen Aktivität in seiner Heimatregion Probleme mit der in kurdischen Autonomiegebieten regierenden PYD, weiters sei er von Kräften der PYD aufgefordert worden, sich dem Selbstverteidigungsdienst anzuschließen. 2016 sei er BF von den Kräften der PYD inhaftiert worden. Nach seiner Entlassung sei der BF bedroht worden, wenn er das Land nicht verlasse, werde er wieder inhaftiert werden. Wenige Tage darauf sei der BF aus Syrien nach Kurdistan in den Irak geflüchtet. Seine beiden in der Heimatregion lebenden Brüder seien ebenfalls von den Kräften der PYD aufgrund ihrer politischen Aktivitäten festgenommen worden. Dem BF drohe Verfolgung durch den syrischen Staat, da er bereits vor dem Bürgerkrieg für die PDK-S politisch aktiv und deswegen von der Regierung inhaftiert wurde. Aufgrund der Wehrdienstverweigerung in der syrischen Armee, werden die syrischen Behörden dem BF eine oppositionelle Haltung unterstellen. 4. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der BF mit Schreiben vom 20.09.2023 fristgerecht die gegenständliche Beschwerde, die beiden anderen Spruchpunkte erwuchsen somit in Rechtskraft. Moniert wurden Verfahrensfehler und eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Ausgeführt wurde, dass der BF und viele seiner Familienangehörigen Mitglieder der Demokratischen Partei Kurdistans in Syrien (PDK-S) und politisch aktiv seien. Aufgrund seiner politischen Aktivität für die PDK-S sei der BF bereits vor dem Bürgerkrieg mehrfach von der syrischen Regierung inhaftiert worden. 2006 sei der BF zum Wehrdienst einberufen worden, er kam dieser Einberufung nicht nach und sei noch vor dem Bürgerkrieg, nach einem Haftaufenthalt aufgrund seiner politischen Aktivität der Einberufungsbehörde vorgeführt worden, wobei er einen Aufschub des Wehrdienstes erwirken konnte. Der BF hat im Fall einer Rückkehr in seine Heimatregion in Syrien begründete Furcht vor Verfolgung durch die PYD aus politischen Gründen. Ihm drohe wegen seiner Mitgliedschaft in der PDK-S und seiner damit zusammenhängen politischen Aktivität Inhaftierung, Folter oder das Verschwindenlassen durch die Kräfte der PYD. Der BF habe aufgrund seiner politischen Aktivität in seiner Heimatregion Probleme mit der in kurdischen Autonomiegebieten regierenden PYD, weiters sei er von Kräften der PYD aufgefordert worden, sich dem Selbstverteidigungsdienst anzuschließen. 2016 sei er BF von den Kräften der PYD inhaftiert worden. Nach seiner Entlassung sei der BF bedroht worden, wenn er das Land nicht verlasse, werde er wieder inhaftiert werden. Wenige Tage darauf sei der BF aus Syrien nach Kurdistan in den Irak geflüchtet. Seine beiden in der Heimatregion lebenden Brüder seien ebenfalls von den Kräften der PYD aufgrund ihrer politischen Aktivitäten festgenommen worden. Dem BF drohe Verfolgung durch den syrischen Staat, da er bereits vor dem Bürgerkrieg für die PDK-S politisch aktiv und deswegen von der Regierung inhaftiert wurde. Aufgrund der Wehrdienstverweigerung in der syrischen Armee, werden die syrischen Behörden dem BF eine oppositionelle Haltung unterstellen.
5. Das Bundesverwaltungsgericht (in Folge: BVwG) führte in der gegenständlichen Rechtssache am 16.08.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die arabische Sprache durch, an der der BF und seine rechtliche Vertretung teilnahmen. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung nicht teil. Die Verhandlung nahm folgenden Verlauf:
„ (…)
Eröffnung des Beweisverfahrens:
Verlesen wird der bisherige Akteninhalt; Festgehalten wird, dass der Beschwerdeführer eine Stellungnahme abgab, in welcher er nochmals seinen Standpunkt für die Asylgewährung verteidigte.
R: Die Verwaltungsbehörde wirft Ihnen im Bescheid vor, Ihr Fluchtvorbringen massiv gesteigert zu haben. So haben Sie in Ihrer Erstbefragung lediglich den Krieg, fehlende Arbeit und keine Zukunft als Fluchtgrund angegeben. In Ihrer asylrechtlichen Einvernahmen jedoch haben Sie ein umfassendes Fluchtszenario dargelegt. Was sagen Sie dazu?
BF: In Deutschland wurde ich aufgegriffen und dann wurde ich nach Österreich zurückgeschoben. Einen Tag wurde ich in Österreich inhaftiert. Nach der Inhaftierung wurde ich befragt. Das waren nur kurze Fragen und ich wusste nicht, dass es sich um eine Einvernahme handelt. Der D hat auch gesagt, ich solle nur kurz antworten und keine detaillierten Informationen geben. Ich habe angegeben, dass ich an Demos teilgenommen habe und dass ich vom syrischen Regime gesucht werde. Daraufhin bin ich geflüchtet.
R: Wer von Ihren Familienangehörigen lebt heute noch in Syrien?
BF: XXXX und meine Mutter. Ich habe auch zwei Schwester, die bereits verheiratet sind. BF: römisch 40 und meine Mutter. Ich habe auch zwei Schwester, die bereits verheiratet sind.
R: Wohnen die in Ihrem ursprünglichen Herkunftsgebiet?
BF: Ja, die leben in Amude (Provinz Al Hasaka).
R: Sie haben im erstinstanzlichen Verfahren angeführt, dass Ihre gesamte Familie einen oppositionelle sei. Warum leben dann Ihre Brüder in Amude und sind nicht wie Sie ausgereist?
BF: Ich habe nicht erwähnt, dass sie Oppositionelle sind, sondern dass sie der Barzani-Partei angehören. Der demokratischen Partei Kurdistans angehören. Es ist meinen Brüdern nicht gelungen die Gegend zu verlassen. Sie könnten nicht über Tal Abyad in die Türkei zu fliehen oder über Kurdistan in den Iran, weil diese beiden Wege zu gefährlich sind.
R: Von was leben Ihre Brüder in Amude?
BF: Sie betreiben ein Handygeschäft und mit dem Geld versorgen sie Ihre Familie.
R: Bei Ihrer Asyleinvernahme haben Sie eingeführt, dass Ihre Familie Immobilien führt. Ist das richtig?
BF: Ich habe angegeben, dass sie ein Haushaltsgerätegeschäft in Kurdistan betreiben.
R: Bei der Asyleinvernahmen haben Sie ausdrücklich angeführt, dass Ihre Familie „Wohnungen und Grundstücke“ besitzen.
BF: Genau, das habe ich erwähnt. Wir haben Geschäft, Grundstücke und Häuser.
R: Kapitalisieren Sie die Wohnungen, Grundstücke?
Das macht jetzt nicht einen sehr fluchtbedingten oppositionellen Eindruck. Sie schildern eigentlich ganz normale Lebensverhältnisse in Syrien. Kapitalisieren Sie die Wohnungen, Grundstücke?
BF: Die Geschäfte werden nicht verpachtet. Wir sind 5 Brüder und jeder besitzt 2 Geschäfte und betreibt diese.
R: Was ist jetzt mit diesen Wohnungen und Grundstücken?
BF: Die Häuser/Wohnungen werden von uns bewohnt und die Landwirtschaften werden auch betrieben. Nachgefragt: Zuerst war mein ältester Bruder und dann hat XXXX es übernommen. Im Jahr 2004 wurde ich zum Zeitpunkt der Ereignisse in Quamishli vom Regime inhaftiert. 2009 wurde ich vom Regime aufgegriffen und bei mir haben Sie Flugblätter der Partei gefunden. 2011, nach dem Ausbruch der Revolution in Syrien, habe ich an Demos teilgenommen und auch organisiert. 2012/2013 hat das Regime seine Truppen zurückgezogen und den Ort der PKK übergeben. Nach der Übernahme der PKK, des Gebietes hat sich dann gezeigt wie sie mit dem Regime zusammenarbeitet. Somit wurden wir Kurden auch von der PKK unterdrückt. Von 2013-2016 wurden wir unter Druck der PKK gesetzt. 2013 wurden 6 Männer getötet, in Amude. Die PKK begann dann die jungen Leute zwangszurekrutieren. Sie haben auch die Kinder mit Zwang in den Militärdienst eingezogen. Die politischen Aktivisten wurden auch unterdrückt. Die Parteibüros wurden geschlossen. BF: Die Häuser/Wohnungen werden von uns bewohnt und die Landwirtschaften werden auch betrieben. Nachgefragt: Zuerst war mein ältester Bruder und dann hat römisch 40 es übernommen. Im Jahr 2004 wurde ich zum Zeitpunkt der Ereignisse in Quamishli vom Regime inhaftiert. 2009 wurde ich vom Regime aufgegriffen und bei mir haben Sie Flugblätter der Partei gefunden. 2011, nach dem Ausbruch der Revolution in Syrien, habe ich an Demos teilgenommen und auch organisiert. 2012/2013 hat das Regime seine Truppen zurückgezogen und den Ort der PKK übergeben. Nach der Übernahme der PKK, des Gebietes hat sich dann gezeigt wie sie mit dem Regime zusammenarbeitet. Somit wurden wir Kurden auch von der PKK unterdrückt. Von 2013-2016 wurden wir unter Druck der PKK gesetzt. 2013 wurden 6 Männer getötet, in Amude. Die PKK begann dann die jungen Leute zwangszurekrutieren. Sie haben auch die Kinder mit Zwang in den Militärdienst eingezogen. Die politischen Aktivisten wurden auch unterdrückt. Die Parteibüros wurden geschlossen.
R: Sie sind aber erst 2016 ausgereist. Ist das richtig?
BF: Stimmt. Das war Ende 2016.
R: Von was haben Sie bis zur Ausreise gelebt?
BF: Ich habe mich selbst versorgt, weil ich gearbeitet habe. Nachgefragt: Ich habe im Autohandelsbüro gearbeitet.
R: Als Angestellter oder Selbstständig?
BF: Ich war der Besitzer dieses Büros.
R: Sie haben noch Ihre Gattin und Ihre Kinder in Syrien. Ist das richtig?
BF: Stimmt. Nachgefragt: 8 und 3 Jahre.
R: Wenn Ihre Lage so bedrohlich gewesen sein soll stellt sich eigentlich mir, sowie der Verwaltungsbehörde, die Frage warum Sie erst 2016 das Land verlassen haben und wie es Ihnen offensichtlich möglich war ein ganz normales Leben zu führen.
BF: Niemand will sein Land und seine Besitztümer verlassen. Es bestand die Gefahr für mein Leben. Die PKK hat Ihren Druck 2015 /2016 verstärkt. Ich wurde 2 Mal von der PKK inhaftiert. Einmal 5 Tage und einmal 6 Monate, weil ich gegen sie demonstriert habe, weil ich sie aufgefordert habe die Jugendlichen und Kinder nicht zwangszurekrutieren. Nach meiner Freilassung wurde mein Bruder, XXXX , zum Militärdienst eingezogen und zwei Brüder wurden vor kurzem inhaftiert. Ich kann Ihnen ein Video von den zwei Brüdern zeigen.BF: Niemand will sein Land und seine Besitztümer verlassen. Es bestand die Gefahr für mein Leben. Die PKK hat Ihren Druck 2015 /2016 verstärkt. Ich wurde 2 Mal von der PKK inhaftiert. Einmal 5 Tage und einmal 6 Monate, weil ich gegen sie demonstriert habe, weil ich sie aufgefordert habe die Jugendlichen und Kinder nicht zwangszurekrutieren. Nach meiner Freilassung wurde mein Bruder, römisch 40 , zum Militärdienst eingezogen und zwei Brüder wurden vor kurzem inhaftiert. Ich kann Ihnen ein Video von den zwei Brüdern zeigen.
R: Haben Sie das am Handy?
BF: Auf dem Stick.
RV legt einen entsprechenden USB-Stick vor. Die RV erklärt sich bereit die Videos auf Ihren Laptop vorzuführen. Das Gericht nimmt nun Einsicht. Regierungsvorlage legt einen entsprechenden USB-Stick vor. Die Regierungsvorlage erklärt sich bereit die Videos auf Ihren Laptop vorzuführen. Das Gericht nimmt nun Einsicht.
Festgehalten wird, dass auf dem Video jedenfalls die Festnahme eines Mannes und auch dessen Freilassung zu sehen ist. Noch nicht geklärt dadurch ist die Frage, ob es sich bei dem Mann tatsächlich um den Bruder des BF handelt.
Der BF zeigt zusätzlich das Foto seines am Handy gespeicherten Bruders, dass offensichtlich mit der Person des Festgenommenen übereinstimmt. Sowohl von der Festnahme Szene als auch der Freilassung Szene, sowie den Handyfotos vom Bruder werden Screenshots angefertigt und diese augenblicklich der Schriftführerin per E-Mail übermittelt.
Demnach erfolgte die Festnahme des Bruders am 29.05.2023, die mit einer offensichtlichen Überwachungskamera des Geschäftes aufgenommen wurde.
Die soeben übermittelten Screenshots werden ausgedruckt und zum Akt genommen.
Auch der USB-Stick mit den Videos, wird als Beweismittel zum Akt genommen.
R: Sie haben als Zielland Deutschland angeführt, weil dort zwei Ihrer Brüder wohnen würden. Was haben diese für einen Status in Deutschland?
BF: Sie sind Asylberechtigt und dabei die Staatsbürgerschaft zu beantragen.
Die Verhandlung wird um 11:03 Uhr unterbrochen und um 11:09 Uhr fortgesetzt.
Festgehalten wird, dass der BF mit beiden in Deutschland aufhältigen Brüdern, Kontakt aufgenommen hat und diese ihm Auftrag des Richters, deren Aufenthaltsdokument übermittelt haben. Diese wurden vom BF an das BVwG weitergeleitet. Und ist folgendes anzumerken. Ein Bruder heißt, XXXX , geboren XXXX , mit „Niederlassungserlaubnis gemäß §26 Abs S.1“ der andere Bruder heißt XXXX , mit Aufenthaltserlaubnis gemäß §25 Abs 2 Aufenthaltsgesetz (GFK) Festgehalten wird, dass der BF mit beiden in Deutschland aufhältigen Brüdern, Kontakt aufgenommen hat und diese ihm Auftrag des Richters, deren Aufenthaltsdokument übermittelt haben. Diese wurden vom BF an das BVwG weitergeleitet. Und ist folgendes anzumerken. Ein Bruder heißt, römisch 40 , geboren römisch 40 , mit „Niederlassungserlaubnis gemäß §26 Abs S.1“ der andere Bruder heißt römisch 40 , mit Aufenthaltserlaubnis gemäß §25 Absatz 2, Aufenthaltsgesetz (GFK)
RV gibt dazu vor, dass gemäß §25 Abs 1 einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist, wenn er als Asylberechtigter anerkannt wurde. Der Bruder des BF hat offensichtlich Asylstatus. Zu §26 ist anzumerken, dass damit nicht zum Ausdruck gebracht wird, dass der Bruder keinen Asylstatus gehabt hätte, sondern nur, dass er sich wesentlich länger in Deutschland aufhält und so bereits in dem Genuss einer Niederlassungserlaubnis gekommen ist. Voraussetzung für §26 Abs 3, ist der vorherige Besitz der Aufenthaltserlaubnis nach §25 Abs1 oder 2 der Aufenthaltserlaubnis. Was wiederum bedeutet, dass auch der zweite Bruder Asylstatus in Deutschland hat. Regierungsvorlage gibt dazu vor, dass gemäß §25 Absatz eins, einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist, wenn er als Asylberechtigter anerkannt wurde. Der Bruder des BF hat offensichtlich Asylstatus. Zu §26 ist anzumerken, dass damit nicht zum Ausdruck gebracht wird, dass der Bruder keinen Asylstatus gehabt hätte, sondern nur, dass er sich wesentlich länger in Deutschland aufhält und so bereits in dem Genuss einer Niederlassungserlaubnis gekommen ist. Voraussetzung für §26 Absatz 3,, ist der vorherige Besitz der Aufenthaltserlaubnis nach §25 Abs1 oder 2 der Aufenthaltserlaubnis. Was wiederum bedeutet, dass auch der zweite Bruder Asylstatus in Deutschland hat.
Die Weiterleitungen des BF hinsichtlich der Dokumente der Brüder werden ausgedruckt um zum Akt genommen.
R: Unpräjudiziell geht der erkennende R von keiner Gefährdung des BF im Falle der Rückkehr nach Syrien unter dem Aspekt der Wehrdienst Entziehung seitens der syrischen Regierung aus, da diese Aktuell keinen Zugriff auf die Herkunftsregion des BF hat. Ob der BF von kurdischer Seite her in diesbezüglich in Anspruch genommen würde, erscheint mehr als fraglich zumal es nicht plausibel erschient, dass man einen oppositionellen eingestellten in Militärischer Solidarhaftung nimmt.
RV: Gibt dazu keine Stellungnahme ab. Regierungsvorlage, Gibt dazu keine Stellungnahme ab.
R: Seit wann sind Sie ein Mitglied der Demokratischen-Kurdischen-Partei?
BF: Seit ca. 2008.
RV wird das Fragerecht eingeräumt. Regierungsvorlage wird das Fragerecht eingeräumt.
RV: Welche konkreten Aufgaben hatten Sie im Rahmen Ihrer Partei?Regierungsvorlage, Welche konkreten Aufgaben hatten Sie im Rahmen Ihrer Partei?
BF: 2008 habe ich die monatliche Zeitung der Partei, den Mitgliedern im geheimen ausgehändigt
R: Schildern Sie noch im Detail Ihre Funktionen im Rahmen der von Ihnen angeführten Demonstration.
BF: Ich habe zur Organisation der Demo beigetreten. Das waren friedliche Demos. Wir haben die Demonstranten geschützt. Wir haben die Demos überwacht ob Anhänger der PKK und YPG dort sind.
Außer Streit wird vom zuständigen Einzelrichter gestellt, dass der BF Mitglied der Demokratischen-Kurdischen-Partei ist.
Festgehalten wird, dass der zur Verhandlung geladene Zeuge insofern nicht mehr benötigt wird. Er verzichtet ausdrückloch auf Fahrkosten.
(…)“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der BF ist am XXXX geboren und führt den im Spruch angeführten Namen. Der BF ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit und sunnitischer Moslem. Er spricht Arabisch und Kurdisch (Kurmanji).Der BF ist am römisch 40 geboren und führt den im Spruch angeführten Namen. Der BF ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit und sunnitischer Moslem. Er spricht Arabisch und Kurdisch (Kurmanji).
Der BF wurde in der Stadt Amude in der Provinz Al Hasaka geboren und besuchte sechs Jahre lang die Schule und arbeite als Techniker für Haushaltsgeräte.
Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Die Ehefrau hält sich mit den Kindern in Syrien auf, die anderen Familienmitglieder (seine Mutter, Brüder, Schwestern) leben gleichfalls in Syrien. Drei Geschwister leben in der Bundesrepublik Deutschland.
Im Oktober 2022 reiste der Beschwerdeführer illegal schlepperunterstützt von der Türkei über Griechenland, Albanien, Serbien, Ungarn nach Österreich, wo er schließlich am 11.10.2022 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der BF ist gesund und leidet an keinen schwerwiegenden psychischen oder physischen Erkrankungen.
Er lebt in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen:
Der BF und seine Familienangehörigen sind Mitglieder der Demokratischen Partei Kurdistans in Syrien (PDK-S); sie waren und sind in Syrien seit Jahren politisch aktiv; Der Beschwerdeführer selbst ist seit 2008 Mitglied der Demokratischen-Kurdischen-Partei?
Zwei Brüder leben in Deutschland und wurden deshalb als Asylberechtigte anerkannt – ein Bruder, XXXX , geboren am XXXX , hält sich aktuell auf der Basis einer „Niederlassungserlaubnis gemäß §26 Abs S.1 AufenthaltsG “ der andere Bruder, XXXX , geboren am XXXX , auf der Grundlage einer „Aufenthaltserlaubnis gemäß §25 Abs 2 Aufenthaltsgesetz (GFK)“ in Deutschland auf – beide Aufenthaltstitel setzen Asylstatus voraus. Zwei Brüder leben in Deutschland und wurden deshalb als Asylberechtigte anerkannt – ein Bruder, römisch 40 , geboren am römisch 40 , hält sich aktuell auf der Basis einer „Niederlassungserlaubnis gemäß §26 Abs S.1 AufenthaltsG “ der andere Bruder, römisch 40 , geboren am römisch 40 , auf der Grundlage einer „Aufenthaltserlaubnis gemäß §25 Absatz 2, Aufenthaltsgesetz (GFK)“ in Deutschland auf – beide Aufenthaltstitel setzen Asylstatus voraus.
Ein noch in Syrien lebender Bruder, XXXX , wurde am 29.05.2023, als er vor seinem Handy-Geschäft kehrte, auf offener Straße von einer zum Teil vermummten Polizeieinheit geradezu brachial niedergerissen, in ein Auto „verfrachtet“ und in der Folge auch sein Geschäft durchsucht. Zwischenzeitlich wurde er wieder freigelassen.Ein noch in Syrien lebender Bruder, römisch 40 , wurde am 29.05.2023, als er vor seinem Handy-Geschäft kehrte, auf offener Straße von einer zum Teil vermummten Polizeieinheit geradezu brachial niedergerissen, in ein Auto „verfrachtet“ und in der Folge auch sein Geschäft durchsucht. Zwischenzeitlich wurde er wieder freigelassen.
Der Beschwerdeführer wurde selbst, als die PKK Ihren Druck 2015 /2016 verstärkt und er gegen sie demonstriert hatte, weil er sie aufforderte, die Jugendlichen und Kinder nicht zwangszurekrutieren zwei Mal von der PKK inhaftiert; einmal fünf Tage und einmal sechs Monate.
Der BF hat (daher) im Fall einer Rückkehr in seine Heimatregion in Syrien begründete Furcht vor Verfolgung durch die PYD aus politischen Gründen. Ihm droht wegen seiner Mitgliedschaft in der PDK-S und seiner damit zusammenhängen politischen Aktivität Inhaftierung, Folter und Verschwindenlassen durch die Kräfte der PYD.
Der BF war in Syrien bereits vor dem Bürgerkrieg für die PDK-S politisch aktiv und wurde von der syrischen Regierung aus politischen Gründen inhaftiert und wird als Gegner des Regimes angesehen, da er an der Organisation von Demonstrationen mitwirkte.
Deshalb droht dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat auch vom syrischen Regime Verfolgung asylrelevantem Ausmaß, da er Demonstrationen organisierte und seiner politischen Aktivität und seiner damit zum Ausdruck gebrachten oppositionellen Gesinnung.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom BVwG herangezogenen Länderinformation der Staatendokumentation Syrien, Version 11, COI-CMS, 27.03.2024, https://www.ecoi.net/de/laender/arabische-republik-syrien/coi-cms, wiedergegeben:
Politische Lage
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Quellen: […]
Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien
2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).
Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).
Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).
Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen
(FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen
(FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).
Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).
Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).
Anmerkung: s. die entsprechenden Unterkapitel des Kapitels Sicherheitslage zum Frontverlauf in Nordsyrien sowie zur Vorgehensweise der Türkei.
Quellen: […]
Sicherheitslage
Letzte Änderung: 08.03.2024
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte