TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/18 95/06/0098

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Veröffentlicht am 18.05.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des Dr. H in Graz, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 2. März 1995, Zl. A 17 - K 11.252/1993 - 4, betreffend Zurückweisung eines Baubewilligungsansuchens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen und dem vorgelegten, angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender, insofern unstrittiger Sachverhalt:

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 29. April 1988 der Baubehörde erster Instanz unter anderem der Ausbau des Dachgeschosses eines Hauses in Graz unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt, darunter, je Wohneinheit einen Rauchfanganschluß herzustellen und einen geeigneten Zugang zu den Rauchfängen im Einvernehmen mit dem Rauchfangkehrermeister herzustellen. Aufgrund der Endbeschau erging gemäß § 69 der Steiermärkischen Bauordnung (BO) der Bescheid vom 6. Mai 1991, in welchem unter anderem in den Punkten 1., 5. und 6. aufgetragen wurde, die fehlenden Rauchfanganschlüsse in den Wohnungen herzustellen und für die nördliche und südliche Rauchfanggruppe eine Aufstiegmöglichkeit zu den Rauchfangköpfen sowie ein Kehrpodest zu errichten.

Mit Antrag vom 17. März 1994 beantragte der Beschwerdeführer "gemäß § 57/1/c" BO, "eine Bauveränderung insofern zu bewilligen, als bescheidmäßig ausgesprochen werde, daß eine Bauveränderung gegenüber der bewilligten Baumaßnahme dahingehend bewilligt werde, als zum Ausbau des Dachgeschosses des Hauses N-Gasse 59 die Herstellung eines Rauchfanganschlusses je Wohneinheit sowie die Herstellung eines Zuganges mittels einer Aufstiegsmöglichkeit sowie dem Kehrpodest nicht vorgeschrieben werde" (zitiert nach dem Vorbringen in der Beschwerde). In diesem Antrag "auf Planänderung dahingehend, als die Auflagen 1.), 5.) und 6.) des Bescheides vom 6.5.1991 behoben werden" sollen, brachte der Beschwerdeführer vor, daß "aus Versehen gegen den seinerzeitigen Bescheid kein Rechtsmittel erhoben" worden sei.

Die Baubehörde erster Instanz wies mit Bescheid vom 5. September 1994 den Antrag zurück, weil es sich dabei um einen Antrag auf Abänderung eines bereits rechtskräftigen Bescheides handle (§ 68 AVG).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er vorbrachte, die Behörde erster Instanz vertrete zu Unrecht die Auffassung, daß sein Antrag "eine Abänderung des Bescheides vom 6.5.1991" darstelle, sich auch aus seinem Begehren auf "Planänderung" nicht entnehmen ließe, daß er eine nachträgliche Änderung des Bescheides vom 6. Mai 1991 gemäß § 68 "BO" begehre, der gegenständliche Antrag darauf abziele, "eine Bauveränderung gegenüber der ursprünglichen Baubewilligung zu erreichen" und die Behörde erster Instanz daher verpflichtet gewesen wäre, über den Antrag meritorisch zu entscheiden. Beantragt wurde, die belangte Behörde wolle den erstinstanzlichen Bescheid "dahingehend abändern, als die Bewilligung zur Ausführung des Bauvorhabens entsprechend dem Sachverhalt aus dem Bescheid vom 29.4.1988 insoweit erteilt wird, daß von den "besonderen Auflagen":

a)

Zur Herstellung je eines Rauchfanganschlusses pro Wohneinheit sowie

b)

einen geeigneten Zugang zu den Rauchfängen zu schaffen sowie ein Kehrpodest zu errichten

abgesehen wird".

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Inhaltes der Berufung ausgeführt, daß der Beschwerdeführer habe schon in seinem Antrag vom 17. März 1994 eingeräumt, daß "aus Versehen gegen den seinerzeitigen Bescheid kein Rechtsmittel erhoben" worden sei. Auch der Berufungsantrag lasse keinen Zweifel daran, daß Antragsgegenstand die begehrte Abänderung eines unbestritten in Rechtskraft erwachsenen Bescheides derart sei, daß zwei Auflagen, ohne die der seinerzeitige Bauvorhaben gar nicht bewilligungsfähig gewesen wären, entfallen sollten. Die erstinstanzliche Behörde habe somit keineswegs fälschlich die Auffassung vertreten, daß der Antrag ein solcher auf Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides sei. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Antrag auf § 52a BO gestützt worden sei und entgegen dem zweifelsfrei auf Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides gerichteten Inhalt nach Ansicht des Beschwerdeführers "als Antrag auf Bauveränderung gemäß § 57/1/c BO" umzudeuten gewesen wäre, weil es im Gegenstand nicht auf den Antragswortlaut ankomme, sondern, daß dessen Stattgebung auf eine Abänderung oder Behebung eines formell rechtskräftig gewordenen Bescheides hinauslaufen würde (verwiesen auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Im Gegenstandsfall handle es sich somit daher nicht um die Einbringung eines Bauansuchens "über eine andere Variante zu einem bereits bewilligten Bauvorhaben", sondern um den Versuch, ein mit Bescheid vom "6.5.1991" rechtskräftig bewilligtes "und nur unter Festsetzung der nunmehr zum Entfall beantragten auflagenbewilligungsfähiges und in der Zwischenzeit konsumiertes Bauvorhaben betreffend jener Punkte abzuändern, die nicht bewilligungsgemäß hergestellt worden sind und somit der begehrten Benützungsbewilligung entgegenstehen". Da gegenüber dem Zeitpunkt "der seinerzeitigen Entscheidung" weder in der Rechts- noch in der Sachlage eine maßgebende Änderung eingetreten sei, liege Identität der Sache vor, sodaß einer neuen Sachentscheidung die Rechtskraft des früher in derselben Angelegenheit ergangenen Bescheides entgegenstehe (Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Das im Gegenstandsfall rechtskräftig bewilligte Bauvorhaben stelle einschließlich der nach Rechtskraft dieser Entscheidung bekämpften Auflagen ein unteilbares Ganzes dar, welches aufgrund der zwingenden Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung ohne die Rauchfanganschlüsse in den Wohnungen und die Schaffung einer Kehrmöglichkeit nicht bewilligungsfähig gewesen wäre. Das Ansuchen um Änderung der in einem rechtskräftigen Bescheid zur Herstellung der Bewilligungsfähigkeit des Antragsgegenstandes festgesetzten Auflage sei somit ein Begehren um nachträgliche Änderung desselben im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG, welchem das Prozeßhindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegenstehe, weshalb das Begehren zutreffend zurückgewiesen worden sei (wurde unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes näher ausgeführt).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß durch den angefochtenen Bescheid die Bestimmungen des § 68 AVG sowie der §§ 57 und 58 BO insofern zu seinem Nachteil verletzt worden seien, als sein Bauansuchen vom 17. März 1994 nicht materiell rechtlich behandelt, sondern zurückgewiesen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG ist ein Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG (die hier nicht vorliegen) die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet (was hier unbestritten ebenfalls nicht der Fall ist). Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann, wenn das Begehren nicht ausdrücklich dahin lautet, wegen "res judicata" zurückzuweisen. Die Rechtskraft eines Bescheides erfaßt jedoch nicht eine danach eingetretene (maßgebliche) Sachverhaltsänderung. Einer neuen Sachentscheidung steht die Rechtskraft eines früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Bescheides gemäß § 68 Abs. 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. In diesem Zusammenhang ist der Begriff "Identität der Sache" in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus zu beurteilen (siehe dazu ausführlicher die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, in E 13ff zu § 68 Abs. 1 AVG wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes uva.).

Das Vorbringen in der Beschwerde, die Beurteilung der belangten Behörde sei unzutreffend, weil gerade die Bestimmungen der §§ 57f BO dem Bauwerber die Möglichkeit gäben, auch nach Fertigstellung eines Bauwerkes die Abänderung des Bauvorhabens durch nachträgliche Baubewilligung zu erreichen, vermag dem Beschwerdeführer in dieser allgemeinen Form vorliegendenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen: Der Beschwerdeführer zieht die Ausführungen der belangten Behörde nicht in Zweifel, wonach er bei unveränderter Sach- und Rechtslage nicht etwa ein Bauansuchen "über eine andere Variante zu einem bereits bewilligten Bauvorhaben" eingebracht, sondern "die Bewilligung zur Ausführung des Bauvorhabens entsprechend dem Sachverhalt aus dem Bescheid vom 29.4.1988 in der Weise angestrebt hatte, daß von den zwei bereits näher angeführten Vorschreibungen abgesehen" werde. Damit ist der Beurteilung der belangten Behörde beizutreten, daß das Bestreben des Beschwerdeführers in Wahrheit darauf gerichtet ist, bei unveränderte Sach- und Rechtslage das Projekt, das lediglich mit Auflagen bewilligt wurde, nun abermals, aber ohne diese beiden Auflagen bewilligen zu lassen, mit anderen Worten, sich dieser beiden rechtskräftigen Vorschreibungen zu entledigen. Der Beschwerdeführer vermag jedenfalls nicht aufzuzeigen, daß die für die Beachtung der Rechtskraft im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG maßgebende Identität der Sache von der belangten Behörde zu Unrecht bejaht wurde. Davon ausgehend, war die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Bestätigung der zurückweisenden erstinstanzlichen Entscheidung rechtens.

Da somit bereits die Beschwerdeausführungen erkennen lassen, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - und ohne daß dem Beschwerdeführer weitere Kosten entstünden - als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete Baurecht Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995060098.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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