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L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §431;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der 1. DF und des 2. BF, beide in H und beide vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 20. April 1994, Zl. I-2-3/1994, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Firma S-GmbH in H und 2. Marktgemeinde H, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vom Verfassungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde der Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof und der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde ergibt sich im Zusammenhalt mit dem vorgelegten angefochtenen Bescheid folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 12. Juli 1993 wurde der Erstmitbeteiligten die Baubewilligung für die Errichtung einer aus mehreren Bauteilen bestehenden Wohnanlage erteilt. Die Beschwerdeführer sind Mieter einer Wohnung in der angrenzenden Wohnanlage Gartenweg der Vorarlberger Gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft. Mit dieser Genossenschaft hatten die Beschwerdeführer eine KAUFVEREINBARUNG geschlossen, derzufolge "das grundbücherliche Eigentum ab dem 1.1.1994 zugunsten der Beschwerdeführer" (offensichtlich das mit dem Wohnungseigentum an der von ihnen benützten Wohnung verbundene Miteigentum an der Liegenschaft) einverleibt werden sollte. Sie erhoben in der Bauverhandlung vom 11. Juni 1993, vertreten durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter, Einwendungen gegen das Bauvorhaben. Auf diese Einwendungen wurde im erstinstanzlichen Baubescheid nicht näher eingegangen, da den Beschwerdeführern mangels Nachbareigenschaft keine Parteistellung zuerkannt wurde. Die von den Beschwerdeführern eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 3. Februar 1994 abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung keine Folge gegeben. Begründend führt die belangte Behörde aus, daß nur Nachbarn im Bauverfahren Parteistellung nach dem AVG besäßen. Der Nachbarbegriff nach dem Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972 in der Fassung LGBl. Nr. 47/1983, sei in § 2 lit. i definiert. Nachbar sei demnach "der EIGENTÜMER eines fremden Grundstückes, das zu einem Baugrundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis steht, ...". Daraus ergebe sich, daß die Nachbareigenschaft nur dem Eigentümer oder Miteigentümer, nicht jedoch einem Mieter, Pächter, Servitutsberechtigten oder Hypothekargläubiger zukomme. Nach § 431 ABGB müsse "zur Übertragung des Eigentumes unbeweglicher Sachen das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen werden". Nach Darstellung der wesentlichen Ausnahmen vom Eintragungsgrundsatz wird darauf verwiesen, daß auch nach § 12 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz 1975 das Wohnungseigentum "durch die Einverleibung in das Grundbuch erworben" werde. Die Beschwerdeführer seien nicht grundbücherliche Eigentümer des an das Objekt der Bauwerberin angrenzenden Grundstückes. Sie versuchten ihre Rechtsposition mit jener gleichzusetzen, wie sie sich aus einem von der Vorarlberger Gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft eingeräumten Baurecht ergeben würde. Abgesehen davon, daß den Vorstellungswerbern auch unbestrittenermaßen kein derartiges Baurecht zukomme, werde die auf Krzizek, Das öffentliche Nachbarrecht, 1959, zurückgehende Rechtsauffassung als überholt anzusehen sein. Diese Auffassung wird unter Hinweis auf Belegstellen bei Hauer,
Der Nachbar im Baurecht, näher begründet.
Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer in der Vorstellung ergebe sich, daß die grundbücherliche Einverleibung unmittelbar bevorstehe. Es sei den Beschwerdeführern daher weder zum Zeitpunkt der Einbringung der Vorstellung noch zum Zeitpunkt der Erhebung der Einwendungen bei der Bauverhandlung (dieser Zeitpunkt sei allein entscheidend, da hinsichtlich später vorgebrachter Einwendungen nach § 42 Abs. 1 AVG Präklusion eingetreten wäre) die Eigentümereigenschaft zugekommen. Ausnahmen vom Eintragungsgrundsatz (erwähnt wird auch noch § 44 Abs. 1 Vorarlberger Raumplanungsgesetz) lägen im Beschwerdefall nicht vor.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluß vom 29. November 1994, Zl. B 1183/94-3, ablehnte und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten hat, ob die Beschwerdeführer in einem sonstigen Recht verletzt worden sind. In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde machen die Beschwerdeführer die Verletzung des ihnen aus § 30 iVm § 2 lit. i Vorarlberger Baugesetz erfließenden Rechtes auf Parteistellung im gegenständlichen Bauverfahren und auf Versagung einer Baubewilligung für das von der erstmitbeteiligten Partei beantragte Projekt geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführer gründen ihre Behauptung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides auf die Ansicht, daß sich ihre Rechtsposition zum Zeitpunkt der Erhebung der Einwendungen "inhaltlich bereits annähernd zu jener grundbücherlicher Eigentümer verdichtet" habe, ohne daß sich diese Position von der Stellung eines im Grundbuch verbücherten Eigentums unterschieden hätte. Es sei lediglich die zur Erwerbung des bücherlichen Eigentums erforderliche Einverleibung ausständig gewesen. Auch der annähernd zehnjährige Besitz der Liegenschaft begründe eine eigentümerähnliche Stellung und weise die Beschwerdeführer de facto als Eigentümer aus. Diese Rechtsposition erreiche zumindest die Qualität einer solchen des Vorbehaltskäufers mit absolutem Charakter, welcher nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes umfassender Rechtsschutz zukomme.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die dargestellte rechtliche Beurteilung der belangten Behörde als rechtswidrig erkennen zu lassen. Wie die belangte Behörde zutreffend dargetan hat, ist die Regelung des Erwerbs von Eigentum im ABGB entsprechend dem Eintragungsgrundsatz ausgestaltet, sodaß - abgesehen von hier auch nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht zum Tragen kommenden Ausnahmen - das Eigentum an einer Liegenschaft erst mit der Verbücherung erworben wird.
Gemäß § 2 lit. i Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 47/1983, ist Nachbar der EIGENTÜMER eines fremden Grundstückes, das zu einem Baugrundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis steht, "daß mit Auswirkungen des geplanten Bauwerkes oder dessen vorgesehener Benützung, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes einen Schutz gewähren, zu rechnen ist". Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, ist eine baurechtliche Vorschrift wie die vorliegende, welche auf das Eigentum an einem Grundstück abstellt, im Sinne des ABGB zu verstehen. Soferne keine der im ABGB vorgesehen Ausnahmen oder der in speziellen Gesetzen (vgl. § 44 Vorarlberger Raumplanungsgesetz) geregelten Ausnahmen vorliegt, ist bei der Abgrenzung, wem die Parteistellung im Verfahren nach dem Vorarlberger Baugesetz Parteistellung zukommt, darauf abzustellen, ob das Eigentum an der Liegenschaft im Sinne des ABGB erworben wurde oder nicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, Zl. 93/05/0186).
Es ist somit bereits aus dem Beschwerdevorbringen ersichtlich, daß die behauptete Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer aus den §§ 2 lit. i iVm § 30 Abs. 1 Vorarlberger Baugesetz nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen.
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer RechtsnachfolgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995060040.X00Im RIS seit
03.05.2001