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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der R in B, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 10. November 1993, Zl. 16/1-GA3-Emh/92, betreffend Jahresausgleich für 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Beim Jahresausgleich 1990 machte die Beschwerdeführerin aus dem Titel einer doppelten Haushaltsführung Mietaufwendungen von S 59.400,-- und Fahrtkosten von S 12.062,-- als Werbungskosten geltend. Sie sei seit 1. Juni 1987 als Angestellte bei einem Unternehmen beschäftigt, das seine Tätigkeit zunächst in Wien ausgeübt habe. Im Jahre 1988 sei der Betriebszweig, in dem sie tätig sei, nach Salzburg verlegt worden. Es sei ihr nicht möglich gewesen, in Salzburg eine geeignete Hauptmietwohnung mit zwei Räumen zu finden; der Abschluß eines entsprechenden Mietvertrages sei insbesondere an ihrer Erklärung gescheitert, daß ihre Tochter, die ein Musikstudium absolviere, in der Wohnung Klavier und Gesang üben müsse. Die Tochter der Beschwerdeführerin studiere Publizistik und Musik daher in Wien, wobei sie dort eine Wohnmöglichkeit benötige. Die Beibehaltung der Wohnung in Wien sei auch unter Kostengesichtspunkten und wegen des besseren Kündigungsschutzes zweckmäßig.
Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid verweigerte die belangte Behörde die Berücksichtigung der geltend gemachten Kosten als Werbungskosten. Begründend vertrat sie im wesentlichen die Auffassung, die wesentlichen Gründe für die Beibehaltung der Wiener Wohnung der Beschwerdeführerin lägen im privaten Bereich.
Die Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften u.a. nicht abgezogen werden
1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.
2.a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder
gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z. B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist; ist die Wahl oder Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort hingegen auf der privaten Sphäre zuzuordnende Gründe zurückzuführen, sind die daraus entstandenen Aufwendungen nicht abzugsfähig (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 93/15/0083, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung sind nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes privat veranlaßt ist (vgl. Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 16 Tz 102, Stichwort "Doppelte Haushaltsführung" Z. 2, sowie die Erkenntnisse vom 3. März 1992, Zl. 88/14/0081, und vom 30. November 1993, Zl. 90/14/0212).
Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, die Beibehaltung ihrer Wiener Wohnung sei in mehrfacher Hinsicht zweckmäßig und notwendig. Sie habe trotz intensiven Bemühens keine passende Wohnung für sich und ihre Tochter gefunden; es sei nämlich kein Vermieter zur Aufnahme einer Musikstudentin, die in der Wohnung üben müsse, bereit gewesen. Darüber habe die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen. Die Aufgabe der Wohnung in Wien sei auch im Hinblick auf die Möglichkeit eines Arbeitsplatzverlustes solange nicht zumutbar, als es nicht möglich sei, mit dem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag auf bestimmte langjährige Dauer abzuschließen und eine Wohnung zu finden, die hinsichtlich der Rechtsstellung (Hauptmiete), der Vertragsdauer und der Höhe des Mietzinses in Relation zum Einkommen der Beschwerdeführerin dieser eine Wohnmöglichkeit verschaffe, die der Wohnung in Wien annähernd gleichwertig sei. Dies werde jedenfalls bis zur Beendigung des Studiums der Tochter zu gelten haben. Auch unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Beziehung auf die Wohnung in Wien sei deren Aufgabe nicht zumutbar. Für die Ein-Zimmer-Untermietwohnung in B. bei Salzburg habe die Beschwerdeführerin monatlich S 4.950,-- zu bezahlen, für die Zwei-Zimmer-Hauptmietwohnung in Wien S 2.947,--. Auch in diesem Zusammenhang habe die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen.
Mit diesen Darlegungen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit auf; dies schon deshalb, weil damit keine ausschließlich berufliche Veranlassung der Beibehaltung des bisherigen Wohnsitzes in Wien dargelegt wird. Es ist daher nicht weiter zu erörtern, ob im vorliegenden Fall - bei einem alleinstehenden Steuerpflichtigen, der eine Wohnung gemeinsam mit seinem volljährigen, unterhaltsberechtigten Kind bewohnt - ein "Familienwohnsitz" im Sinne der oben dargelegten Grundsätze vorliegt (vgl. zum Begriff Quantschnigg-Schuch, aaO, lit. c). Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Entscheidung im vorliegenden Zusammenhang von der beruflichen oder privaten Veranlassung der Beibehaltung des Wohnsitzes in Wien abhängt. Die Beschwerde verkennt den Inhalt der von der belangten Behörde getroffenen Entscheidung, wenn sie dieser unterstellt, die Behörde "verlange" die Aufgabe des Wiener Wohnsitzes; die belangte Behörde war vielmehr vor die Aufgabe gestellt, die geltend gemachten Kosten der beruflichen oder privaten Sphäre zuzuordnen. Es ist daher nicht maßgeblich, ob sich die Beibehaltung eines Wohnsitzes in Wien - etwa unter Gesichtspunkten des Wohnbedürfnisses der Beschwerdeführerin nach allfälliger Beendigung des Dienstverhältnisses in Salzburg oder einer Wohnmöglichkeit für die Tochter der Beschwerdeführerin während ihrer Hochschulausbildung in Wien - als (insbesondere wirtschaftlich) zweckmäßig und sinnvoll darstellt. Auch wenn dies - wie die Beschwerde eingehend darlegt - durchaus der Fall sein mag, bedeutet das nicht, daß daraus der Werbungskostencharakter der entsprechenden Aufwendungen folgte; denn dieser hängt nicht von der Zweckmäßigkeit bestimmter Aufwendungen unter den für den Steuerpflichtigen maßgeblichen Gesichtspunkten, sondern von ihrer ausschließlich beruflichen Veranlassung ab. Eine solche ergibt sich aber auch aus den oben wiedergegebenen, im wesentlichen dem Vorbringen im Abgabenverfahren entsprechenden Darlegungen nicht.
Die Beibehaltung eines Mietverhältnisses über eine Wohnung, die in solcher Entfernung vom Beschäftigungsort liegt, daß eine tägliche Rückkehr nicht in Betracht kommt, unter den oben angesprochenen Gesichtspunkten einer kostengünstigeren, mit der rechtlichen Position eines Hauptmieters verbundenen Wohnmöglichkeit nach allfälliger Beendigung des Arbeitsverhältnisses mag ein zweckmäßiges Vorgehen sein; die ausschlaggebenden Gesichtspunkte sind jedoch solche der privaten Lebensführung. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde; denn auch unter diesen Umständen muß im vorliegenden Fall die doppelte Haushaltsführung als auf Dauer angelegt angesehen werden. Die für den Werbungskostencharakter vorausgesetzte berufliche Veranlassung der entsprechenden Aufwendungen liegt somit nicht vor. Ebensowenig liegt in den Kosten, die mit der Beistellung einer Wohnung für die in Hochschulausbildung stehende unterhaltsberechtigte Tochter verbunden sind, ein Aufwand, der mit der beruflichen Sphäre der Beschwerdeführerin in Verbindung gebracht werden könnte. Mangels Relevanz der erwähnten Umstände liegen daher auch die geltend gemachten Feststellungsmängel nicht vor.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 EStG 1988 verneint. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993150244.X00Im RIS seit
07.06.2001