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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §33 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Februar 1993, Zl. 4.342.390/1-III/13/93, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 11. Jänner 1993 den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Sri Lanka, ihm Asyl zu gewähren, abgewiesen. Diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer nach Ausweis der Verwaltungsakten am 13. Jänner 1993 persönlich übernommen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 22. Februar 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurück, weil der erstinstanzliche Bescheid vom Beschwerdeführer bereits am 13. Jänner 1993 übernommen, die Berufung aber erst nach Ablauf der Berufungsfrist am 29. Jänner 1993 eingebracht worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Gemäß der hg. Rechtsprechung ist es für die Rechtzeitigkeit der Erhebung einer Berufung entscheidend, daß die Berufung innerhalb offener Frist mit der richtigen Anschrift der Post übergeben wurde (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 4, Eisenstadt 1990, S. 498, zitierte Judikatur). Hiebei ist die Rechtzeitigkeit der Rechtsmittelerhebung nicht davon abhängig, ob und gegebenenfalls wann die Einbringungsstelle von dem Rechtsmittel Kenntnis nimmt (vgl. hiezu die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, Wien 1987, S. 603 zitierte Judikatur).
In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich - mit der in englischer Sprache abgefaßten Berufung des Beschwerdeführers zusammengeheftet - ein an das Bundesasylamt adressiertes, unfrankiertes Kuvert, welches einen Poststempel mit dem Datum 21. März 1993 aufweist. Weiters befindet sich auf diesem Kuvert der Vermerk "Annahme verweigert dh zurück 22.1.93". Der mit 18. Jänner 1993 datierte Berufungsschriftsatz selbst trägt den Eingangsstempel des Bundesasylamtes mit dem Datum
29. Jänner 1993.
Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid offenbar - eine diesbezügliche nähere Begründung kann diesem Bescheid nicht entnommen werden - davon aus, daß das Datum des Eingangsstempels des Bundesasylamtes als Datum der Einbringung der Berufung anzusehen sei. Mit dieser Auffassung verkennt die belangte Behörde die Rechtslage, weil weder der Umstand, daß das Bundesasylamt zunächst die Annahme der an dieses Amt adressierten Berufung verweigert hat, noch die mangelnde Frankierung dieser Sendung, die der Beschwerdeführer auf seine Mittellosigkeit zurückführt, etwas an der Bedeutung des Datums des Poststempels für die Wahrung der Berufungsfrist zu ändern vermag. Da aber zufolge dem Datum des Poststempels die gegenständliche Berufung jedenfalls innerhalb der mit Übergabe des erstinstanzlichen Bescheides an den Beschwerdeführer in Lauf gesetzten zweiwöchigen Berufungsfrist zur Post gegeben wurde, erweist sich die Berufung als rechtzeitig.
Die belangte Behörde hat somit in Verkennung der Rechtslage die Berufung zurückgewiesen, eine ihr beim aufgezeigten Sachverhalt auferlegte Sachentscheidung verweigert und somit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das den Ersatz von Stempelgebühren betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Beschwerdeführer von der Entrichtung dieser Gebühren in Gewährung der Verfahrenshilfe befreit worden ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994190470.X00Im RIS seit
11.07.2001