Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Holeschofsky, Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des P in B, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer 18. April 1991, Zl. 110 P/85, betreffend Umbestellung eines Amtsverteidigers, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Gegen den Beschwerdeführer ist beim Kreisgericht Wels ein Strafverfahren anhängig. Mit Bescheid der Abteilung II der belangten Behörde (EB) vom 5. September 1989 wurde Rechtsanwalt Dr. W.St. gemeinsam mit Dr. J.K. und Dr. C.Sch. zum Verfahrenshelfer bestellt. In der Folge kam es zu diversen Umbestellungen, die u.a. dazu führten, daß anstelle des Dr. W.St. Dr. D.J. und anstelle dieses Rechtsanwaltes Dr.W.J. zu Verfahrenshelfern bestellt wurden. Die letztgenannte Umbestellung erfolgte mit Bescheid der EB vom 7. März 1991.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch, der von der EB mit Bescheid vom 12. April 1991 zurückgewiesen wurde. Begründend führte die Behörde aus, daß die Bestellung eines Substituten ausschließlich das Verhältnis des bestellten Verfahrenshelfers und des zu bestellenden Substituten betreffe, weshalb die Parteistellung des Beschwerdeführers nicht gegeben sei. Der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers vom 13. April 1991 gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. April 1991 keine Folge, wobei sie sich der Rechtsansicht der EB anschloß.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 7. Oktober 1992, B 451, 452/91, die Behandlung der gegen den letztangeführten Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese an den Verwaltungsgerichtshof ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde erwogen:
In der vorliegenden Beschwerdeangelegenheit hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die mit Beschluß der EB vom 12. April 1991 ausgesprochene Zurückweisung des Einspruches des Beschwerdeführers gegen die mit Bescheid der EB vom 7. März 1991 verfügte Bestellung des Dr. W. J. an Stelle des Dr. D. J. - letzterer war mit Bescheiden der EB vom 29. August 1989 und vom 27. Oktober 1989 an Stelle des Dr. W.St. bestellt worden - zum Amtsverteidiger in der Strafsache des Beschwerdeführers bestätigt. Der gegen die Umbestellung erhobene Einspruch des Beschwerdeführers lautet:
"Ich erhebe gegen die Bestellung von Herrn Dr. W. J. als Substitut von Herrn Dr. St. Einspruch wegen mangelndem Vertrauen und Vertrauensbruch. Ich beantrage die Bestellung gem. Beschluß ON 830 vom 27.9.89 von 3 Verteidigern aus dem Sprengel des KG Wels, da auch Herr Dr. St. seine Verteidigung in keiner Weise wahrnimmt."
Gemäß § 45 Abs. 1 RAO hat die Partei Anspruch auf Bestellung eines Rechtsanwaltes durch die Rechtsanwaltskammer, wenn das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwaltes beschlossen hat oder die Bewilligung der Verfahrenshilfe eine solche Beigebung einschließt. Müßte der bestellte Rechtsanwalt außerhalb des Sprengels des Gerichtshofes erster Instanz, wo er seinen Kanzleisitz hat, tätig werden oder ist der Partei, die sich außerhalb dieses Sprengels aufhält, die Zureise zu dem bestellten Rechtsanwalt für eine mündliche Aussprache wegen unüberwindlicher Hindernisse oder hoher Kosten unzumutbar, so hat gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen der Auschuß der nach dem Ort der vorzunehmenden Tätigkeit beziehungsweise nach dem Aufenthaltsort der Partei zuständigen Rechtsanwaltskammer auf Antrag des bestellten Rechtsanwalts oder der Partei hiezu einen Rechtsanwalt zu bestellen, der im Sprengel des Gerichtshofes erster Instanz, wo dieser Ort liegt, seinen Kanzleisitz hat. Kann der bestellte Rechtsanwalt die Vertretung oder Verteidigung aus einem der im § 10 Abs. 1 erster Satz, zweiter Halbsatz oder zweiter Satz leg. cit. angeführten Gründen oder wegen Befangenheit nicht übernehmen oder weiterführen, so ist er gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen auf seinen Antrag, auf Antrag der Partei oder von Amts wegen zu entheben und ein anderer Rechtsanwalt zu bestellen. Gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit. ist der Rechtsanwalt nicht verpflichtet, die Vertretung einer Partei zu übernehmen, und kann dieselbe ohne Angabe der Gründe ablehnen; allein er ist verpflichtet, die Vertretung oder auch nur die Erteilung eines Rates abzulehnen, wenn er die Gegenpartei in derselben oder in einer damit zusammenhängenden Sache vertreten hat oder in einer solchen Angelegenheit früher als Richter oder Staatsanwalt tätig war. Ebenso darf er nicht beiden Teilen in dem nämlichen Rechtsstreit dienen oder Rat erteilen. Gemäß Abs. 5 dieses Paragraphen hat der Ausschuß das Gericht von der Bestellung oder Enthebung zu verständigen.
Aus den angeführten Vorschriften kann weder ein Anspruch der Partei auf Bestellung eines bestimmten, von ihr gewünschten Rechtsanwaltes zum Verfahrenshelfer (bzw. zu dessen Substituten) noch ein solcher auf Weiterführung der Vertretung durch den einmal bestellten Rechtsanwalt abgeleitet werden. Das Gesetz räumt der Partei lediglich das Recht ein, einen Antrag auf Enthebung des Rechtsanwalts aus den genannten Gründen zu stellen. Daraus läßt sich aber nicht ableiten, daß dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Mitwirkung im Verfahren der Behörde über den Antrag des bestellten Rechtsanwaltes auf Enthebung zukommt. Vielmehr ist in diesem Verfahren vor den Behörden der Rechtsanwaltskammer, das nicht durch das AVG geregelt ist, eine Parteistellung ausschließlich dem Antragsteller eingeräumt worden (vgl. den hg. Beschluß vom 9. November 1988, Zl. 88/01/0114). Antragsteller in dem dem Beschwerdefall zugrundeliegenden Verfahren war aber nicht der Beschwerdeführer, sondern der zum Verfahrenshelfer bestellte Rechtsanwalt.
Soweit der Beschwerdeführer aus der Zustellung des Umbestellungsbescheides eine Anerkennung seiner Parteistellung abzuleiten versucht, ist ihm entgegenzuhalten, daß durch die bloße Zustellung eines Bescheides die Parteistellung nicht begründet werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1969, Slg. 7507/A).
Des weiteren ist eine Enthebung des Amtsverteidigers (bzw. eines Substituten) über Antrag der Partei nur für den Fall des Vorliegens eines der in § 45 Abs. 3 und 4 RAO angeführten Gründe vorgesehen. Keiner dieser Gründe wird aber vom Beschwerdeführer geltend gemacht.
Im übrigen wäre es dem Beschwerdeführer offen gestanden, sich mit seinem Anliegen an das Gericht zu wenden, welches auch nach Bestellung eines Amtsverteidigers gehalten ist, in einer dem Gesetz entsprechenden Weise sicherzustellen, daß dem Angeklagten alle gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten einer ordnungsgemäßen Verteidigung zustehen, und einzuschreiten hat, wenn ihm Umstände bekannt werden, welche die Gefahr einer Beeinträchtigung der Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten mit sich bringen können (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 92/01/0032, sowie die dort angeführte Judikatur). Da die im Instanzenzug bestätigte Zurückweisung seines Einspruches somit dem Gesetz entsprach, wurde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Ein Abspruch über Aufwandersatz hatte zu entfallen, weil die belangte Behörde solchen nicht geltend gemacht hat.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Verfahrensrecht VwGG B-VGEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994190783.X00Im RIS seit
11.07.2001