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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der A in N, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 5. Oktober 1994, Zl. SD 856/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 5. Oktober 1994 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Dominikanischen Republik, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot bis zum 1.1.2004 erlassen.
In sachverhaltsmäßiger Hinsicht nahm die belangte Behörde als erwiesen an, daß die am 20. Februar 1992 ohne Sichtvermerk nach Österreich eingereiste Beschwerdeführerin mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 10. Dezember 1992 wegen Übertretung des Niederösterreichischen Prostitutionsgesetzes rechtskräftig (mit einer Geldstrafe) bestraft worden sei, weil sie in der Zeit vom Oktober 1992 bis 22.11.1992 an einem näher bezeichneten Ort die Prostitution ausgeübt habe, obwohl dies dort verboten gewesen sei; des weiteren, daß sie in den Jahren 1992 und 1993 mehrmals (in im einzelnen umschriebener Weise) gegen Vorschriften des Meldegesetzes verstoßen habe; schließlich, daß sie sich (jedenfalls) seit 19. April 1994 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.
In rechtlicher Hinsicht erblickte die belangte Behörde darin ein Gesamtfehlverhalten, welches die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung rechtfertige.
Was die Frage der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes anlangt, ging die belangte Behörde von einem mit dieser Maßnahme verbundenen Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin aus, hielt jedoch das Aufenthaltsverbot zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) für dringend geboten (§ 19 FrG). Zu § 20 Abs. 1 FrG nahm die belangte Behörde aufgrund des noch kurzen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin keine erhebliche Integration an und maß auch dem Umstand, daß sie zusammen mit ihrem Verlobten lebe, kein solches Gewicht bei, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Verhängung dieser Maßnahme.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt der von der belangten Behörde als maßgeblich festgestellte Sachverhalt (oben I. 1.) unbestritten. Der daraus im angefochtenen Bescheid gezogene rechtliche Schluß auf das Gerechtfertigtsein der im § 18 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme begegnet keinem Einwand, ist doch mit der belangten Behörde davon auszugehen, daß das besagte Gesamt(fehl)verhalten - verbotswidrige Ausübung der Prostitution, mehrfacher Verstoß gegen fremdenrechtliche wie auch melderechtliche Vorschriften - dazu führt, den Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet begründetermaßen als Gefährdung jedenfalls der öffentlichen Ordnung erscheinen zu lassen. Die gegen die Begründetheit einer solchen Gefährdung gerichteten Beschwerdeausführungen sind schon deshalb nicht zielführend, weil ihnen die unzutreffende Ansicht zugrunde liegt, die belangte Behörde habe die Annahme i.S. des § 18 Abs. 1 FrG ausschließlich auf den ihr zur Last liegenden Verstoß gegen das Prostitutionsverbot gestützt. Damit geht auch die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verfahrensrüge ins Leere.
2. Die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Auch der Gerichtshof hegt gegen die - unter der Annahme eines relevanten Eingriffes in das Privatleben der Beschwerdeführerin durch die Verhängung dieser Maßnahme getroffene - Beurteilung, das Aufenthaltsverbot sei zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten, keinen Einwand.
3.1. Die von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung hält die Beschwerdeführerin deshalb für rechtswidrig, weil die Prüfung der Frage unterlassen worden sei, "wie weit meine Integration aufgrund der Ausübung meines Berufes im Rahmen des Erlaubten fortgeschritten ist". Darüber hinaus habe die belangte Behörde auch nicht geprüft, "welche Intensität meine familiären Bindungen zu meinem Verlobten und seinen Familienangehörigen haben".
3.2. Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde der relativ kurzen - und überdies nur zum Teil rechtmäßigen - Dauer des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin in Österreich (etwas mehr als zweieinhalb Jahre) und ihrer daraus abgeleiteten Integration zu Recht kein erhebliches Gewicht beimaß. Daran hätte sich auch nichts geändert, wenn die belangte Behörde für die Beurteilung des Ausmaßes der Integration die Berufsausübung "im Rahmen des Erlaubten" mitberücksichtigt hätte. Was die vermißten Feststellungen hinsichtlich der familiären Bindungen der Beschwerdeführerin betrifft, so wurde im bekämpften Bescheid darauf, daß sich in Österreich ihr Verlobter aufhält und sie mit ihm zusammenlebt, Bedacht genommen. Selbst wenn - was in der Beschwerde nicht behauptet wird - diese Bindung intensiv sein sollte, würde dies nicht zu der Beurteilung führen, daß die durch das in Rede stehende Gesamt(fehl)verhalten der Beschwerdeführerin bewirkte erhebliche Beeinträchtigung maßgeblicher öffentlicher Interessen weniger schwer wöge als die Auswirkung des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihres Verlobten.
4. Nach dem Gesagten erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994180982.X00Im RIS seit
20.11.2000