TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/18 94/06/0257

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Veröffentlicht am 18.05.1995
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;
27/01 Rechtsanwälte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
96/01 Bundesstraßengesetz;
96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus;

Norm

ABGB §1004;
ABGB §1152;
ASAGG 1981 idF 1992/826 §4 Abs1;
ASAGG 1981 idF 1992/826 §6 Abs2;
AVG §74 Abs2;
BStG 1971 §20 Abs1;
EisbEG 1954 §44;
RAO 1945 §17 Abs1;
RAT §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Bundes, Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Burgenland, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 20. Oktober 1994, Zl. 870.095/87-VI/12a-94, betreffend Vertretungskosten in einem Verfahren nach dem Bundesstraßengesetz (mitbeteiligte Parteien:

1.

Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen AG, X,

2.

Sigismund und Elfriede F in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Bund hat der Bundesstraßenverwaltung (vertreten durch den Landeshauptmann von Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- und den Zweitmitbeteiligten Aufwendungen von zusammen S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der Zweitmitbeteiligten war abzuweisen.

Begründung

Mit Bescheid vom 3. Dezember 1992 hat der Landeshauptmann von Burgenland als Bundesstraßenbehörde erster Instanz über den Antrag der Republik Österreich (Bundesstraßenverwaltung), vertreten durch die Autobahn- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft (ASAG) unter I bestimmte Rasenflächen von der KG W im Eigentum der Zweitmitbeteiligten und lastenfrei zugunsten der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, enteignet. Unter II wurden für die enteigneten Grundstücksflächen Entschädigungssummen bestimmt, die ASAG wurde zur Auszahlung dieser Beträge verpflichtet.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Zweitmitbeteiligten Berufung, unter anderem wurde in der Berufung ausgeführt, es sei über den rechtzeitig gestellten Antrag auf Zuerkennung der Vertretungskosten nicht abgesprochen worden.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 20. Oktober 1994 wurde der Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 3. Dezember 1992 dahingehend abgeändert, daß den im Spruch genannten Eigentümern die Kosten für rechtsfreundliche Vertretung in der Höhe von S 283.876,10 zuerkannt wurden. Unter einem wurde die Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung von Burgenland verpflichtet, diesen Betrag innerhalb einer Frist von 2 Wochen den Grundeigentümern bzw. ihrem Rechtsvertreter zur Anweisung zu bringen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Burgenland. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Autobahnen- und Schnellstraßengesellschaft (ASAG) habe, gestützt auf § 4 des Bundesgesetzes betreffend die Errichtung einer Autobahnen- und Schnellstraßen AG, am 6. Juni 1992 den Antrag auf Enteignung von im Eigentum der Eheleute F stehenden Grundstücken für den Bau der A4 Ostautobahn eingebracht. Der Landeshauptmann von Burgenland als Bundesstraßenbehörde erster Instanz habe mit Bescheid vom 3. Dezember 1992 diesem Antrag stattgegeben und der ASAG aufgetragen, die Entschädigung von S 842.459,-- zugunsten der enteigneten Parteien zur Auszahlung zu bringen. Mit dem Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften, BGBl. Nr. 826/1992, sei unter anderem auch die Autobahnen- und Schnellstraßen AG mit Wirkung vom 1. Jänner 1993 zu einer neuen Aktiengesellschaft, der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen AG verschmolzen. Gemäß § 7 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes kämen der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen AG alle Aufgaben zu, die nach dem Bundesgesetz betreffend die Errichtung einer Autobahnen- und Schnellstraßengesellschaft, BGBl. Nr. 300/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 159/1990, dieser Gesellschaft zukämen.

Die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung der Eheleute F könnten nicht der Beschwerdeführerin, der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung von Burgenland angelastet werden, da dieser keine Befugnis zukomme, aufgrund der vorzitierten Übertragungsakte Rechtshandlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Liegenschaften für den Bau der A4 Ostautobahn zu setzen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten ohne

Gegenschrift vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung der Landeshauptmann unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954. In seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0211, auf dessen eingehende Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß der Enteigner zur Tragung der dem Enteignungsgegner erwachsenen Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung verpflichtet ist. Zum Umfang der Kostenersatzpflicht verwies er auf sein Erkenntnis vom 18. Oktober 1973, Zl. 279/73. Mit einem weiteren Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 93/06/0231, hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem ausgesprochen, daß für die Bemessung der dem Enteignungsgegner zu ersetzenden Kosten rechtsfreundlicher Vertretung der Rechtsanwaltstarif in Betracht kommt.

Der nunmehr angefochtene Bescheid setzt sich in seiner Begründung zwar mit der höhenmäßigen Ermittlung der zuerkannten Vertretungskosten auseinander, enthält jedoch keinerlei Begründungsansatz, weshalb die Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung von Burgenland, verpflichtet wird, den so ermittelten Betrag zur Anweisung zu bringen.

Mit Bundesgesetz vom 20. Mai 1981, BGBl. Nr. 300/1981, wurde beschlossen, daß der Bund die Planung und Errichtung bestimmter Abschnitte, bestimmter Autobahnen und Schnellstraßen einer Kapitalgesellschaft (Autobahnen und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft) zu übertragen hat. Nach § 4 Abs. 1 dieses Gesetzes waren die für die Errichtung der in § 1 genannten Strecken bzw. notwendigen Grundflächen von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft auf deren Kosten im Namen des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) zu erwerben. Gemäß § 6 Abs. 2 leg. cit. hat der Bund der Autobahnen- und Schnellstraßen AG die Kosten der Planung und Errichtung einschließlich der Grundeinlösung für die im § 1 genannten Autobahn- und Schnellstraßenstrecken zu ersetzen. Mit BGBl. Nr. 159/1990 wurde das Bundesgesetz LGBl. Nr. 300/1981 insofern geändert, als gemäß § 1a Abs. 1 lit. a zu den angeführten Strecken die Bundesautobahn A4 Ostautobahn im Abschnitt Parndorf (B 50) - Staatsgrenze bei Nickelsdorf aufgenommen wurde, deren Planung ebenfalls der Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft zu übertragen war. In Abs. 2 dieser Bestimmung wurde normiert, daß der Bund der Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft hinsichtlich der in Abs. 1 genannten Strecken auch den Bau übertragen könne, insoweit eine besondere Dringlichkeit bestehe und damit eine Verbesserung des Planungs- und Ausführungsablaufes zu erwarten sei. Diese Übertragung erfolge jeweils durch Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen. Die Übertragung erfolgte durch eine Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, die in BGBl. Nr. 575/1991 verlautbart wurde. Mit Bundesgesetz vom 29. Dezember 1992, BGBl. Nr. 826/1992, wurde die Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft mit anderen Autobahnaktiengesellschaften zu einer neuen Aktiengesellschaft verschmolzen (§ 233 Aktiengesetz 1965). Die neue Gesellschaft führt den Namen "Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft" mit Sitz in Salzburg (und übernahm u.a. die oben genannten Aufgaben).

Die Zuständigkeit für die Planung und Errichtung der A4 Ostautobahn im gegenständlichen Bereich lag somit bei der Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft. Für die Republik Österreich (Bundesstraßenverwaltung) vertreten durch die Autobahn- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft wurden auch über deren Antrag mit Bescheid vom 3. Dezember 1992 im Eigentum der Mitbeteiligten stehenden Grundstücke dauernd und lastenfrei enteignet. Die Österreichische Autobahn- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft war aufgrund des § 4 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 2 des Gesetzes

BGBl. Nr. 300/1981 iVm dem Gesetz BGBl. Nr. 826/1992 zur Übernahme der Kosten für die enteigneten Flächen der Grundstücke verpflichtet und daher auch zur Erstattung der im Zusammenhang mit der Enteignung angelaufenen Vertretungskosten. Eine rechtliche Grundlage, weshalb die Enteignungskosten von der Autobahn- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft zu entrichten seien, die im Zusammenhang mit der Enteignung entstandenen Vertretungskosten aber nicht von ihr bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin, sondern von der Bundesstraßenverwaltung von Burgenland, ist nicht gegeben.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, im Rahmen des Kostenbegehrens der Beschwerdeführerin. Das Mehrbegehren der Zweitmitbeteiligten für eine nichterforderliche Ausfertigung der Gegenschrift sowie für ohne Grundlagen verzeichnete weitere Stempelgebühren war abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994060257.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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