TE Bvwg Erkenntnis 2024/9/3 L532 2284924-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2024
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Entscheidungsdatum

03.09.2024

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z2
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
  1. AsylG 2005 § 10 heute
  2. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 10 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  5. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  9. AsylG 2005 § 10 gültig von 09.11.2007 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 75/2007
  10. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2006 bis 08.11.2007
  1. AsylG 2005 § 57 heute
  2. AsylG 2005 § 57 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2021
  3. AsylG 2005 § 57 gültig von 20.07.2015 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  4. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  6. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  7. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  9. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.07.2008 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  10. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. AsylG 2005 § 8 heute
  2. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 8 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  5. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  7. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2009
  1. BFA-VG § 9 heute
  2. BFA-VG § 9 gültig ab 01.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  3. BFA-VG § 9 gültig von 20.07.2015 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  4. BFA-VG § 9 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 144/2013
  5. BFA-VG § 9 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. FPG § 50 heute
  2. FPG § 50 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  3. FPG § 50 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  4. FPG § 50 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. FPG § 50 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. FPG § 52 heute
  2. FPG § 52 gültig ab 28.12.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 110/2019
  3. FPG § 52 gültig von 28.12.2019 bis 27.12.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 110/2019
  4. FPG § 52 gültig von 01.11.2017 bis 27.12.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. FPG § 52 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. FPG § 52 gültig von 01.10.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2017
  7. FPG § 52 gültig von 20.07.2015 bis 30.09.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  8. FPG § 52 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  9. FPG § 52 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  10. FPG § 52 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  11. FPG § 52 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2011
  1. FPG § 52 heute
  2. FPG § 52 gültig ab 28.12.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 110/2019
  3. FPG § 52 gültig von 28.12.2019 bis 27.12.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 110/2019
  4. FPG § 52 gültig von 01.11.2017 bis 27.12.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. FPG § 52 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. FPG § 52 gültig von 01.10.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2017
  7. FPG § 52 gültig von 20.07.2015 bis 30.09.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  8. FPG § 52 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  9. FPG § 52 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  10. FPG § 52 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  11. FPG § 52 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2011
  1. FPG § 55 heute
  2. FPG § 55 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  3. FPG § 55 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  4. FPG § 55 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  5. FPG § 55 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  6. FPG § 55 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2009

Spruch


L532 2284924-1/13E

Schriftliche Ausfertigung des in der Verhandlung am 02.07.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg WILD-NAHODIL als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2023, Zl. XXXX , in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG 2005 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 02.07.2024 zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg WILD-NAHODIL als Einzelrichter über die Beschwerde der römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2023, Zl. römisch 40 , in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG 2005 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 02.07.2024 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis VI. wird als unbegründet abgewiesen.römisch eins. Die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte römisch eins. bis römisch VI. wird als unbegründet abgewiesen.

II. Hinsichtlich des Spruchpunktes VII. wird der Beschwerde stattgegeben und der bekämpfte Bescheid in diesem Umfang ersatzlos behoben. römisch II. Hinsichtlich des Spruchpunktes römisch VII. wird der Beschwerde stattgegeben und der bekämpfte Bescheid in diesem Umfang ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (i.d.F. „BF“), eine türkische Staatsangehörige, stellte am 05.08.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte die BF im Zuge ihrer polizeilichen Erstbefragung am folgenden Tag zum Fluchtgrund im Wesentlichen vor, ihr Vater sei in der Türkei wegen einer falschen Beschuldigung im Gefängnis gewesen. 2019 sei ihr Vater nach Österreich geflüchtet. Es sei nach dem Vorfall des Vaters schwierig gewesen, eine Arbeit in der Türkei zu finden. Auch die Mutter der BF lebe in Österreich. Die BF habe gemeinsam mit ihrer Schwester bei ihrer Großmutter und ihrem Onkel in der Türkei gelebt. Die Großmutter und der Onkel hätten viel Druck auf die BF und ihre Schwester ausgeübt, weshalb die BF zu ihren Eltern wolle. Der Onkel habe außerdem die Schwester der BF bedroht. Die BF wolle nicht mehr in die Türkei, weil es dort kein Leben mehr für sie gebe. Sie sei in der Türkei nicht in Sicherheit und habe Angst vor ihrer Familie.

2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde die BF am 21.04.2023 vor der belangten Behörde (i.d.F. „bB“ oder „Bundesamt“) einvernommen. Im Wesentlichen gab sie befragt zu ihrem Fluchtgrund an, ihr Vater sei in der Türkei zu einer Haftstrafe in der Dauer von 26 Jahren wegen Mitgliedschaft bei einer Terrororganisation und Mitgliedschaft bei der HDP verurteilt worden. Vor der Haustüre seien ständig sowohl uniformierte Polizisten als auch Polizisten in Zivil gewesen. Wegen der Verurteilung des Vaters habe die BF nicht Rechtswissenschaften studieren dürfen. Sie habe stattdessen Innenarchitektur studiert, sei allerdings nicht weit gekommen. Die BF sei auch in der Handelsakademie gewesen und habe Buchhaltung gelernt. Da die BF der kurdischen Volksgruppe angehöre und ihr Vater verurteilt worden sei, habe sie keine Arbeitsstellen in diesem Bereich bekommen und sei diskriminiert worden. Nachdem die Eltern der BF nach Österreich gezogen seien, hätte die Familie, vor allem väterlicherseits, Druck auf die BF und ihre Schwester wegen freizügiger Bekleidung und Tattoos ausgeübt. Das Leben in der Türkei sei für die BF und ihre Schwester als alleinstehende Frauen schwierig gewesen. Die Schwester sei damals verlobt gewesen und habe kurz vor der Ausreise aus Österreich geheiratet. Die BF habe in der elterlichen Wohnung gelebt, weshalb die Familie Druck ausgeübt habe. Die BF habe die Türkei verlassen, da sie ihr Leben, beispielsweise im Hinblick auf ihre Studienwahl, nicht selbstbestimmt habe führen können. Im Falle der Rückkehr befürchte die BF, keine Unterkunft zu haben. Die Wohnung gehöre ihrem Vater und habe sie keinen Kontakt zu ihrem Onkel. In der Türkei könne sie kein normales Leben führen. Ihre Eltern würden in Österreich leben und wolle die BF daher in Österreich bleiben.

3. Mit Verständigung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.07.2023 wurde das Bundesamt über die Anklageerhebung gegen die BF wegen §§ 288 Abs 1, 288 Abs 4 StGB und § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB verständigt.3. Mit Verständigung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.07.2023 wurde das Bundesamt über die Anklageerhebung gegen die BF wegen Paragraphen 288, Absatz eins,, 288 Absatz 4, StGB und Paragraph 297, Absatz eins, zweiter Fall StGB verständigt.

4. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes vom 30.10.2023 wurde der BF der Verlust ihres Aufenthaltsrechtes wegen eingebrachter Anklage einer gerichtlich strafbaren Handlung durch die Staatsanwaltschaft, die nur vorsätzlich begangen werden kann, mitgeteilt.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 12.12.2023, Zl. XXXX , wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde der BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Türkei gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG 2005 wurde der BF eine Frist von 14 Tagen für eine freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 13 Abs 2 Z 2 AsylG 2005 hat die BF ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 20.07.2023 verloren (Spruchpunkt VII.). Mit Informationsblatt vom selben Tag wurde der BF ein Rechtsberater gem. § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 12.12.2023, Zl. römisch 40 , wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 wurde der BF nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) sowie gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Türkei gemäß Paragraph 46, FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG 2005 wurde der BF eine Frist von 14 Tagen für eine freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt römisch VI.). Gemäß Paragraph 13, Absatz 2, Ziffer 2, AsylG 2005 hat die BF ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 20.07.2023 verloren (Spruchpunkt römisch VII.). Mit Informationsblatt vom selben Tag wurde der BF ein Rechtsberater gem. Paragraph 52, BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Beweiswürdigend legte die bB (im Hinblick auf die inhaltliche Entscheidung zum Antrag auf internationalen Schutz) im Wesentlichen dar, die BF habe keine physische Bedrohung oder Verfolgung vorgebracht. Die von ihr vorgebrachten Probleme mit ihren Großeltern seien auch bei Wahrunterstellung nicht asylrelevant. Es sei glaubhaft, dass die BF in der Türkei aufgrund ihrer kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit und der strafrechtlichen Verurteilung ihres Vaters diskriminiert worden sei, jedoch erreiche diese Diskriminierung keine asylrelevante Intensität. Das Vorbringen der BF sei nicht dazu geeignet, eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der GFK bzw. ein relevantes Bedrohungsszenario im Hinblick auf einen subsidiären Schutzbedarf aufzuzeigen. Ein relevantes, die öffentlichen Interessen übersteigendes, Privat- und Familienleben liege ebenso wenig vor.

6. Gegen den der BF am 18.12.2023 zugestellten Bescheid des Bundesamtes richtet sich die am 08.01.2024 von der vormaligen Rechtsvertretung eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (i.d.F. „BVwG“). Im Wesentlichen wird im Beschwerdeschriftsatz dargelegt, die vom Bundesamt getätigten Schlussfolgerungen zum Vorbringen der BF entbehre einer tragfähigen Begründung. Das Bundesamt habe Teile des Vorbringens ignoriert und sei auf den hier relevanten Themenkreis nicht eingegangen. Es fehlen daher entsprechende konkrete Feststellungen und sei die Beweiswürdigung daher unschlüssig. Folglich sei auch keine richtige rechtliche Beurteilung erfolgt. Die Schlussfolgerung des Bundesamtes, wonach die von der BF erlittene Beeinträchtigung bzw. Verfolgung nicht asylrelevant sei, könne nachvollzogen werden, jedoch nicht, wenn das türkische Sicherheitsapparat berücksichtigt werde.

7. Am 08.02.2024 langte beim erkennenden Gericht eine Beschwerdeergänzung sowie Vollmachtsvorlage der im Spruch ausgewiesenen Rechtsvertretung ein. Im Wesentlichen wurde in der Beschwerdeergänzung vorgebracht, die Schwester der BF sei nach Rückkehr in die Türkei erneut in das Bundesgebiet eingereist und habe am 16.08.2023 erneut einen Asylantrag gestellt. Es sei nicht ausreichend gewürdigt worden, dass der Vater der BF asylberechtigt sei. Es hätte zudem geprüft werden müssen, inwieweit die bestehende Verfolgungsgefahr des Vaters Auswirkungen auf die Situation der BF habe. Auch nach der Flucht der Eltern sei regelmäßig ein schwarzes Auto mit Zivilpolizisten vor der Tür gestanden, um die Familie zu beobachten. Die BF sei an einer Haltestelle zu ihren Eltern befragt worden, woraufhin sie bald das Land verlassen habe. Minderheiten, insbesondere Kurden, würden in der Türkei außerdem überall und in vielen Lebensbereichen systematisch benachteiligt werden. Zudem habe die BF in Österreich einen Mann kennengelernt, mit dem sie eine Beziehung geführt habe. Dieser sei gegenüber der BF gewalttätig gewesen und habe die BF ihn daher angezeigt. Nachdem der genannte Mann ihr mitgeteilt habe, dass er im Falle einer Verurteilung abgeschoben und in seinem Herkunftsstaat aufgehängt werde, habe die BF jedoch die Anzeige zurückgezogen. Aus diesem Grund sei gegen die BF Anklage wegen falscher Zeugenaussage und Verleumdung erhoben worden, wobei das Verfahren vorläufig eingestellt worden sei. Der genannte Mann sei erneut gewalttätig gegenüber der BF gewesen und habe die BF eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirkt. Sollte der BF weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt werden, so sei ihr eine Aufenthaltsberechtigung „besonderer Schutz“ zu erteilen, die zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich sei.

8. Am 02.07.2024 wurde vor dem BVwG die beantragte mündliche Verhandlung im Beisein der BF, ihrer Rechtsvertretung sowie einer Dolmetscherin für die türkische Sprache durchgeführt. Ein Vertreter der bB ist nicht erschienen. Die mündliche Verhandlung gestaltete sich wie folgt:

„[…]

RI: Wollen Sie ergänzende Beweismittel vorlegen?

RV: Ja.Regierungsvorlage, Ja.

RV legt vor:Regierungsvorlage legt vor:

?        Teilnahmebestätigung Deutsch A2

?        Anmeldebestätigung A2

?        Einstellungszusage

?        Negative Beschäftigungsbewilligung

?        Antrag auf Beschäftigungsbewilligung

?        Engagement Vereinbarung als freiwillige Mitarbeiterin

?        Unterstützungsschreiben der Mutter

?        Türkischsprachige strafgerichtliche Unterlagen betreffend der Vater der BF

?        Kopie des positiven Asylbescheides des Vaters der BF vom 18.07.2019

?        Türkischsprachige einstweilige Verfügung der Schwester der BF ( XXXX ) gegenüber der Großmutter der BF?        Türkischsprachige einstweilige Verfügung der Schwester der BF ( römisch 40 ) gegenüber der Großmutter der BF

(werden in Kopie zum Akt genommen)

RI: Mit der Ladung wurde Ihnen das aktuelle Länderinformationsblatt übermittelt. Haben Sie eine diesbezügliche schriftliche Stellungnahme vorbereitet oder möchten Sie am Ende der Verhandlung mündlich zum Länderinformationsblatt Stellung beziehen?

RV: Nein. Regierungsvorlage, Nein.

RI: Haben sich seit der letzten Einvernahme beim Bundesamt neue Umstände in Bezug auf Ihre Integration in Österreich (z. B. Deutschkenntnisse, Fortbildung, Erwerbstätigkeit) ergeben?

BF: Ich lerne Deutsch und mache ehrenamtliche Tätigkeiten. Ich gehe einer Arbeit nach und in meiner Freizeit kümmere ich mich um meinen jüngeren Bruder.

RI: Haben Sie einen Deutschkurs abgeschlossen? Wenn ja, welches Zertifikat haben Sie zuletzt erworben?

BF: Derzeit befinde ich mich auf dem A2/2 Niveau, in 3 Wochen ist der Kurs abgeschlossen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich noch keinen Deutschkurs abgeschlossen habe. Da mein Kurs unentgeltlich ist, findet keine Prüfung statt, sondern nur eine Teilnahme.

RI: Gehen Sie einer Erwerbstätigkeit in Österreich nach?

BF: Eine freiwillige Arbeit.

RI: Was machen Sie da?

BF: In einem Heim helfe ich Mitarbeitern, egal welche Bedürfnisse sie haben. Nachgefragt, ich helfe den Mitarbeitern.

RI: Haben Sie in Österreich Familienangehörige oder Verwandte?

BF: Meine Mutter, mein Vater, einen jüngeren Bruder und eine ältere Schwester.

RI: Über welchen Aufenthaltstitel verfügen diese Personen?

BF: Allen wurde Asyl gewährt, bis auf meine ältere Schwester, ihren Mann und den Kindern. Meine Eltern und mein jüngerer Bruder haben einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Mein Bruder ist 9 Jahre alt. Nachgefragt gebe ich an, dass meine ältere Schwester sowie deren Familie ebenfalls im Asylverfahren befindlich sind.

RI: Bestehen finanzielle Abhängigkeiten oder ein anderer Nahebezug zwischen Ihnen und diesen Personen, wohnen Sie beispielsweise mit diesen Personen in einer gemeinsamen Unterkunft?

BF: Da sich meine Eltern scheiden ließen, lebt meine Mutter in einem Mutter-Kind-Haus. Darum kann ich nicht bei ihnen wohnen und ich lebe woanders. Aber wir haben sehr oft Kontakt.

RI: Leben Sie in einer Asylunterkunft?

BF: Nein.

RI: Wo dann?

BF: Ich lebe im XXXX Bezirk in Wien mit einer Freundin gemeinsam. BF: Ich lebe im römisch 40 Bezirk in Wien mit einer Freundin gemeinsam.

RI: Haben Sie Angehörige in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union?

BF: In Frankreich habe ich 3 Onkel mütterlicherseits, eine Tante mütterlicherseits in Deutschland. Wenn es noch weiter Verwandte gibt, dann weiß ich das nicht.

RI: Wie verbringen Sie Ihr Leben und Ihre Freizeit in Österreich?

BF: Ich schaue mir Deutschvideos an, beschäftige mich mit meinem jüngeren Bruder, ich mache Aufgaben mit ihm, gehe mit meinen Freunden aus. Manchmal besuche ich an Wochenenden meine ältere Schwester in XXXX . Ich versuche, soweit es mir möglich ist, meine Freizeit mit meiner Familie zu verbringen. BF: Ich schaue mir Deutschvideos an, beschäftige mich mit meinem jüngeren Bruder, ich mache Aufgaben mit ihm, gehe mit meinen Freunden aus. Manchmal besuche ich an Wochenenden meine ältere Schwester in römisch 40 . Ich versuche, soweit es mir möglich ist, meine Freizeit mit meiner Familie zu verbringen.

RI: Was können Sie mir über Ihre Freunde in Österreich erzählen?

BF: Sie sind sehr respektvoll. Da mein Deutsch nicht so gut ist, sind sie mir sehr behilflich. Ich habe 2 Freunde von meinem Arbeitsplatz, ein Mädchen und ein Junge. Wir lernen gemeinsam Deutsch, sie helfen mir dabei.

RI: Wie viele Freunde haben Sie ungefähr in Österreich?

BF: Ich habe 4 enge Freunde.

RI: Wo haben Sie diese kennengelernt?

BF: 2 Freunde am Arbeitsplatz, 2 im Instagram.

RI: Führen Sie in Österreich eine Beziehung?

BF: Nein, aber ich habe einen engen Freund.

RI: Sind Sie in Österreich in Vereinen oder ehrenamtlich aktiv?

BF: Ich besuche einen kurdischen Verein. Ich nehme lediglich nur teil an Demonstrationen, Versammlungen. Wir sitzen zusammen, wenn ich Zeit habe.

RI: Was würden Sie in Österreich machen, wenn Sie hier bleiben könnten?

BF: Ich möchte eine Schule besuchen und einer Arbeit nachgehen. Ich möchte Krankenschwester werden.

RI: Sind Sie gesund und arbeitsfähig?

BF: Ja.

RI: Sind Sie derzeit wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung in Österreich in medizinischer Behandlung oder nehmen Medikamente?

BF: Bevor ich hierherkam hatte ich Herzbeschwerden, derzeit nicht.

RI: Sind Sie in Österreich bisher straffällig geworden (Verwaltungsübertretung, gerichtliche Verurteilung oder derzeitig anhängiges Verfahren)?

BF: Ja, es kann sein, dass es ein Verfahren gegen mich gibt. Da man 2-mal Gewalttätig gegen mich war. Bei einem Mal musste ich meine Aussage zurückziehen, es handelte sich um einen Iraner, der mittlerweile in den Iran abgeschoben wurde. Dem Iraner wurde mit dem Umbringen bedroht und aus Gewissensgründen habe ich die Aussage zurückgezogen. Ich erhielt wegen einer falschen Zeugenaussage eine 2-jährige Strafe.

RI erläutert der BF die Diversion.

RI: Die folgende Frage wird (ohne Dolmetscher) auf Deutsch gestellt und die Antwort wortwörtlich protokolliert:

RI: „Sprechen Sie Deutsch?“

BF: Ja. Ich kann Deutsch.

RI: „Mit wem unterhalten Sie sich auf Deutsch?“

BF: Wie bitte?. Mit wem.. Mit meinen Bruder. Er kann mehr als ich deutsch. Ich habe auch hier Freunde, wir reden deutsch.

RI: „Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?“

BF: Ich verbringe meine Freizeit Deutsch lernen, neue etwas. Können Sie nochmal fragen.

RI wiederholt die Frage.

BF: Ich verbringe meine Freizeit draußen gehen, Deutsch lernen und reden manchmal meine Freunde. Ich gehe auch manchmal kurdische Party.

Die weitere Befragung erfolgt wieder mit Dolmetscherin.

RI: Gibt es zu diesem Fragenkomplex (Integration, Leben in Österreich) Fragen des RV?

RV: Wie oft haben Sie Kontakt zu Ihrer Mutter bzw. Ihrem Bruder?Regierungsvorlage, Wie oft haben Sie Kontakt zu Ihrer Mutter bzw. Ihrem Bruder?

BF: Da ich nicht bei ihnen nächtigen kann, verbringe ich meinen ganzen Tag bei ihnen.

RV hat keine weiteren Fragen. Regierungsvorlage hat keine weiteren Fragen.

RI: Welche Ausbildung haben Sie im Herkunftsstaat genossen?

BF: Ich ging 12 Jahre zur Schule, 4 Jahre Volkschule, 4 Jahre Hauptschule und 4 Jahre Lyzeum. Ich wollte Rechtsanwältin werden, das ging aber wegen meines Vaters nicht. Ich habe den Beruf als Innenarchitektin erlernt.

RI: Welche Berufserfahrung haben Sie im Herkunftsstaat gesammelt?

BF: Ich habe 3 Jahre bei XXXX gearbeitet und war Chefin. Ich habe in einer Firma namens XXXX gearbeitet, aber nicht lange, das ist ein Käsegeschäft. Eigentlich war ich nur bei XXXX .BF: Ich habe 3 Jahre bei römisch 40 gearbeitet und war Chefin. Ich habe in einer Firma namens römisch 40 gearbeitet, aber nicht lange, das ist ein Käsegeschäft. Eigentlich war ich nur bei römisch 40 .

RI: Wie würden Sie Ihre eigene wirtschaftliche Lage in der Türkei einschätzen?

BF: Unsere wirtschaftliche Lage war in der Türkei nicht schlecht. Das war aber damals. Jetzt ist die Lage in der Türkei schlecht.

RI: Wer von Ihrer Familie bzw. Ihrer Verwandtschaft lebt noch im Herkunftsstaat und wo?

BF: Die Familie meines Vaters lebt in Izmir. Die Familie meiner Mutter lebt in Bursa.

RI: Welche Familienangehörige haben Sie noch genau in der Türkei?

BF: Die Mutter meiner Mutter, meine Tante mütterlicherseits, die Mutter meines Vaters und 3 Geschwister von ihm. Sein Vater ist auch in der Türkei.

RI: Haben Sie seit der Ausreise Kontakt mit Familienangehörigen oder Verwandten in Ihrem Herkunftsstaat? Wann zuletzt und mit wem?

BF: Mit der Familie meines Vaters habe ich keinen Kontakt, nur mit der Familie meiner Mutter.

RI: Wie regelmäßig haben Sie Kontakt?

BF: Mindestens 1-mal, meine Mutter hat öfter Kontakt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich wöchentlich mindestens 4-mal Kontakt habe.

RI: Wie geht es Ihren Angehörigen im Herkunftsstaat?

BF: Die Eltern meiner Mutter sind krank. Meine Tante mütterlicherseits hat Krebs. Ich denke die Familie meines Vaters geht es gut, da ich keinen Kontakt zu ihnen habe, weiß ich es nicht.

RI: Wie alt sind Ihre Großeltern und Ihre Tante mütterlicherseits?

BF: Meine Tante müsste ca. 35 Jahre alt sein, meine Großeltern ca. 70 Jahre alt. Ich bin mir nicht sicher.

RI: Wie finanzieren Ihre Großeltern und Ihre Tante mütterlicherseits im Herkunftsstaat deren Leben?

BF: Meine Großeltern beziehen eine Pension und sind im Besitz eines Hauses, sodass sie keine Miete zahlen brauchen. Der Ehemann meiner Tante arbeitet am Bau.

RI: Wie würden Sie die wirtschaftliche Lage Ihrer Familie mütterlicherseits einschätzen?

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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