TE Lvwg Erkenntnis 2024/8/27 LVwG-AV-1047/001-2024

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Veröffentlicht am 27.08.2024
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Entscheidungsdatum

27.08.2024

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin Mag.a Lechner, MA über die Beschwerde des A, vertreten durch Rechtsanwalt B in ***, ***, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 2. Juli 2024, Zl. ***, betreffend Anordnung einer Ersatzvornahme, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVGParagraph 28, Absatz eins und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGGParagraph 25 a, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VGArtikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG

Entscheidungsgründe:

I.       Wesentlicher Verfahrensgang

1. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** (belangte Behörde) vom 2. Juli 2024, Zl. *** wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer die Ersatzvornahme angeordnet. Als Rechtsgrundlag verwies die belangte Behörde auf § 4 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG). 1. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** (belangte Behörde) vom 2. Juli 2024, Zl. *** wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer die Ersatzvornahme angeordnet. Als Rechtsgrundlag verwies die belangte Behörde auf Paragraph 4, Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer sei gemäß § 91 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) vorgeschrieben worden, den Übergang zu entfernen und sei auch die ersatzweise Vornahme angedroht worden. In beiden Fällen seien die entsprechenden Fristen ungenutzt verstrichen und sei eine näher bezeichnete Firma mit der Ersatzvornahme beauftragt worden. Die dabei entstandenen Kosten in der Höhe von 480 Euro seien nun vom Beschwerdeführer zu entrichten und auf das angeführte Konto der Stadtgemeinde *** zu überweisen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer sei gemäß Paragraph 91, Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) vorgeschrieben worden, den Übergang zu entfernen und sei auch die ersatzweise Vornahme angedroht worden. In beiden Fällen seien die entsprechenden Fristen ungenutzt verstrichen und sei eine näher bezeichnete Firma mit der Ersatzvornahme beauftragt worden. Die dabei entstandenen Kosten in der Höhe von 480 Euro seien nun vom Beschwerdeführer zu entrichten und auf das angeführte Konto der Stadtgemeinde *** zu überweisen.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde hier Wesentlich vorgebracht, es fehle die vom Gesetz und der Rechtsprechung geforderte Androhung der Ersatzvornahme in Form einer Vollstreckungsverfügung. Die gegenständliche Ersatzvornahme sei ohne rechtliche Grundlage.

3. Die eingebrachte Beschwerde samt Verwaltungsakt wurde von der belangten Behörde – ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung – dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in den Verwaltungsakt Einsicht genommen und legt den unbedenklichen Akteninhalt seiner Entscheidung zu Grunde.

II.      Feststellungen

Mit einem als „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ bezeichneten Schreiben vom 23. April 2024, Zl. *** wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass seitens seines Grundstückes mit der Adresse ***, Grünbewuchs in den Bereich der öffentlichen Straßen (Gehsteig) ragt. Dadurch seien die Fußgänger sowie die Nutzer der Citybushaltestelle behindert. Im Schreiben wurde der Beschwerdeführer, gestützt auf § 91 StVO 1960 aufgefordert, den Grünbewuchs, der vom Grundstück des Beschwerdeführers auf den öffentlichen Straßengrund hinausragt, ordnungsgemäß innerhalb einer Frist von zwei Wochen zurückzuschneiden. Weiters wurde in dem Schreiben mitgeteilt, dass anderenfalls das Zurückschneiden des Grünbewuchses durch ein geeignetes Unternehmen und auf Rechnung des Beschwerdeführers mit Bescheid vorgeschrieben wird. Mit einem als „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ bezeichneten Schreiben vom 23. April 2024, Zl. *** wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass seitens seines Grundstückes mit der Adresse ***, Grünbewuchs in den Bereich der öffentlichen Straßen (Gehsteig) ragt. Dadurch seien die Fußgänger sowie die Nutzer der Citybushaltestelle behindert. Im Schreiben wurde der Beschwerdeführer, gestützt auf Paragraph 91, StVO 1960 aufgefordert, den Grünbewuchs, der vom Grundstück des Beschwerdeführers auf den öffentlichen Straßengrund hinausragt, ordnungsgemäß innerhalb einer Frist von zwei Wochen zurückzuschneiden. Weiters wurde in dem Schreiben mitgeteilt, dass anderenfalls das Zurückschneiden des Grünbewuchses durch ein geeignetes Unternehmen und auf Rechnung des Beschwerdeführers mit Bescheid vorgeschrieben wird.

Das Schreiben ist weder als Bescheid bezeichnet, noch enthält es einen Spruch oder eine Rechtsmittelbelehrung.

Seitens der belangten Behörde wurde die Firma C mit dem Rückschnitt des Grünbewuchses beauftragt. Diese stellte einen Betrag von 480 Euro in Rechnung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juli 2024, Zl. *** wurde die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG angeordnet. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juli 2024, Zl. *** wurde die Ersatzvornahme gemäß Paragraph 4, VVG angeordnet.

III.     Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen basieren – ebenso wie der dargelegte Verfahrensgang – auf dem unstrittigen Akteninhalt, insbesondere dem zitierten Schreiben über das Ergebnis der Beweisaufnahme. Die Beauftragung und Rechnungslegung der Firma C ergeben sich aus der im Akt einliegenden E-Mail-Korrespondenz sowie aus der mit 19. Juni 2024 datierten Rechnung.

IV.      Rechtsgrundlage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53/1991, idgF lauten auszugsweise: Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), Bundesgesetzblatt Nr. 53 aus 1991,, idgF lauten auszugsweise:

Allgemeine Grundsätze

§ 1. (1) Vorbehaltlich des § 3 Abs. 3 obliegt den BezirksverwaltungsbehördenParagraph eins, (1) Vorbehaltlich des Paragraph 3, Absatz 3, obliegt den Bezirksverwaltungsbehörden

1. die Vollstreckung der von ihnen selbst und von den ihnen übergeordneten Behörden erlassenen Bescheide;

2. soweit durch besondere Vorschriften nicht anderes bestimmt ist,

a) die Vollstreckung der von anderen Behörden des Bundes oder der Länder erlassenen Bescheide;

b) die Vollstreckung der von Gemeindebehörden – ausgenommen die Behörden der Städte mit eigenem Statut – erlassenen Bescheide auf Ersuchen dieser Behörden;

3. die Vollstreckung der von den Verwaltungsgerichten mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse;

4. die Einbringung von Geldleistungen, für die durch besondere Vorschriften die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.

(2) Im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, gilt Abs. 1 Z 1 bis 3 auch für die Landespolizeidirektionen in den Angelegenheiten ihres sachlichen Wirkungsbereiches.(2) Im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, gilt Absatz eins, Ziffer eins bis 3 auch für die Landespolizeidirektionen in den Angelegenheiten ihres sachlichen Wirkungsbereiches.

(…)

Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen

a) Ersatzvornahme

§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.Paragraph 4, (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

(…)“

V.       Rechtliche Beurteilung

Im Vollstreckungsverfahren dürfen dem Verpflichteten keine Verpflichtungen auferlegt werden, die nicht bereits im Titelbescheid enthalten waren (vgl. VwGH 10.11.2023, Ra 2023/05/0194). Im Vollstreckungsverfahren dürfen dem Verpflichteten keine Verpflichtungen auferlegt werden, die nicht bereits im Titelbescheid enthalten waren vergleiche VwGH 10.11.2023, Ra 2023/05/0194).

Eine im Zuge des Vollstreckungsverfahrens erfolgte Kostenvorschreibung gemäß § 4 VVG kann zulässigerweise nur eine solche Verpflichtung zum Gegenstand haben, die dem Verpflichteten mit dem zu vollstreckenden Bescheid auferlegt worden ist. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Kostenvorschreibung ist nämlich, dass die Ersatzvornahme im Titelbescheid ihre Deckung findet (vgl. VwGH 12.10.2023, Ra 2022/10/0014). Eine im Zuge des Vollstreckungsverfahrens erfolgte Kostenvorschreibung gemäß Paragraph 4, VVG kann zulässigerweise nur eine solche Verpflichtung zum Gegenstand haben, die dem Verpflichteten mit dem zu vollstreckenden Bescheid auferlegt worden ist. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Kostenvorschreibung ist nämlich, dass die Ersatzvornahme im Titelbescheid ihre Deckung findet vergleiche VwGH 12.10.2023, Ra 2022/10/0014).

Gegenständlich wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23. April 2024 aufgetragen, den Grünbewuchs zurückzuschneiden. Bei diesem Schreiben handelt es sich um keinen Bescheid. Er ist weder als solcher bezeichnet, noch enthält das Schreiben einen Spruch oder eine Rechtsmittelbelehrung (s. § 58 AVG). Gegenständlich wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23. April 2024 aufgetragen, den Grünbewuchs zurückzuschneiden. Bei diesem Schreiben handelt es sich um keinen Bescheid. Er ist weder als solcher bezeichnet, noch enthält das Schreiben einen Spruch oder eine Rechtsmittelbelehrung (s. Paragraph 58, AVG).

Die Ersatzvornahme findet gegenständlich in überhaupt keinem Titelbescheid Deckung, weshalb der Bescheid ersatzlos zu beheben war.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine klare Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich § 4 VVG vorliegt und das gegenständliche Erkenntnis dieser folgt. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine klare Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich Paragraph 4, VVG vorliegt und das gegenständliche Erkenntnis dieser folgt.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Verfahrensrecht; Ersatzvornahme; Bescheid;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2024:LVwG.AV.1047.001.2024

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2024
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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