Entscheidungsdatum
06.08.2024Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W235 2282164-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.11.2023, Zl. 1374956510-232246825, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.11.2023, Zl. 1374956510-232246825, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG und gemäß Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 27.10.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am XXXX .10.2023 in Bulgarien einen Asylantrag stellte (vgl. AS 28).Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am römisch 40 .10.2023 in Bulgarien einen Asylantrag stellte vergleiche AS 28).
1.2. Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, in Österreich oder im Gebiet der Europäischen Union keine Familienangehörigen zu haben und an keinen Krankheiten zu leiden. Der Beschwerdeführer sei vor drei Jahren (sohin im Herbst 2020) aus Afghanistan ausgereist und habe die folgenden drei Jahre in der Türkei gelebt. Danach habe er sich nach Bulgarien begeben, wo er auf der Durchreise gewesen sei. In Bulgarien sei der Beschwerdeführer in einem Camp gewesen. Seine Daten seien aufgenommen und seine Fingerabdrücke registriert worden. In der Folge sei er über Serbien, wo er eine Woche geblieben sei, und Ungarn weiter nach Österreich gereist.
1.3. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 30.10.2023 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien. 1.3. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 30.10.2023 ein auf Artikel 18, Absatz eins, Litera b, der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien.
Mit Schreiben vom 04.11.2023 stimmte die bulgarische Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu (vgl. AS 71).Mit Schreiben vom 04.11.2023 stimmte die bulgarische Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO ausdrücklich zu vergleiche AS 71).
1.4. Am 13.11.2023 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Dari einvernommen, wobei er zunächst angab, dass er in der Erstbefragung die Wahrheit gesagt und keine Ergänzungen bzw. Korrekturen zu machen habe. Er sei gesund und nehme keine Medikamente zu sich. Der Beschwerdeführer habe einen Neffen in Frankreich. In Österreich gebe es keine Personen, von denen er abhängig sei oder zu denen ein besonders enges Verhältnis bestehe. Seine Angaben in der Erstbefragung zu seinem Reiseweg und zu seinen Antragsgründen würden stimmen. Er habe sämtliche Gründe, die ihn veranlasst hätten, diesen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, vollständig geschildert.
Der Beschwerdeführer sei in Bulgarien ca. 25 Tage in einem geschlossenen und ca. eine Woche in einem offenen Camp gewesen. Im Camp sei nichts passiert. Es habe überall Überwachungskameras gegeben und man habe die Flüchtlinge nicht schlecht behandelt. Der Beschwerdeführer habe insgesamt fünfmal versucht von der Türkei nach Bulgarien zu kommen. Jedes Mal sei er an der Grenze von der bulgarischen Polizei erwischt und geschlagen worden. Ein paar Mal sei er auch ausgeraubt und in die Türkei zurückgeschickt worden. Ihm sei weiters sein Handy von der Polizei gestohlen worden und er habe insgesamt € 250,00 von der Polizei nicht mehr zurückbekommen. Teilweise habe er auch seine Kleidungsstücke abgeben müssen und einmal sei er barfuß in die Türkei zurückgeschickt worden. Diese Übergriffe habe der Beschwerdeführer nicht zur Anzeige gebracht, weil er sich nicht ausgekannt habe. Außerdem sei er die ersten 25 Tage im geschlossenen Camp gewesen und habe kein Handy und nicht die Erlaubnis gehabt, das Camp zu verlassen. In der Zeit habe der Beschwerdeführer seine Fingerabdrücke abgeben müssen. Er sei dagegen gewesen, aber die bulgarische Polizei habe gesagt, das sei seine Pflicht. Im offenen Camp habe er auch keine Anzeige erstattet, weil er Angst vor der bulgarischen Polizei gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe gedacht, wenn er zur bulgarischen Polizei gehe um eine Anzeige zu machen, werde er wahrscheinlich gefoltert. An Hilfsorganisationen habe er sich auch nicht gewandt, weil er nicht gewusst habe, dass es diese Organisationen gebe. Der Beschwerdeführer habe Angst gehabt und nur so schnell wie möglich das Land verlassen wollen. Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Bulgarien zu treffen, gab der Beschwerdeführer an, er wolle nicht nach Bulgarien zurück. Er habe Angst vor der bulgarischen Polizei, weil er dort mehrfach von dieser geschlagen worden sei. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zu Bulgarien wollte der Beschwerdeführer keine Stellungnahme abgeben.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig ist. 2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt römisch eins.). Unter Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig ist.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehr ausgewiesenen Vertretung fristgerecht am 27.11.2023 Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und regte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Fall der Rückkehr nach Bulgarien nicht gesichert wäre, dass der Beschwerdeführer wieder Zugang zu einem Asylquartier und zu Grundversorgungsleistungen hätte. Auch wäre der Zugang zu medizinischer Versorgung nur eingeschränkt gewährleistet. Ferner bestehe im Fall der Rückkehr die Gefahr von Bulgarien ohne Asylverfahren zurück in die Türkei abgeschoben zu werden. Es wäre eine Obliegenheit der Behörde gewesen, anhand von aktuellen Länderberichten zu prüfen, ob die Gefahr einer Kettenabschiebung bestehe. Unter dem Punkt „Non Refoulement“ werde im angefochtenen Bescheid lediglich festgestellt: „Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten.“ Auch fürchte der Beschwerdeführer, dass er in Bulgarien das Asylverfahren in Haft abwarten müsse, weil er illegal nach Europa geflüchtet sei.
Ferner seien die herangezogenen Länderfeststellungen zu Bulgarien unvollständig bzw. unrichtig und selektiv ausgewertet worden. Aus den Berichten gehe hervor, dass vor allem afghanische Staatsangehörige in Bulgarien einem realen Risiko unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ausgesetzt seien, was bereits von zahlreichen europäischen Gerichten bestätigt worden sei. Weiters wurde aus dem AIDA-Bericht von ECRE aus 2021 zitiert und hierzu zusammengefasst ausgeführt, dass im Jahr 2020 die Anerkennungsquote afghanischer Asylwerber in Bulgarien auf 1,8% zurückgegangen sei. Die Behandlung der afghanischen Asylantragsteller in Bulgarien stehe in krassem Widerspruch zur tatsächlich angespannten Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan. Der Beschwerdeführer hätte nur die Möglichkeit einen Folgeantrag einzubringen. Die Zulassung eines Folgeantrags komme in der Praxis aber nur selten vor. Bei einer Rückkehr nach Bulgarien wäre es dem Beschwerdeführer nicht möglich für den notwendigen Unterhalt zu sorgen. Die äußerst prekäre Situation bestätige sich deutlich in den Länderberichten der Behörde. Die angeführten Berichte seien jedenfalls nicht geeignet, die tatsächliche Situation für Asylsuchende in Bulgarien zu beschreiben und würden nicht den verfahrensrechtlichen Anforderungen genügen. Darüber hinaus könne nicht von einer Ausgewogenheit der Quellen gesprochen werden, da kaum Kritik am bulgarischen Asylsystem und an der Aufnahmesituation für Flüchtlinge geübt werde. In der Folge zitierte die Beschwerde aus dem Bericht der schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.08.2019, der sich auf die Jahre 2013 und 2014 bezieht, sowie aus dem ECRE/AIDA-Bericht (2021) und brachte hierzu vor, dass die Sicherheitsbedingungen in den Asylunterkünften in Bulgarien nicht vorhanden seien und es zu Gewalt gegenüber geflüchteten Personen komme. Unter Verweis auf einen Bericht von Human Rights Watch vom 07.05.2022 wurde ausgeführt, dass Human Rights Watch illegale Push-Backs dokumentiert und festgestellt habe, dass bulgarische Behörden Asylsuchende geschlagen, ausgeraubt, ausgezogen und mit Polizeihunden attackiert hätten. Ferner würden diese Berichte die vielen Menschenrechtsverletzungen aufzeigen, die die bulgarischen Behörden, insbesondere die Polizei, gegenüber Flüchtlingen begingen. Nach Hinweis auf die Entscheidung im Fall Tarakhel gegen die Schweiz wurde vorgebracht, dass sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht ergebe, dass die Behörde eine auf den individuellen Fall bezogene Garantie von den bulgarischen Behörden verlangt hätte. Die belangte Behörde hätte zu dem Schluss kommen müssen, dass eine Abschiebung nach Bulgarien mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung von Art. 3 und Art. 8 EMRK darstelle und vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen. Ferner seien die herangezogenen Länderfeststellungen zu Bulgarien unvollständig bzw. unrichtig und selektiv ausgewertet worden. Aus den Berichten gehe hervor, dass vor allem afghanische Staatsangehörige in Bulgarien einem realen Risiko unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ausgesetzt seien, was bereits von zahlreichen europäischen Gerichten bestätigt worden sei. Weiters wurde aus dem AIDA-Bericht von ECRE aus 2021 zitiert und hierzu zusammengefasst ausgeführt, dass im Jahr 2020 die Anerkennungsquote afghanischer Asylwerber in Bulgarien auf 1,8% zurückgegangen sei. Die Behandlung der afghanischen Asylantragsteller in Bulgarien stehe in krassem Widerspruch zur tatsächlich angespannten Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan. Der Beschwerdeführer hätte nur die Möglichkeit einen Folgeantrag einzubringen. Die Zulassung eines Folgeantrags komme in der Praxis aber nur selten vor. Bei einer Rückkehr nach Bulgarien wäre es dem Beschwerdeführer nicht möglich für den notwendigen Unterhalt zu sorgen. Die äußerst prekäre Situation bestätige sich deutlich in den Länderberichten der Behörde. Die angeführten Berichte seien jedenfalls nicht geeignet, die tatsächliche Situation für Asylsuchende in Bulgarien zu beschreiben und würden nicht den verfahrensrechtlichen Anforderungen genügen. Darüber hinaus könne nicht von einer Ausgewogenheit der Quellen gesprochen werden, da kaum Kritik am bulgarischen Asylsystem und an der Aufnahmesituation für Flüchtlinge geübt werde. In der Folge zitierte die Beschwerde aus dem Bericht der schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.08.2019, der sich auf die Jahre 2013 und 2014 bezieht, sowie aus dem ECRE/AIDA-Bericht (2021) und brachte hierzu vor, dass die Sicherheitsbedingungen in den Asylunterkünften in Bulgarien nicht vorhanden seien und es zu Gewalt gegenüber geflüchteten Personen komme. Unter Verweis auf einen Bericht von Human Rights Watch vom 07.05.2022 wurde ausgeführt, dass Human Rights Watch illegale Push-Backs dokumentiert und festgestellt habe, dass bulgarische Behörden Asylsuchende geschlagen, ausgeraubt, ausgezogen und mit Polizeihunden attackiert hätten. Ferner würden diese Berichte die vielen Menschenrechtsverletzungen aufzeigen, die die bulgarischen Behörden, insbesondere die Polizei, gegenüber Flüchtlingen begingen. Nach Hinweis auf die Entscheidung im Fall Tarakhel gegen die Schweiz wurde vorgebracht, dass sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht ergebe, dass die Behörde eine auf den individuellen Fall bezogene Garantie von den bulgarischen Behörden verlangt hätte. Die belangte Behörde hätte zu dem Schluss kommen müssen, dass eine Abschiebung nach Bulgarien mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung von Artikel 3 und Artikel 8, EMRK darstelle und vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen.
4. Mit Schreiben vom 11.03.2024 lehnte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Übernahme des Beschwerdeführers aus Frankreich mit Hinweis auf die Zuständigkeit Bulgariens ab.
5. Aufgrund einer Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes übermittelte das Bundesamt die Mitteilung über die Aussetzung des Verfahrens des Beschwerdeführers an die bulgarischen Behörden vom 14.02.2024.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Afghanistan. Er verließ seinen Herkunftsstaat im Herbst 2020 und lebte die folgenden drei Jahre in der Türkei. Von der Türkei aus reiste er über Bulgarien, wo er am XXXX .10.2023 einen Asylantrag stellte, illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein. Ohne auf das Ergebnis seines Asylverfahrens in Bulgarien zu warten, gelangte der Beschwerdeführer über Serbien, wo er eine Woche aufhältig war, und Ungarn unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet, wo er am 27.10.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Afghanistan. Er verließ seinen Herkunftsstaat im Herbst 2020 und lebte die folgenden drei Jahre in der Türkei. Von der Türkei aus reiste er über Bulgarien, wo er am römisch 40 .10.2023 einen Asylantrag stellte, illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein. Ohne auf das Ergebnis seines Asylverfahrens in Bulgarien zu warten, gelangte der Beschwerdeführer über Serbien, wo er eine Woche aufhältig war, und Ungarn unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet, wo er am 27.10.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 30.10.2023 ein Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien, welches von der bulgarischen Dublinbehörde am 04.11.2023 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Bulgariens wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Ferner hat sich die Überstellungsfrist im gegenständlichen Fall auf 18 Monate verlängert, da der Beschwerdeführer flüchtig ist. Dieser Umstand wurde der bulgarischen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 14.02.2024 mitgeteilt.Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 30.10.2023 ein Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien, welches von der bulgarischen Dublinbehörde am 04.11.2023 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Bulgariens wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Ferner hat sich die Überstellungsfrist im gegenständlichen Fall auf 18 Monate verlängert, da der Beschwerdeführer flüchtig ist. Dieser Umstand wurde der bulgarischen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 14.02.2024 mitgeteilt.
Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Bulgarien sprechen, liegen nicht vor. Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Bulgarien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Bulgarien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht. Ferner benötigt er auch keine Medikamente.
Es bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer seit 12.02.2024 über keine aufrechte Meldung mehr im Bundesgebiet verfügt und aus Österreich weiter nach Frankreich gereist ist.
1.2. Zum bulgarischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien:
Zum bulgarischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien wurden im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 8 bis 31 unter Anführung von Quellen umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.
Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:
a). Allgemeines zum Asylverfahren:
Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren (Registrierung und Bearbeitung der Anträge, Unterbringung der Asylwerber, Dublin-Verfahren und COI) ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAREF) (SAREF 2023).
Für fremdenpolizeiliche Belange (u. a. legale Migration, permanente Aufenthaltsgenehmigung, Staatenlose, Staatsbürgerschaftsvergabe, Aufenthalt zur Arbeitsaufnahme, Bekämpfung der illegalen Migration, Kontrolle des legalen Aufenthalts im Inland, Identifizierung, Zwangsmaßnahmen, Rückkehrverfahren) ist die Direktion Migration (MD) des Innenministeriums zuständig. Auch Rückkehrentscheidungen werden nicht durch SAREF getroffen, sondern durch MD, Direktion der nationalen Polizei oder Direktion der Grenzpolizei (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 3.2023).
[…]
Das reguläre Verfahren beginnt mit dem Asylantrag, entweder bei SAREF direkt (Registrierung des Antrags innerhalb von 3 Tagen) oder vor einer anderen Behörde (Registrierung des Antrags innerhalb von 6 Tagen). Nach der Registrierung wird der Antragsteller eine Befragung unterzogen. Die Entscheidung soll binnen 6 Monaten erfolgen. Die Rechtsmittelfrist beträgt 14 Tage und es gibt 2 Beschwerdeinstanzen. Im beschleunigten Verfahren werden offensichtlich unbegründete Asylanträge behandelt. Eine Entscheidung soll binnen 14 Tagen ab Registrierung erfolgen. Die Rechtsmittelfrist beträgt 7 Tage. Ein Folgeantrag wird zuerst binnen 14 Tagen auf Zulässigkeit geprüft. Die Rechtsmittelfrist beträgt auch hier 7 Tage (SAREF 2023). Die instabile politische Lage und ein Wechsel an der Spitze von SARFEF im Jahr 2022 haben bei vielen Verfahren zu monatelangen Verzögerungen geführt, von denen die meisten syrische Antragsteller betrafen (AIDA 3.2023).
[…]
Laut bulgarischer Gesetzgebung wird das beschleunigte Verfahren nur durchgeführt, wenn die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen (Art. 13, Abs. 1 Asyl- und Flüchtlingsgesetz) erfüllt sind (der Antrag ist kein Antrag auf internationalen Schutz; die vorgebrachten Gründe sind nicht ausreichend; es wird versucht, die Behörde betreffend Fluchtgeschichte, Identität oder Schutzbedarf zu täuschen; es wird versucht, durch den Asylantrag z.B. eine Außerlandesbringung zu verhindern; es fehlt der Bedarf für internationalen Schutz wegen der ruhigen Lage im Herkunfts- oder Drittstaat). Das Gesetz erfordert, dass im beschleunigten Verfahren im Voraus festzustellen ist, dass keine Gründe für die Zuerkennung eines Schutztitels vorliegen, bevor er als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann. Es ist unzulässig, die Ablehnung des Antrags im beschleunigten Verfahren nur auf einen spezifischen Grund zu stützen. Es ist verpflichtend, dass die Behörde den Antrag, im Kontext der allgemeinen Grundlagen für die Gewährung einer der beiden Formen des internationalen Schutzes, geprüft hat und ihre Notwendigkeit grundsätzlich ablehnt. Im Rahmen des beschleunigten Verfahrens gelten sämtliche Verfahrensgarantien. Dennoch ist es auf unbegleitete Minderjährige nicht anwendbar. Für die Unterbringung gelten laut Auskunft von SAREF auch im beschleunigten Verfahren die üblichen gesetzlichen Bestimmungen (VB 7.8.2023).Laut bulgarischer Gesetzgebung wird das beschleunigte Verfahren nur durchgeführt, wenn die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen (Artikel 13,, Absatz eins, Asyl- und Flüchtlingsgesetz) erfüllt sind (der Antrag ist kein Antrag auf internationalen Schutz; die vorgebrachten Gründe sind nicht ausreichend; es wird versucht, die Behörde betreffend Fluchtgeschichte, Identität oder Schutzbedarf zu täuschen; es wird versucht, durch den Asylantrag z.B. eine Außerlandesbringung zu verhindern; es fehlt der Bedarf für internationalen Schutz wegen der ruhigen Lage im Herkunfts- oder Drittstaat). Das Gesetz erfordert, dass im beschleunigten Verfahren im Voraus festzustellen ist, dass keine Gründe für die Zuerkennung eines Schutztitels vorliegen, bevor er als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann. Es ist unzulässig, die Ablehnung des Antrags im beschleunigten Verfahren nur auf einen spezifischen Grund zu stützen. Es ist verpflichtend, dass die Behörde den Antrag, im Kontext der allgemeinen Grundlagen für die Gewährung einer der beiden Formen des internationalen Schutzes, geprüft hat und ihre Notwendigkeit grundsätzlich ablehnt. Im Rahmen des beschleunigten Verfahrens gelten sämtliche Verfahrensgarantien. Dennoch ist es auf unbegleitete Minderjährige nicht anwendbar. Für die Unterbringung gelten laut Auskunft von SAREF auch im beschleunigten Verfahren die üblichen gesetzlichen Bestimmungen (VB 7.8.2023).
Laut Asyl – und Flüchtlingsgesetz (Art. 23 Abs. 2) haben Personen, die in Bulgarien internationalen Schutz suchen, Anspruch auf den Erhalt von Rechtshilfe gemäß geltendem Rechtshilfegesetz, das in Art. 22 Abs. 2 vorsieht, dass Personen, die internationalen Schutz suchen oder diesen bereits erhalten haben oder aber Fremde, die temporären Schutz genießen, Anspruch auf kostenlose Rechtshilfe betreffend Beratung und Vorbereitung vor einem Verfahren, sowie betreffend Vertretung in außergerichtlichen Verfahren (Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren, im Verfahren über die Ausstellung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Verfahren über die Anfechtung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Schiedsgerichtsverfahren und im Mediationsverfahren) haben. In Art. 29 Abs. 1 des Asyl – und Flüchtlingsgesetzes wird festgehalten, dass im Verfahren der Fremde das Recht auf einen Übersetzer oder Dolmetscher hat (VB 16.9.2023).Laut Asyl – und Flüchtlingsgesetz (Artikel 23, Absatz 2,) haben Personen, die in Bulgarien internationalen Schutz suchen, Anspruch auf den Erhalt von Rechtshilfe gemäß geltendem Rechtshilfegesetz, das in Artikel 22, Absatz 2, vorsieht, dass Personen, die internationalen Schutz suchen oder diesen bereits erhalten haben oder aber Fremde, die temporären Schutz genießen, Anspruch auf kostenlose Rechtshilfe betreffend Beratung und Vorbereitung vor einem Verfahren, sowie betreffend Vertretung in außergerichtlichen Verfahren (Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren, im Verfahren über die Ausstellung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Verfahren über die Anfechtung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Schiedsgerichtsverfahren und im Mediationsverfahren) haben. In Artikel 29, Absatz eins, des Asyl – und Flüchtlingsgesetzes wird festgehalten, dass im Verfahren der Fremde das Recht auf einen Übersetzer oder Dolmetscher hat (VB 16.9.2023).
Gemäß den Bestimmungen des Art. 67 Abs. 1, Asyl – und Flüchtlingsgesetz, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen Entziehung des Aufenthaltsrechts, Rückkehr, Ausweisung und Einreiseverbot bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht vollstreckt. Laut Art. 2 werden die administrativen Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 aufgehoben, wenn dem Fremden Asyl oder internationaler Schutz gewährt wurde. Abs. 3 sieht vor, dass Absatz 1 und Absatz 2 nicht angewendet werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Schutzsuchende oder Schutzberechtigte eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt oder schon einmal rechtskräftig wegen der Begehung eines schweren Verbrechens verurteilt wurde, welches eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Laut Auskunft der bulgarischen Asylbehörde SAREF wird daher, unter Bedachtnahme auf das Obige, bei einem Asylverfahren die bereits verhängte administrative Maßnahme Rückkehr bis zur Beendigung des Verfahrens mit einem rechtskräftigen Bescheid nicht vollstreckt. Das gilt auch für das beschleunigte Verfahren (VB 16.9.2023).Gemäß den Bestimmungen des Artikel 67, Absatz eins,, Asyl – und Flüchtlingsgesetz, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen Entziehung des Aufenthaltsrechts, Rückkehr, Ausweisung und Einreiseverbot bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht vollstreckt. Laut Artikel 2, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen nach Absatz eins, aufgehoben, wenn dem Fremden Asyl oder internationaler Schutz gewährt wurde. Absatz 3, sieht vor, dass Absatz 1 und Absatz 2 nicht angewendet werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Schutzsuchende oder Schutzberechtigte eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt oder schon einmal rechtskräftig wegen der Begehung eines schweren Verbrechens verurteilt wurde, welches eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Laut Auskunft der bulgarischen Asylbehörde SAREF wird daher, unter Bedachtnahme auf das Obige, bei einem Asylverfahren die bereits verhängte administrative Maßnahme Rückkehr bis zur Beendigung des Verfahrens mit einem rechtskräftigen Bescheid nicht vollstreckt. Das gilt auch für das beschleunigte Verfahren (VB 16.9.2023).
Bulgarien kennt folgende Schutzformen: Asyl (ist ein politisch durch den Präsidenten vergebener Schutztitel), internationaler Schutz (1. Flüchtlingsstatus und 2. subsidiärer Schutz) und temporärer Schutz (wird durch den Ministerrat bei außergewöhnlichen Ereignissen vergeben). 2022 gab es in Bulgarien 20.407 Asylanträge (16 % unbegleitete Minderjährige; Syrien: 8.598, Afghanistan: 7 164, Marokko: 1 721, Ukraine: 1 313, Irak: 656) und 4.373 positive Entscheidungen, 444 negative Entscheidungen, 14.474 beendete Verfahren (terminated) (SAREF 2023).
Der Trend, sich dem Verfahren zu entziehen, ist immer noch feststellbar. In diesem Fall ergeht eine Entscheidung in Abwesenheit. Alle anderen erhalten die Entscheidung persönlich. Viele legen ein Rechtsmittel ein. Im letzteren Fall bleiben sie im Zentrum. Erst wenn eine abschließende Entscheidung vorliegt, werden sie der Direktion Migration zur Schubhaft übergeben (BFA/Staatendokumentation 19.4.2023). 2022 haben sich 46 % der Antragsteller (14.474 von 31.592) dem Verfahren entzogen. Dies war ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 26 % im Jahr 2021 und 39 % im Jahr 2020, aber immer noch niedriger als 83 % im Jahr 2019 (AIDA 3.2023).
b). Dublin-Rückkehrer:
Wenn bei einem Dublin-Rückkehrer der Antrag beendet (terminated) oder inhaltlich abgelehnt (rejected) und in Abwesenheit zugestellt wurde, wird er bei Rückkehr nach Bulgarien als irregulärer Migrant betrachtet. Im Falle einer Beendigung kann er eine Wiedereröffnung seines Verfahrens beantragen. Wenn der Rückkehrer inhaltlich abgelehnt wurde und eine Zustellung der Entscheidung in Abwesenheit erfolgt ist, wird der Dublin-Rückkehrer jedenfalls festgenommen. Er kann einen neuen Asylantrag stellen, welcher als Folgeantrag gilt und dessen Zulässigkeit SAREF entscheiden muss (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).
Das Asyl- und Flüchtlingsgesetz (Law on Asylum and Refugees; LAR) legt keine Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Staates fest, sondern verweist lediglich auf die Kriterien, die in der Dublin-Verordnung aufgeführt sind (AIDA 2.2022).
Dublin-Rückkehrer aus anderen Mitgliedstaaten werden prinzipiell am Zugang zum bulgarischen Hoheitsgebiet nicht gehindert (AIDA 3.2023). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAREF die Grenzpolizei über die erwartete Ankunft und gibt an, ob der Überstellte in ein Aufnahmezentrum oder in eine Schubhafteinrichtung überstellt werden soll. Diese Entscheidung hängt davon ab, in welcher Phase sich das Asylverfahren des Dublin-Rückkehrers befindet (AIDA 3.2023; vgl. BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).Dublin-Rückkehrer aus anderen Mitgliedstaaten werden prinzipiell am Zugang zum bulgarischen Hoheitsgebiet nicht gehindert (AIDA 3.2023). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAREF die Grenzpolizei über die erwartete Ankunft und gibt an, ob der Überstellte in ein Aufnahmezentrum oder in eine Schubhafteinrichtung überstellt werden soll. Diese Entscheidung hängt davon ab, in welcher Phase sich das Asylverfahren des Dublin-Rückkehrers befindet (AIDA 3.2023; vergleiche BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).
Die Zahl der Dublin-Anfragen an Bulgarien hat sich 2022 erhöht, der Prozentsatz der tatsächlich durchgeführten Überstellungen ist aber gering:
[…]
Die Staaten vertraten 2021 unterschiedliche Standpunkte zu Überstellungen nach Bulgarien. In einigen Staaten, wie Rumänien und den Niederlanden, sind sowohl die Behörden als auch die Richter, die über Rechtsmittel entscheiden, der Meinung, dass Überstellungen stattfinden können. Im Gegensatz dazu treffen die belgischen Behörden keine Überstellungsentscheidungen nach Bulgarien und führen sie auch nicht aus. Die französischen Behörden haben die Zahl der Überstellungsanträge nach Bulgarien stark erhöht und sogar eine Überstellung von vier afghanischen Staatsangehörigen inmitten eines Berufungsverfahrens vollzogen. Obwohl einige Verwaltungsgerichte argumentieren, dass es in Bulgarien systembedingte Mängel gibt, insbesondere für Afghanen angesichts der sehr niedrigen Asylanerkennungsquote, werden solche Entscheidungen häufig von den Verwaltungsberufungsgerichten gekippt. In Italien haben Richter sowohl in Turin als auch in Rom entschieden, dass in Bulgarien ein reales Risiko unmenschlicher und erniedrigender Behandlung besteht, und zwar aufgrund von Mängeln im nationalen Asylsystem, wie z. B. die zwangsweise Einreiseverweigerung, niedrige Asylanerkennungsquoten und gravierende Mängel bei den Aufnahme- und Unterstützungsdiensten. Die österreichische Rechtsprechung ist uneinheitlicher: Obwohl eine Überstellung für besonders schutzbedürftige Antragsteller insbesondere wegen der Lebensbedingungen in Bulgarien und der realen Gefahr extremer materieller Härten gerichtlich abgelehnt wurde, bestätigte dasselbe Gericht weniger als zwei Monate später die Überstellung eines alleinstehenden erwachsenen Mannes und vertrat die Auffassung, dass das bulgarische Asylsystem zwar verbesserungswürdig sei, aber dem EU-Recht entspreche (ECRE 9.2022).
Im Jahr 2022 haben die Gerichte in Dublin-Staaten sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weiterhin die Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien in Bezug auf bestimmte Kategorien von Asylwerbern, aufgrund schlechter materieller Bedingungen und des Mangels an angemessenen Garantien für die Rechte der betroffenen Personen, angeordnet. In Deutschland vertrat das Verwaltungsgericht Ansbach die Auffassung, dass die Bedingungen, die Dublin-Überstellte in Bulgarien erwarten, keine systembedingten Schwächen aufweisen. Das Gericht setzte jedoch die Überstellung aus. Das Verwaltungsgericht Köln stellte fest, dass die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung sowohl für Asylwerber als auch für Schutzberechtigte bestehe. In Bezug auf Asylwerber wies das Gericht auf systemische Mängel im gesamten Asylsystem hin, die ein reales Risiko für alle Personen darstellen, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt zu sein. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Überstellung afghanischer Staatsangehöriger nach Bulgarien aufgrund grundlegender Mängel des Asylverfahrens speziell für afghanische Staatsangehörige (extrem niedrige Anerkennungsquoten, Diskriminierung und Nutzung der Türkei als sicheres Drittland) sowie aufgrund allgemeiner systemischer Mängel aufgehoben. In zwei Fällen aus dem Jahr 2022 stellte das slowenische Verwaltungsgericht fest, dass die Antragsteller angesichts der Aufnahme- und Haftbedingungen im Land, der niedrigen Schutzquoten für Afghanen und Iraker, usw. eine begründete Vermutung für Systemmängel vorgebracht hatten. In der Schweiz wies das Bundesverwaltungsgericht die Fälle von zwei afghanischen Staatsangehörigen, die eine Rückführung von Bulgarien nach Afghanistan befürchteten, an das Staatssekretariat für Migration (SEM) zurück. Obwohl es die Mängel im bulgarischen Asylsystem nicht als systemische Mängel ansah, stellte es fest, dass im Fall der afghanischen Staatsangehörigen nicht absehbar sei, ob die Prüfung des Asylantrags mit ausreichenden Garantien gegen Refoulement geprüft werde. Ähnliches gilt im Fall eines Asylwerbers mit PTSD. Gerichte in allen europäischen Ländern haben jedoch auch 2022 häufig Dublin-Überstellungen nach Bulgarien bestätigt (AIDA 3.2023).
Wenn ein Dublin-Rückkehrer am Flughafen ankommt, wird entschieden, in welchem Zentrum er unterzubringen ist. Wenn sein Antrag beendet (terminated) oder inhaltlich abgelehnt (rejected) und in Abwesenheit zugestellt wurde, wird er als irregulärer Migrant betrachtet. Nur wenn er sich im Falle einer Beendigung entscheidet, die Wiedereröffnung seines Verfahrens zu beantragen, kommt er in eine offene Unterbringung von SAREF (BFA/Staaten-dokumentation 18.4.2023). Seit 2015 sieht das Asyl- und Flüchtlingsgesetz (LAR) ausdrücklich die obligatorische Wiederaufnahme eines Asylverfahrens für Antragsteller vor, die gemäß der Dublin-Verordnung nach Bulgarien zurückgeführt werden, sofern bis dahin keine inhaltliche Entscheidung in Abwesenheit ergangen ist. Allerdings ist laut Quelle ihr Zugang zu Versorgung insofern nicht gesichert, da diese nur vulnerablen Antragstellern garantiert werde. Für nicht-vulnerable Rückkehrer sei die Bereitstellung von Nahrung und Unterkunft von den begrenzten nationalen Aufnahmekapazitäten und deren Verfügbarkeit abhängig und müssten die Rückkehrer ihre Unterkunft und Verpflegung auf eigene Kosten sicherstellen, wenn in den Aufnahmezentren von SAREF kein Platz zur Verfügung stehe (AIDA 3.2023). Angesprochen auf solche Berichte, beauskunftete SAREF im Zuge eines Study Visits in Bulgarien, dass SAREF der Überstellung von vornherein nicht zustimmen würde, wenn keine Unterbringungskapazitäten vorhanden wären (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).
Wenn der Dublin-Rückkehrer inhaltlich abgelehnt wurde und eine Zustellung der Entscheidung in Abwesenheit erfolgt ist, wird er jedenfalls festgenommen und in ein geschlossenes Zentrum der Direktion Migration gebracht, welche für fremdenpolizeiliche Belange zuständig ist. SAREF informiert die MD über die angekündigte Ankunft eines Rückkehrers mit einer in Abwesenheit zugestellten abschließend negativen Entscheidung und bei Ankunft wird der Betreffende in Haft genommen. Der Rückkehrer kann einen neuen Asylantrag stellen, welcher als Folgeantrag gilt. Über einen in der Haft gestellten Folgeantrag wird SAREF informiert und prüft dessen Zulässigkeit. Wird der Antrag nicht zugelassen, bleibt der Rückkehrer in Haft (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023). Das bulgarische Asylgesetz (LAR) sieht grundsätzlich vor, dass auch im Falle einer Zulassung des Folgeantrags der Folgeantragsteller kein Recht auf Versorgung hat, außer er wäre vulnerabel (LAR, Art 29 (7)). Laut hierzu eingeholter Auskunft von SAREF, ist dies zwar generell korrekt, jedoch werden in der Praxis die meisten Asylwerber, deren Folgeantrag zugelassen wurde, in Aufnahmezentren von SAREF untergebracht, da SAREF diese besondere Personengruppe als vulnerabel betrachtet (SAREF 17.5.2023).Wenn der Dublin-Rückkehrer inhaltlich abgelehnt wurde und eine Zustellung der Entscheidung in Abwesenheit erfolgt ist, wird er jedenfalls festgenommen und in ein geschlossenes Zentrum der Direktion Migration gebracht, welche für fremdenpolizeiliche Belange zuständig ist. SAREF informiert die MD über die angekündigte Ankunft eines Rückkehrers mit einer in Abwesenheit zugestellten abschließend negativen Entscheidung und bei Ankunft wird der Betreffende in Haft genommen. Der Rückkehrer kann einen neuen Asylantrag stellen, welcher als Folgeantrag gilt. Über einen in der Haft gestellten Folgeantrag wird SAREF informiert und prüft dessen Zulässigkeit. Wird der Antrag nicht zugelassen, bleibt der Rückkehrer in Haft (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023). Das bulgarische Asylgesetz (LAR) sieht grundsätzlich vor, dass auch im Falle einer Zulassung des Folgeantrags der Folgeantragsteller kein Recht auf Versorgung hat, außer er wäre vulnerabel (LAR, Artikel 29, (7)). Laut hierzu eingeholter Auskunft von SAREF, ist dies zwar generell korrekt, jedoch werden in der Praxis die meisten Asylwerber, deren Folgeantrag zugelassen wurde, in Aufnahmezentren von SAREF untergebracht, da SAREF diese besondere Personengruppe als vulnerabel betrachtet (SAREF 17.5.2023).
Obwohl der Zugang zum nationalen Gesundheitssystem nach der Dublin-Rückkehr automatisch wiederhergestellt wird, ist das nationale Gesundheitspaket in der Regel knapp bemessen und sieht weder eine maßgeschneiderte medizinische oder psychologische Behandlung oder Unterstützung noch die Behandlung vieler chronischer Krankheiten oder chirurgische Eingriffe, Prothesen, Implantate oder andere notwendige Medikamente oder Hilfsmittel vor. Daher müssen die Patienten diese auf eigene Kosten bezahlen (AIDA 3.2023).
Seit 2020 ist das ununterbrochene Recht auf medizinische Versorgung für Asylwerber, deren Verfahren beendet und dann wieder aufgenommen wurden, wie es bei Dublin-Rückkehrern typischerweise der Fall ist, gesetzlich ausdrücklich festgeschrieben. Allerdings gilt diese Regelung nicht für Dublin-Rückkehrer, deren Anträge vor ihrer Rückkehr in Abwesenheit inhaltlich entschieden wurden. Bei diesen kommt es immer wieder zu einigen Monaten Verzögerung, bis sie wieder Zugang zum Gesundheitssystem haben (AIDA 3.2023). Angesprochen auf solche Berichte, berichtet SAREF, dass Rückkehrer in so einer Konstellation versichert sind wie bulgarische Bürger und in einem offenen Unterbringungszentrum von SAREF untergebracht werden und somit Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Die Daten der Untergebrachten werden einmal im Monat an die Krankenkasse geschickt. Das könnte laut SAREF die Quelle der beschriebenen Verzögerungen sein (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).
c). Non-Refoulement:
Die bulgarischen Gesetze definieren ein sicheres Herkunftsland als einen Staat, in dem die etablierte Rechtsstaatlichkeit und deren Einhaltung im Rahmen eines demokratischen Systems der öffentlichen Ordnung keine Verfolgung oder Verfolgungshandlungen zulassen und in dem keine Gefahr von Gewalt in einer Situation eines innerstaatlichen oder internationalen bewaffneten Konflikts besteht. Dieses Konzept ist ein Grund für die Ablehnung eines Antrags als offensichtlich unbegründet im beschleunigten Verfahren. Ein sicherer Drittstaat wird gemäß bulgarischem Gesetz definiert als ein Land, das nicht das Herkunftsland ist, in dem der Ausländer der um internationalen Schutz ersucht hat, aufgehalten hat und in dem er keinen Grund hat, aus den Konventionsgründen Verfolgung zu befürchten; wo er gegen die Zurückweisung in das Hoheitsgebiet eines Landes geschützt ist, in dem die Voraussetzungen für Verfolgung und Gefährdung seiner Rechte bestehen (Refoulementschutz); wo ihm keine Verfolgung oder ernsthafter Schaden, wie Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe drohen; wo er die Möglichkeit hat die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu beantragen und in Anspruch zu nehmen; und wo hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass dem Ausländer der Zugang zum Hoheitsgebiet des betreffenden Staates gestattet wird. Die nationale Gesetzgebung erlaubt die Verwendung des Konzepts des sicheren Herkunftslandes und des sicheren Drittlandes im Asylverfahren. Bislang wurden jedoch keine nationalen Listen sicherer Herkunfts- bzw. Drittstaaten angenommen und angewendet (AIDA 3.2023).
Das Konzept des sicheren Drittstaates wurde erstmals im Jahr 2020 als Unzulässigkeitsgrund eingeführt und wird im beschleunigten Verfahren als Grund für die Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet betrachtet. Das Gesetz verlangt derzeit eine detailliertere Untersuchung, damit ein Land im Einzelfall als sicherer Drittstaat eingestuft werden kann, einschließlich der Feststellung, dass es den Antragsteller aufnimmt. Auch kann das Konzept des sicheren Drittstaates nicht als alleiniger Grund dafür herangezogen werden, den Antrag als offensichtlich unbegründet zu betrachten, es sei denn, es besteht eine Verbindung zwischen dem Antragsteller und dem betreffenden Drittstaat, aufgrund derer es für diese Person zumutbar wäre, in diesen Staat zu reisen. Da das Konzept in früheren Jahren in der Praxis kaum angewandt wurde, sind nur begrenzt Erfahrungen vorhanden. Grundsätzlich beziehen sich Ablehnungen auf der Grundlage des Konzeptes des sicheren Drittstaates auf Länder, in denen der Antragsteller vor seiner Ausreise längere Zeit gelebt oder gewohnt hat. Transit oder kurze Aufenthalte in Ländern werden nicht als ausreichend für die Annahme der Drittstaatssicherheit betrachtet (AIDA 3.2023).
Es gibt Berichte, dass Anträge von Staatsangehörigen bestimmter Länder, darunter Afghanistan, Algerien, Bangladesch, Marokko und Tunesien, automatisch abgelehnt werden (AI 27.3.2023).
Betreffend die Frage, ob Asylanträge von Afghanen unter Hinweis auf eine Drittstaatssicherheit der Türkei im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt werden, beauskunftet die bulgarische Asylbehörde SAREF, dass Bulgarien derzeit keine nationale Liste mit sicheren Herkunfts- und Drittstaaten besitzt. Jeder Antrag für internationalen Schutz wird als individueller Einzelfall im Rahmen eines eingeleiteten Verwaltungsverfahrens behandelt und bei der Entscheidung über einen Asylantrag wird geprüft, ob alle Voraussetzungen für die Drittstaatssicherheit vorliegen. Auch für Dublin-Rückkehrer besteht kein Risiko der Ausweisung und/oder Überstellung in ein Land, in dem die Gefahr eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK besteht (SAREF 26.4.2023). Dies wurde von SAREF gegenüber dem BMI-Verbindungsbeamten erneut bestätigt: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfügt die Republik Bulgarien über keine nationale Liste sicherer Herkunfts- und Drittstaaten. Jeder Antrag auf internationalen Schutz wird im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gemäß den Bestimmungen einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft, wobei zunächst die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geprüft wird. Falls kein Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, wird die Notwendigkeit der Zuerkennung des humanitären Statuts behandelt. Ein Ausländer, der in die Republik Bulgarien eingereist ist, um Schutz zu beantragen, oder welcher bereits Schutz erhalten hat, darf nicht in das Hoheitsgebiet eines Landes zurückgeschickt werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bedroht ist oder der Gefahr von Folter oder anderen Formen der Grausamkeit, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt ist (VB 7.8.2023).Betreffend die Frage, ob Asylanträge von Afghanen unter Hinweis auf eine Drittstaatssicherheit der Türkei im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt werden, beauskunftet die bulgarische Asylbehörde SAREF, dass Bulgarien derzeit keine nationale Liste mit sicheren Herkunfts- und Drittstaaten besitzt. Jeder Antrag für internationalen Schutz wird als individueller Einzelfall im Rahmen eines eingeleiteten Verwaltungsverfahrens behandelt und bei der Entscheidung über einen Asylantrag wird geprüft, ob alle Voraussetzungen für die Drittstaatssicherheit vorliegen. Auch für Dublin-Rückkehrer besteht kein Risiko der Ausweisung und/oder Überstellung in ein Land, in dem die Gefahr eines Verstoßes gegen Artikel 3, EMRK besteht (SAREF 26.4.2023). Dies wurde von SAREF gegenüber dem BMI-Verbindungsbeamten erneut bestätigt: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfügt die Republik Bulgarien über keine nationale Liste sicherer Herkunfts- und Drittstaaten. Jeder Antrag auf internationalen Schutz wird im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gemäß den Bestimmungen einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft, wobei zunächst die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geprüft wird. Falls kein Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, wird die Notwendigkeit der Zuerkennung des humanitären Statuts behandelt. Ein Ausländer, der in die Republik Bulgarien eingereist ist, um Schutz zu beantragen, oder welcher bereits Schutz erhalten hat, darf nicht in das Hoheitsgebiet eines Landes zurückgeschickt werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bedroht ist oder der Gefahr von Folter oder anderen Formen der Grausamkeit, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt ist (VB 7.8.2023).
Der BMI-Verbindungbeamte (VB) berichtet, dass von der Türkei keine Drittstaatsangehörigen von Bulgarien übernommen werden. Wie das bulgarische Innenministerium zur Frage, ob afghanische Staatsangehörige in die Türkei rückgeführt werden, beauskunftet, wendet die Türkei die Bestimmungen der Artikel 4 und 6 des Rückübernahmeabkommens EU-Türkei über die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen nicht an. Diese Bestimmungen hätten am 1. Oktober 2017 in Kraft treten müssen oder es hätte eine bilaterale Vereinbarung über die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen, die direkt aus der Türkei eingereist sind, getroffen werden müssen. Dafür setzt die türkische Seite mehr Anstrengungen und Ressourcen für die Bekämpfung der illegalen Migration und die Sicherung der gemeinsamen Grenze ein. Was die Rückübernahme illegal aufhältiger türkischer Staatsangehöriger betrifft, so erhält das bulgarische Innenministerium die volle Unterstützung der türkischen Botschaft bei der Identifizierung und Ausstellung von befristeten Reisedokumenten (VB 12.7.2023).
Abgesehen von Syrern lagen die Anerkennungsquoten aller anderen Nationalitäten in Bulgarien in früheren Jahren im Durchschnitt unter 8 %, wobei Anträge von Staatsangehörigen aus bestimmten Herkunftsländern, wie Afghanistan und Türkei, als offensichtlich unbegründet behandelt wurden und extrem niedrige Anerkennungsquoten hatten. Dies änderte sich jedoch mit der Zeit, so lag die Anerkennungsquote für Afghanen 2016 bei 1,5 % und 2022 bei 49 % (davon 14 % Flüchtlingsstatus, 35 % subsidiärer Schutz; 51 % Ablehnungen). Im Jahr 2022 waren 35 % aller Antragsteller Afghanen und die Gesamtanerkennungsquote stieg auf 91 % aller inhaltlichen Entscheidungen, davon lauteten 89 % auf subsidiären (humanitären) Schutz und 2 % auf Flüchtlingsstatus, 9 % aller inhaltlichen Entscheidungen waren Ablehnungen. Somit wurden im Jahr 2022 von 69 afghanischen Fällen, 20 % im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt (2021 waren das noch 86 % gewesen, 2020: 95 %). Von den zum Verfahren zugelassenen Afghanen entzogen sich dennoch 95 % durch Untertauchen dem Verfahren, bevor sie eine erstinstanzliche Entscheidung erhielten, sodass nur für 0,7 % der Afghanen inhaltliche Entscheidungen ergingen (AIDA 3.2023).
SAREF beauskunftet betreffend die Frage nach unterschiedlicher Behandlung afghanischer Antragsteller, dass Bulgarien Vertragspartei aller völkerrechtlichen Instrumente ist, die das internationale Flüchtlingsrecht bilden. Alle in Frage kommenden Dokumente sind in die nationale Gesetzgebung implementiert, und die erstinstanzliche Asylbehörde SAREF handelt gemäß dem geltenden Asyl- und Flüchtlingsgesetz. Die Schutzsuchenden werden weder nach Staatsangehörigkeit noch nach anderen Grundsätzen eingeteilt, sondern es wird stets die gleiche Vorgehensweise angewendet und Antragstellern aller Nationalitäten, Ethnien und Religionen werden die gleichen Bedingungen geboten und die Bedürfnisse aller Schutzsuchenden berücksichtigt und jeder Asylantrag im Einzelfall geprüft (VB 7.8.2023).
IOM Bulgarien konnte keine Informationen finden, dass die bulgarischen Behörden bei Entscheidungen über den Schutzstatus afghanischer Staatsangehöriger auf die Türkei als sicheres Drittland verwiesen hätten (IOM 19.5.2023).
Die Zahl der in Bulgarien ankommenden Migranten steigt in den letzten Jahren wieder. Bei der illegalen Einreise betreten wurden 2020: 510, 2021: 1.386, 2022: 2.298 Personen. Bei der illegalen Ausreise betreten wurden 2020: 924, 2021: 1.097, 2022: 2.337 Personen. Illegal aufhältig betreten wurden 2020: 2.053, 2021: 8.316 und 2022: 12.092 Personen. Das