RS Vfgh 2023/11/27 E2621/2022

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Veröffentlicht am 27.11.2023
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
EU-Grundrechte-Charta Art4
EMRK Art3
Dublin III-VO vom 26.06.2013 EU 604/2013 Art3
AsylG 2005 §5
FremdenpolizeiG 2005 §61
VfGG §7 Abs2
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander betreffend die Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz eines afghanischen Staatsangehörigen, der aus Kabul mit dem Flugzeug nach Ungarn evakuiert wurde; mangelhafte Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten sowie dem "Botschaftsverfahren" und der Versorgungssituation rücküberstellter Asylwerber in Ungarn im Rahmen der Dublin III-Verordnung

Rechtssatz

Aus dem der Entscheidung des BVwG zugrunde liegenden – aktuellen – Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Ungarn vom April 2022 geht hervor, dass in Ungarn seit Mai/Juni 2020 das "Botschaftsverfahren" zur Anwendung kommt. Das BVwG geht zwar – gestützt auf eine von der ungarischen Dublin-Behörde ausgestellte "Transfer acceptance" – davon aus, dass Ungarn der Aufnahme des Beschwerdeführers ausdrücklich mit dem Hinweis zugestimmt habe, dessen Asylantrag dort zu prüfen, weshalb das "Botschaftsverfahren" nicht auf ihn anwendbar sei. Diese – bereits seit längerer Zeit in Gebrauch befindliche – formelhafte "Transfer acceptance" der ungarischen Dublin-Behörde erweist sich jedoch auf Grund der wiedergegebenen Länderberichte zur Anwendung des "Botschaftsverfahrens" in Ungarn als unzureichend, weil damit nicht gesichert ist, dass der Beschwerdeführer tatsächlich innerhalb Ungarns einen Antrag auf internationalen Schutz stellen können wird. Angesichts dessen wäre das BVwG daher verpflichtet gewesen, näher zu überprüfen, ob der Beschwerdeführer in Ungarn tatsächlich Zugang zu einem ordnungsgemäßen Asylverfahren hat, ohne dem Risiko einer Kettenabschiebung in ein Land ausgesetzt zu sein, in dem ihm die Verletzung seiner gemäß Art3 EMRK und Art4 GRC gewährleisteten Rechte drohen könnte.

Ein pauschaler Verweis darauf, dass man den ungarischen Behörden nicht unterstellen könne, die Personen mittels Evakuierungsfluges aus Afghanistan ins Land geholt zu haben, nur um sie dann sich selbst zu überlassen, und die Annahme, dass der Beschwerdeführer weiterhin die oder ähnliche Betreuung und Unterstützung wie nach seiner Ankunft in Ungarn genießen würde, stellen vor dem Hintergrund der aktuellen Berichtslage keine ausreichende Begründung für das Ergebnis dar, dass bei einer Rückkehr der Zugang zu einem ordnungsgemäßen Asylverfahren gesichert und damit eine entsprechende Versorgung gegeben sei.

Entscheidungstexte

  • E2621/2022
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 27.11.2023 E2621/2022

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, EU-Recht, Außerlandesbringung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2023:E2621.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2024
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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