TE Bvwg Erkenntnis 2024/4/22 W184 2285983-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.2024
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Entscheidungsdatum

22.04.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W184 2285983-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Zell am See, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2023, Zl. 1335133503/223747019, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Zell am See, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2023, Zl. 1335133503/223747019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde zu Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides wird gemäß Paragraph 3, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Syriens, brachte nach der illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.11.2022 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.

Bei der Erstbefragung gab die beschwerdeführende Partei an, er stamme aus Qamishli und gehöre der arabischen Volksgruppe und der Religion des Islam an. Er habe in Syrien fünf Jahre die Grundschule besucht, keine Berufsausbildung absolviert und sei vor seiner Einreise keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Zum Fluchtgrund befragt, führte die beschwerdeführende Partei an, dass in Syrien Krieg herrsche und es dort keine Zukunft gebe. Er habe mit seinen Eltern die Reise nach Deutschland geplant, um jene in weiterer Folge nachholen zu können. Im Falle einer Rückkehr müsste er zum Militär einrücken, was er jedoch nicht wolle.

Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 23.11.2023 führte die beschwerdeführende Partei an, dass er gesund sei und keine Medikamente benötige. Die Frage, ob er jemals im Besitz eines Reisepasses gewesen sei, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Er sei in XXXX , Qamishli, Al Hasaka, geboren worden und gehöre der Religion der sunnitischen Moslems und der Volksgruppe der Araber an. Seine Eltern sowie seine vier Brüder und eine Schwester würden sich nach wie vor in Syrien aufhalten. Auf die Frage, ob er noch weitere Angehörige in Syrien habe, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass er eine große Familie habe, seine Eltern miteinander verwandt seien und daher denselben Nachnamen hätten. Außer einem Onkel habe er in anderen Ländern keine Verwandten. Seine letzte Wohnadresse in Syrien sei in XXXX , Qamishli, Al Hasaka, gewesen und er habe sein ganzes Leben dort verbracht. Nachgefragt, ob seine Eltern ein Haus, eine Wohnung oder Grundstücke besitzen würden, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass sie das Familienhaus besitzen würden und zudem auch eine Landwirtschaft, die sie jedoch nicht bewirtschaften könnten, da sich in der Nähe ein Militärstützpunkt des syrischen Regimes befinde und dieses Umfeld sehr gefährlich sei. Auf weitere Nachfrage, warum es in der Nähe des Militärstützpunktes gefährlich sei, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass sein Vater vor kurzer Zeit erfahren habe, dass sein Name bei der syrischen Sicherheit aufscheine, weshalb er dort nicht mehr hingehe, weil er Angst vor der syrischen Armee habe. Normalerweise stehe die beschwerdeführende Partei in regelmäßigem Kontakt zu seinen Eltern, aufgrund einer Bombenexplosion gebe es in seinem Elternhaus jedoch kein Internet mehr. Im Zeitpunkt seiner Ausreise sei seine Heimatregion unter Kontrolle der Kurden gestanden, aktuell stehe das Gebiet ebenfalls unter der Kontrolle der Kurden. In Syrien sei er lediglich zwei Jahre zur Schule gegangen, lesen und schreiben habe er über das Telefon gelernt. Die Frage, ob er eine Berufsausbildung absolviert habe, wurde verneint. Er habe begonnen, als Maler zu arbeiten, was ihm jedoch nicht gefallen habe. Ansonsten sei er auch als Friseur tätig gewesen. Zur Frage, von wann bis wann er in Syrien gearbeitet habe, gab die beschwerdeführende Partei an, dass er seinem Vater bei der Landwirtschaft und seinem Onkel als Friseur geholfen habe. Im August 2022 sei er letztendlich aus Syrien ausgereist. Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 23.11.2023 führte die beschwerdeführende Partei an, dass er gesund sei und keine Medikamente benötige. Die Frage, ob er jemals im Besitz eines Reisepasses gewesen sei, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Er sei in römisch 40 , Qamishli, Al Hasaka, geboren worden und gehöre der Religion der sunnitischen Moslems und der Volksgruppe der Araber an. Seine Eltern sowie seine vier Brüder und eine Schwester würden sich nach wie vor in Syrien aufhalten. Auf die Frage, ob er noch weitere Angehörige in Syrien habe, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass er eine große Familie habe, seine Eltern miteinander verwandt seien und daher denselben Nachnamen hätten. Außer einem Onkel habe er in anderen Ländern keine Verwandten. Seine letzte Wohnadresse in Syrien sei in römisch 40 , Qamishli, Al Hasaka, gewesen und er habe sein ganzes Leben dort verbracht. Nachgefragt, ob seine Eltern ein Haus, eine Wohnung oder Grundstücke besitzen würden, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass sie das Familienhaus besitzen würden und zudem auch eine Landwirtschaft, die sie jedoch nicht bewirtschaften könnten, da sich in der Nähe ein Militärstützpunkt des syrischen Regimes befinde und dieses Umfeld sehr gefährlich sei. Auf weitere Nachfrage, warum es in der Nähe des Militärstützpunktes gefährlich sei, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass sein Vater vor kurzer Zeit erfahren habe, dass sein Name bei der syrischen Sicherheit aufscheine, weshalb er dort nicht mehr hingehe, weil er Angst vor der syrischen Armee habe. Normalerweise stehe die beschwerdeführende Partei in regelmäßigem Kontakt zu seinen Eltern, aufgrund einer Bombenexplosion gebe es in seinem Elternhaus jedoch kein Internet mehr. Im Zeitpunkt seiner Ausreise sei seine Heimatregion unter Kontrolle der Kurden gestanden, aktuell stehe das Gebiet ebenfalls unter der Kontrolle der Kurden. In Syrien sei er lediglich zwei Jahre zur Schule gegangen, lesen und schreiben habe er über das Telefon gelernt. Die Frage, ob er eine Berufsausbildung absolviert habe, wurde verneint. Er habe begonnen, als Maler zu arbeiten, was ihm jedoch nicht gefallen habe. Ansonsten sei er auch als Friseur tätig gewesen. Zur Frage, von wann bis wann er in Syrien gearbeitet habe, gab die beschwerdeführende Partei an, dass er seinem Vater bei der Landwirtschaft und seinem Onkel als Friseur geholfen habe. Im August 2022 sei er letztendlich aus Syrien ausgereist.

Zum Fluchtgrund befragt, führte die beschwerdeführende Partei an, dass er Syrien verlassen habe, weil er Angst gehabt habe, dass er von den Kurden für das Militär rekrutiert werde. Er wolle niemanden umbringen oder selbst sterben, da bereits viele in seinem Dorf verstorben seien. Die Frage, ob er sämtliche Gründe, die ihn veranlasst hätten, sein Herkunftsland zu verlassen, vollständig habe vorbringen können, wurde bejaht und angeführt, dass es in Syrien keine Zukunft gebe und er deshalb wolle, dass seine Geschwister nach Österreich kommen und eine Schule besuchen könnten. Nachgefragt, wieso er Syrien gerade zum angegebenen Zeitpunkt verlassen habe, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass er zuvor nicht die finanziellen Möglichkeiten gehabt habe. Die Frage, ob er selbst auch Probleme mit der syrischen Regierung gehabt habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint und ausgeführt, dass er bald das Alter für den regulären Militärdienst erreiche, bislang jedoch kein Problem habe. Die weitere Frage, ob er in Syrien an Kampfhandlungen teilgenommen habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Er habe Syrien verlassen, da er nicht an Kampfhandlungen teilnehmen wolle. Er unterstütze keinen der Protagonisten im Syrien-Krieg. Die Frage, ob er irgendeiner politischen Ideologie nahestehe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Die Frage, ob er je persönlichen Kontakt zu IS, Al Nusra-Front oder HTS bzw. zur Freien Syrischen Armee, zur YPG oder anderen extremistischen Gruppierungen gehabt habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei ebenfalls verneint. Befragt, ob es Rekrutierungsversuche durch die kurdische Armee gegeben habe, brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass er einmal auf der Straße angesprochen worden sei, ob er sich nicht einer bestimmten Gruppierung anschließen wolle, was er jedoch verneint habe. Er kenne mehrere Personen, die von den Kurden rekrutiert worden seien. Die Frage, ob es Araber gewesen seien, die von den Kurden rekrutiert worden seien, wurde von der beschwerdeführenden Partei bejaht. Dies sei vor drei oder vier Jahren gewesen. Er kenne jedoch Jugendliche, die vor drei bzw. vier Jahren im Kampf für die Kurden gestorben seien. Er habe sich in Syrien oder einem anderen Land auch nie öffentlich politisch geäußert, da er ansonsten sofort getötet worden wäre. Die weiteren Fragen, ob er in Syrien oder einem anderen Land vorbestraft sei bzw. in Syrien von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht worden sei oder in Syrien jemals von den Behörden festgenommen worden sei, wurden allesamt verneint. Er sei in Syrien auch nie wegen seiner Rasse, Religion, politischen Gesinnung, Volksgruppe, Religion oder Angehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt worden, habe an keinen Demonstrationen teilgenommen und kein Militärbuch oder einen Einberufungsbefehl zum syrischen bzw. kurdischen Militär erhalten. Zuletzt habe er vor eineinhalb Jahren wegen des Personalausweises Behördenkontakt gehabt. In Österreich sei auch sein mitgereister Onkel aufhältig.

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme wurde von der beschwerdeführenden Partei ein syrischer Personalausweis in Vorlage gebracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde folgende Entscheidung über diesen Antrag getroffen:

„I. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. „I. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen.

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wird der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.römisch II. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wird der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

III. Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wird gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für 1 Jahr erteilt.“römisch III. Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wird gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 für 1 Jahr erteilt.“

In der Begründung wurde näher ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei aufgrund seines Alters noch keiner Musterung unterzogen worden sei und seine militärische Dienstfähigkeit bislang noch nicht festgestellt worden sei. Er habe Syrien bereits im Alter von 15 Jahren gemeinsam mit seinem Onkel verlassen und sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht wehrpflichtig gewesen. Eine Gefahr der Rekrutierung zur syrischen Armee könne nicht erkannt werden. Zur angeblichen Rekrutierung durch das kurdische Militär habe er bei der Einvernahme vor dem BFA angegeben, auf der Straße angesprochen worden zu sein. Er sei aufgefordert worden, sich einer Gruppierung anzuschließen, habe dies jedoch abgelehnt, was jedoch nicht auf eine Zwangsrekrutierung schließen lasse. Aktuell bestehe keine Rekrutierungsgefahr durch das kurdische Militär. Für eine Zwangsrekrutierung durch eine andere Gruppierung seien keine Anzeichen während des Verfahrens hervorgekommen bzw. werde aufgrund der Länderberichte nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen, dass er als Soldat für die Kriegsparteien von Interesse wäre. Ein Indiz dafür, dass die beschwerdeführende Partei in Syrien weder verfolgt noch ihm oder seinen Familienmitgliedern eine oppositionelle Gesinnung unterstellt worden sei, sei, dass bei Wahrunterstellung des Inhaltes der vorgelegten Dokumente diese erst nach seiner Ausreise jeweils am 22.05.2023 von syrischen Behörden ausgestellt worden seien. Er habe alle Fragen zu den in der GFK genannten möglichen Verfolgungsgründen verneint bzw. diese nicht substantiiert dargelegt.

Gegen den Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei aus Qamishli stamme und er somit aus einer Region sei, in welcher der beschwerdeführenden Partei aufgrund seiner oppositionellen Gesinnung sowie seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Kinder im wehrfähigen Alter sowie seiner unterstellten oppositionellen Gesinnung Verfolgung drohe. Darüber hinaus würde die beschwerdeführende Partei nicht über die finanziellen Mittel verfügen, einen Freikauf zu erwirken. Selbst mit der Unterstützung seiner Familie werde ihm ein Freikauf nicht möglich sein. Es sei fallbezogen unterlassen worden, sich mit der konkreten Gefährdung aufgrund der kumulierten gefahrenerhöhenden Umstände auseinanderzusetzen. Auch aus den UNHCR-Berichten gehe hervor, dass Zivilisten aus oppositionellen Gebieten unter Generalverdacht gestellt werden und daher weiteren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt seien. Ergänzend gehe aus den aktuellen Berichten der EASO hervor, dass Personen aus bestimmten Gebieten verdächtigt werden würden, die Opposition zu unterstützen. Auch aus dem LIB bzw. den getroffenen Länderfeststellungen würden Anhaltspunkte hervorgehen, dass die beschwerdeführende Partei durch seine Ausreise mit nachteiligen Folgen zu rechnen hätte. Das BFA habe es verabsäumt, die Feststellungen der Länderinformationen, welche mit dem Verfahrensausgang nicht in Einklang zu bringen seien, entsprechend zu entkräften. Auch sei darauf Rücksicht zu nehmen, dass die beschwerdeführende Partei überhaupt nicht in der Lage wäre, seine Herkunftsregion bzw. seine Familie unbemerkt zu erreichen. Kinder würden als schutzbedürftiger gelten und sich noch in der Persönlichkeitsentwicklung befinden. In der Gesellschaft sei bekannt, dass Kinder und Jugendliche regelmäßig zum Kampf rekrutiert werden würden. Zwangsrekrutierung werde auch vom UNHCR explizit als kinderspezifische Verfolgung anerkannt. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Gegen den Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides wurde aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei aus Qamishli stamme und er somit aus einer Region sei, in welcher der beschwerdeführenden Partei aufgrund seiner oppositionellen Gesinnung sowie seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Kinder im wehrfähigen Alter sowie seiner unterstellten oppositionellen Gesinnung Verfolgung drohe. Darüber hinaus würde die beschwerdeführende Partei nicht über die finanziellen Mittel verfügen, einen Freikauf zu erwirken. Selbst mit der Unterstützung seiner Familie werde ihm ein Freikauf nicht möglich sein. Es sei fallbezogen unterlassen worden, sich mit der konkreten Gefährdung aufgrund der kumulierten gefahrenerhöhenden Umstände auseinanderzusetzen. Auch aus den UNHCR-Berichten gehe hervor, dass Zivilisten aus oppositionellen Gebieten unter Generalverdacht gestellt werden und daher weiteren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt seien. Ergänzend gehe aus den aktuellen Berichten der EASO hervor, dass Personen aus bestimmten Gebieten verdächtigt werden würden, die Opposition zu unterstützen. Auch aus dem LIB bzw. den getroffenen Länderfeststellungen würden Anhaltspunkte hervorgehen, dass die beschwerdeführende Partei durch seine Ausreise mit nachteiligen Folgen zu rechnen hätte. Das BFA habe es verabsäumt, die Feststellungen der Länderinformationen, welche mit dem Verfahrensausgang nicht in Einklang zu bringen seien, entsprechend zu entkräften. Auch sei darauf Rücksicht zu nehmen, dass die beschwerdeführende Partei überhaupt nicht in der Lage wäre, seine Herkunftsregion bzw. seine Familie unbemerkt zu erreichen. Kinder würden als schutzbedürftiger gelten und sich noch in der Persönlichkeitsentwicklung befinden. In der Gesellschaft sei bekannt, dass Kinder und Jugendliche regelmäßig zum Kampf rekrutiert werden würden. Zwangsrekrutierung werde auch vom UNHCR explizit als kinderspezifische Verfolgung anerkannt. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person und den Fluchtgründen der beschwerdeführenden Partei wird festgestellt:

Die minderjährige beschwerdeführende Partei ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensgemeinschaft. Die Identität der beschwerdeführenden Partei steht fest. Die Eltern sowie vier Brüder und eine Schwester der beschwerdeführenden Partei sind nach wie vor in Syrien aufhältig. Die Familie der beschwerdeführenden Partei besitzt in Syrien ein Haus sowie eine Landwirtschaft.

Die beschwerdeführende Partei ist gesund, ledig und kinderlos. Ferner ist er strafrechtlich unbescholten.

Er stammt aus XXXX in Qamishli, Provinz Al- Hasaka, und hat Syrien im Alter von 15 Jahren im Juli 2022 verlassen. Er stammt aus römisch 40 in Qamishli, Provinz Al- Hasaka, und hat Syrien im Alter von 15 Jahren im Juli 2022 verlassen.

Die Herkunftsregion der beschwerdeführenden Partei befindet sich unter der Verwaltung der kurdischen Autonomiebehörde. Die syrische Regierung übt in der unter kurdischer Selbstverwaltung stehenden Region die Kontrolle über zwei kleine Gebiete, sogenannte „Sicherheitsviertel“, in den Städten Qamishli und Al-Hasaka in der Provinz Al-Hasaka aus. Der vormalige Wohnort der beschwerdeführenden Partei befindet sich jedoch nicht in einem Sicherheitsquadrat, er steht unter Kontrolle der kurdischen Autonomiebehörde.

Die beschwerdeführende Partei war in Syrien nie einer individuellen, konkreten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt.

Die nach seinen Angaben gegenwärtig 17-jährige beschwerdeführende Partei befindet sich aktuell noch nicht im wehrfähigen Alter.

Die beschwerdeführende Partei hat vor seiner Ausreise kein Militärbuch oder einen Einberufungsbefehl erhalten und hat an keinen Demonstrationen teilgenommen.

Mit Stand Juni 2022 ist das Dekret Nr. 3 vom 4.9.2021 weiterhin in Kraft, welches Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren (geboren 1998 oder später) zum "Wehrdienst" in der „Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ verpflichtet.

Der beschwerdeführenden Partei droht im Herkunftsstaat keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung. Die beschwerdeführende Partei war in Syrien nicht politisch tätig.

Die beschwerdeführende Partei hat auch durch die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz in Österreich nicht dargelegt, dass er im Falle einer Rückkehr nach Syrien einer konkreten, asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein könnte.

Im Falle einer Rückkehr in seine Herkunftsregion besteht für die minderjährige beschwerdeführende Partei aufgrund der derzeitigen allgemeinen Situation nach verfahrensmaßgeblicher Wahrscheinlichkeit aktuell weder eine unmittelbar konkrete Gefahr, zum syrischen Militärdienst eingezogen oder durch kurdische Truppen rekrutiert zu werden, noch hat die beschwerdeführende Partei das Vorliegen einer sonstigen ihn unmittelbar und konkret persönlich betreffenden asylrelevanten Gefährdung glaubhaft machen können.

Es ist festzustellen, dass die beschwerdeführende Partei auch, ohne in unmittelbaren Kontakt mit den syrischen Behörden bzw. dem Militär zu treten, über mehrere Grenzübergänge im Norden Syriens, wie etwa den Grenzübergang Bab al-Hawa, wieder nach Syrien einreisen kann.

Zum aktuellen Zeitpunkt droht der beschwerdeführenden Partei daher mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit weder die zwangsweise Rekrutierung durch die syrischen Streitkräfte noch durch die kurdischen Milizen und er läuft auch nicht Gefahr, von diesen unmittelbar und konkret aus asylrelevanten Gründen persönlich verfolgt zu werden. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen.

Zur Lage im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

SYRISCHE ARABISCHE REPUBLIK

Letzte Änderung 2024-03-08 11:06

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).

Institutionen und Wahlen

Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).

Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).

Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das "Volksrat" genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es kein

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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