TE Bvwg Erkenntnis 2024/2/21 W184 2285750-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.2024
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Entscheidungsdatum

21.02.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W184 2285750-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2023, Zl. 1325849307/222994042, wie folgt zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. am römisch 40 , StA Syrien, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2023, Zl. 1325849307/222994042, wie folgt zu Recht:

A)

Die Beschwerde zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 3 AsylG als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde zu Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides wird gemäß Paragraph 3, AsylG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.




Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Syriens, reiste schlepperunterstützt über mehrere Länder nach Österreich ein, wo er am 23.9.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Am nächsten Tag erfolgte die Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Zum Fluchtgrund befragt, führte die beschwerdeführende Partei an, dass die Stadt Hama total zerstört worden sei, weshalb er mit seiner Familie nach Idlib geflohen sei, wo er neun Jahre in einem Camp gelebt habe. Da es dort keine Perspektiven gegeben habe, sei er nach Europa geflohen. Im Falle einer Rückkehr befürchte er Armut.

Zu seinen persönlichen Umständen befragt, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass er in Hama geboren worden sei und der Volksgruppe der Araber angehöre. Er habe in Syrien sechs Jahre die Grundschule besucht und keine Berufsausbildung abgeschlossen. Seine Eltern, seine beiden Brüder sowie seine fünf Schwestern seien nach wie vor in Syrien wohnhaft.

2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 11.9.2023 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) führte die beschwerdeführende Partei aus, dass er gesund sei und nicht in ärztlicher Behandlung stehe. Er nehme auch keine Medikamente ein. Er sei in der Provinz Hama geboren und habe sich seit dem Jahr 2013 oder 2014 in einem Flüchtlingslager an der türkischen Grenze aufgehalten. Er gehöre der Religion des Islam und der Volksgruppe der Araber an. In der Türkei habe er sich insgesamt dreieinhalb Jahre mit einer Kimlik aufgehalten und in einem Transportunternehmen gearbeitet. Im August 2022 sei er in der EU eingereist. Seine Eltern, seine beiden Brüder sowie seine sieben Schwestern seien aktuell in der Türkei wohnhaft. Zwei Brüder seien nach wie vor in einem Flüchtlingscamp in Syrien aufhältig. Seine in der Türkei wohnhaften Familienangehörigen würden ihren Lebensunterhalt in einem Transportunternehmen verdienen. Seine Brüder in Idlib würden keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und Unterstützungsleistungen von den Eltern erhalten. Seine Brüder hätten Kinder und würden nicht in die Türkei einreisen können. Auf Nachfrage erklärte die beschwerdeführende Partei, dass diese bereits versucht hätten, einzureisen, jedoch von der türkischen Polizei festgenommen worden seien. Seine Familienangehörigen würden in der Türkei nur über eine Kimlik, aber über keinen konkreten Aufenthaltsstatus verfügen. Im Jahr 2018 sei er gemeinsam mit seiner Familie aus Syrien ausgereist. Auf die Frage, ob seine Familie in Syrien aktuell Besitztümer habe, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass die syrische Armee Firmen, Grundstücke, ein Haus sowie Geschäfte beschlagnahmt habe. Nachgefragt, woher er wisse, dass die Besitztümer beschlagnahmt worden seien, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass dieser Umstand für alle bekannt sei, da das syrische Regime das gesamte Gebiet eingenommen habe.

Auf Aufforderung, seine bisherigen Wohnorte in chronologischer Reihenfolge aufzuzählen, gab die beschwerdeführende Partei an, dass er in XXXX geboren sei und diesen Ort im Jahr 2013 oder 2014 Richtung Idlib bzw. 2017 und 2018 in die Türkei verlassen habe. Im Jahr 2022 sei er in Richtung Europa ausgereist. Die Schule habe er nur ein oder zwei Jahre besucht. In Syrien habe er seinen Lebensunterhalt als Züchter verdient und habe die Tiere der Familie dann weiterverkauft. Im Jahr 2017 oder 2018 sei er in weiterer Folge illegal aus Syrien ausgereist. Im Flüchtlingslager in Idlib habe er sich seit 2013 bis 2017 oder 2018 aufgehalten. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise seien alle durchquerten Gebiete von der Freien Syrischen Armee besetzt gewesen und diese führe keine Kontrollen durch. Auf Nachfrage, wer in seiner Heimatregion Hama und in seinem letzten Aufenthaltsort Idlib zum Zeitpunkt seiner Ankunft in Idlib im Jahr 2013 regiert habe, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass die Freie Syrische Armee und anschließend die syrische Armee die Regierung übernommen habe. In Idlib sei immer die Freie Syrische Armee an der Macht gewesen. Die syrische Armee übe in seiner Heimatprovinz Hama aktuell die Kontrolle aus. Die Frage, ob er den verpflichtenden Militärdienst in Syrien abgeleistet habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint, da er jung gewesen sei und aus Syrien im Alter von 14 Jahren ausgereist sei. Aktuell könne er wegen des verpflichtenden Wehrdienstes nicht nach Syrien zurückkehren. Befragt, ob es Hinweise gebe, dass er den Militärdienst ableisten müsste, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass er im Jahr 2002 geboren worden sei. Die Fragen, ob jemand in seinem Familien-, Verwandten-, Bekannten- oder Freundeskreis bisher im Bürgerkrieg gekämpft habe oder ob er je freiwillig an Kampfhandlungen teilgenommen habe bzw. ob er jemals Kontakt oder Probleme mit bewaffneten Gruppierungen gehabt habe, wurden von der beschwerdeführenden Partei verneint. Er stehe keiner politischen Ideologie nahe und habe sich in keinem anderen Land politisch betätigt. Die Frage, ob er sich in einem anderen Land je politisch betätigt habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Nachgefragt, ob er sich in Syrien oder in einem anderen Land je politisch geäußert oder seine politische Einstellung bzw. Meinung öffentlich kundgetan habe, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass er an ein paar Tagen an Demonstrationen teilgenommen habe, was bereits lange Zeit zurückliege. Die weiteren Fragen, ob er in Syrien jemals wegen seiner Religion, Volksgruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt worden sei oder in Syrien bzw. einem anderen Land vorbestraft sei bzw. im Heimatland Strafrechtsdelikte begangen habe, wurden von der beschwerdeführenden Partei verneint. Er sei in Syrien auch nie festgenommen oder verhaftet worden, werde jedoch wegen des Militärdienstes gesucht. Auf Aufforderung, seine bisherigen Wohnorte in chronologischer Reihenfolge aufzuzählen, gab die beschwerdeführende Partei an, dass er in römisch 40 geboren sei und diesen Ort im Jahr 2013 oder 2014 Richtung Idlib bzw. 2017 und 2018 in die Türkei verlassen habe. Im Jahr 2022 sei er in Richtung Europa ausgereist. Die Schule habe er nur ein oder zwei Jahre besucht. In Syrien habe er seinen Lebensunterhalt als Züchter verdient und habe die Tiere der Familie dann weiterverkauft. Im Jahr 2017 oder 2018 sei er in weiterer Folge illegal aus Syrien ausgereist. Im Flüchtlingslager in Idlib habe er sich seit 2013 bis 2017 oder 2018 aufgehalten. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise seien alle durchquerten Gebiete von der Freien Syrischen Armee besetzt gewesen und diese führe keine Kontrollen durch. Auf Nachfrage, wer in seiner Heimatregion Hama und in seinem letzten Aufenthaltsort Idlib zum Zeitpunkt seiner Ankunft in Idlib im Jahr 2013 regiert habe, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass die Freie Syrische Armee und anschließend die syrische Armee die Regierung übernommen habe. In Idlib sei immer die Freie Syrische Armee an der Macht gewesen. Die syrische Armee übe in seiner Heimatprovinz Hama aktuell die Kontrolle aus. Die Frage, ob er den verpflichtenden Militärdienst in Syrien abgeleistet habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint, da er jung gewesen sei und aus Syrien im Alter von 14 Jahren ausgereist sei. Aktuell könne er wegen des verpflichtenden Wehrdienstes nicht nach Syrien zurückkehren. Befragt, ob es Hinweise gebe, dass er den Militärdienst ableisten müsste, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass er im Jahr 2002 geboren worden sei. Die Fragen, ob jemand in seinem Familien-, Verwandten-, Bekannten- oder Freundeskreis bisher im Bürgerkrieg gekämpft habe oder ob er je freiwillig an Kampfhandlungen teilgenommen habe bzw. ob er jemals Kontakt oder Probleme mit bewaffneten Gruppierungen gehabt habe, wurden von der beschwerdeführenden Partei verneint. Er stehe keiner politischen Ideologie nahe und habe sich in keinem anderen Land politisch betätigt. Die Frage, ob er sich in einem anderen Land je politisch betätigt habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Nachgefragt, ob er sich in Syrien oder in einem anderen Land je politisch geäußert oder seine politische Einstellung bzw. Meinung öffentlich kundgetan habe, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass er an ein paar Tagen an Demonstrationen teilgenommen habe, was bereits lange Zeit zurückliege. Die weiteren Fragen, ob er in Syrien jemals wegen seiner Religion, Volksgruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt worden sei oder in Syrien bzw. einem anderen Land vorbestraft sei bzw. im Heimatland Strafrechtsdelikte begangen habe, wurden von der beschwerdeführenden Partei verneint. Er sei in Syrien auch nie festgenommen oder verhaftet worden, werde jedoch wegen des Militärdienstes gesucht.

Zum Fluchtgrund befragt, führte die beschwerdeführende Partei an, dass sie aus Syrien wegen des Krieges geflohen seien, da die Regierung die Kontrolle über das Dorf sowie das gesamte Gebiet übernommen habe. In weiterer Folge seien sie nach Idlib geflohen und hätten in einem Flüchtlingslager gelebt, wo das Leben schwierig gewesen sei und sie deshalb in die Türkei weitergereist seien. Auf Aufforderung, nähere Informationen über den Tag im Jahr 2013 zu erzählen, als er seinen Heimatort XXXX verlassen habe müssen, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass es an diesem Tag Kämpfe zwischen der Freien Syrischen Armee und der syrischen Armee gegeben habe. Die Lage sei gefährlich gewesen und alle Dorfbewohner seien zur Flucht gezwungen worden. Zum Vorhalt, ob es ein einschneidendes Erlebnis gegeben habe, das ihn und seine Familie gezwungen habe, das Camp zu verlassen bzw. was der genaue Grund gewesen sei, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass die Lage insgesamt schlecht gewesen sei und sie kein Geld oder Unterstützung gehabt hätten. Auf weiteren Vorhalt, wieso er heute zum ersten Mal angegeben habe, drei Jahre in der Türkei verbracht zu haben, und befragt, wieso er diesen Grund nicht bereits bei der Erstbefragung angegeben habe, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass er Schmerzen und Angst gehabt habe. Er habe die Türkei verlassen, da sie wie Hunde behandelt worden seien und er 18 Stunden gearbeitet habe, ohne Geld bezogen zu haben. Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat würde er gezwungen werden, zum Militärdienst zu gehen, bzw. würde er gezwungen werden, mitzukämpfen. Auf weiteren Vorhalt, dass er in der Erstbefragung laut Protokoll nur Armut zu befürchten hätte, erwiderte die beschwerdeführende Partei, dass er dieses Vorbringen nur auf Idlib bezogen habe. Die Frage, ob er in Syrien je von irgendjemandem verfolgt worden sei, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. In der Türkei hätten gegen ihn Übergriffe stattgefunden, in Syrien jedoch nicht. Er sei nach der Arbeit oftmals grundlos angegriffen worden. Auf die Frage, ob es gegen ihn konkrete, ihn individuell betreffende Rekrutierungsversuche durch die syrische Armee oder die Freie Syrische Armee gegeben habe, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass es seitens der Freien Syrischen Armee keine Rekrutierungsversuche gegeben habe, da man bei der Freien Syrischen die Wahl gehabt habe, mitzukämpfen oder nicht mitzukämpfen. Die Frage, ob auf ihn jemand zugekommen sei, der ihn zum Kampf aufgefordert habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Auf Vorhalt, dass er zum Zeitpunkt, als er das wehrfähige Alter erreicht habe, bereits in der Türkei gewesen sei und an seinem letzten Aufenthaltsort in Syrien in Idlib das syrische Regime keinen Einfluss gehabt habe, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass er nunmehr nicht mehr zurückkehren könne. Seit 2013 habe er überhaupt keinen Behördenkontakt gehabt. Nachgefragt, wieso seine Brüder im wehrdienstfähigen Alter und im Regierungsgebiet weiterhin in Idlib leben könnten, während er und seine Familie ausreisen hätten müssen, gab die beschwerdeführende Partei zu Protokoll, dass es ihnen schlecht gehe, diese jedoch nicht ausreisen könnten. Zum Fluchtgrund befragt, führte die beschwerdeführende Partei an, dass sie aus Syrien wegen des Krieges geflohen seien, da die Regierung die Kontrolle über das Dorf sowie das gesamte Gebiet übernommen habe. In weiterer Folge seien sie nach Idlib geflohen und hätten in einem Flüchtlingslager gelebt, wo das Leben schwierig gewesen sei und sie deshalb in die Türkei weitergereist seien. Auf Aufforderung, nähere Informationen über den Tag im Jahr 2013 zu erzählen, als er seinen Heimatort römisch 40 verlassen habe müssen, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass es an diesem Tag Kämpfe zwischen der Freien Syrischen Armee und der syrischen Armee gegeben habe. Die Lage sei gefährlich gewesen und alle Dorfbewohner seien zur Flucht gezwungen worden. Zum Vorhalt, ob es ein einschneidendes Erlebnis gegeben habe, das ihn und seine Familie gezwungen habe, das Camp zu verlassen bzw. was der genaue Grund gewesen sei, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass die Lage insgesamt schlecht gewesen sei und sie kein Geld oder Unterstützung gehabt hätten. Auf weiteren Vorhalt, wieso er heute zum ersten Mal angegeben habe, drei Jahre in der Türkei verbracht zu haben, und befragt, wieso er diesen Grund nicht bereits bei der Erstbefragung angegeben habe, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass er Schmerzen und Angst gehabt habe. Er habe die Türkei verlassen, da sie wie Hunde behandelt worden seien und er 18 Stunden gearbeitet habe, ohne Geld bezogen zu haben. Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat würde er gezwungen werden, zum Militärdienst zu gehen, bzw. würde er gezwungen werden, mitzukämpfen. Auf weiteren Vorhalt, dass er in der Erstbefragung laut Protokoll nur Armut zu befürchten hätte, erwiderte die beschwerdeführende Partei, dass er dieses Vorbringen nur auf Idlib bezogen habe. Die Frage, ob er in Syrien je von irgendjemandem verfolgt worden sei, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. In der Türkei hätten gegen ihn Übergriffe stattgefunden, in Syrien jedoch nicht. Er sei nach der Arbeit oftmals grundlos angegriffen worden. Auf die Frage, ob es gegen ihn konkrete, ihn individuell betreffende Rekrutierungsversuche durch die syrische Armee oder die Freie Syrische Armee gegeben habe, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass es seitens der Freien Syrischen Armee keine Rekrutierungsversuche gegeben habe, da man bei der Freien Syrischen die Wahl gehabt habe, mitzukämpfen oder nicht mitzukämpfen. Die Frage, ob auf ihn jemand zugekommen sei, der ihn zum Kampf aufgefordert habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Auf Vorhalt, dass er zum Zeitpunkt, als er das wehrfähige Alter erreicht habe, bereits in der Türkei gewesen sei und an seinem letzten Aufenthaltsort in Syrien in Idlib das syrische Regime keinen Einfluss gehabt habe, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass er nunmehr nicht mehr zurückkehren könne. Seit 2013 habe er überhaupt keinen Behördenkontakt gehabt. Nachgefragt, wieso seine Brüder im wehrdienstfähigen Alter und im Regierungsgebiet weiterhin in Idlib leben könnten, während er und seine Familie ausreisen hätten müssen, gab die beschwerdeführende Partei zu Protokoll, dass es ihnen schlecht gehe, diese jedoch nicht ausreisen könnten.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurde von der beschwerdeführenden Partei die Kopie eines Auszuges aus dem Personenstandsregisters in Vorlage gebracht.

3. Mit Bescheid des BFA vom 29.12.2023, Zl. 1325849307/222994042, wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 23.9.2022 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde der beschwerdeführenden Partei für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 3. Mit Bescheid des BFA vom 29.12.2023, Zl. 1325849307/222994042, wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 23.9.2022 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde der beschwerdeführenden Partei für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend wurde ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei nicht politisch tätig gewesen sei, nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung gewesen sei oder sonst in das Blickfeld der syrischen Regierung geraten wäre, ergebe sich aus seinen eigenen Aussagen während seiner Einvernahme. Er habe diesbezüglich nur vage angegeben, an einigen Demonstrationen teilgenommen zu haben, was aber sehr lang her sei. Dass er wegen der Ausreise aus Syrien oder seiner Herkunft von den syrischen Behörden als Regimegegner angesehen werden würde, sei nicht anzunehmen, da sich keine konkreten Hinweise darauf ergeben hätten, dass gerade ihm eine feindliche politische Gesinnung unterstellt worden sei. Die Feststellung, dass er das Vorliegen jeglicher möglicher Fluchtgründe, welche in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführt seien, ausdrücklich verneint habe, ergebe sich aus der niederschriftlichen Einvernahme. Die beschwerdeführende Partei habe keine gezielte Verfolgung seiner Person vorgebracht. In der Gesamtbetrachtung dieser Umstände hätten sich die Feststellungen ergeben, dass er kein gegen ihn gerichtetes Bedrohungs- oder Verfolgungsszenario vorgebracht habe.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und führte darin aus, dass das BFA bei der Einvernahme der beschwerdeführenden Partei nicht ausreichend nachgefragt habe. Im gegenständlichen Bescheid habe sich die Behörde nicht mit dem Umstand befasst, dass der beschwerdeführenden Partei Verfolgung drohe, weil er im Ausland einen Asylantrag gestellt habe sowie weil er illegal aus Syrien ausgereist sei. Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen seien unvollständig und teilweise unrichtig. Sie würden zwar allgemeine Aussagen über Syrien enthalten, sich jedoch kaum mit dem konkreten Fluchtvorbringen der beschwerdeführenden Partei befassen und dadurch als Begründung zur Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz unzureichend sein. Die belangte Behörde habe es gänzlich unterlassen, sich mit den Folgen einer tatsächlichen Aufnahme in das syrische Heer und den damit verbundenen Risiken für die beschwerdeführende Partei auseinanderzusetzen. Die Beweiswürdigung setze sich zu weiten Teilen aus inhaltsleeren Textbausteinen zusammen, die sich nur unzureichend mit dem individuellen Vorbringen der beschwerdeführenden Partei auseinandersetzen würden. Die belangte Behörde habe das Verfahren nach mangelhaftem Ermittlungsverfahren auch mit einer mangelhaften Beweiswürdigung und Begründung belastet. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.4. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. und führte darin aus, dass das BFA bei der Einvernahme der beschwerdeführenden Partei nicht ausreichend nachgefragt habe. Im gegenständlichen Bescheid habe sich die Behörde nicht mit dem Umstand befasst, dass der beschwerdeführenden Partei Verfolgung drohe, weil er im Ausland einen Asylantrag gestellt habe sowie weil er illegal aus Syrien ausgereist sei. Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen seien unvollständig und teilweise unrichtig. Sie würden zwar allgemeine Aussagen über Syrien enthalten, sich jedoch kaum mit dem konkreten Fluchtvorbringen der beschwerdeführenden Partei befassen und dadurch als Begründung zur Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz unzureichend sein. Die belangte Behörde habe es gänzlich unterlassen, sich mit den Folgen einer tatsächlichen Aufnahme in das syrische Heer und den damit verbundenen Risiken für die beschwerdeführende Partei auseinanderzusetzen. Die Beweiswürdigung setze sich zu weiten Teilen aus inhaltsleeren Textbausteinen zusammen, die sich nur unzureichend mit dem individuellen Vorbringen der beschwerdeführenden Partei auseinandersetzen würden. Die belangte Behörde habe das Verfahren nach mangelhaftem Ermittlungsverfahren auch mit einer mangelhaften Beweiswürdigung und Begründung belastet. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person der beschwerdeführenden Partei

Die beschwerdeführende Partei ist syrischer Staatsbürger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zum sunnitisch-islamischen Glauben. Die Identität der beschwerdeführenden Partei steht nicht fest. Er stammt aus XXXX in der Provinz Hama und verließ im Jahr 2013 seinen Heimatort in die Provinz Idlib. Im August 2022 verließ er Syrien in Richtung Europa. Er hat in Syrien zwei Jahre die Grundschule besucht und war in Syrien in der Viehzucht tätig. Die beschwerdeführende Partei ist syrischer Staatsbürger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zum sunnitisch-islamischen Glauben. Die Identität der beschwerdeführenden Partei steht nicht fest. Er stammt aus römisch 40 in der Provinz Hama und verließ im Jahr 2013 seinen Heimatort in die Provinz Idlib. Im August 2022 verließ er Syrien in Richtung Europa. Er hat in Syrien zwei Jahre die Grundschule besucht und war in Syrien in der Viehzucht tätig.

Die beschwerdeführende Partei ist ledig und hat keine Kinder. Die Eltern, zwei Brüder und sieben Schwestern der beschwerdeführenden Partei sind aktuell alle in der Türkei wohnhaft und verdienen ihren Lebensunterhalt durch Einkünfte aus einem Transportunternehmen. Zwei Brüder der beschwerdeführenden Partei halten sich nach wie vor in der Provinz Idlib auf. Die beschwerdeführende Partei steht mit seinen Familienangehörigen in regelmäßigem Kontakt.

Die beschwerdeführende Partei stellte am 23.9.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Aufgrund dieses Antrages wurde ihm mit Bescheid vom 29.12.2023 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

1.2 Zum Fluchtgrund der beschwerdeführenden Partei

Der beschwerdeführenden Partei droht in seiner Herkunftsregion Hama, in concreto in XXXX nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine reale Gefahr, als Grundwehrdiener zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen zu werden. Folglich wird auch die konkrete Gefährdung nicht festgestellt, dass der beschwerdeführenden Partei durch das syrische Regime wegen einer Militärdienstverweigerung eine gegenüber dem Regime eingenommene kritische Haltung oder zumindest eine oppositionsnahe Einstellung bzw. Gesinnung unterstellt werden könnte.Der beschwerdeführenden Partei droht in seiner Herkunftsregion Hama, in concreto in römisch 40 nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine reale Gefahr, als Grundwehrdiener zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen zu werden. Folglich wird auch die konkrete Gefährdung nicht festgestellt, dass der beschwerdeführenden Partei durch das syrische Regime wegen einer Militärdienstverweigerung eine gegenüber dem Regime eingenommene kritische Haltung oder zumindest eine oppositionsnahe Einstellung bzw. Gesinnung unterstellt werden könnte.

Die beschwerdeführende Partei verbrachte vor seiner Ausreise aus Syrien zuletzt fast ein Jahrzehnt im Gouvernement Idlib nahe der türkischen Grenze. Dieses Gebiet stand und steht unter der Kontrolle der HTS. Eine Zwangsrekrutierung oder andere Bedrohung der beschwerdeführenden Partei besteht dort nicht. Als Ausreisegrund wurde die wirtschaftliche Lage in Idlib angegeben.

Das Heimatdorf der beschwerdeführenden Partei in der Provinz Hama befindet sich derzeit unter der Kontrolle der syrischen Regierung.

Die beschwerdeführende Partei wurde in Syrien keiner Musterung zur Überprüfung seiner Tauglichkeit für den Militärdienst unterzogen und erhielt vor seiner Ausreise aus Syrien kein Militärbuch und keinen Einberufungsbefehl.

Der beschwerdeführenden Partei droht im Falle einer Rückkehr nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Zwangsrekrutierung durch syrische Streitkräfte oder oppositionelle Milizen.

Die beschwerdeführende Partei konnte nicht glaubhaft machen, dass er in Syrien einer individuellen, konkreten Verfolgungshandlung oder Bedrohung ausgesetzt war und droht ihm auch bei einer Rückkehr nach Syrien individuell und konkret keine Lebensgefahr bzw. kein Eingriff in seine körperliche Integrität durch syrische Streitkräfte oder oppositionelle Milizen.

Die beschwerdeführende Partei wurde nicht vom syrischen Staat (bzw. dessen Behörden) oder anderen Gruppierungen für den Dienst im Militär oder sonst als Kämpfer angeworben noch wurden sonstige Rekrutierungshandlungen von diesen Stellen in diesem Zusammenhang gesetzt. Die beschwerdeführende Partei war in Syrien nicht politisch tätig und war nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung.

Ihm droht bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien nicht wegen seiner illegalen Ausreise, der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich oder der Teilnahme an Demonstrationen ein asylrelevanter Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Politische Lage

Letzte Änderung 2023-07-10 12:22

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 % des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023).

Interne Akteure haben das Kernmerkmal eines Staates - sein Gewaltmonopol - infrage gestellt und ausgehöhlt. Externe Akteure, die Gebiete besetzen, wie die Türkei in den kurdischen Gebieten, oder sich in innere Angelegenheiten einmischen, wie Russland und Iran, sorgen für Unzufriedenheit bei den Bürgern vor Ort (BS 23.2.2022). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten ist die zivile Politik im Allgemeinen den lokal dominierenden bewaffneten Gruppen untergeordnet, darunter die militante islamistische Gruppe Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) und mit dem türkischen Militär verbündete Kräfte (FH 9.3.2023). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg, der nun in sein zwölftes Jahr geht, hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vgl. AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).

Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023).Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023).

SYRISCHE ARABISCHE REPUBLIK

Letzte Änderung 2023-07-10 12:56

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v.a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 29.3.2023).

Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).

Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch e

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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