TE Bvwg Erkenntnis 2024/2/21 W184 2254480-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.2024
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Entscheidungsdatum

21.02.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W184 2269330-2/3E

W184 2254481-2/3E

W184 2254478-2/3E

W184 2254479-2/3E

W184 2254480-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von (1) XXXX , geb. XXXX alias XXXX , (2) XXXX alias XXXX geb. XXXX , (3) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX alias XXXX , (4) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX alias XXXX , (5) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX alias XXXX , alle StA. Syrien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2023, Zlen. (1) 1315105600/222176021 (2) 1286068610/211443547, (3) 1286068708/211443571, (4) 1286134400/211443563, (5) 1286068806/211443555, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von (1) römisch 40 , geb. römisch 40 alias römisch 40 , (2) römisch 40 alias römisch 40 geb. römisch 40 , (3) römisch 40 , geb. römisch 40 , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter römisch 40 alias römisch 40 , (4) römisch 40 , geb. römisch 40 , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter römisch 40 alias römisch 40 , (5) römisch 40 , geb. römisch 40 , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter römisch 40 alias römisch 40 , alle StA. Syrien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2023, Zlen. (1) 1315105600/222176021 (2) 1286068610/211443547, (3) 1286068708/211443571, (4) 1286134400/211443563, (5) 1286068806/211443555, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden zu den Spruchpunkten I. der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerden zu den Spruchpunkten römisch eins. der angefochtenen Bescheide werden gemäß Paragraph 3, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar und die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sind deren gemeinsame Kinder. Sie sind Staatsangehörige Syriens und die Zweitbeschwerdeführerin brachte nach der Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 1.10.2021 für sich und ihre Kinder jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Der Erstbeschwerdeführer stellte in weiterer Folge am 12.7.2022 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Erstbeschwerdeführer führte bei der Erstbefragung am 13.7.2022 aus, dass er aus Raqqa stamme und der Volksgruppe der Araber sowie der Religion des Islam angehöre. Er habe acht Jahre die Grundschule besucht und keine Berufsausbildung absolviert. Vor seiner Ausreise aus Syrien sei er als Schweißer und Taxifahrer tätig gewesen.

Im Rahmen der Erstbefragung wurden vom Erstbeschwerdeführer eine ID-Karte sowie ein Militärbuch in Vorlage gebracht.

Zum Fluchtgrund befragt, brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er im Jahr 2014 für den Reservedienst einberufen worden sei, diese Einberufung jedoch nicht befolgt habe. Überdies habe er im Jahr 2012 an Demonstrationen teilgenommen. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst vor den syrischen Behörden.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.11.2023 gab der Erstbeschwerdeführer zu Protokoll, dass er in ar-Raqqa Stadt geboren worden sei und der Volksgruppe der Araber sowie der Religion der Sunniten angehöre. Er sei in ar-Raqqa aufgewachsen und habe bis zu seiner Ausreise dort gelebt. Befragt, welche Gruppierung im Zeitpunkt seines Verlassens die Kontrolle über seinen Wohnort gehabt habe, entgegnete der Erstbeschwerdeführer, dass die Kurden die Kontrolle über sein Heimatgebiet gehabt hätten und nunmehr auch die Kontrolle ausüben würden. Seine Ehefrau und seine drei Kinder seien ebenfalls mit ihm nach Österreich gekommen. Am 1.7.2022 habe er sich entschlossen, sein Heimatland endgültig zu verlassen. Auf Vorhalt, dass im Erstbefragungsprotokoll niedergeschrieben worden sei, dass er sich schon Anfang 2022 dazu entschlossen habe, replizierte der Erstbeschwerdeführer, dass er sich nicht genau daran erinnern könne, er habe sich jedenfalls nach dem Verlassen seiner Familie ebenfalls dazu entschlossen, das Land zu verlassen. Auf Nachfrage, wieso er Syrien erst nach der Ausreise seiner Ehefrau und seiner Kinder verlassen habe, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass die Kurden bereits Kinder im Alter von 14 Jahren rekrutieren würden und er aus Angst um seine Kinder diese ins Ausland geschickt habe. Er habe es sich aber selbst nicht leisten können, seine Familie zu begleiten. In der Türkei sei er insgesamt nur für vier Tage auf Durchreise gewesen. Die Frage, ob er seit seiner Ausreise im Juli 2022 wieder nach Syrien gereist sei, wurde vom Erstbeschwerdeführer verneint.

Zu seinen persönlichen Umständen befragt, führte der Erstbeschwerdeführer an, dass er 10 Jahre die Grundschule besucht habe und Metallarbeiter bzw. Schlosser gewesen sei und auch als Taxifahrer gearbeitet habe. Seine Eltern und zwei Brüder seien bereits verstorben. Seine fünf Schwestern seien nach wie vor im Herkunftsstaat wohnhaft, ein Bruder wohne in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass er in Syrien mehrmals Demonstrationen organisiert und auch Plakate besorgt habe, weshalb er seitens der Regierung gesucht werde. Sein zweiter Ausreisegrund sei, dass er verhindern habe wollen, dass die Kurden seine Kinder rekrutieren. Im Falle einer Rückkehr könnte er sowohl von den Kurden als auch von der syrischen Regierung inhaftiert werden. Zum Vorhalt, weshalb er Syrien erst im Juli 2022 verlassen habe, obwohl er zwischen 2011 und 2013 Demonstrationen organisiert habe und deshalb verfolgt worden sei, entgegnete der Erstbeschwerdeführer, dass es bei ihnen seit Mai 2013 keine Regierung mehr gegeben habe. Auf die Frage, was der konkrete Anlass für die Ausreise gewesen sei, brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er ein Schriftstück erhalten habe, wonach er offiziell von der Regierung gesucht werde. Nachgefragt, wann und von wem er dieses Schriftstück erhalten habe, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er das Schriftstück ungefähr eine Woche vor seiner Ausreise erhalten habe, da ihm ein Anwalt das Schriftstück übergeben habe. Eine Kopie davon habe er über WhatsApp erhalten. Auf Vorhalt, dass dieser Auszug somit in seinem Auftrag ausgestellt worden sei, replizierte der Erstbeschwerdeführer, dass er den Anwalt ersucht habe, eine Anfrage für ihn zu erstellen, was im Juni 2022 gewesen sei. Auf Nachfrage, was der Grund gewesen sei, dass er einen Anwalt dafür beauftragt habe, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass er die Regimegebiete betreten habe wollen und gedacht habe, dass er zuerst eine Anfrage stellen müsse. Er habe sich nach Aleppo begeben wollen, um dort zu arbeiten. Die Frage, ob er in Aleppo eine konkrete Arbeitsstelle in Aussicht gehabt habe, wurde vom Erstbeschwerdeführer verneint. Er habe sich dort eine Arbeit suchen wollen. Befragt, wieso er gerade dort eine Arbeitsstelle gesucht habe, replizierte der Erstbeschwerdeführer, dass er Waren und Material in Aleppo kaufen und in Ar-Raqqa bearbeiten habe wollen. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien würde er inhaftiert werden, da man nur über den Flughafen in Aleppo oder Damaskus zurückkehren könne und dort die syrische Regierung die Kontrolle habe. Die Fragen, ob er in seiner Heimat oder einem anderen Land vorbestraft gewesen sei, im Herkunftsstaat Strafdelikte begangen habe bzw. von den Behörden festgenommen oder verhaftet worden sei, wurden verneint. Auf die Frage, ob er in der Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht worden sei, replizierte der Erstbeschwerdeführer, dass er vom Regime gesucht werde, da er Demonstrationen organisiert habe, in welchen zum Sturz der Regierung aufgerufen worden sei. Die Kurden würden sich bei seinen Schwestern nach seinen Kindern erkundigen. Er wisse jedoch nicht, ob er selbst von den Kurden gesucht werde. Die weiteren Fragen, ob er in seiner Heimat jemals festgenommen worden sei, jemals Probleme mit den Behörden gehabt habe oder an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen habe, wurden vom Erstbeschwerdeführer allesamt verneint. Er habe in der Heimat den Grundwehrdienst bereits von 1995 bis 1997 als einfacher Soldat im Bereich Wachdienst absolviert. Die Frage, ob ihm ein Dienstgrad verliehen worden sei, wurde vom Erstbeschwerdeführer verneint. Seine Einberufung zum Reservemilitärdienst sei auch im Strafregister vermerkt worden. Die Frage, ob eine Einberufung zur Ableistung des Reservemilitärdienstes erfolgt sei, wurde vom Erstbeschwerdeführer verneint und ausgeführt, dass das Regime in seinem Heimatgebiet keine Kontrolle gehabt habe, weshalb ihm kein Einberufungsbefehl zugestellt werden habe können. Im Strafregister sei jedoch vermerkt, dass er deshalb verurteilt worden sei. Auf Vorhalt, dass die Behörden vornehmlich Männer bis 27 Jahre zur Ableistung des Reservemilitärdienstes einziehen würden, bzw. befragt, wieso er davon ausgehe, dass man gerade ihn zur Ableistung des Reservemilitärdienstes heranziehen wolle, erwiderte der Erstbeschwerdeführer, dass die Regeln nicht genau eingehalten werden würden, da man vor wenigen Tagen auch seinen Neffen eingezogen habe, der bereits 43 Jahre sei. Befragt, wie es ihm gelungen sei, sich dem Reservemilitärdienst zu entziehen, führte der Erstbeschwerdeführer an, dass er außerhalb des Regimegebietes gelebt habe, wo die Regierung keinen Zugriff habe. Nach dem Betreten des Regierungsgebietes habe er eine Anfrage gestellt. Auf Vorhalt, dass die Regierung zum Zeitpunkt seiner Ausreise über ar-Raqqa gar keine Kontrolle gehabt habe und er somit nicht in Gefahr gewesen wäre, replizierte der Erstbeschwerdeführer, dass er nicht genau wisse, wann das Gebiet von der Regierung erobert werde, die Regierung könnte das Gebiet jedenfalls jederzeit erobern. Zur Frage, ob er nicht bereits davon ausgehen habe können, dass ihn das Regime suche, als er die Demonstrationen organisiert habe, und auf die Frage, weshalb er erst 2022 ausgereist sei, führte der Erstbeschwerdeführer an, dass sie sich vom Regime befreien wollen. Es habe Personen gegeben, die sich für ihn geopfert hätten. Wenn er Geld gehabt hätte, wäre er bereits früher ausgereist. Der Vorhalt, dass er beispielsweise bereits im Jahr 2016 ausreisen hätte können, da zu diesem Zeitpunkt auch das Regime keine Kontrolle mehr über ar-Raqqa gehabt habe und er genauso gesucht wäre, bzw. ob er angeben könne, dass der Grund für die späte Ausreise ein finanzieller sei, wurde vom Erstbeschwerdeführer bestätigt. Die Frage, ob jemals etwaige Vertreter von Behörden, des Militärs oder sonstiger Einrichtungen bei ihm zu Hause gewesen seien, um ihn zu suchen oder zu rekrutieren, wurde vom Erstbeschwerdeführer verneint. Sein Sohn sei aktuell 14 Jahre, seine Tochter 15 Jahre. Auf die Frage, wieso er die Einberufung seines Sohnes befürchte, obwohl dieser noch minderjährig sei, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass Jugendliche bereits im Alter von 14 oder 15 rekrutiert werden würden. Es gebe Vorbereitungen und in weiterer Folge würden diese eingezogen werden. Auf Nachfrage, wie man eine Demonstration organisiere, bzw. befragt, welche Schritte dafür notwendig seien, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass man zuerst die Informationen verteile und einen Aufruf mache, dass an einem bestimmten Tag und zu einer bestimmten Zeit sowie Ort eine Demonstration stattfinde. Zudem bereite man Plakate vor und nach dem Gebet beginne die Demonstration. Über Facebook oder über WhatsApp-Gruppen habe er die Informationen über die Demonstrationen verbreitet. Auf Vorhalt, dass er angegeben habe, Demonstrationen organisiert zu haben, und auf die Frage, was ihn von einem regulären Demonstrationsteilnehmer unterscheide, der ein Plakat halte, replizierte der Erstbeschwerdeführer, dass er die Demonstrationen selbst organisiert und die Plakate vorbereitet habe. Er habe diese zudem auch ausgedruckt und an die Demonstranten verteilt. Es gebe keine konkreten Kriterien für die Auswahl der genauen Zeit oder des genauen Ortes der Demonstrationen. Die Frage, ob er Mitglied einer politischen Gruppierung oder Organisation gewesen sei, wurde vom Erstbeschwerdeführer verneint. An den Demonstrationen hätten ungefähr 5.000 oder 6.000 Personen teilgenommen. Nachgefragt, wie er so viele Personen für die Teilnahme an den Demonstrationen mobilisieren habe können, brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er nicht allein gewesen sei, sondern die Organisationen mit 10 anderen Personen vorgenommen habe. Ursprünglich hätten die Demonstrationen mit 100 Personen begonnen und sie hätten nach und nach immer mehr Menschen zur Teilnahme bewegen können. Nachgefragt, welche Aufgaben er gehabt habe, replizierte der Erstbeschwerdeführer, dass er zuständig gewesen sei, Plakate zu organisieren und zu verteilen. Es habe im Zuge der Organisation der Demos keine Hierarchie gegeben und alle hätten sich gegenseitig beraten und diskutiert. Auf Aufforderung, ein Beispiel für eine Diskussion zu nennen, führte der Erstbeschwerdeführer an, dass sie über den Sturz der aktuellen Regierung geschrieben hätten und sich alle in Bezug auf diesen Themenkomplex einig gewesen seien. Die Frage, ob er Beweismittel für die Organisation und die Demonstrationen in Syrien vorlegen könne, wurde vom Erstbeschwerdeführer verneint und ausgeführt, dass alle seine Fotos bzw. sein Mobiltelefon im Zuge einer Bombardierung seines Hauses zerstört worden seien. Zum Vorhalt, ob er nicht einen Facebook-Account habe, auf dem nach wie vor Fotos über die Demonstrationen aufscheinen würden, entgegnete der Erstbeschwerdeführer, dass es einen Facebook-Account gegeben habe, auf den er jedoch keinen Zugriff habe. Es gebe auf einem Facebook-Account zwar zahlreiche Fotos, jedoch keine, auf denen er selbst abgebildet sei, da er für den Facebook-Account nicht zuständig gewesen sei. Befragt, ob er noch Kontakt zu den Leuten habe, die mit ihm die Demonstrationen organisiert hätten, führte der Erstbeschwerdeführer an, dass ein Großteil dieser Personen bereits ums Leben gekommen seien und nur noch zwei Personen davon am Leben seien, wobei er jedoch nicht wisse, wo sich diese befinden würden. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien würde er dort inhaftiert und bestraft werden. Im kurdischen Gebiet würde er ebenfalls bestraft werden, da er seine Familie ins Ausland geschickt habe.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden zwei Fotos des Erstbeschwerdeführers übermittelt, die diesen im Zuge von Demonstrationen in Wien zeigen.

In einer Stellungnahme wurde vom bevollmächtigten Vertreter ausgeführt, dass der Erstbeschwerdeführer aus einem von der Opposition kontrollierten Gebiet stamme und es ihm nicht möglich sei, seine Heimatregion zu erreichen, ohne in Kontakt mit dem syrischen Regime zu kommen. Zudem wurden zwei Empfehlungsschreiben der Gemeinde XXXX vom 14.8.2023 und ein Strafregisterauszug im Original sowie in deutscher Übersetzung und eine Bestätigung des Österreich-Koordinationsrates zur Unterstützung der Syrischen Revolution vom 14.10.2023 vorgelegt, wonach der Erstbeschwerdeführer ein Mitglied des Vereins sei und an Projekten ehrenamtlich mitgewirkt habe. In einer Stellungnahme wurde vom bevollmächtigten Vertreter ausgeführt, dass der Erstbeschwerdeführer aus einem von der Opposition kontrollierten Gebiet stamme und es ihm nicht möglich sei, seine Heimatregion zu erreichen, ohne in Kontakt mit dem syrischen Regime zu kommen. Zudem wurden zwei Empfehlungsschreiben der Gemeinde römisch 40 vom 14.8.2023 und ein Strafregisterauszug im Original sowie in deutscher Übersetzung und eine Bestätigung des Österreich-Koordinationsrates zur Unterstützung der Syrischen Revolution vom 14.10.2023 vorgelegt, wonach der Erstbeschwerdeführer ein Mitglied des Vereins sei und an Projekten ehrenamtlich mitgewirkt habe.

Bei der Erstbefragung am 2.10.2021 gab die Zweitbeschwerdeführerin an, sie sei in Raqqa geboren und habe sechs Jahre die Grundschule besucht. Sie gehöre der Volksgruppe der Araber und der Religion des sunnitischen Islam an. Vor ihrer Ausreise sei sie Hausfrau gewesen.

Zum Fluchtgrund befragt, führte die Zweitbeschwerdeführerin an, dass es in Syrien keine Sicherheit und Ordnung gebe und ihre Kinder keine Zukunft hätten. Sie wisse nicht, was sie im Falle einer Rückkehr im Herkunftsstaat erwarten würde.

Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 7.12.2021 führte die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie eine Tochter und zwei Söhne habe. Ihr Ehemann sei noch in Syrien wohnhaft, da er dort bekannt sei und Aufträge erhalte. Sie stamme aus ar-Raqqa und habe aktuell keinen Kontakt zu in Syrien wohnhaften Verwandten, da alle Syrien bereits verlassen hätten. Ihre Eltern und Geschwister würden in der Türkei leben und die Zweitbeschwerdeführerin stehe mit diesen wöchentlich per WhatsApp in Kontakt. Sie gehöre der Volksgruppe der Araber und der Religion der Sunniten an. Zu ihren persönlichen Umständen befragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie sechseinhalb Jahre die Grundschule besucht habe und dann Hausfrau gewesen sei. Sie habe ihren Lebensunterhalt durch Einkünfte ihres Ehemannes finanziert. Ihrer Familie gehe es aktuell mittelmäßig, da diese die Miete zahlen müssten, jedoch keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen würden.

Die Fragen, ob sie vorbestraft sei, im Heimatland inhaftiert gewesen sei oder Probleme mit den Behörden gehabt habe bzw. ob gegen sie aktuell staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl oder eine Strafanzeige bestehen würden, wurden von der Zweitbeschwerdeführerin verneint. Sie sei nicht politisch tätig gewesen und habe im Herkunftsstaat aufgrund ihres Religionsbekenntnisses bzw. ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder mit Privatpersonen keine Probleme gehabt und an keinen bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen.

Zum Fluchtgrund befragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie das Land verlassen habe, weil sie sich Sorgen um ihre Kinder gemacht habe, da Syrien kein sicheres Land sei. Ihre Kinder könnten entführt werden, da diese nicht zur Schule gehen können, weshalb sie diese immer zu Hause gelassen habe. Ihr Heimatort sei von Kurden besetzt und zuvor sei es der IS sowie die Freie Syrische Armee gewesen. Die Fragen, ob sie in Syrien jemals von Regierungsseite oder von oppositionellen Gruppierungen bedroht oder verfolgt worden seien, wurden von der Zweitbeschwerdeführerin verneint. Ihren Kindern sei zum Glück ebenfalls nichts zugestoßen, da sie immer die Wohnung gewechselt habe, sobald etwas passiert sei. Sie seien dann immer an einen sicheren Ort gezogen. Die Frage, ob irgendjemandem aus ihrer Familie etwas zugestoßen sei, wurde von der Zweitbeschwerdeführerin verneint. Ein Bruder werde vom Regime bedroht bzw. habe die Aufforderung erhalten, mitzukämpfen. Überdies werde er vom Regime wegen der Desertion gesucht. Ihre Kinder hätten dieselben Fluchtgründe wie sie selbst. Im Falle einer Rückkehr wisse sie nicht, was passieren könnte, da man das Regime nicht einschätzen könne. Sie wisse nicht genau, was im Konkreten passieren könnte.

Es wurden ein Familienbuch, ein Familienregisterauszug und ein Personalausweis der Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen der Sicherstellung herausgegeben.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde jeweils folgende Entscheidung über die gegenständlichen Anträge getroffen:

„I. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. „I. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen.

II. Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.römisch II. Dem Beschwerdeführer wird gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

III. Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wird gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für 1 Jahr erteilt.“römisch III. Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wird gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 für 1 Jahr erteilt.“

In der Begründung wurde näher ausgeführt, dass der Erstbeschwerdeführer das gesteigerte Vorbringen der vermeintlichen Organisation von Demonstrationen gegenüber der Behörde nicht einmal ansatzweise glaubhaft machen habe können. Weder habe er schildern können, wie man eine Demonstration überhaupt organisiert, noch habe er Fotos oder Beweismittel vorlegen können. Obwohl er angegeben habe, dass diese Demonstrationen über WhatsApp-Gruppen und soziale Medien organisiert und angekündigt worden seien, habe er keinerlei Hinweise liefern können, dass er tatsächlich an der Organisation von Demonstrationen beteiligt gewesen sei. Er habe im Verfahren einen Strafregisterauszug vorgelegt, bezüglich solcher Schriftstücke sei festzuhalten, dass es bekannt sei, dass in Syrien Schriftstücke mit jedwedem beliebigen Inhalt problemlos auch von einzelnen Behörden beschafft werden könnten. Der Beweiswert und die Aussagekraft solcherart vorgelegter Schriftstücke sei als äußerst gering einzustufen. Der Erstbeschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Ausreise 47 Jahre alt gewesen und der Sohn des Erstbeschwerdeführers sei aktuell 13 Jahre alt, weshalb er ebenfalls für mehrere Jahre für den Wehrdienst nicht infrage komme. Aus diesen Gründen werde davon ausgegangen, dass lediglich die allgemeine Sicherheitslage für das Verlassen seines Herkunftsstaates ausschlaggebend gewesen sei.

Gegen Spruchpunkt I. führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass es die Behörde unterlassen habe, sich mit dem Herkunfts- und Wohnort des Erstbeschwerdeführers in Syrien auseinanderzusetzen. Die Behörde habe es sichtlich verabsäumt, sich mit den Länderberichten auseinanderzusetzen. Der Erstbeschwerdeführer gehöre zweifelsfrei der Gruppe der politisch Oppositionellen an. Gegen Spruchpunkt römisch eins. führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass es die Behörde unterlassen habe, sich mit dem Herkunfts- und Wohnort des Erstbeschwerdeführers in Syrien auseinanderzusetzen. Die Behörde habe es sichtlich verabsäumt, sich mit den Länderberichten auseinanderzusetzen. Der Erstbeschwerdeführer gehöre zweifelsfrei der Gruppe der politisch Oppositionellen an.

Gegen die Spruchpunkte I. der Bescheide richten sich die vorliegenden gleichlautenden Beschwerden in Bezug auf die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer vom 27.12.2023, in welchen im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass ein Neffe des Ehemannes der Zweitbeschwerdeführerin vor ungefähr vier Monaten desertiert sei und dem Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird, weshalb auch die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr gefährdet wären. Das ergänzende Vorbringen falle nicht unter das Neuerungsverbot, da die Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall nicht erneut einvernommen worden seien. Die Familie der Beschwerdeführer sei den Behörden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bereits bekannt, da der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer aufgrund seiner Teilnahme an der Organisation von Demonstrationen in Syrien sowie der Mitgliedschaft in regimekritischen Vereinen und der Ableistung des Reservedienstes nachweislich gesucht und als oppositionell wahrgenommen werde. Zudem seien der Schwager/Onkel in Österreich asylberechtigt, und der Neffe des Ehemannes des Erstbeschwerdeführers sei zwangsrekrutiert worden. Bei einer Rückkehr würden an der Grenze laut aktuellem Länderinformationsblatt Befragungen bzw. Verhöre stattfinden. Der belangten Behörde sei vorzuwerfen, das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht unter ausreichender Berücksichtigung fallbezogener, aktueller Länderberichte zu Syrien gewürdigt zu haben. Die belangte Behörde habe es zudem unterlassen, sich mit den eigenen Länderberichten auseinanderzusetzen. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien bestehe für die Beschwerdeführer schon deswegen eine asylrelevante Verfolgungsgefahr im gesamten Staatsgebiet, weil sie aufgrund ihrer Eigenschaft als Familienangehörige von mehreren vom syrischen Regime als oppositionell wahrgenommenen Personen bedroht würden. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung. Gegen die Spruchpunkte römisch eins. der Bescheide richten sich die vorliegenden gleichlautenden Beschwerden in Bezug auf die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer vom 27.12.2023, in welchen im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass ein Neffe des Ehemannes der Zweitbeschwerdeführerin vor ungefähr vier Monaten desertiert sei und dem Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird, weshalb auch die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr gefährdet wären. Das ergänzende Vorbringen falle nicht unter das Neuerungsverbot, da die Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall nicht erneut einvernommen worden seien. Die Familie der Beschwerdeführer sei den Behörden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bereits bekannt, da der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer aufgrund seiner Teilnahme an der Organisation von Demonstrationen in Syrien sowie der Mitgliedschaft in regimekritischen Vereinen und der Ableistung des Reservedienstes nachweislich gesucht und als oppositionell wahrgenommen werde. Zudem seien der Schwager/Onkel in Österreich asylberechtigt, und der Neffe des Ehemannes des Erstbeschwerdeführers sei zwangsrekrutiert worden. Bei einer Rückkehr würden an der Grenze laut aktuellem Länderinformationsblatt Befragungen bzw. Verhöre stattfinden. Der belangten Behörde sei vorzuwerfen, das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht unter ausreichender Berücksichtigung fallbezogener, aktueller Länderberichte zu Syrien gewürdigt zu haben. Die belangte Behörde habe es zudem unterlassen, sich mit den eigenen Länderberichten auseinanderzusetzen. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien bestehe für die Beschwerdeführer schon deswegen eine asylrelevante Verfolgungsgefahr im gesamten Staatsgebiet, weil sie aufgrund ihrer Eigenschaft als Familienangehörige von mehreren vom syrischen Regime als oppositionell wahrgenommenen Personen bedroht würden. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zu den Personen und den Fluchtgründen der Beschwerdeführer wird festgestellt:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar, die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sind deren minderjährige Kinder, alle sind Staatsbürger Syriens und gehören der Volksgruppe der Araber sowie der islamischen Religion an. Die Beschwerdeführer sind gesund und strafrechtlich unbescholten.

Die Identität der Beschwerdeführer steht fest. Die Beschwerdeführer stammen aus XXXX , Provinz ar-Raqqa.Die Identität der Beschwerdeführer steht fest. Die Beschwerdeführer stammen aus römisch 40 , Provinz ar-Raqqa.

Aktuell befinden sich die Gouvernorate al-Hassakah und Ar-Raqqa sowie Teile von Deir Ez-Zor nördlich des Flusses Euphrat und Teile des Gouvernements Aleppo um Manbij und Kobanê sowie das Gebiet um Tal Rifa'at unter der Kontrolle der kurdisch geführten SDF [Anm.: Syrian Democratic Forces - Syrische Demokratischen Kräfte der selbsternannten Selbstverwaltungsregion, auch Autonomous Administration of North and East Syria - AANES] (Liveuamap Stand 2.12.2022).

Der Erstbeschwerdeführer hat im Herkunftsstaat 10 Jahre die Grundschule besucht und war vor seiner Ausreise aus Syrien sowohl als Metallarbeiter als auch als Schlosser und Taxifahrer tätig. Die Zweitbeschwerdeführerin hat sechseinhalb Jahre die Grundschule besucht und war im Herkunftsstaat zuletzt als Hausfrau tätig. Die Zweitbeschwerdeführerin reiste bereits am 13.9.2021 aus Syrien in die Türkei ein und begab sich am 1.10.2021 nach Österreich. Der Erstbeschwerdeführer reiste in weiterer Folge erst am 12.7.2022 in Österreich ein.

In Syrien sind nach wie vor fünf Schwestern des Erstbeschwerdeführers anwesend, die restlichen Familienmitglieder der Beschwerdeführer leben in der Türkei.

Aufgrund der Anträge auf internationalen Schutz wurde dem Erstbeschwerdeführer am 29.11.2023 sowie den Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer am 29.3.2022 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Der Erstbeschwerdeführer ist in Syrien nie Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen und wurde nicht aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt.

Der Erstbeschwerdeführer war in Syrien nie einer ihn unmittelbar betreffenden konkreten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt.

Dem Erstbeschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr nach Syrien keine unmittelbare Bedrohung oder Verfolgung aufgrund einer Organisation von oder Teilnahme an Demonstrationen.

Der 48-jährige Erstbeschwerdeführer befindet sich nicht mehr im wehrfähigen Alter und ist kein Wehrdienstverweigerer. Der Erstbeschwerdeführer hat den Militärdienst als einfacher Soldat (Rekrut) im Bereich Wachdienst von 1995 bis 1997 absolviert. Er weist keine besonderen militärischen Kenntnisse oder Qualifikationen auf, welche für die syrischen Streitkräfte oder die kurdische YPG von besonderem Interesse wären. Es ist nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der Erstbeschwerdeführer im Falle einer Rückkehr zum Militärdienst der YPG oder in der syrischen Armee eingezogen werden würde. Der Erstbeschwerdeführer ist nicht ins Blickfeld der syrischen Behörden oder kurdischen Milizen geraten und wird nicht von diesen gesucht. Der Erstbeschwerdeführer war in Syrien keinen Zwangsrekrutierungsversuchen durch die YPG ausgesetzt.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat keine eigenen Fluchtgründe und war in Syrien keiner persönlichen Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt.

Den Beschwerdeführern droht keine Reflexverfolgung aufgrund einer Desertion von Familienangehörigen.

Im Falle einer Rückkehr drohen den Beschwerdeführern keine gezielten Verfolgungshandlungen seitens des syrischen Regimes oder der kurdischen YPG aufgrund einer unterstellten politisch-oppositionellen Gesinnung wegen ihrer illegalen Ausreise, ihren Antragstellungen im Ausland bzw. ihrer Rückkehr aus Europa.

Zur Lage im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Politische Lage

Letzte Änderung 2023-07-10 12:22

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 % des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023).

Interne Akteure haben das Kernmerkmal eines Staates - sein Gewaltmonopol - infrage gestellt und ausgehöhlt. Externe Akteure, die Gebiete besetzen, wie die Türkei in den kurdischen Gebieten, oder sich in innere Angelegenheiten einmischen, wie Russland und Iran, sorgen für Unzufriedenheit bei den Bürgern vor Ort (BS 23.2.2022). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten ist die zivile Politik im Allgemeinen den lokal dominierenden bewaffneten Gruppen untergeordnet, darunter die militante islamistische Gruppe Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) und mit dem türkischen Militär verbündete Kräfte (FH 9.3.2023). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg, der nun in sein zwölftes Jahr geht, hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vgl. AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).

Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023).Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023).

SELBSTVERWALTUNGSGEBIET NORD- UND OSTSYRIEN

Letzte Änderung 2023-07-11 09:35

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Ak

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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