Entscheidungsdatum
06.08.2024Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W187 2261898-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.9.2023, 1290902107-231593829, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4.1.2024 zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.9.2023, 1290902107-231593829, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4.1.2024 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 88 FPG stattgegeben. XXXX ist ein Fremdenpass auszustellen.Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 88, FPG stattgegeben. römisch 40 ist ein Fremdenpass auszustellen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger und stellte am 7.12.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 8.12.2021 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass in Syrien Krieg herrsche und er dort seinen Militärdienst hätte leisten müssen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er, Militärdienst für die syrischen Behörden leisten zu müssen.
3. In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 11.4.2022 brachte er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er wegen dem Militärdienst geflohen sei. Er stamme aus XXXX , wo die Regierung keine Kontrolle gehabt habe. Einen schriftlichen Einberufungsbefehl habe er nicht erhalten.3. In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 11.4.2022 brachte er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er wegen dem Militärdienst geflohen sei. Er stamme aus römisch 40 , wo die Regierung keine Kontrolle gehabt habe. Einen schriftlichen Einberufungsbefehl habe er nicht erhalten.
4. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 3.10.2022 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz 2005, BGBl I 2005/100 (AsylG 2005), ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 erkannte es ihm der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsbewilligung (Spruchpunkte II. und III.).4. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 3.10.2022 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005, BGBl römisch eins 2005/100 (AsylG 2005), ab (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 erkannte es ihm der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsbewilligung (Spruchpunkte römisch II. und römisch III.).
5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides des Bundesamtes erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides des Bundesamtes erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Mit Erkenntnis vom 26.5.2023, W155 2261898-1/7E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde rechtskräftig als unbegründet ab.
6. Am 17.8.2023 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte. Am 17.8.2023 erteilte die Behörde dem Beschwerdeführer einen Verbesserungsauftrag; er möge seinem Antrag eine Bestätigung der syrischen Botschaft beilegen, dass ihm kein nationaler Reisepass ausgestellt werde.
7. Mit Schriftsatz vom 30.8.2023 brachte der Beschwerdeführer eine diesbezügliche Stellungnahme ein. Dem Beschwerdeführer sei es nicht zumutbar einen Reisepass bei der syrischen Botschaft zu beantragen. Der Beschwerdeführer und seine Familienangehörigen (Eltern, Bruder, Schwester, Ehefrau, Sohn des Beschwerdeführers) würden dadurch in das Visier der syrischen Regierung gelangen und verfolgt werden.
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 20.9.2023 wies das Bundesamt den Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs 2a FPG ab.Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 20.9.2023 wies das Bundesamt den Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß Paragraph 88, Absatz 2 a, FPG ab.
Mit Schriftsatz vom 10.10.2023 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Die Beschwerde langte am 13.11.2023 am Bundesverwaltungsgericht ein.
8. Am 4.1.2024 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Sie hatte folgenden Verlauf:
„…
Richter: Geben Sie Ihr Geburtsdatum an. Wo sind Sie auf die Welt gekommen?
Beschwerdeführer: Ich bin am XXXX , in XXXX geboren.Beschwerdeführer: Ich bin am römisch 40 , in römisch 40 geboren.
Richter: Welche Sprachen sprechen Sie? Können Sie diese lesen und schreiben?
Beschwerdeführer: Muttersprache ist Arabisch, ich lerne derzeit Deutsch.
Richter: Geben Sie Ihre Volksgruppe, Religion und Ihren Familienstand an.
Beschwerdeführer: Sunnitischer Moslem, verheiratet, ich habe ein Kind. Ich bin Araber.
Richter: Können Sie bitte soweit wie möglich chronologisch angeben, wann und wo Sie sich in Syrien aufgehalten haben.
Beschwerdeführer: In meinem Heimatdorf XXXX , die letzten vier Monate waren aber in XXXX .Beschwerdeführer: In meinem Heimatdorf römisch 40 , die letzten vier Monate waren aber in römisch 40 .
Richter: Wie haben Sie in Syrien gewohnt?
Beschwerdeführer: Ein normales Leben, ich habe gelernt, aufgrund des Krieges konnte ich die Schule nicht mehr besuchen. Ich habe mit der Familie in der Landwirtschaft gearbeitet. Wir sind Bauern, wir haben unsere Felder bestellt. Ich bin dann in das wehrfähige Alter gekommen, ich wurde einberufen und dann habe ich Syrien verlassen.
Richter: Was haben Sie in Syrien gemacht, gearbeitet, gelernt oder etwas Anderes?
Beschwerdeführer: Gelernt und ich habe dann aufgrund des Krieges aufgehört. Ich habe die Schule besucht, dann habe ich mit der Familie in der Landwirtschaft gearbeitet.
Richter: Welche Schulbildung haben Sie erhalten?
Beschwerdeführer: Ich habe die Schule 9 Jahre besucht, von der ersten bis zur neunten Klasse.
Richter: Wo und wie leben Ihre Verwandten?
Beschwerdeführer: Aktuell in Syrien im Heimatdorf im Familienhaus.
Richter: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie (Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Onkel)?
Beschwerdeführer: Nicht täglich, aber wir haben Kontakt.
Richter: Haben Sie in Syrien weitere Verwandte oder sonstige wichtige Kontaktpersonen wie zB Freunde und wie heißen sie? Wo leben sie? Haben Sie zu ihnen Kontakt?
Beschwerdeführer: Ich habe viele Verwandte, mein Großvater, meine Großmutter.
Richter: Wer beherrschte Ihre Heimatregion zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise?
Beschwerdeführer: Die PKK, die Kurden. Unser Dorf liegt aber direkt an der Front. Das Regime ist weniger als 6 Kilometer von unserem Dorf entfernt, aber derzeit kontrollieren die Kurden, die PKK das Gebiet.
Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien politisch betätigt?
Beschwerdeführer: Nein, wir waren nicht politisch aktiv, aber wir sind gegen das Regime, wir mögen das Assad-Regime nicht.
Richter: Waren Sie oder ein Familienmitglied in Syrien Mitglied einer politischen Partei?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien religiös betätigt?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien an Demonstrationen beteiligt?
Beschwerdeführer: Ja, meine Familie hat an Demonstrationen teilgenommen, aber alle Bewohner haben an Demonstrationen teilgenommen.
Richter: Sind Sie oder ein Familienmitglied in Syrien vorbestraft?
Beschwerdeführer: Ich, mein Bruder werden vom Militär gesucht, wir werden vom syrischen Regime gesucht. Man würde uns festnehmen und verurteilen.
Richter: Waren Sie oder ein Familienmitglied in Syrien in Haft?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Hatten Sie oder ein Familienmitglied in Syrien Probleme mit Behörden?
Beschwerdeführer: Davor? Nein, wir waren friedlich.
Richter: Bestehen gegen Sie oder ein Familienmitglied in Syrien Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief oder Ähnliches?
Beschwerdeführer: Viele von uns werden gesucht, das Regime kontrolliert unsere Region nicht. Deswegen erhalten wir auch keine Benachrichtigungen.
Richter: Hatten Sie oder ein Familienmitglied in Syrien Probleme wegen Ihrer Religion?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Hatten Sie oder ein Familienmitglied in Syrien Probleme wegen Ihrer Volkszugehörigkeit?
Beschwerdeführer: Davor nicht, aber aktuell schon. Derzeit wird zwischen Arabern und Kurden unterschieden, die Kurden kontrollieren die Region.
Richter: Hatten Sie oder ein Familienmitglied in Syrien Probleme wie Blutfehden, Sippenhaftung, Racheakten oder Ähnliches mit Privatpersonen?
Beschwerdeführer: Nein, zwischen den Clans zB, nein.
Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied in Syrien an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Hatten Sie oder ein Familienmitglied in Syrien wegen des Kontakts zu Islamisten Probleme?
Beschwerdeführer: Nein. Wir hatten diese Probleme nicht.
Richter: Haben Sie in Syrien ein Militärbuch bekommen?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Wurden Sie in Syrien zum Militär einberufen?
Beschwerdeführer: Wir bekommen keine Einberufungsbefehle, es wurde mir vom Ortsvorste-her mitgeteilt. Der Ortsvorsteher hat gesagt, dass ich wehrpflichtig bin und ich mich stellen soll.
Richter: Haben die Kurden Sie zu einer Art Militärdienst einberufen?
Beschwerdeführer: Ja.
Richter: Haben Sie in Syrien Ihren Militärdienst abgeleistet?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Wozu benötigen Sie einen Reisepass?
Beschwerdeführer: Erstens wegen der Arbeit. Die Firma möchte mich ohne Reisepass nicht anstellen. Ich möchte meinen Bruder in XXXX besuchen, zB nach XXXX verreisen, ich möchte einen Reisepass haben, ich möchte mich genau wie alle anderen Menschen fühlen, ich bin ein ganz normaler Mensch.Beschwerdeführer: Erstens wegen der Arbeit. Die Firma möchte mich ohne Reisepass nicht anstellen. Ich möchte meinen Bruder in römisch 40 besuchen, zB nach römisch 40 verreisen, ich möchte einen Reisepass haben, ich möchte mich genau wie alle anderen Menschen fühlen, ich bin ein ganz normaler Mensch.
Richter: Welche Firma ist das, die von Ihnen einen Reisepass verlangt?
Beschwerdeführer: Ich habe mich noch nicht beworben, da ich weiß, dass immer ein Reisepass verlangt wird. Alle meine Freunde arbeiten, sie haben aber Reisepässe, es wird immer verlangt.
Richter: Für welche Art von Tätigkeit wollen Sie sich bewerben?
Beschwerdeführer: Egal was, ich lerne derzeit die Sprache, danach möchte ich eine Ausbildung beginnen. Ich möchte neben dem Kursbesuch Teilzeit arbeiten.
Richter: Haben Sie jemals einen syrischen Reisepass besessen?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Könnten Sie auf der syrischen Botschaft einen Reisepass beantragen?
Beschwerdeführer: Nein, kann ich nicht.
Richter: Hätte ein Familienmitglied Probleme, wenn Sie bei der syrischen Botschaft einen Reisepass beantragen würden?
Beschwerdeführer: Natürlich. Nach uns wird in Syrien gefahndet, unsere Namen sind bekannt, meine Verwandten könnten Probleme bekommen.
Richter: Wie könnten Ihre Verwandten Probleme bekommen, wenn sie in einem Gebiet leben, das von der PKK kontrolliert wird?
Beschwerdeführer: Manchmal muss mein Vater zur Behandlung verreisen, in unserer Region gibt es nicht viele Medikamente, manchmal müssen wir nach XXXX fahren. Man muss manchmal nach XXXX oder Damaskus fahren, man könnte meine Kinder oder Verwandten entführen oder sonst wie gefährden. Das Regime ist sowieso nicht weit von unserer Region stationiert, es sind nur 6 Kilometer. Das Dorf liegt direkt an der Front.Beschwerdeführer: Manchmal muss mein Vater zur Behandlung verreisen, in unserer Region gibt es nicht viele Medikamente, manchmal müssen wir nach römisch 40 fahren. Man muss manchmal nach römisch 40 oder Damaskus fahren, man könnte meine Kinder oder Verwandten entführen oder sonst wie gefährden. Das Regime ist sowieso nicht weit von unserer Region stationiert, es sind nur 6 Kilometer. Das Dorf liegt direkt an der Front.
Richter: Wo leben Ihre Frau und Ihre Kinder? Wer gewährt ihnen Schutz?
Beschwerdeführer: Mit meiner Familie, mein Vater, in meinem Heimatdorf, in unserem Haus.
Richter: Haben Sie Freunde in Österreich?
Beschwerdeführer: Ja.
Richter: Haben Sie auch österreichische Freunde?
Beschwerdeführer: Einen Freund, ja.
Richter: Sind Sie Mitglied in einem Verein?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Hatten Sie in Österreich oder anderswo Probleme mit der Polizei oder einem Gericht?
Beschwerdeführer: Nein. Ich bin friedlich.
Richter: Haben Sie sich in Österreich oder anderswo an Demonstrationen gegen das syrische Regime beteiligt?
Beschwerdeführer: Ja.
Richter: Sind Sie in Social Media oder anderen Foren im Internet gegen das syrische Regime aufgetreten?
Beschwerdeführer: Nein, aber es wurde ein Video einer Demonstration auf Tick Tock veröffentlicht, die Demonstration fand am XXXX statt, ich bin auf diesem Video zu sehen.Beschwerdeführer: Nein, aber es wurde ein Video einer Demonstration auf Tick Tock veröffentlicht, die Demonstration fand am römisch 40 statt, ich bin auf diesem Video zu sehen.
Richter: Wodurch sind Sie oder Ihre Familie in Syrien bedroht, wenn die syrische Botschaft erfährt, dass Sie in Österreich den Status eines subsidiär Schutzberechtigten haben?
Beschwerdeführer: Die werden es sowieso erfahren, ich werde nicht hingehen, auch wenn sie mir heute keinen Reisepass geben, werde ich trotzdem nicht hingehen. Sie nutzen die Leute aus, sie verlangen 700 Dollar für den Reisepass, ich werde dieses Geld nicht zahlen. Ich werde keinen einzigen Cent an das Regime bezahlen, ich werde sie nicht unterstützen. Ich brauche ihren Reisepass nicht, ich möchte diesen nicht verwenden.
Richter: Ich weise darauf hin, dass das BVwG selbst keine Reisepässe ausstellt. Reisepässe stellt nur das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus. Wir hätten auch die technischen Möglichkeiten dazu gar nicht. Wir entscheiden nur, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Reisepass ausstellen muss.
Beschwerdeführer: Gut.
Richter: Möchten Sie noch etwas sagen?
Beschwerdeführer: Ich habe eine Benachrichtigung bzw. einen Einberufungsbefehl von der PKK.
Der Beschwerdeführer bringt nichts mehr vor.
…“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogenrömisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen
1.1 Mit Bescheid des Bundesamtes vom 3.10.2022 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Das Bundesverwaltungsgericht wies den Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten rechtskräftig ab (BVwG 26.5.2023, W155 2261898-1/7E). Im Herkunftsstaat halten sich Eltern, Ehefrau und Sohn des Beschwerdeführers auf.
1.2 Es besteht grundsätzlich für syrische Staatsangehörige im Ausland die Möglichkeit einen Reisepass zu erlangen. Dafür muss ein Antrag bei der syrischen Botschaft gestellt werden. Nach den Länderfeststellungen findet in den syrischen Botschaften Informationsgewinnung zu syrischen Bürgern im Ausland statt. Die Überwachung im Ausland ist ein Eckpfeiler der syrischen Außenpolitik und wird von einem koordierten Netzwerk von Botschaftsangestellten, nachrichtendienstlichen Quellen und Sicherheitsdiensten umgesetzt. Es sind keine Änderung diesbezüglich absehbar. Seit 2011 gibt es vermehrt Berichte über syrische Botschaften als Ausgangspunkt für die Überwachung und Einschüchterung von Oppositionellen. Informationen von Botschaften sind detailliert und genau. Sie erlauben eine Identifizierung von Syrern und deren Aktivitäten im Ausland. Eine Antragstellung birgt Sicherheitsrisiken. Personen, die unter dem Verdacht stehen, sich oppositionell zu engagieren, oder als regimekritisch wahrgenommen werden, unterliegen einem besonders hohen Folterrisiko. Daneben sind zahllose Fälle dokumentiert, in denen Familienmitglieder, nicht selten Frauen oder Kinder, oder auch Nachbarn als vermeintliche Mitwisser oder für vermeintliche Verbrechen anderer inhaftiert und gefoltert werden. Syrische Sicherheitsdienste setzen insbesondere auch Drohungen gegen in Syrien lebende Familienangehörigen ein, um Druck auf Verwandte im Ausland auszuüben. Familien von Oppositionellen gelten somit als potenzielle Ziele. Es gibt Befürchtungen unter Auslandssyrern, sich an die syrische Botschaft zu wenden, insbesondere, wenn diese oppositionell eingestellt sind. Sie befürchten auch Repressionen gegen in Syrien befindliche Familienmitglieder. Diese Gefahr besteht hinsichtlich Verwandten von Personen, denen das Regime eine oppositionelle Gesinnung unterstellt, etwa wegen politisch-oppositioneller Betätigung. In einer Gesamtbetrachtung der Quellen besteht daher die Gefahr von Repressionen gegen den Beschwerdeführer oder seine in Syrien verbliebenen nahen Angehörigen, wenn der Beschwerdeführer in Syrien oder im Ausland exilpolitisch tätig war oder ist. Personen, die unter dem Verdacht stehen, sich oppositionell zu engagieren, oder als regimekritisch wahrgenommen werden, unterliegen einem besonders hohen Folterrisiko. Daneben sind zahllose Fälle dokumentiert, in denen Familienmitglieder, nicht selten Frauen oder Kinder, oder auch Nachbarn als vermeintliche Mitwisser oder für vermeintliche Verbrechen anderer inhaftiert und gefoltert werden.
1.3 Der Beschwerdeführer nahm in XXXX an Demonstrationen gegen das syrische Regime teil. Es muss davon ausgegangen werden, dass syrische Sicherheitsdienste in der Lage sind, exilpolitische Tätigkeiten auszuspähen und darüber zu berichten, und ist sohin nicht auszuschließen, dass der Beschwerdeführer durch Vorsprache bei der syrischen Botschaft in XXXX die syrischen Behörden auf sich und die in der Heimat lebenden Angehörigen aufmerksam macht und dadurch einer Verfolgung aussetzen könnte.1.3 Der Beschwerdeführer nahm in römisch 40 an Demonstrationen gegen das syrische Regime teil. Es muss davon ausgegangen werden, dass syrische Sicherheitsdienste in der Lage sind, exilpolitische Tätigkeiten auszuspähen und darüber zu berichten, und ist sohin nicht auszuschließen, dass der Beschwerdeführer durch Vorsprache bei der syrischen Botschaft in römisch 40 die syrischen Behörden auf sich und die in der Heimat lebenden Angehörigen aufmerksam macht und dadurch einer Verfolgung aussetzen könnte.
Zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlicher Ordnung gegen die Ausstellung eines Fremdenpasses bestehen nicht. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.4 Auszug aus der Länderinformation zu Syrien, Version 11:
[…]
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime – unterstützt von Russland und Iran – unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte – Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten – im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 – Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 – Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer – insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer – insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
[…]
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 2024-03-08 11:06
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba’ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba’ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren ‘zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel’. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba’ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba’ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als ‘weder frei noch fair’ und als ‘betrügerisch’, und die Opposition nannte sie eine ‘Farce’ (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als ‘weder frei noch fair’ und als ‘betrügerisch’, und die Opposition nannte sie eine ‘Farce’ (Standard 28.5.2021).
Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das „Volksrat“ genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba’ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.7.2020).
Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall innerhalb der vom Regime kontrollierten Gebiete wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen und somit keinen Mechanismus zur Überprüfung, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Aufgrund der Vorschriften bei Reihungen auf Wahllisten sind alternative Kandidaten standardmäßig nur ein Zusatz zu den Kandidaten der Ba’ath-Partei (MEI 24.7.2020). Die vom Regime und den Nachrichtendiensten vorgenommene Reihung auf der Liste ist damit wichtiger als die Unterstützung durch die Bevölkerung oder Stimmen. Wahlen in Syrien dienen nicht dem Finden von Entscheidungsträgern, sondern der Aufrechterhaltung der Fassade von demokratischen Prozessen durch den Staat nach Außen. Sie fungieren als Möglichkeit, relevante Personen in Syrien quasi zu managen und Loyalisten dazu zu zwingen, ihre Hingabe zum Regime zu demonstrieren (BS 23.2.2022). Zudem gilt der Verkauf öffentlicher Ämter an reiche Personen, im Verbund mit entsprechend gefälschten Wahlergebnissen, als zunehmend wichtige Devisenquelle für das syrische Regime (AA 29.3.2023). Entscheidungen werden von den Sicherheitsdiensten oder dem Präsidenten auf Basis ihrer Notwendigkeiten getroffen – nicht durch gewählte Personen (BS 23.2.2022).
Im September 2022 fanden in allen [unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden] Provinzen Wahlen für die Lokalräte statt. Nichtregierungsorganisationen bezeichneten sie ebenfalls als weder frei noch fair (USDOS 20.3.2023).
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Syrische Interimsregierung und syrische Heilsregierung
Letzte Änderung 2023-07-11 09:24
Im März 2013 gab die Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte als höchste offizielle Oppositionsbehörde die Bildung der syrischen Interimsregierung (Syrian Interim Government, SIG) bekannt, welche die Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes im ganzen Land verwalten soll. Im Laufe der Zeit schrumpften die der Opposition angehörenden Gebiete jedoch, insbesondere nach den Vereinbarungen von 2018, die dazu führten, dass Damaskus die Kontrolle über den Süden Syriens und die Oppositionsgebiete im Süden von Damaskus und im Umland übernahm. Der Einfluss der SIG ist nun auf die von der Türkei unterstützten Gebiete im Norden Aleppos beschränkt (SD 18.3.2023). Formell erstreckt sich ihr Zuständigkeitsbereich auch auf die von Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) kontrollierte Zone. Dort wurde sie von der HTS jedoch an den Rand gedrängt (Brookings 27.1.2023). Die von der HTS kontrollierten Gebiete in Idlib und Teile der Provinzen Aleppo und Latakia werden inzwischen von der syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Government, SSG), dem zivilen Flügel der HTS, regiert (SD 18.3.2023).
Nicht-staatliche Akteure in Nordsyrien haben systematisch daran gearbeitet, sich selbst mit Attributen der Staatlichkeit auszustatten. Sie haben sich von aufständischen bewaffneten Gruppen in Regierungsbehörden verwandelt. In Gebieten, die von der HTS, einer sunnitischen islamistischen politischen und militärischen Organisation, kontrolliert werden, und in Gebieten, die nominell unter der Kontrolle der SIG stehen, haben bewaffnete Gruppen und die ihnen angeschlossenen politischen Flügel den institutionellen Rahmen eines vollwertigen Staates mit ausgefeilten Regierungsstrukturen wie Präsidenten, Kabinetten, Ministerien, Regulierungsbehörden, Exekutivorganen usw. übernommen (Brookings 27.1.2023).
Die nordwestliche Ecke der Provinz Idlib, an der Grenze zur Türkei, ist die letzte Enklave der traditionellen Opposition gegen Assads Herrschaft. Sie beherbergt Dutzende von hauptsächlich islamischen bewaffneten Gruppen, von denen die HTS die dominanteste ist (MEI 26.4.2022). Mit der im November 2017 gegründeten (NPA 4.5.2023) syrischen Heilsregierung hat die HTS ihre Möglichkeiten zur Regulierung, Besteuerung und Bereitstellung begrenzter Dienstleistungen für die Zivilbevölkerung erweitert. Doch wie jüngste Studien gezeigt haben, sind diese Institutionen Mechanismen, die hochrangige Persönlichkeiten innerhalb der herrschenden Koalitionen ermächtigen und bereichern (Brookings 27.1.2023). In dem Gebiet werden keine organisierten