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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der G-Gesellschaft m.b.H. in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. November 1994, Zl. Ge - 212764/3 - 1994/Pan/Neu, betreffend Entziehung von Gewerbeberechtigungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. November 1994 wurden der Beschwerdeführerin die ihr in einem näher bezeichneten Standort zustehenden Gewerbeberechtigung für
1.
fabrikmäßige Erzeugung von Gerbemitteln und einschlägigen Hilfsmitteln sowie fabriksmäßige Erzeugung chemisch-technischer Hilfsstoffe wie Füll-, Klebe- und Isoliermittel, und
2.
Lederfabrik
gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 und § 361 Abs. 1 GewO 1994 entzogen. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin der Auftrag erteilt, die betreffenden Gewerbescheine gemäß § 364 GewO 1994 nach Rechtskraft des gegenständlichen Bescheides der Ausstellungsbehörde zurückzustellen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann von Oberösterreich nach Darstellung des Verfahrensganges im wesentlichen aus, es sei unbestritten, daß über das Vermögen der Beschwerdeführerin der Konkurs eröffnet wurde. Eine derartige Konkurseröffnung stelle gemäß § 13 Abs. 3 i.V.m. § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 einen Grund zur Entziehung der Gewerbeberechtigung dar. Von dieser Entziehung könne abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. vorlägen oder eine Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung erlangt worden sei. Letztere Möglichkeit sei im gegenständlichen Fall nicht gegeben, da weder ein derartiges Ansuchen eingebracht noch eine erlangte Nachsicht nachgewiesen worden sei. Es bleibe daher nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. erfüllt seien, was die Erstbehörde bereits ausführlich getan habe. Die von der Beschwerdeführerin diesbezüglich eingewendeten Argumente seien insofern unzutreffend, als die Befragung konkreter Gläubiger nur als Indikator für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. diene, da die Frage, ob die Ausübung des Gewerbes vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei, nach objektiven Kriterien zu qualifizieren sei und nicht ausschließlich von den Aussagen der Gläubiger abhänge. Im gegenständlichen Fall seien Forderungen in der Höhe von S 354,043.657,28 angemeldet worden. Da der Konkurs noch nicht abgeschlossen sei, könne auch nicht beurteilt werden, ob ein Zwangsausgleich im Bereich des Möglichen liege. Eine diesbezügliche Anfrage beim Masseverwalter sei trotz Urgenz ergebnislos geblieben. Selbst wenn man vom Berufungsvorbringen ausgehe, könne nicht angenommen werden, die weitere Gewerbeausübung sei im Interesse der Gläubiger gelegen, da das Liegenschaftsvermögen unbestrittenermaßen nicht verwertet und ein Amtshaftungsprozeß noch nicht durchgeführt sei. Die momentane Aktenlage biete keine objektiven Nachweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994, da ein monatlich unbestrittener Betrag von S 52.000,-- durch die Gewerbeausübung der Beschwerdeführerin in keinem Verhältnis zu den anerkannten Forderungen in der Höhe von S 155,411.960,-- stehe. Mit diesem monatlichen Einkommen der Beschwerdeführerin sollten auch noch die mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten erfüllt werden, wie z.B. Gebäudeerhaltung. Darüber hinaus müsse festgestellt werden, daß die Pächterin der Beschwerdeführerin derzeit das Gewerbe unbefugt ausübe, da es der Masseverwalter nicht für erforderlich gehalten habe, das gegenständliche Gewerbe weiter auszuüben und bis dato keine Fortbetriebsanzeige bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen erstattet habe. Es sei somit die Pächterin der Beschwerdeführerin seit der Konkurseröffnung auch nicht mehr verpflichtet, den monatlichen Pachtzins in der Höhe von S 30.000,-- zu entrichten. Damit verringere sich während der Dauer des Konkurses der ursprünglich angenommene Betrag von S 52.000,-- auf S 22.000,-- pro Monat. Da das Ende des Konkurses derzeit noch nicht absehbar sei, sei auch nicht vorhersehbar, ab welchem Zeitpunkt die Gewerbeausübung wieder S 52.000,-- monatlich einbringen werde. Abschließend sei zum Berufungsvorbringen noch zu bemerken, daß § 87 Abs. 2 GewO 1994 zwar die Gewerbeausübung, nicht aber die Selbstausübung durch den Gewerbeinhaber begrifflich voraussetze, da z.B. bei Konkurseröffnung einer ruhend gemeldeten Gewerbeberechtigung die Prüfung der Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. entbehrlich sei. Eine Verpachtung des Gewerbes stelle eine Art der Gewerbeausübung dar, sodaß in diesem Fall die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. zu prüfen seien. Da die Bestimmungen des § 87 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. zwingenden Charakter hätten und die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. nicht erfüllt seien bzw. eine Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 26 nicht erlangt worden sei, seien die Gewerbeberechtigungen von der Erstbehörde zu Recht entzogen worden.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. Februar 1995, B 12/95-5, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Nichtentzug der Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht die Beschwerdeführerin geltend, der angefochtene Bescheid sei unter völliger Außerachtlassung der Bestimmung des § 13 Abs. 4 GewO 1994 unter Anwendung des § 13 Abs. 3 i.V.m. § 87 Abs. 1 Z. 2 und § 361 Abs. 1 leg. cit. erlassen worden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Gewerbeentziehung seien schon deshalb nicht vorgelegen, da § 13 Abs. 3 GewO 1994 nicht anzuwenden sei, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches komme und dieser erfüllt worden sei. Die Bestimmung des § 13 Abs. 4 leg. cit. mache deutlich, daß § 13 Abs. 3 leg. cit. erst nach Abschluß des Konkursverfahrens angewendet werden könne, da erst zu diesem Zeitpunkt feststehe, ob tatsächlich ein Zwangsausgleich zustande gekommen sei oder nicht. Die Ausübung des Gewerbes durch die Beschwerdeführerin liege aber auch im wirtschaftlichen Interesse der Gläubiger. Die Finanzprokuratur als Vertreterin der Republik Österreich habe dies der Erstbehörde mitgeteilt. Trotzdem komme die belangte Behörde zur Ansicht, daß eine weitere Ausübung des Gewerbebetriebes nicht im wirtschaftlichen Interesse der Gläubiger liege. Der angefochtene Bescheid sei aber auch deshalb rechtswidrig, weil die Beurteilung der Frage, ob nun ein Zwangsausgleich zustandekommen werde oder nicht, ohne entsprechende Sachverhaltsfeststellungen beurteilt worden sei. Insofern sei die Begründung der Erstbehörde eine bloße Behauptung ohne tatsächliche Grundlagen. Hätte die belangte Behörde das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt, so wäre sie zum Ergebnis gelangt, daß der Abschluß eines Zwangsausgleiches wahrscheinlich sei. Überdies habe die Behörde ohne entsprechende Begründung die Voraussetzungen für ein Nachsichtsverfahren kategorisch abgelehnt.
Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.
Zufolge Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ist Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. ist die Gewerbeberechtigung (u.a.) von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegen.
Nach § 87 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 25. April 1995, Zlen. 95/04/0066, 0067, mit entsprechender Begründung dargelegt hat, ist die Frage des Vorliegens des Gewerbeausschlußgrundes des § 13 Abs. 3 GewO 1994 im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt ohne Rücksicht auf eine allenfalls in Zukunft zu erwartende Erfüllung eines Zwangsausgleiches (§ 13 Abs. 4 leg. cit.) zu beurteilen. (Zur näheren Begründung wird in Anwendung der Bestimmung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die diesbezüglichen Darlegungen im zitierten Erkenntnis verwiesen.)
Entgegen dem Beschwerdevorbringen bildet es daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde ohne Rücksicht auf die Möglichkeit, daß es im anhängigen Konkurs über das Vermögen der Beschwerdeführerin zu einem Zwangsausgleich kommen könnte, die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 als gegeben erachtete.
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch in ständiger Rechtsprechung dargelegt, daß die Erfüllung der für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 2 GewO 1994 erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, sodaß auch allfällige Erklärungen von Gläubigern, wegen ihrer offenen Forderungen ein Interesse an der Weiterführung des betroffenen Gewerbes zu haben, allein für eine derartige Annahme noch nicht als ausreichend anzusehen sind (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 94/04/0172). Die Beschwerdeführerin vermag daher mit ihrem Hinweis, die Finanzprokuratur habe als Vertreterin der Republik Österreich und Hauptgläubigern im Konkursverfahren ihr wirtschaftliches Interesse an der Ausübung des Gewerbes durch die Beschwerdeführerin bekanntgegeben, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.
Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits wiederholt ausgesprochen, daß im Rahmen des Verfahrens zur Entziehung einer Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 auf ein allfälliges Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 Abs. 2 leg. cit. für die Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung nicht Bedacht zu nehmen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1989, Zl. 88/04/0148). Die Beschwerdeführerin vermag somit auch mit ihrem Vorbringen, die belangte Behörde habe ohne entsprechende Begründung die Voraussetzungen für ein Nachsichtsverfahren kategorisch abgelehnt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995040100.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
24.09.2012