TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/23 95/04/0016

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Veröffentlicht am 23.05.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §42 Abs2;
AVG §56;
AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der VwGH hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des MK in E, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Oktober 1994, Zl.308.342/5-III/A/2a/94, betreffend Verweigerung der Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mP: 1. SH, 2. MH, beide in K, 3. S in P, 4. R in E, und 5. EH in E), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Oktober 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 23. Februar 1979 auf Errichtung eines Gewehr- und Pistolenschießstandes mit einer Schußlänge von 200 m gegenüber seinem Wohnhaus gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1974 abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 7. August 1980 sei dem Beschwerdeführer über sein Ansuchen vom 23. Februar 1979 die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung eines Gewehr- und Pistolenschießstandes (Schießanlage) auf der Gp. 671/2 der KG Y, Gemeinde B, gemäß § 77 GewO 1973 unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden. In dem diesem Verfahren zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren seien einzelne Nachbarn übergangen worden, sodaß mit diesen eine neuerliche Augenscheinsverhandlung durchzuführen und ihnen gegenüber ein neuerlicher Bescheid zu erlassen gewesen sei. Die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur habe daraufhin mit den übergangenen Nachbarn ein neuerliches gewerbebehördliches Genehmigungsverfahren durchgeführt und mit Bescheid vom 23. Juni 1986, der gleichzeitig die Grundlage des gegenständlichen Berufungsverfahrens vor dem Bundesminister bilde, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung der genannten Schießanlage unter Auflagen erteilt. Auf Grund dagegen eingebrachter Berufungen seien mehrere Berufungsbescheide des Landeshauptmannes von Steiermark bzw. des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten ergangen. Im einzelnen handle es sich um den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 31. Juli 1989, den darauffolgenden Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. Februar 1990, das daraufhin ergangene bescheidbehebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0132, sowie den Ersatzbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Juni 1991, mit welchem der zweitinstanzliche Berufungsbescheid des Landeshauptmannes behoben worden sei. Mit neuerlichem zweitinstanzlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 10. März 1992 sei der die Betriebsanlage des Beschwerdeführers genehmigende Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 23. Juni 1986 behoben und der Antrag des Beschwerdeführers vom 23. Februar 1979 auf Errichtung eines Gewehr- und Pistolenschießstandes abgewiesen worden. Dagegen habe der Beschwerdeführer abermals Berufung erhoben. Den daraufhin erlassenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. September 1992 habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. Mai 1993, Zl. 92/04/0263, behoben. Im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung des Ersatzbescheides habe der Bundesminister im Beisein eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen und eines Amtssachverständigen aus dem Fachgebiet des Beschußwesens sowie eines ärztlichen Amtssachverständigen eine Augenscheinsverhandlung durchgeführt, im Rahmen welcher Schießvorgänge in Kombination mit Schallpegelmessungen durchgeführt worden seien. Hiebei seien in der im Erdgeschoß des Hauses der Familie H, E-Straße 107, befindlichen Wohnküche folgende Meßwerte erhoben worden:

Gewehr Steyr-Mannlicher, Kaliber 3006 .......... 53 bis  55 dB;

Gewehr Steyr-Mannlicher, Kaliber 308 Winchester. 53 bis  54 dB;

Schrottgewehr Baikal, Kaliber 1270 ............. 54 bis  57 dB;

Pistole Glock, Kaliber 9 x 19 ..................         48 dB;

Revolver Smith & Wesson, Kaliber 357 Magnum .... 60 bis  65 dB.

Bei am Pistolenschießstand abgegebenen Schüssen seien folgende

Meßwerte erzielt worden:

Pistole Glock .................................. 46 bis  49 dB;

Revolver Smith & Wesson ........................ 52 bis  54 dB.

Am Schießstand für "laufende Keiler" seien für Schüsse mit dem

Gewehr Steyr-Mannlicher, Kaliber 308, Werte von 50 bis 53 dB

gemessen worden. Während der Umgebungsgeräuchmessung seien

folgende Werte erhoben worden:

Auf der Landstraße fahrende Pkw ................ 40 bis  45 dB

                   vereinzelt ..................         47 dB;

Kraftrad auf der Landstraße fahrend ............ 40 bis  42 dB;

mäßiges Gebimmel von Kuhglocken ................         36 dB;

Motorenlärm (vermutlich Traktor)

aus etwas größerer Entfernung .................. 34 bis  40 dB.

Der Grundgeräuschpegel habe auf Grund der Umgebungsgeräuschsituation nicht gemessen werden können. Als niedrigste Werte habe schwacher Verkehr bei gleichzeitigem schwachen Gebimmel der Kuhglocken mit 30 bis 32 dB gemessen werden können. Der medizinische Sachverständige habe daraufhin nach Darstellung der (im angefochtenen Bescheid im einzelnen wiedergegebenen) für die Auswirkung von Lärmereignissen auf den menschlichen Körper betreffenden grundsätzlichen Erwägungen zusammenfassend ausgeführt, die verwendeten Gewehre sowie der Revolver imponierten jeweils als lautes unüberhörbares Knallgeräusch, während die Glock-Pistole in Abhängigkeit vom Vorhandensein anderer Umgebungsgeräusche (Verkehrslärm) mehr oder weniger deutlich mit dem typischen Schußgeräusch zu vernehmen gewesen sei. Auch die vorgenommenen Schallpegelmessungen spiegelten diesen Eindruck wider. Daraus folge, daß die Immissionsintensität einen Einfluß auf die Bewertung der Geräusche im Hinblick auf die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus haben könne. Setze man die Schußimmission in jener Höhe an, wie sie den Verkehrslärmimmissionen im Mittel entspräche (also mit ca. 40 bis 45 dB), dann erfolge nur noch vereinzelt (Verkehrspausen) ein deutlicheres Hervortreten der Schußgeräusche aus dem Umgebungsgeräuschniveau. In diesem Fall könnte durch eine Beschränkung der Schießzeit auf eine Tageszeit, die üblicherweise nicht der Erholung diene und daher nicht zu "lärmintensiv" sei, eine Akzeptanz erreicht werden. Statistischen Erhebungen über den Tagesablauf des Österreichers zufolge, wären solche Zeiten werktags, Montag bis Freitag 07.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr, bzw. Samstag 07.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Dazu habe der technische Sachverständige ausgeführt, um die vom medizinischen Amtssachverständigen genannte Immissionsgrenze nicht zu überschreiten, müßte eine Reduktion des Immissionspegels um mindestens 20 dB erzielt werden. Als Maßnahme, mit der dies mit Sicherheit zu erzielen sei, könne nur die Einhausung der gesamten Schießanlage genannt werden. Der Konsenswerber habe aber ausdrücklich erklärt, eine Einhausung der Schießstätte stelle ein gänzlich anderes Projekt dar, um welches er niemals angesucht habe. Auch habe der Konsenswerber ausdrücklich erklärt, daß eine allfällige Genehmigung der bloßen Verwendung der Glock-Pistole, von Luftdruckgewehren und ähnlichen kleinkalibrigen Waffen einer Abweichung vom Genehmigungsansuchen gleich käme, da ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb die Verwendung aller vier in Rede stehender Waffengattungen erfordere. In rechtlicher Hinsicht ergebe sich aus diesem Sachverhalt, daß der Betrieb der Anlage mit den vom Beschwerdeführer beantragten Waffengattungen zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Wohlbefindens der exponiertesten Nachbarn führe, wobei die aus dem ständigen Aufgeschrecktwerden durch Schüsse verursachte Beeinträchtigung langfristig auch zu Gesundheitsschäden führen könne. Die Behörde gelange daher zu dem Ergebnis, daß im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1974 Gefährdungen der Gesundheit nicht ausgeschlossen, sondern im Falle eines dauernden Betriebes der Betriebsanlage (zumindest langfristig) zu erwarten wären. Die vom gewerbetechnischen Sachverständigen genannte einzige geeignete Auflage, die gleichzeitig den Schutz der Nachbarn vor den genannten Lärmimmissionen sicherstelle, sei die vollständige Einhausung der Schießanlage. Da der Beschwerdeführer eine solche Auflage ebenso wie die Beschränkung der verwendeten Waffengattungen auf einzelne lärmarme Kaliber als projektsändernd deklariert habe, die einer Abweisung des Genehmigungsansuchens gleich käme, sei von der Vorschreibung derartiger Auflagen Abstand zu nehmen gewesen. Eine in Betracht gezogene auflagenmäßige Begrenzung der täglichen Schußzahlen, wie dies im erstinstanzlichen Genehmigungsbescheid vorgeschrieben worden sei, scheitere schon an der Eignung der Auflage (deren jederzeitige Einhaltung aktuell überprüft werden können müsse) sowie im konkreten Fall daran, daß laut medizinischem Amtssachverständigengutachten mit einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Wohlbefindens unabhängig von der abgegebenen Schußzahl dann gerechnet werden müsse, wenn die Lärmimmissionen aus dem Umgebungsgeräuschniveau (45 dB) hervorträten. Da dies - mit Ausnahme der Glock-Pistole - bei allen Waffengattungen der Fall gewesen sei und eine entsprechende Lärmreduktion auf den medizinisch relevanten Grenzwert nur durch solche Auflagen erzielt werden könne, die das Wesen des Projektes veränderten, habe das Genehmigungsansuchen abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien beantragten die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Errichtung bzw. Betreibung einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 2 i.V.m. § 77 GewO 1973 verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer geltend, es sei ihm die beantragte Genehmigung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 7. August 1980 erteilt worden. Nunmehr habe der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten eine dem entgegengesetzte Entscheidung getroffen. Die Frage, ob ein später erlassener Bescheid einem früher erlassenen (anders lautenden) Bescheid derogieren könne, werde in Lehre und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Im vorliegenden besonderen Fall müsse aber davon ausgegangen werden, daß der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. Februar 1990 dem "Urbescheid" der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 7. August 1980 nicht habe derogieren können. Für die Richtigkeit dieser Auffassung müsse insbesondere ins Treffen geführt werden, der "Urbescheid" der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 7. August 1980 sei wieder in Kraft getreten, da der Verwaltungsgerichtshof zunächst der gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. Februar 1990 erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe und in der Folge diesen Bescheid mit seinem Erkenntnis vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0132, aufgehoben habe. Dies ergebe sich jedenfalls aus § 42 Abs. 3 VwGG. Dies bedeute im vorliegenden Fall, daß die ursprüngliche Derogation des "Urbescheides" der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 7. August 1980 nachträglich ex lege wieder beseitigt worden sei. Es sei nunmehr bei richtiger und rechtskonformer Betrachtungsweise nicht denkbar, daß diese Rechtslage durch den nunmehr antragsabweisenden bekämpften Bescheid neuerlich und diesmal endgültig zu Lasten des Beschwerdeführers geändert und damit der seinerzeitige Antrag aus dem Jahre 1979 endgültig abgewiesen werde. Durch diese Vorgangsweise werde das Recht des Beschwerdeführers auf Betrieb einer Betriebsanlage in einer Art und Weise verletzt, die es ihm völlig unmöglich mache, die gegenständliche Schießanlage überhaupt noch in irgendeiner Form und in irgendeiner Art und Weise zu betreiben. Mit dem rechtskräftigen Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 7. August 1980 habe die Behörde - möglicherweise, aber für den Beschwerdeführer nicht erkennbar, unter verfahrensrechtlichen Mängeln - rechtskräftig festgestellt, daß die Schießanlage in der konsensgemäß errichteten und betriebenen Form eine gesetzlich erlaubte und zulässige Betriebsanlage im Sinne des §§ 74 ff GewO 1973 darstelle. Darauf habe sich der Beschwerdeführer verlassen können und müssen. Wenn die Behörde nunmehr nach einem mehr als zehn Jahre dauernden Verfahren zur Auffassung gelange, daß ein gänzlich anderes Projekt, nämlich die Einhausung der Anlage, Voraussetzung für ein weiteres Betreiben dieser Anlage wäre, so handle sie damit rechtswidrig und zum Nachteil des Beschwerdeführers, weil dieser um ein derartiges Projekt nicht angesucht habe und auch nicht hätte ansuchen können, weil er aus rechtlichen, aber auch wirtschaftlichen Erwägungen heraus gar nicht in der Lage gewesen wäre, ein solches Projekt zu errichten, geschweige denn es wirtschaftlich zu betreiben. Der wirtschaftlich sinnvolle, d.h. nicht mit negativem Betriebserfolg behaftete Betrieb einer gewerblichen Anlage gehöre aber nicht nur zu den Pflichten, sondern auch zu den Rechten eines Konsenswerbers, da ein anderslautendes Ergebnis dazu führen müsse, daß man behördlicherseits eine Betriebsanlage genehmigen könnte und dürfte, deren wirtschaftlicher Erfolg von vornherein als negativ beurteilt und qualifiziert werden müsse. Dies könne aber nicht Sinn und Zweck des Gewerberechtes sein. Zusammenfassend fühle sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt, weil es nach seiner Überzeugung nicht möglich und rechtens sein könne, daß der nunmehr in dritter Instanz erlassene angefochtene Bescheid dem bereits rechtskräftigen Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 7. August 1980 derogieren könne und auch, weil er der berechtigten Überzeugung sei, daß die materiell-rechtlichen Überlegungen im Sinne des Nachbarschutzes und Nachbarrechtes der Gewerbeordnung, die zur Erlassung dieses Bescheides geführt hätten, inhaltlich nicht richtig und zutreffend seien. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften trägt der Beschwerdeführer weiters vor, wie das nunmehr jahrelange Verfahren gezeigt habe, hätten die diversen in den jeweiligen gewerberechtlichen Verhandlungen beigezogenen Amtssachverständigen jeweils unterschiedliche Aussagen hinsichtlich der Frage gemacht, ob der Betrieb der Anlage tatsächlich zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Wohlbefindens der exponiertesten Nachbarn führen könne. Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung habe mit dem (mit der Beschwerde vorgelegten) Bescheid vom 22. Dezember 1994 auf Grundlage der Ausführungen des dort herangezogenen Amtssachverständigen zusammenfassend dargelegt, daß der Betrieb der Schießanlage mit bestimmten Auflagen durchaus in Form eines partiellen Betriebes zulässig sei. Diese Entscheidung könne vom Beschwerdeführer nicht mehr bekämpft werden. Es ergebe sich daher für ihn die unerträgliche und auch formalrechtlich nicht tolerable Situation, daß zwei rechtskräftige und nur mehr im außerordentlichen Rechtszug zu bekämpfende Entscheidungen der Behörden vorlägen, die zu völlig unterschiedlichen und einander in Wahrheit ausschließenden Ergebnissen führten. Während der vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfte Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten den Antrag des Beschwerdeführers abweise, gelange der Bescheid des "Amtes der Steiermärkischen Landesregierung" zum Ergebnis, ein partieller Betrieb der Schießanlage sei durchaus möglich, unter Einhaltung der ergänzenden Auflage auch zulässig.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem im gegenständlichen Verwaltungsverfahren ergangenen Vorerkenntnis vom 25. Mai 1993, Zl. 92/04/0263, dargelegt hat, sind im vorliegenden Fall die zur Frage der Stellung der "Übergangenen Nachbarn" im hg. Erkenntnis vom 30. September 1983, Slg. N.F. Nr. 11.189/A, entwickelten Grundsätze anzuwenden. Danach tritt der im Verfahren mit einem "übergangenen Nachbarn" ergangene Bescheid, mit dem in meritorischer Weise über den Genehmigungsantrag des Konsenswerbers abgesprochen wird, an die Stelle des ursprünglichen, ohne Beteiligung des "übergangenen Nachbarn" erlassenen, bloß in formelle Rechtskraft erwachsenen Genehmigungsbescheides, soweit er mit diesem im Widerspruch steht. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch angesichts der Ausführungen in der Beschwerde zur Frage der Derogation von Bescheiden nicht veranlaßt, von dieser Rechtsansicht abzugehen.

Auf das die Richtigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverständigengutachten in Zweifel ziehende Beschwerdevorbringen vermag der Verwaltungsgerichtshof mangels näherer Ausführungen ebensowenig einzugehen, wie auf die Behauptung, "die materiell-rechtlichen Überlegungen im Sinne des Nachbarschutzes und Nachbarrechtes der Gewerbeordnung, die zur Erlassung dieses Bescheides geführt haben", seien inhaltlich nicht richtig und zutreffend.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag schließlich auch den vom Beschwerdeführer herausgestrichenen Widerspruch des angefochtenen Bescheides zu dem von ihm vorgelegten Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. Dezember 1994 nicht zu erblicken, sodaß es sich erübrigt, auf die rechtliche Relevanz eines solchen allfälligen Widerspruches einzugehen. Der Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. Dezember 1994 nimmt nämlich ausdrücklich auf die in dem dem jetzt vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Ermittlungsverfahren gewonnenen Ergebnisse Bezug, und kommt auch zum selben rechtlichen Ergebnis, daß nämlich die in Rede stehende Betriebsanlage nur in einem gegenüber dem eingereichten Projekt eingeschränkten Ausmaß ohne Beeinträchtigung der in der Gewerbeordnung normierten Nachbarrechte betrieben werden könnte.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Denn einerseits ist der diesbezügliche Antrag des Beschwerdeführers nicht weiter begründet und andererseits ist aus der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage nicht erkennbar, daß eine mündliche Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache hätte herbeiführen können.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Baurecht Nachbar Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen Übergangene Partei

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040016.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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