TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/23 94/07/0094

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Veröffentlicht am 23.05.1995
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Index

L66207 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Tirol;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
80/06 Bodenreform;

Norm

ABGB §484;
GSGG §1 Abs2 Z1;
GSGG §2 Abs1 Z1;
GSLG Tir §1 Abs2 lita;
GSLG Tir §1 Abs2 litd;
GSLG Tir §10;
GSLG Tir §2 Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der

M in R, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 14. April 1994, Zl. LAS-391/11-93, betreffend Bringungsrecht (mitbeteiligte Parteien: 1.) FW,

2.) HR, 3.) EH, 4.) EK, 5.) CM), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.490,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. April 1994 wurde gemäß den §§ 1, 2 und 3 des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 40/1970 (GSLG. 1970), zugunsten von im Eigentum der mitbeteiligten Parteien (mP) stehenden Grundstücken ein landwirtschaftliches Bringungsrecht, beinhaltend die Berechtigung zur Mitbenützung (mit landwirtschaftlichen Maschinen), Erhaltung und Benützung eines insgesamt 2,5 m breiten nichtöffentlichen Bringungsweges, u. a. auf der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Parzelle 692, KG E., eingeräumt. Gleichzeitig wurden die mP gemäß § 7 GSLG. 1970 verpflichtet, an die Beschwerdeführerin für die Inanspruchnahme der Parzelle 692 den Gesamtbetrag von S 5.445,-- als Entschädigung zu bezahlen.

In der Begründung wird ausgeführt, für die Erschließung der Grundstücke der mP stünden 3 Varianten zur Auswahl. Auf Grund der Ermittlungsergebnisse ließen sich die Varianten wie folgt beschreiben:

Variante I:

Ausgehend von der öffentlichen Wegparzelle Gst. 1440, KG E., (Alte Reichsstraße) führe die Zufahrt über Gst. 692 der Beschwerdeführerin Richtung Norden, anfangs ansteigend, ca. 10 % Steigung), sodann auf fast ebenem Wiesenboden bis zur Grundgrenze Gp. 685 der viertmitbeteiligten Partei. Das Grundstück 692 werde hier auf einer Länge von ca. 105 lfm in einer Breite von 2,5 m beansprucht. Im Verlauf dieser Bringungstrasse führe bereits ein ausgetretener Fußweg. In der Folge verlaufe die - insgesamt 340 lfm lange - Wegtrasse auf Gst. 685 nach Westen abdrehend über die Gst. 691/1, 691/2 und

656. Alle diese Grundstücke stünden im Eigentum der mP. Im Bereich der Nordwest-Ecke des Gst. 692 werde diese Parzelle noch einmal geringfügig beansprucht, wobei diese Beanspruchung von der Beschwerdeführerin nicht angefochten werde. Die Fremdgrundinanspruchnahme bei dieser Variante betrage bis zur Grundgrenze Gst. 656 der drittmitbeteiligten Partei 310 lfm. Bei der Einmündung der Variante I in die Wegparzelle Gst. 1440 befinde sich ein Schranken, welcher im Jahr 1982 von der Beschwerdeführerin dort errichtet worden sei. Die Einmündung dort sei im Jahr 1953 notdürftig, im Jahr 1963 in der heutigen Form von den Eigentümern des Gst. 692 errichtet worden. Bauliche Maßnahmen seien auf Grund der Geländegegebenheiten nicht erforderlich, sodaß bei dieser Variante keine Bau- bzw. Errichtungskosten anfielen. Die Notwendigkeit einer Schotterung der Fahrspuren könnte sich (künftig) als Erhaltungsmaßnahme je nach Häufigkeit der Wegbenützung oder durch Befahren bei Nässe ergeben. Diese Erhaltungsmaßnahme würde in den Aufgabenbereich der mit dem erstinstanzlichen Bescheid eingerichteten Bringungsgemeinschaft fallen. Die Kosten einer Einschotterung beider Fahrspuren auf Gst. 692 beliefen sich auf

ca. S 18.000,--.

Die Variante II führe über eine in der Natur vorhandene Wegtrasse, den sogenannten Gehrenweg, der katastermäßig nicht erfaßt sei. Er zweige von der öffentlichen

Wegparzelle Gst. 1439 auf Gst. 638 Richtung Osten ab. Bis zu dieser Abzweigung stelle die öffentliche Wegparzelle Gst. 1439 einen nur auf Teilstrecken befestigten Traktorweg dar. Von dort verlaufe die Wegparzelle Nr. 1439 in südlicher Richtung als Fußweg zur Ruine E. Im Bereich der Gp. 248 habe dieser Weg Hohlwegcharakter mit Steigungen bis zu 16 %.

Dabei habe festgestellt werden können, daß dieser Hohlwegstrecke durch Befahren der westlich anschließenden Gp. 248 ausgewichen worden sei, was den Eigentümer dieser Parzelle offenbar veranlaßt habe, diese "Ausweichtrasse" mit quergelegten Stangen zu blockieren. Die Weglänge von der Abzweigung Gst. 1438/2 bei Gst. 666 bis zur Abzweigung des Gehrenweges auf der Wegparzelle 1439 betrage ca. 550 lfm. Die Zufahrt zum Beginn der Variante II von E. aus sei auch ausgehend von der Krankenhausstraße Gp. 1438/2 über den öffentlichen Weg Gp. 1433 bis zu einem Feldstadl und von dort über einen auf Privatgrundstücken (Fremdgrund) verlaufenden Traktorweg auf einer Länge von ca. 540 lfm bis zum Anschluß an die Wegparzelle 1439 möglich. Die Variante II selbst führe dann bis hm 0,5 durch bereits zugewachsene Fläche und weise hier noch einen gut befahrbaren Zustand auf. Die weitere Strecke bis zur Einmündung in die Gp. 659 bei hm 3,55 weise wechselnde, dem Gelände angepaßte Steigungen unter 12 % auf, die Fahrspuren seien teilweise geschottert, die talseitige Spur liege in der Regel etwas tiefer, auf Teilstrecken sei ein Hohlwegcharakter mit knapp 2 m nutzbarer Breite gegeben. Aus vorhandenen Fahrspuren sei ersichtlich, daß die Fahrzeuge im Hohlwegbereich das vorhandene Profil voll benötigten und die Reifenspuren auf den anstehenden Böschungen abgedruckt seien. Auf der Gp. 659 sei nur ein Erdweg vorhanden, auf dem hervorstehendes Grundgestein herausrage. Auf Gp. 660 sei wieder ein Weg mit teilweise geschotterten Fahrspuren vorhanden, doch gehe dieser an der Ostgrenze auf einer Länge von 20 m in einen Hohlweg über, der ebenso wie die anschließenden 25 lfm auf Gp. 688/2 eine Steigung bis zu 18 % aufweise. Das Befahren dieses Teiles der Wegstrecke sei durch die aus dem Wegplanum herausragenden Wurzeln stark behindert. Dazu komme auch hier noch die knappe nutzbare Breite von nur 2,20 m. Nördlich dieser Wegstrecke verlaufe ein offener Graben, sodaß eine Sanierung der Strecke durch Auffüllen der Spuren, Verbreiterung und Abwasserableitung mit Wasserauskehren möglich wäre. Die anschließende Strecke bis zu dem Stadel bei hm 5,8 bestehe in einem schlechten Erdweg mit Steigungen bis zu 16 %; von dort an sei so gut wie keine Querneigung des Geländes vorhanden, deutliche Fahrspuren seien auf der weiteren Strecke bis zum Anschluß an die Variante I nicht mehr vorhanden, lediglich ein ausgetretener Fußweg führe in Richtung Anschluß Variante I. Auf Gst. 685 münde die Variante II in die Variante I ein. Die Variante II weise von der Abzweigung von Gst. 1439 eine gesamte Weglänge von ca. 840 lfm auf; bis zum Gst. 685 der viertmitbeteiligten Partei betrage die Weglänge auf Fremdgrund ca. 520 lfm, aus der Sicht der drittmitbeteiligten Partei betrage die Weglänge auf Fremdgrund bis zu seiner Grundstücksgrenze Gst. 656 ca. 800 lfm.

(Variante III ist im vorliegenden Zusammenhang nicht mehr von Bedeutung).

Die Ermittlungen hätten weiters ergeben, daß für den Gehrenweg keine rechtlich geregelte Weggemeinschaft bestehe, in deren Aufgabenbereich die Benützung bzw. Erhaltung dieses Weges falle. Die Agrarbehörde erster Instanz habe den Versuch unternommen, unter Beiziehung jener Eigentümer, deren Grundstücke am Gehrenweg liegen, eine rechtliche Regelung in der Form der Bildung einer Bringungsgemeinschaft nach den Bestimmungen des GSLG. 1970 zu treffen. Dieses Bemühen sei jedoch bei der Verhandlung am 3. Oktober 1990 von der Mehrheit der Grundeigentümer abgelehnt worden. Über Befragen hätten die Eigentümer A. H. (Gst. 688/2), H. E. (Gst. 660) und Z. G. (Gst. 658) erklärt, daß für die mP ein Fahrtrecht am Gehrenweg nicht bestehe und ein Befahren nur teilweise bzw. nach Befragen geduldet worden sei. Einer bittweisen Benützung des Weges würde man für die mP mit Ausnahme der drittmitbeteiligten Partei zustimmen.

Zu dieser rechtlich nicht gesicherten Benützungssituation am Gehrenweg komme noch eine technische Unzulänglichkeit der Weganlage hinzu. Nach den von der belangten Behörde eingeholten agrartechnischen Stellungnahmen werde klar, daß der Gehrenweg zwar bei einigermaßen trockener Witterung mit Traktoren oder Motorkarren notdürftig befahren werden könne, von einer zulänglichen Bringungsmöglichkeit für die Wegbenützung mit heute üblichen landwirtschaftlichen Maschinen, insbesondere mit Ladewagen, aber nicht gesprochen werden könne. Es müsse besonders in Gebieten, die nicht zur Gänze von den Eigentümern selbst, sondern - wie im Beschwerdefall - pachtweise bewirtschaftet würden, davon ausgegangen werden, daß das Heu ohne Zwischenlagerung in den vorhandenen Stadeln direkt zu den Hofställen der Pächter gebracht werde. Dabei komme es in der Regel zum Einsatz von Ladewagen, für welche der Gehrenweg besonders in beladenem Zustand sicher nicht ausreiche. Normale Ladewagen wiesen eine Gesamtbreite von bis zu 2,40 m und eine Bodenfreiheit von 40 cm auf. Damit ergebe sich die Notwendigkeit einer weiteren Ausgestaltung des Gehrenweges durch Verbreiterung und Aufschüttungen der Fahrspuren. Bei Verwendung eines solchen Ladewagens sei es bereits zu schweren Beschädigungen an diesem Fahrzeug bei der Benützung des Gehrenweges gekommen, sodaß der betreffende Bauer nicht mehr zur Bewirtschaftung der Wiese der viertmitbeteiligten Partei bereit sei.

Es sei zwar richtig, daß durch bauliche Veränderungen, nämlich Verbreiterungen und streckenweisen Ausbau mit einer regelmäßigen Pflege der Gehrenweg so hergerichtet werden könne, daß die aufgezeigten technischen Unzulänglichkeiten beseitigt seien. Es fehle aber die rechtliche Möglichkeit, solche notwendigen Ausbau- und Erhaltungsmaßnahmen am Gehrenweg durchzuführen.

Zusammenfassend gelange die belangte Behörde zu der Ansicht, daß die Erschließung über den Gehrenweg (Variante II) nicht als real existierende Möglichkeit gewertet werden könne, den hinsichtlich der Grundstücke der mP bestehenden Bringungsnotstand zu beseitigen.

Dem Vorteil der Erschließung des Grundstückskomplexes der mP stünden als Nachteile die Ertragsausfälle auf der Bringungstrasse gegenüber, welche jedoch bezüglich des Gst. 692 der Beschwerdeführerin mit der Zuerkennung einer einmaligen Geldentschädigung für die in Anspruch genommene Fläche im Ausmaß von S 5.445,-- abgegolten würden. Völlig unzutreffend erscheine in diesem Zusammenhang die Ausführung des von der Beschwerdeführerin beigezogenen Gutachters, daß die Wegtrasse gemäß Variante I quer über die Wiese der Beschwerdeführerin verlaufe und daher eine Wirtschaftserschwernis darstelle. Tatsache sei vielmehr, daß die Bringungstrasse am unteren Rand des Gst. 692 auf fast ebenem Grund verlaufe, sodaß von einer Wirtschaftserschwernis keine Rede sein könne. Einen allfälligen Bauaufwand (Schotterung) hätten natürlich die mP bescheidgemäß zu tragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die mP hätten eine Möglichkeit der Bringung über den Gehrenweg (Variante II). Zumindest seit dem Jahr 1981 hätten sämtliche Grundeigentümer zur Bewirtschaftung ihrer landwirtschaftlich genutzten Flächen den Gehrenweg benützen müssen, weil die Beschwerdeführerin die Bringung über ihr Grundstück untersagt habe. Aus einem Verfahren vor dem Bezirksgericht R. und den darin abgegebenen Zeugenaussagen ergebe sich aber auch, daß diese Wegvariante längst vor diesem Termin zur Ernte benützt worden sei. Da sohin zumindest der äußere Anschein eindeutig auf den Bestand einer Dienstbarkeit zur Benützung des Gehrenrechtes für die mP hinweise, sei es deren Sache, diese Benützungssituation auch rechtlich abzusichern, falls sie dies für erforderlich hielten. Auch die im angefochtenen Bescheid angeführte technische Unzulänglichkeit des Gehrenweges sei kein ausreichender Grund für die Einräumung eines Bringungsrechtes. Diese technische Unzulänglichkeit könne nämlich relativ leicht durch Verbreiterungen und Aufschotterungen behoben werden. Dies sei für die mP zumutbar, zumal auch die Einräumung des Bringungsrechtes gemäß Variante I Kosten verursache. Es sei nämlich undenkbar, über die vorhandene Grasnarbe mit Traktoren und Ladefuhrwerken zu fahren, ohne daß entsprechende Fahrrinnen entstünden. Ohne Aufschotterung trete dann der Fall ein, daß diesen Fahrspuren gerade bei schlechter Witterung immer wieder ausgewichen werden müsse, was zu einer unnötigen und unzumutbaren Verbreiterung des Weges führe. Eine entsprechende Aufschotterung des Weges im Bereich des Gst. 692 sei also ebenfalls mit Kosten verbunden.

Die belangte Behörde hätte die Frage, ob für die mP am Gehrenweg eine Dienstbarkeit bestehe, als Vorfrage beurteilen oder die mP zur gerichtlichen Klärung dieser Frage auffordern müssen.

Um die verschiedenen Varianten gegenüberstellen zu können, hätte die belangte Behörde Erhebungen darüber führen müssen, welche Kosten eine erforderliche Verbreiterung und Aufschüttung des Gehrenweges verursache.

Die belangte Behörde habe bei der Festsetzung der Geldentschädigung lediglich einen Betrag von S 5.445,-- für die in Anspruch genommene Fahrfläche festgesetzt. Die Beschwerdeführerin habe im Verfahren aber auch vorgebracht, daß ihr Kosten für die Errichtung der Zufahrt von Gst. 692 zur öffentlichen Straße erwachsen seien. Diese Kosten wären auf jeden Fall zu eruieren und anteilsmäßig auf die mP zu übertragen gewesen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 GSLG. 1970 ist ein Bringungsrecht im Sinne dieses Gesetzes das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen.

Nach § 2 Abs. 1 GSLG. 1970 ist auf Antrag des Eigentümers eines Grundstückes ein Bringungsrecht einzuräumen, wenn

a) die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich beeinträchtigt wird, daß für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht, und

b) dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht beseitigt oder gemildert werden kann, das den im § 3 Abs. 1 aufgestellten Erfordernissen entspricht und öffentliche Interessen, insbesondere des Forst- und Bergwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, der Wasserwirtschaft, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung und der Sicherheit des Luftraumes, nicht verletzt.

Nach § 3 Abs. 1 leg. cit. sind Art, Inhalt und Umfang eines Bringungsrechtes so festzusetzen, daß

a) die durch die Einräumung und Ausübung eines Bringungsrechtes erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen;

b)

weder Menschen noch Sachen gefährdet werden;

c)

fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszweckes in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen wird und

              d)              möglichst geringe Kosten verursacht werden.

Für die Bringung der aus den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken der mP gewonnenen Produkte kommen nach den Feststellungen der belangten Behörde drei Möglichkeiten in Betracht, von denen nach Auffassung der belangten Behörde der Variante I der Vorzug gebührt.

Variante III wird in der Beschwerde nicht mehr angesprochen. Die Beschwerdeführerin meint aber, ein Bringungsrecht über ihr Grundstück 692 (Variante I) hätte nicht eingeräumt werden dürfen, weil den mP auf Grund einer Dienstbarkeit ein Bringungsrecht über den sogenannten Gehrenweg (Variante II) zur Verfügung stünde.

Eine Bringung über den Gehrenweg stünde dann der Einräumung eines Bringungsrechtes über das Grundstück der Beschwerdeführerin entgegen, wenn die mP rechtlich die Möglichkeit der Benutzung dieses Weges hätten und diese Bringungsmöglichkeit nicht als unzulänglich eingestuft werden könnte oder eine Beseitigung der Unzulänglichkeiten rechtlich möglich wäre und gegenüber der Variante I geringere Nachteile im Sinne des GSLG. 1970 mit sich brächte.

Ein Teil der Eigentümer jener Grundstücke, über die der Gehrenweg führt, hat bei der mündlichen Verhandlung der Agrarbehörde erster Instanz am 3. Oktober 1990 erklärt, die mP hätten kein Recht zur Benützung des Gehrenweges und begründeten dies damit, bei einer Benützung dieses Weges habe immer gefragt werden müssen. Die bittweise Benützung dieses Weges werde allerdings den mP - mit einer Ausnahme - gewährt. Das stimmt mit der Erklärung der mP selbst überein, die den Bestand einer Servitut auf dem Gehrenweg verneint haben. Wenn die belangte Behörde auf der Grundlage dieser Ermittlungsergebnisse zu der Auffassung gelangt ist, daß für die mP keine rechtlich gesicherte Möglichkeit der Benutzung des Gehrenweges besteht, dann kann ihr nicht entgegengetreten werden, zumal die Beschwerdeführerin nichts vorgebracht hat, was diese Ermittlungsergebnisse als unrichtig erscheinen ließe. Eine von der Beschwerdeführerin behauptete Benützung des Gehrenweges durch die mP steht dem aus mehreren Gründen nicht entgegen. Zum einen reicht die Zeit seit 1981 zur Ersitzung einer Dienstbarkeit nicht aus; zum anderen haben auch die Eigentümer des Gehrenweges eine Benützung nicht in Abrede gestellt, aber behauptet, es habe sich dabei immer um eine Bittleihe gehandelt. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine im Wege der Bittleihe mögliche Benutzung des Gehrenweges - die überdies nicht allen mP offensteht - die Einräumung eines Bringungsrechtes über das Grundstück der Beschwerdeführerin ausschließen würde, da die Benützung des Gehrenweges in seinem derzeitigen Zustand - und nur diese ist von dem Prekarium erfaßt - den Bringungsnotstand der mP nicht beseitigt. Erforderlich ist vielmehr ein Ausbau dieses Weges, insbesondere eine Verbreiterung und eine Aufschotterung. Für diese Maßnahmen aber wäre die Einräumung eines Bringungsrechtes erforderlich; dies im übrigen selbst dann, wenn man vom Bestand einer Dienstbarkeit zugunsten der mP am Gehrenweg ausginge. Eine Verbreiterung einer auf Grund einer Dienstbarkeit benützten Weganlage ist nämlich nach § 484 ABGB nicht zulässig (vgl. SZ 55/125, SZ 39/92 u.a.).

Wäre aber die Benützung des Gehrenweges (Variante II) nur im Wege einer Bringungsrechtseinräumung möglich, dann stellt im Variantenvergleich Variante I die dem GSLG. 1970 entsprechende Variante dar. Dies schon deswegen, weil bei Variante II erheblich mehr Fremdgrund in Anspruch genommen werden müßte als bei Variante I, sodaß Variante II dem § 3 Abs. 1 lit. c GSLG. 1970 widerspräche. Hiezu kommt, daß nach den Feststellungen der belangten Behörde, die sich dabei auf die übereinstimmenden Angaben sowohl des in erster Instanz beigezogenen Amtssachverständigen als auch des Amtssachverständigen der belangten Behörde selbst stützen konnte, bei Variante I keine Baumaßnahmen erforderlich sind, während Variante II sich in einem für das Befahren mit den erforderlichen landwirtschaftlichen Geräten, insbesondere mit Ladewagen, ungeigneten Zustand befindet.

Die Beschwerdeführerin bemängelt auch die Höhe der Entschädigung.

Umfaßt ein Bringungsrecht die Berechtigung zur Benützung einer fremden Bringungsanlage (§ 1 Abs. 2 lit. d), so hat nach § 10 Abs. 1 GSLG. 1970 deren Eigentümer Anspruch auf einen Beitrag zum Aufwand für die Errichtung, Ausgestaltung, Erhaltung und den Betrieb der Bringungsanlage.

Nach § 10 Abs. 2 leg. cit. ist der Beitrag zum Aufwand für die Errichtung und Ausgestaltung - unter Berücksichtigung des Erhaltungszustandes - auf der Grundlage der Kosten zu bemessen, die der Bau des für die Mitbenützung in Betracht kommenden Teiles der Anlage im Zeitpunkt der Antragstellung dem Eigentümer der Anlage verursachen würde.

Nach § 10 Abs. 3 GSLG. 1970 ist der Beitrag zum Aufwand für die Erhaltung auf der Grundlage des durchschnittlichen Erhaltungsaufwandes des für die Mitbenützung in Betracht kommenden Teiles der Anlage zu bemessen. Dies gilt sinngemäß auch für den Beitrag zum Betriebsaufwand.

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, geltend gemacht, sie habe für die mitbenützte Zufahrt bereits erhebliche Ausgaben getätigt. Dieser Aufwand müsse ihr abgegolten werden. Zu diesem Thema hat die belangte Behörde keinerlei Feststellungen getroffen und dadurch Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätten kommen können. Trifft es nämlich zu, daß das eingeräumte Bringungsrecht auch eine auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin bestehende Bringungsanlage umfaßt, dann kommt hiefür - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - ein Kostenbeitrag nach § 10 GSLG. 1970 in Betracht. Ein solcher wurde aber in dem lediglich auf den Ertragsentgang abstellenden Gutachten des Amtssachverständigen, das der Entschädigungsbemessung zugrundeliegt, nicht berücksichtigt. Dabei ist es - entgegen der von der belangten Behörde in der Gegenschrift geäußerten Auffassung - ohne Belang, ob die Beschwerdeführerin zu dem Zeitpunkt, als die Bringungsanlage errichtet wurde, bereits Eigentümerin der Parzelle 692 war, da § 10 GSLG. 1970 darauf nicht abstellt.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war. Die Aufhebung hatte sich im Hinblick auf die Bestimmung des § 7 Abs. 3 GSLG. 1970 auf den gesamten Bescheid zu erstrecken.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994070094.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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