TE Vfgh Beschluss 1993/3/15 B604/93

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.03.1993
beobachten
merken

Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
Sbg GdWO §33
Sbg GdWO §95
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde mangels Bescheidcharakter einer Mitteilung des Bürgermeisters der Stadt Salzburg betreffend die mangelnde Wahlberechtigung von Auslandsösterreichern bei Gemeinderatswahlen und Landtagswahlen; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als offenbar aussichtslos

Spruch

I. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Der Beschwerdeführer ist nach seinen Angaben österreichischer Staatsbürger mit dem ordentlichen Wohnsitz im Ausland (Bundesrepublik Deutschland).

1.2. Ein "für den Bürgermeister" gefertigtes, an den Beschwerdeführer gerichtetes Schreiben des Magistrats der Landeshauptstadt Salzburg vom 14. Oktober 1992, Z ZV/01/92, hat ua. folgenden Wortlaut:

"In Ihrem o.g. Schreiben stellen Sie die Frage, warum Sie nicht zur Gemeinderatswahl am 4.10.1992 eingeladen wurden.

Dazu darf ich Ihnen heute folgendes mitteilen: Nach der derzeitigen Gesetzeslage sind Auslandsösterreicher unter bestimmten Voraussetzungen bei Nationalratswahlen, Bundespräsidentenwahlen und bei Volksabstimmungen im Bund wahlberechtigt.

Hinsichtlich Gemeinderatswahlen und Landtagswahlen bestehen derzeit keine derartigen gesetzlichen Regelungen ...

In der Hoffnung, daß ich Ihnen mit diesen Informationen behilflich sein konnte, verbleibe ich ..."

1.3. Gegen dieses Schreiben richtet sich die nicht von einem Rechtsanwalt eingebrachte "Verfassungsbeschwerde" des Beschwerdeführers, in welcher der Sache nach die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet wird, nämlich jener Regelungen, die Auslandsösterreicher von der Teilnahme an der Gemeinderatswahl in der Landeshauptstadt Salzburg ausschließen.

1.4. Auf Grund eines Verbesserungsauftrages, den ihm der Verfassungsgerichtshof erteilt hatte, stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.

2.1. Das angefochtene Schreiben erging nicht in der äußeren Form eines Bescheides; es ist nämlich weder mit "Bescheid" überschrieben noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung gegliedert. Nun ist zwar auch eine formlose Erledigung als Bescheid anzusehen, wenn sie nach ihrem deutlich erkennbaren objektiven Inhalt eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, also für den Einzelfall Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder feststellt (VfSlg. 11415/1987 und die dort zitierte Vorjudikatur, 12321/1990).

Doch kann nach dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des bekämpften Schreibens kein Zweifel bestehen, daß der Bürgermeister den Beschwerdeführer - auf dessen Frage - nur über die aus seiner Sicht gegebene Rechtslage - informativ - in Kenntnis setzte (vgl. die Wendung: "Dazu darf ich Ihnen ... folgendes mitteilen ..."

(zweiter Absatz), ferner die Worte "mit diesen Informationen" (letzter Absatz)). Eine solche, den Charakter einer schlichten Mitteilung tragende Rechtsbelehrung entbehrt aber des individuell-normativen Inhalts, wie ihn Art144 Abs1 Satz 1 B-VG zwingend verlangt (vgl. VfSlg. 11415/1987 und die dort zitierte Vorjudikatur, 11698/1988, 12321/1990). Insbesondere handelt es sich dabei auch nicht um eine Entscheidung über einen Einspruch gegen das Wählerverzeichnis, wie ihn §33 iVm §95 Salzburger Gemeindewahlordnung 1974, LGBl. 72/1974, zuletzt novelliert durch LGBl. 76/1992, vorsieht, oder um die Erledigung einer Berufung gegen eine solche Entscheidung (§95 Abs2 liti Salzburger Gemeindewahlordnung 1974).

2.2. Die Beschwerde ist daher, da es an einem tauglichen Beschwerdegegenstand mangelt, unzulässig.

Da somit die beabsichtigte Rechtsverfolgung als offenbar aussichtslos erscheint, war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe als unbegründet abzuweisen.

2.3. Die Beschwerde selbst war wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

2.4. Diese Beschlüsse konnten gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953 bzw. gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

Bescheidbegriff, Wahlen, Wahlrecht aktives, Auslandsösterreicher, Wählerevidenz, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B604.1993

Dokumentnummer

JFT_10069685_93B00604_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten