TE Bvwg Erkenntnis 2024/4/10 W184 2285898-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.04.2024
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Entscheidungsdatum

10.04.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W184 2285898-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX StA Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2023, Zl. 1316004504/222244647, wie folgt zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. am römisch 40 StA Syrien, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2023, Zl. 1316004504/222244647, wie folgt zu Recht:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.       Verfahrensgang:römisch eins.       Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Syriens, reiste schlepperunterstützt über mehrere Länder nach Österreich ein, wo er am 20.7.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Am selben Tag erfolgte die Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Zum Fluchtgrund befragt, führte die beschwerdeführende Partei an, dass in Syrien Krieg herrsche und er in den Krieg eingezogen werden sollte. Er wolle jedoch weder töten noch getötet werden und habe Angst um sein Leben.

Zu seinen persönlichen Umständen befragt, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass seine Muttersprache Arabisch sei, er in Idlib geboren worden sei und neun Jahre die Grundschule besucht habe. Er habe keine Berufsausbildung abgeschlossen und sei vor seiner Ausreise als Landwirtschaftsarbeiter tätig gewesen. Im Jänner 2022 habe er den Entschluss gefasst, das Land zu verlassen.

2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 12.6.2023 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) führte die beschwerdeführende Partei aus, dass er in Idlib Stadt geboren worden sei und der Volksgruppe der Araber angehöre. Er gehöre der Religion des sunnitischen Islam an und habe vor seiner Ausreise von Jänner 2020 bis März 2022 in XXXX in einem Camp gelebt. Befragt, unter welcher Kontrolle der genannte Landesteil beim Verlassen seines Heimatlandes gestanden sei, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass der genannte Landesteil unter der Herrschaft der Al-Nusra Gruppierung gestanden sei. Er habe die Schule 2015 oder 2016 abgeschlossen und habe keine weiteren Ausbildungen absolviert. Ansonsten sei er nur in der Landwirtschaft tätig gewesen. 2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 12.6.2023 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) führte die beschwerdeführende Partei aus, dass er in Idlib Stadt geboren worden sei und der Volksgruppe der Araber angehöre. Er gehöre der Religion des sunnitischen Islam an und habe vor seiner Ausreise von Jänner 2020 bis März 2022 in römisch 40 in einem Camp gelebt. Befragt, unter welcher Kontrolle der genannte Landesteil beim Verlassen seines Heimatlandes gestanden sei, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass der genannte Landesteil unter der Herrschaft der Al-Nusra Gruppierung gestanden sei. Er habe die Schule 2015 oder 2016 abgeschlossen und habe keine weiteren Ausbildungen absolviert. Ansonsten sei er nur in der Landwirtschaft tätig gewesen.

Im Herkunftsstaat seien nach wie vor die Mutter und die Schwestern sowie ein Bruder der beschwerdeführenden Partei wohnhaft, den genauen Verbleib seines Vaters wisse er jedoch nicht. Sein Onkel unterstütze aktuell seine Familie, sein Vater sei bereits seit dem Jahr 2006 oder 2007 unbekannten Aufenthalts. Auf Vorhalt, dass er in der Erstbefragung angegeben habe, dass sein Vater bereits seit 20 Jahren vermisst werde, brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass er bei der Erstbefragung ebenfalls gesagt habe, dass er damals fünf oder sechs Jahre gewesen sei. Die allgemeine Lage seiner Angehörigen im Herkunftsland sei schlecht, da es kein funktionierendes Schulsystem gebe bzw. man lebenswichtige Güter nicht erhalte. Die beschwerdeführende Partei stehe mit seinen Familienmitgliedern in regelmäßigem Kontakt über WhatsApp.

Zu seiner Ausreise befragt, führte die beschwerdeführende Partei an, dass er sich am 10.03.2022 dazu entschlossen habe, das Land zu verlassen, da in Syrien Al-Nusra herrsche und diese seine Familie immer bedroht habe und Kleidungsvorschriften machen würde. Die Fragen, ob er vorbestraft oder in seinem Heimatland inhaftiert gewesen sei bzw. Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt habe, wurden allesamt verneint. Es würden gegen ihn wegen des abzuleistenden Militärdienstes staatliche Fahndungsmaßnahmen bestehen. Die weiteren Fragen, ob er politisch tätig sei oder Mitglied einer politischen Partei gewesen sei, wurden von der beschwerdeführenden Partei ebenfalls verneint. Er habe in Syrien auch keine Probleme aufgrund seines Religionsbekenntnisses, seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder größere Probleme mit Privatpersonen gehabt und an keinen bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen.

Zum Fluchtgrund befragt, gab die beschwerdeführende Partei zu Protokoll, dass er sein Heimatland nur wegen des Militärdienstes verlassen habe, da er niemanden töten und auch nicht getötet werden wolle. Zudem wolle die Al Nusra-Front Menschen rekrutieren, er selbst habe jedoch nicht die Absicht, diese Gruppierung zu unterstützen, und wolle niemanden umbringen. Weitere Gründe, aufgrund derer er das Land verlassen habe, gebe es nicht. Zu dem Vorhalt, dass Al Nusra für den Dienst an der Waffe zwar werbe, selbst jedoch keine Zwangsrekrutierungen durchführe, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass diese Angaben stimmen würden und er selbst den Dienst an der Waffe verweigert habe, weshalb er sich sorge, von diesen getötet zu werden. Da diese Verbrecher seien, habe er das Land verlassen. Er sei nach XXXX gezogen, da sich das Militär seinem Heimatort genähert habe. Die Frage, ob er neben seiner Familie mit weiteren, in Syrien lebenden Personen in Kontakt stehe, wurde verneint. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst vor dem Pflichtmilitärdienst und er wolle niemanden töten. Die Fragen, ob er ein Militärbuch habe oder ob er einen Einberufungsbefehl erhalten habe, wurden von der beschwerdeführenden Partei verneint. Zum Fluchtgrund befragt, gab die beschwerdeführende Partei zu Protokoll, dass er sein Heimatland nur wegen des Militärdienstes verlassen habe, da er niemanden töten und auch nicht getötet werden wolle. Zudem wolle die Al Nusra-Front Menschen rekrutieren, er selbst habe jedoch nicht die Absicht, diese Gruppierung zu unterstützen, und wolle niemanden umbringen. Weitere Gründe, aufgrund derer er das Land verlassen habe, gebe es nicht. Zu dem Vorhalt, dass Al Nusra für den Dienst an der Waffe zwar werbe, selbst jedoch keine Zwangsrekrutierungen durchführe, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass diese Angaben stimmen würden und er selbst den Dienst an der Waffe verweigert habe, weshalb er sich sorge, von diesen getötet zu werden. Da diese Verbrecher seien, habe er das Land verlassen. Er sei nach römisch 40 gezogen, da sich das Militär seinem Heimatort genähert habe. Die Frage, ob er neben seiner Familie mit weiteren, in Syrien lebenden Personen in Kontakt stehe, wurde verneint. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst vor dem Pflichtmilitärdienst und er wolle niemanden töten. Die Fragen, ob er ein Militärbuch habe oder ob er einen Einberufungsbefehl erhalten habe, wurden von der beschwerdeführenden Partei verneint.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden von der beschwerdeführenden Partei die Kopie eines abgelaufenen syrischen Reisepasses und Kopien des Familienregisterauszuges in Vorlage gebracht.

3. Mit Bescheid des BFA vom 06.12.2023, Zl. 1316004504/222244647, wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 20.7.2022 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde der beschwerdeführenden Partei für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 3. Mit Bescheid des BFA vom 06.12.2023, Zl. 1316004504/222244647, wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 20.7.2022 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde der beschwerdeführenden Partei für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend wurde ausgeführt, dass aus den Länderfeststellungen hervorgehe, dass aufgrund fehlender Kontrolle und damit einhergehend fehlender administrativer Strukturen des syrischen Regimes an seinem letzten gewöhnlichen Aufenthalt kein verpflichtender Wehrdienst herrsche. Da der Wehrdienst daher nur auf freiwilliger Basis stattfinde, sei festzustellen gewesen, dass der beschwerdeführenden Partei in seiner Heimatregion bzw. an seinem letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr der Einberufung zum Militärdienst durch das syrische Regime oder oppositionelle Gruppierungen drohe. Eine Verfolgung durch die Idlib kontrollierenden Gruppen habe die beschwerdeführende Partei im Verfahren nicht glaubhaft vorgebracht. Vor diesem Hintergrund könne eine Verfolgung durch die syrische Regierung bei Rückkehr an seinen letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort nicht für glaubhaft angesehen werden, zumal - mangels Zugriffsmöglichkeiten der syrischen Regierung in diesem Gebiet - keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit für Repressalien oder staatliche Sanktionen bestehen würden.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und führte darin aus, dass die belangte Behörde ein willkürliches Verhalten gesetzt habe, indem sie wichtige Ermittlungsschritte unterlassen habe. Das Bundesamt habe kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und die Entscheidung deshalb mit Verfahrensfehlern belastet. Nunmehr kontrolliere die syrische Regierung das Herkunftsdorf der beschwerdeführenden Partei. Ein Grenzüberschritt sei derzeit eingeschränkt und nur für bestimmte, privilegierte Personengruppen möglich. Die beschwerdeführende Partei verfüge zwar über eine Kimlik, diese sei allerdings aufgrund der erfolgten Ausreise aus der Türkei nicht mehr gültig. Die belangte Behörde habe alle notwendigen Feststellungen zu treffen, die sie ihrer Beweiswürdigung zugrunde lege. Die Feststellungen zu den Gründen des Verlassens des Herkunftsstaates seien viel zu wenig umfangreich und würden nicht erkennen lassen, von welchem Sachverhalt die Behörde genau ausgehe. Die Begründung eines Bescheides habe auch „die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen“ zu enthalten. Aufgrund dieser mangelhaften Feststellungen behafte die Behörde die Entscheidung mit groben Fehlern und es sei keinesfalls nachvollziehbar, aufgrund welcher Erwägungen die Behörde die konkrete Entscheidung erlassen habe. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung. 4. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. und führte darin aus, dass die belangte Behörde ein willkürliches Verhalten gesetzt habe, indem sie wichtige Ermittlungsschritte unterlassen habe. Das Bundesamt habe kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und die Entscheidung deshalb mit Verfahrensfehlern belastet. Nunmehr kontrolliere die syrische Regierung das Herkunftsdorf der beschwerdeführenden Partei. Ein Grenzüberschritt sei derzeit eingeschränkt und nur für bestimmte, privilegierte Personengruppen möglich. Die beschwerdeführende Partei verfüge zwar über eine Kimlik, diese sei allerdings aufgrund der erfolgten Ausreise aus der Türkei nicht mehr gültig. Die belangte Behörde habe alle notwendigen Feststellungen zu treffen, die sie ihrer Beweiswürdigung zugrunde lege. Die Feststellungen zu den Gründen des Verlassens des Herkunftsstaates seien viel zu wenig umfangreich und würden nicht erkennen lassen, von welchem Sachverhalt die Behörde genau ausgehe. Die Begründung eines Bescheides habe auch „die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen“ zu enthalten. Aufgrund dieser mangelhaften Feststellungen behafte die Behörde die Entscheidung mit groben Fehlern und es sei keinesfalls nachvollziehbar, aufgrund welcher Erwägungen die Behörde die konkrete Entscheidung erlassen habe. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person der beschwerdeführenden Partei

Die beschwerdeführende Partei ist syrischer Staatsbürger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zur islamischen Glaubensgemeinschaft. Die Identität der beschwerdeführenden Partei steht fest. Er wurde in der Stadt Idlib in der Provinz Idlib geboren und wuchs in der Region XXXX auf. Er hat sich von Jänner 2020 bis März 2022 in der Stadt XXXX aufgehalten. Er hat acht Jahre die Grundschule besucht und ging in Syrien einer Tätigkeit in der Landwirtschaft nach. Die beschwerdeführende Partei ist syrischer Staatsbürger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zur islamischen Glaubensgemeinschaft. Die Identität der beschwerdeführenden Partei steht fest. Er wurde in der Stadt Idlib in der Provinz Idlib geboren und wuchs in der Region römisch 40 auf. Er hat sich von Jänner 2020 bis März 2022 in der Stadt römisch 40 aufgehalten. Er hat acht Jahre die Grundschule besucht und ging in Syrien einer Tätigkeit in der Landwirtschaft nach.

Die beschwerdeführende Partei ist ledig und hat keine Kinder. Seine Mutter, seine drei Schwestern und sein Bruder sind nach wie vor in der Provinz Idlib wohnhaft und die beschwerdeführende Partei steht mit diesen nach wie vor über WhatsApp in regelmäßigem Kontakt.

Die beschwerdeführende Partei stellte am 20.07.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Aufgrund dieses Antrages wurde ihm mit Bescheid vom 06.12.2023 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

1.2 Zum Fluchtgrund der beschwerdeführenden Partei

Der beschwerdeführenden Partei droht in seiner Herkunftsregion Idlib nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine reale Gefahr, als Grundwehrdiener zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen zu werden. Folglich wird auch die konkrete Gefährdung, dass der beschwerdeführenden Partei durch das syrische Regime wegen seiner Militärdienstverweigerung möglicherweise eine gegenüber dem syrischen Regime eingenommene kritische Haltung und zumindest eine oppositionsnahe Einstellung bzw. Gesinnung unterstellt werden könnte, nicht festgestellt.

Der Großteil der Provinz Idlib befindet sich derzeit unter der Kontrolle oppositioneller Kräfte, nämlich der HTS (Hay'at Tahrir ash-Sham). Die syrischen Regierungsbehörden haben in den Gebieten der HTS keinen Zugriff auf bestimmte Personen und können dort keine staatliche oder behördliche Macht ausüben.

Der beschwerdeführenden Partei ist es im Falle einer Einreise über den nicht vom syrischen Regime kontrollierten Grenzübergang Bab al-Hawa möglich, ohne mit dem syrischen Regime in Kontakt zu kommen, in seine Heimatregion bzw. seinen Heimatort zurückzukehren. Der beschwerdeführenden Partei drohen daher weder beim Grenzübertritt in seinen Herkunftsstaat noch bei der Weiterreise in seine Heimatregion mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgungshandlungen seitens syrischer Behörden.

Die beschwerdeführende Partei wurde in Syrien keiner Musterung zur Überprüfung seiner Tauglichkeit für den Militärdienst unterzogen und erhielt vor seiner Ausreise aus Syrien kein Militärbuch und keinen Einberufungsbefehl.

Der beschwerdeführenden Partei droht im Falle einer Rückkehr nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Zwangsrekrutierung durch syrische Streitkräfte oder oppositionelle Milizen. Es ist insbesondere nicht glaubhaft, dass die beschwerdeführende Partei auf einer Rekrutierungsliste der oppositionellen Miliz HTS aufscheint oder vor seiner Ausreise aus Syrien von Mitgliedern der HTS verfolgt wurde.

Die beschwerdeführende Partei konnte nicht glaubhaft machen, dass er in Syrien einer individuellen, konkreten Verfolgungshandlung oder Bedrohung ausgesetzt war und es droht ihm auch bei einer Rückkehr nach Syrien kein Eingriff in seine körperliche Integrität durch syrische Streitkräfte oder oppositionelle Milizen.

Die beschwerdeführende Partei wurde weder vom syrischen Staat (bzw. dessen Behörden) oder anderen Gruppierungen für den Dienst im Militär oder sonst als Kämpfer angeworben noch wurden sonstige Rekrutierungshandlungen von diesen Stellen in diesem Zusammenhang gesetzt. Die beschwerdeführende Partei war in Syrien nicht politisch tätig und war nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung.

Ihm droht bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien nicht wegen seiner illegalen Ausreise, der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich, der Teilnahme an Demonstrationen oder der Abstammung aus einem als oppositionell angesehenen Gebiet Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung.

Die beschwerdeführende Partei hat Syrien nur wegen der Kriegswirren verlassen.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

SYRISCHE ARABISCHE REPUBLIK

Letzte Änderung 2024-03-08 11:06

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).

Institutionen und Wahlen

Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).

Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).

Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das "Volksrat" genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba'ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.7.2020).

Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall innerhalb der vom Regime kontrollierten Gebiete wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen und somit keinen Mechanismus zur Überprüfung, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Aufgrund der Vorschriften bei Reihungen auf Wahllisten sind alternative Kandidaten standardmäßig nur ein Zusatz zu den Kandidaten der Ba'ath-Partei (MEI 24.7.2020). Die vom Regime und den Nachrichtendiensten vorgenommene Reihung auf der Liste ist damit wichtiger als die Unterstützung durch die Bevölkerung oder Stimmen. Wahlen in Syrien dienen nicht dem Finden von Entscheidungsträgern, sondern der Aufrechterhaltung der Fassade von demokratischen Prozessen durch den Staat nach Außen. Sie fungieren als Möglichkeit, relevante Personen in Syrien quasi zu managen und Loyalisten dazu zu zwingen, ihre Hingabe zum Regime zu demonstrieren (BS 23.2.2022). Zudem gilt der Verkauf öffentlicher Ämter an reiche Personen, im Verbund mit entsprechend gefälschten Wahlergebnissen, als zunehmend wichtige Devisenquelle für das syrische Regime (AA 29.3.2023). Entscheidungen werden von den Sicherheitsdiensten oder dem Präsidenten auf Basis ihrer Notwendigkeiten getroffen - nicht durch gewählte Personen (BS 23.2.2022).

Im September 2022 fanden in allen [unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden] Provinzen Wahlen für die Lokalräte statt. Nichtregierungsorganisationen bezeichneten sie ebenfalls als weder frei noch fair (USDOS 20.3.2023).

Sicherheitslage

Letzte Änderung 2024-03-08 11:17

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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