Entscheidungsdatum
28.06.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W260 2280004-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2023, ZI. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.04.2024, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2023, ZI. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.04.2024, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte am 05.07.2022 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er zusammengefasst an, dass er syrischer Staatsangehöriger sowie Angehöriger der arabischen Volksgruppe und sunnitisch-islamischen Glaubens sei. Seine Muttersprache sei Arabisch. Er stamme aus XXXX , Reef Damaskus, Syrien und sei in Damaskus geboren. Der Beschwerdeführer habe neun Jahre lang die Grundschule besucht, eine Berufsausbildung als Friseur erhalten und zuletzt als Taxifahrer gearbeitet. Befragt nach Familienangehörigen in Syrien, gab der Beschwerdeführer seine Ehegattin, seinen Sohn, seine Mutter, fünf Brüder und zwei Schwestern an. Sein Vater sei bereits verstorben. Der Beschwerdeführer sei verheiratet. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er aus, er habe an der Grenze zum Libanon in einem kleinen Dorf gelebt. Diese Region werde von der Miliz Hisbollah regiert. Der Beschwerdeführer habe seinen Militärdienst schon geleistet und als Reservesoldat gedient. Nun sei er aufgefordert worden für die Hisbollah zu kämpfen. 2. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er zusammengefasst an, dass er syrischer Staatsangehöriger sowie Angehöriger der arabischen Volksgruppe und sunnitisch-islamischen Glaubens sei. Seine Muttersprache sei Arabisch. Er stamme aus römisch 40 , Reef Damaskus, Syrien und sei in Damaskus geboren. Der Beschwerdeführer habe neun Jahre lang die Grundschule besucht, eine Berufsausbildung als Friseur erhalten und zuletzt als Taxifahrer gearbeitet. Befragt nach Familienangehörigen in Syrien, gab der Beschwerdeführer seine Ehegattin, seinen Sohn, seine Mutter, fünf Brüder und zwei Schwestern an. Sein Vater sei bereits verstorben. Der Beschwerdeführer sei verheiratet. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er aus, er habe an der Grenze zum Libanon in einem kleinen Dorf gelebt. Diese Region werde von der Miliz Hisbollah regiert. Der Beschwerdeführer habe seinen Militärdienst schon geleistet und als Reservesoldat gedient. Nun sei er aufgefordert worden für die Hisbollah zu kämpfen.
3. Am 15.06.2023 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden auch: BFA oder belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer führte aus, in Riff Damaskus im Dorf XXXX geboren worden zu sein. Vor dem Krieg habe er auch in Damaskus gelebt. Nachdem der Krieg ausgebrochen sei, sei er wieder in das Dorf XXXX zurück. Syrien habe er im XXXX 2021 verlassen. Der Beschwerdeführer sei nach XXXX , dann nach XXXX und schlussendlich habe er die türkische Grenze mithilfe eines Schleppers überschritten. Er habe neun Jahre die Schule besucht und dann mehrere Jobs in Syrien gehabt, als Friseur, in der Landwirtschaft und als Fahrer. Vor dem Krieg habe der Beschwerdeführer im Fliesengeschäft seines Bruders gearbeitet. Er sei verheiratet und habe ein Kind. Der Beschwerdeführer habe zwei Frauen gehabt, sei jedoch von einer geschieden. Der Vater sei verstorben, die Mutter lebe noch in XXXX . Der Beschwerdeführer habe sechs Brüder, wovon einer verstorben sei und zwei Schwestern. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er aus, dass ihn der syrische Militärgeheimdienst angehalten habe, weil er den gleichen Namen wie eine Person gehabt hätte, die vom syrischen Militärgeheimdienst gesucht werden würde. Dem Beschwerdeführer sei trotzdem vorgeworfen worden, dass er Handywertkarten an syrische Soldaten verkauft und die Nummern an die Regimegegner weitergegeben hätte. Er habe während seiner Tätigkeit als Taxifahrer auch ein Geschäft für Handywertkarten gehabt. Dem Beschwerdeführer sei vorgeworfen worden, dass er Geldwäsche mit seinem Bruder in Kanada betreibe. Sie hätten ihm auch vorgeworfen, dass er mit dem Auto in den Libanon fahre und Drogen nach Syrien schmuggle. Der Cousin des Beschwerdeführers habe dann durch einen hochrangigen Offizier erwirken können, dass er vom syrischen Militärgeheimdienst freigelassen werde. Der Offizier habe seinem Cousin erzählt, dass der syrische Militärgeheimdienst wolle, dass der Beschwerdeführer für die Hisbollah arbeite. Er habe auch gesagt, wenn der Beschwerdeführer das nicht machen wolle, solle er zuhause bleiben und sich schützen. Der syrische Militärgeheimdienst habe dem Beschwerdeführer nur Probleme gemacht.3. Am 15.06.2023 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden auch: BFA oder belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer führte aus, in Riff Damaskus im Dorf römisch 40 geboren worden zu sein. Vor dem Krieg habe er auch in Damaskus gelebt. Nachdem der Krieg ausgebrochen sei, sei er wieder in das Dorf römisch 40 zurück. Syrien habe er im römisch 40 2021 verlassen. Der Beschwerdeführer sei nach römisch 40 , dann nach römisch 40 und schlussendlich habe er die türkische Grenze mithilfe eines Schleppers überschritten. Er habe neun Jahre die Schule besucht und dann mehrere Jobs in Syrien gehabt, als Friseur, in der Landwirtschaft und als Fahrer. Vor dem Krieg habe der Beschwerdeführer im Fliesengeschäft seines Bruders gearbeitet. Er sei verheiratet und habe ein Kind. Der Beschwerdeführer habe zwei Frauen gehabt, sei jedoch von einer geschieden. Der Vater sei verstorben, die Mutter lebe noch in römisch 40 . Der Beschwerdeführer habe sechs Brüder, wovon einer verstorben sei und zwei Schwestern. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er aus, dass ihn der syrische Militärgeheimdienst angehalten habe, weil er den gleichen Namen wie eine Person gehabt hätte, die vom syrischen Militärgeheimdienst gesucht werden würde. Dem Beschwerdeführer sei trotzdem vorgeworfen worden, dass er Handywertkarten an syrische Soldaten verkauft und die Nummern an die Regimegegner weitergegeben hätte. Er habe während seiner Tätigkeit als Taxifahrer auch ein Geschäft für Handywertkarten gehabt. Dem Beschwerdeführer sei vorgeworfen worden, dass er Geldwäsche mit seinem Bruder in Kanada betreibe. Sie hätten ihm auch vorgeworfen, dass er mit dem Auto in den Libanon fahre und Drogen nach Syrien schmuggle. Der Cousin des Beschwerdeführers habe dann durch einen hochrangigen Offizier erwirken können, dass er vom syrischen Militärgeheimdienst freigelassen werde. Der Offizier habe seinem Cousin erzählt, dass der syrische Militärgeheimdienst wolle, dass der Beschwerdeführer für die Hisbollah arbeite. Er habe auch gesagt, wenn der Beschwerdeführer das nicht machen wolle, solle er zuhause bleiben und sich schützen. Der syrische Militärgeheimdienst habe dem Beschwerdeführer nur Probleme gemacht.
Im Rahmen der Einvernahme legte der Beschwerdeführer einen syrischen Personalausweis im Original und jeweils in Kopie einen syrischen Führerschein (Gruppe C), einen syrischen Reisepass, ein Militärbuch, eine Kurzübersetzung des Familienregisters, einen Zivilregisterauszug und eine Heiratsurkunde vor. Die vorgelegten Dokumente wurden in Kopie zum Akt genommen.
4. Mit Bescheid vom 03.08.2023 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm aber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.). 4. Mit Bescheid vom 03.08.2023 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm aber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).
Die belangte Behörde traf Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates, zur Situation im Falle seiner Rückkehr sowie zur Lage in Syrien.
Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. zu der Situation im Falle einer Rückkehr stellte die belangte Behörde fest, dass nicht festgestellt werden habe können, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in Syrien einer Verfolgung durch staatliche Stellen oder andere Konfliktparteien ausgesetzt gewesen sei. Eine Rekrutierung zum Reservedienst der syrischen Armee zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Syrien habe er nicht angegeben und habe auch im amtlichen Ermittlungsverfahren nicht festgestellt werden können. Glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführer Syrien aufgrund der herrschenden Kriegssituation und der derzeit schlechten wirtschaftlichen Lage verlassen habe. Es habe nicht festgestellt werden können, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Syrien zum Reservedienst der syrischen Armee einberufen werden würde und der Beschwerdeführer einer Bedrohung oder Verfolgung staatlicherseits ausgesetzt sei. Es habe nicht ausgeschlossen werden können, dass er in Syrien im Falle seiner Rückkehr durch den nach wie vor herrschenden Bürgerkrieg, durch Kampfhandlungen oder sonstige Umstände Schaden nehme und er in eine dauerhaft ausweglose Lage geraten würde.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers zur Nötigung durch den syrischen Geheimdienst sich der Hisbollah anzuschließen nicht glaubhaft gewesen seien. Beweismittel habe er keine vorgelegt und auch aufgrund des widersprüchlichen Vorbringens war den Fluchtgründen keine Glaubhaftigkeit beizumessen. Es sei nicht glaubhaft, dass man den Beschwerdeführer trotz der schweren Vorwürfe freigelassen habe. Nicht nachvollziehbar sei auch, dass man ihm gesagt habe, er solle zuhause bleiben und sich schützen, wenn sein Dorf ausschließlich von der Hisbollah kontrolliert werde und dem syrischen Geheimdienst sein Wohnort ohnehin bekannt sei. Würde es der syrische Geheimdienst notwendig haben Männer durch Vorwurf falscher Tatsachen dazu zu bewegen sich der Hisbollah anzuschließen, dann wären auch die vier Brüder des Beschwerdeführers betroffen gewesen. Er habe auch nicht angegeben, dass er der Gefahr einer Rekrutierung zum Reservedienst ausgesetzt gewesen sei, noch gehe aus den Länderfeststellungen hervor, dass der Beschwerdeführer als nunmehr XXXX -jähriger Mann eine Rekrutierung zum Reservedienst zu befürchten hätte. Er sei auch zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Syrien keiner Gefahr einer Rekrutierung zum Reservedienst aufgrund seines Alters (damals XXXX Jahre) ausgesetzt gewesen. Das Vorbringen über Probleme mit dem syrischen Geheimdienst habe nicht festgestellt werden können. Weder von einer allgemeinen Verfolgungsgefahr durch das Regime wegen der illegalen Ausreise noch von einer Verfolgungsgefahr wegen einer Entziehung zum Reservedienst habe ausgegangen werden können. Nach Ansicht der entscheidenden Behörde sei nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von der Unterstellung einer oppositionellen oder zumindest regimekritischen Haltung auszugehen, da der Beschwerdeführer Syrien illegal verlassen habe, jedoch wegen des Krieges und der der schlechten Wirtschaftslage. Auch sei er aus einem Gebiet ausgereist (Türkei), welches nicht unter Regimekontrolle gestanden sei, sodass eine rechtmäßige Ausreise faktisch unmöglich gewesen sei. Das syrische Regime sei davon abgegangen grundsätzlich allen Syrern eine staatsfeindliche Gesinnung zu unterstellen, die das Land illegal verlassen oder im Ausland einen Asylantrag gestellt haben.Beweiswürdigend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers zur Nötigung durch den syrischen Geheimdienst sich der Hisbollah anzuschließen nicht glaubhaft gewesen seien. Beweismittel habe er keine vorgelegt und auch aufgrund des widersprüchlichen Vorbringens war den Fluchtgründen keine Glaubhaftigkeit beizumessen. Es sei nicht glaubhaft, dass man den Beschwerdeführer trotz der schweren Vorwürfe freigelassen habe. Nicht nachvollziehbar sei auch, dass man ihm gesagt habe, er solle zuhause bleiben und sich schützen, wenn sein Dorf ausschließlich von der Hisbollah kontrolliert werde und dem syrischen Geheimdienst sein Wohnort ohnehin bekannt sei. Würde es der syrische Geheimdienst notwendig haben Männer durch Vorwurf falscher Tatsachen dazu zu bewegen sich der Hisbollah anzuschließen, dann wären auch die vier Brüder des Beschwerdeführers betroffen gewesen. Er habe auch nicht angegeben, dass er der Gefahr einer Rekrutierung zum Reservedienst ausgesetzt gewesen sei, noch gehe aus den Länderfeststellungen hervor, dass der Beschwerdeführer als nunmehr römisch 40 -jähriger Mann eine Rekrutierung zum Reservedienst zu befürchten hätte. Er sei auch zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Syrien keiner Gefahr einer Rekrutierung zum Reservedienst aufgrund seines Alters (damals römisch 40 Jahre) ausgesetzt gewesen. Das Vorbringen über Probleme mit dem syrischen Geheimdienst habe nicht festgestellt werden können. Weder von einer allgemeinen Verfolgungsgefahr durch das Regime wegen der illegalen Ausreise noch von einer Verfolgungsgefahr wegen einer Entziehung zum Reservedienst habe ausgegangen werden können. Nach Ansicht der entscheidenden Behörde sei nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von der Unterstellung einer oppositionellen oder zumindest regimekritischen Haltung auszugehen, da der Beschwerdeführer Syrien illegal verlassen habe, jedoch wegen des Krieges und der der schlechten Wirtschaftslage. Auch sei er aus einem Gebiet ausgereist (Türkei), welches nicht unter Regimekontrolle gestanden sei, sodass eine rechtmäßige Ausreise faktisch unmöglich gewesen sei. Das syrische Regime sei davon abgegangen grundsätzlich allen Syrern eine staatsfeindliche Gesinnung zu unterstellen, die das Land illegal verlassen oder im Ausland einen Asylantrag gestellt haben.
Im Anschluss unterzog die belangte Behörde den von ihr festgestellten Sachverhalt unter Bezugnahme auf die einzelnen Spruchpunkte des Bescheides einer rechtlichen Beurteilung.
5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in der das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers im Wesentlichen wiederholt wurde. Darüber hinaus wird unter Verweis auf einen Bericht der „Times of Israel“ ausgeführt, dass die Rekrutierung von Personen zu Spionagezwecken durch die Hisbollah plausibel sei. Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer die Rekrutierung und Spionage für die Hisbollah nicht geglaubt. Der syrische Militärgeheimdienst hätte ihn bei den geschilderten Vorwürfen gleich verhaftet. Die Behörde verkenne dabei jedoch, dass die Vorwürfe konstruiert seien um den Beschwerdeführer zur Zusammenarbeit zu bewegen. Hinsichtlich des Arguments, dass seine Brüder nicht betroffen gewesen seien zeige sich der Begründungsnotstand der belangten Behörde, zumal diese nichts über die Lebenssituation der Brüder und deren Qualifikationen, welche für den Geheimdienst von Wert sein könnten, wisse. Der Beschwerdeführer habe hingegen vorgebracht wieso er in das Visier des Geheimdienstes geraten sei und zwar aufgrund einer Namensverwechslung, weil er Taxifahrer gewesen sei und viele Personen aus der Hisbollah gekannt habe. Auch seine Frau habe Beziehungen zur Hisbollah gehabt. Ihm drohe auch Verfolgung, weil er nach dem zweiten Rekrutierungsversuch geflüchtet sei. 5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in der das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers im Wesentlichen wiederholt wurde. Darüber hinaus wird unter Verweis auf einen Bericht der „Times of Israel“ ausgeführt, dass die Rekrutierung von Personen zu Spionagezwecken durch die Hisbollah plausibel sei. Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer die Rekrutierung und Spionage für die Hisbollah nicht geglaubt. Der syrische Militärgeheimdienst hätte ihn bei den geschilderten Vorwürfen gleich verhaftet. Die Behörde verkenne dabei jedoch, dass die Vorwürfe konstruiert seien um den Beschwerdeführer zur Zusammenarbeit zu bewegen. Hinsichtlich des Arguments, dass seine Brüder nicht betroffen gewesen seien zeige sich der Begründungsnotstand der belangten Behörde, zumal diese nichts über die Lebenssituation der Brüder und deren Qualifikationen, welche für den Geheimdienst von Wert sein könnten, wisse. Der Beschwerdeführer habe hingegen vorgebracht wieso er in das Visier des Geheimdienstes geraten sei und zwar aufgrund einer Namensverwechslung, weil er Taxifahrer gewesen sei und viele Personen aus der Hisbollah gekannt habe. Auch seine Frau habe Beziehungen zur Hisbollah gehabt. Ihm drohe auch Verfolgung, weil er nach dem zweiten Rekrutierungsversuch geflüchtet sei.
6. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt langten am 19.10.2023 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Mit Parteiengehör vom 18.03.2024 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht beabsichtige das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, SYRIEN aus dem COI-CMS, Version 10, Datum der Veröffentlichung: 14.03.2024 seiner Entscheidung zu Grunde zu legen und wurde auf die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung oder einer allfälligen Stellungnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 24.04.2024 hingewiesen. Diesbezüglich langte keine Stellungnahme ein.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 24.04.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines bevollmächtigten Rechtsberaters und einer Dolmetscherin für die arabische Sprache zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt. Ein Vertreter der belangten Behörde ist unentschuldigt nicht erschienen.
In der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden folgende Unterlagen in das gegenständliche Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht eingebracht:
- Kartenausschnitt hinsichtlich Herkunftsort unter https://syria.liveuamap.com/de (Beilage ./1)
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Syrien in der Fassung vom 27.03.2024, Version 11 (Beilage ./2)
- EUAA Country Guidance Syria, April 2024 (Beilage ./3)
9. Die Verhandlungsschrift vom 24.04.2024 samt Beilagen wurde der belangten Behörde zur Kenntnisnahme übermittelt.
10. Der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers wurde in der mündlichen Verhandlung die Einbringung einer schriftlichen Stellungnahme, einlangend beim Bundesverwaltungsgericht binnen Frist von drei Wochen, freigestellt.
11. Einlangend mit 15.05.2024 wurde seitens der Rechtsvertretung eine schriftliche Stellungnahme erstattet und im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer sowohl innerhalb Syriens in das Gebiet um XXXX als auch ins Ausland geflohen sei und ihm Verfolgung aufgrund seiner Zurechnung zu den Rückkehrern aus dem Ausland sowie zurückkehrenden intern Vertriebenen drohe. Seitens der syrischen Regierung, der Hisbollah und dem Militärgeheimdienst werde ihm mangelnde Loyalität aufgrund seiner kontinuierlichen Weigerung sich Hizbollah oder Baath Partei oder assoziierten Milizen anzuschließen unterstellt. Der Beschwerdeführer habe aufgrund dessen bereits Verfolgung in Form eines Verhörs unter Folter sowie Drohung mit Strafverfolgung aufgrund konstruierter Vorwürfe erlitten. Verwiesen werde auch auf einen Artikel des „Washington Institute for Near East Policy“, abrufbar unter www.washingtoninstitute.org, zum Beweis dafür, dass die Hisbollah Syrer rekrutiere bzw. eigene Milizen schaffe. Das Vorbringen aufgrund der Zugehörigkeit und der konfessionellen Assoziierung vieler Verwandter des Beschwerdeführers zum schiitischen Islam von Rekrutierungsversuchen durch die Hizbollah betroffen zu sein, sei plausibel und glaubhaft. Der Nexus zwischen Verfolgung und Konventionsgründen bestehe primär in seiner politischen Überzeugung, umfasse aber ebenso die Gründe der Religion und Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, insbesondere bezüglich der mangelnden Loyalität gegenüber der syrischen Regierung und der mit diesen verbündeten Kräften bzw. der Zugehörigkeit und Assoziierung des Beschwerdeführers zu bzw. mit dem schiitischen Islam und der bestimmten sozialen Gruppe der Schiiten in Syrien. 11. Einlangend mit 15.05.2024 wurde seitens der Rechtsvertretung eine schriftliche Stellungnahme erstattet und im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer sowohl innerhalb Syriens in das Gebiet um römisch 40 als auch ins Ausland geflohen sei und ihm Verfolgung aufgrund seiner Zurechnung zu den Rückkehrern aus dem Ausland sowie zurückkehrenden intern Vertriebenen drohe. Seitens der syrischen Regierung, der Hisbollah und dem Militärgeheimdienst werde ihm mangelnde Loyalität aufgrund seiner kontinuierlichen Weigerung sich Hizbollah oder Baath Partei oder assoziierten Milizen anzuschließen unterstellt. Der Beschwerdeführer habe aufgrund dessen bereits Verfolgung in Form eines Verhörs unter Folter sowie Drohung mit Strafverfolgung aufgrund konstruierter Vorwürfe erlitten. Verwiesen werde auch auf einen Artikel des „Washington Institute for Near East Policy“, abrufbar unter www.washingtoninstitute.org, zum Beweis dafür, dass die Hisbollah Syrer rekrutiere bzw. eigene Milizen schaffe. Das Vorbringen aufgrund der Zugehörigkeit und der konfessionellen Assoziierung vieler Verwandter des Beschwerdeführers zum schiitischen Islam von Rekrutierungsversuchen durch die Hizbollah betroffen zu sein, sei plausibel und glaubhaft. Der Nexus zwischen Verfolgung und Konventionsgründen bestehe primär in seiner politischen Überzeugung, umfasse aber ebenso die Gründe der Religion und Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, insbesondere bezüglich der mangelnden Loyalität gegenüber der syrischen Regierung und der mit diesen verbündeten Kräften bzw. der Zugehörigkeit und Assoziierung des Beschwerdeführers zu bzw. mit dem schiitischen Islam und der bestimmten sozialen Gruppe der Schiiten in Syrien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und wurde am XXXX geboren. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Syriens, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Seine Muttersprache ist Arabisch. Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch 40 und wurde am römisch 40 geboren. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Syriens, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Seine Muttersprache ist Arabisch.
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Dorf XXXX (auch XXXX oder XXXX ), Gouvernement Rif-Dimaschq, wo er geboren wurde, aufgewachsen ist und auch lebte, bevor er in den HTS-kontrollierten Teil des Gouvernements XXXX reiste und nach mehrmonatigem Aufenthalt dort Syrien schließlich im XXXX 2021 verließ. Vor dem Krieg lebte der Beschwerdeführer auch in Damaskus. Das Dorf XXXX steht unter Kontrolle der syrischen Regierung. Nach der Ausreise aus Syrien hielt sich der Beschwerdeführer bis XXXX 2022 in der Türkei auf. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Dorf römisch 40 (auch römisch 40 oder römisch 40 ), Gouvernement Rif-Dimaschq, wo er geboren wurde, aufgewachsen ist und auch lebte, bevor er in den HTS-kontrollierten Teil des Gouvernements römisch 40 reiste und nach mehrmonatigem Aufenthalt dort Syrien schließlich im römisch 40 2021 verließ. Vor dem Krieg lebte der Beschwerdeführer auch in Damaskus. Das Dorf römisch 40 steht unter Kontrolle der syrischen Regierung. Nach der Ausreise aus Syrien hielt sich der Beschwerdeführer bis römisch 40 2022 in der Türkei auf.
Er besuchte in Syrien neun Jahre lang die Schule und war als Friseur, in der Landwirtschaft, im Fliesengeschäft seines Bruders sowie zuletzt als Taxifahrer berufstätig. Über eine Berufsausbildung verfügt er nicht.
Der Beschwerdeführer reiste 2022 schlepperunterstützt nach Österreich ein, wo er am 05.07.2022 im Alter von XXXX Jahren den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich seither aufhält.Der Beschwerdeführer reiste 2022 schlepperunterstützt nach Österreich ein, wo er am 05.07.2022 im Alter von römisch 40 Jahren den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich seither aufhält.
Der Beschwerdeführer ist in zweiter Ehe verheiratet und hat einen Sohn. Sein Vater ist bereits verstorben. Die Mutter hält sich weiterhin in XXXX auf. Der Beschwerdeführer hat sechs Brüder, wovon einer bereits verstorben ist. Einer seiner fünf noch lebenden Brüder befindet sich in Kanada, die anderen leben ebenso in XXXX , wo sich auch die zwei Schwestern des Beschwerdeführers befinden. Der Beschwerdeführer steht mit der Ehefrau, seinem Sohn und seinen Brüdern in regelmäßigem telefonischem Kontakt. Der Beschwerdeführer ist in zweiter Ehe verheiratet und hat einen Sohn. Sein Vater ist bereits verstorben. Die Mutter hält sich weiterhin in römisch 40 auf. Der Beschwerdeführer hat sechs Brüder, wovon einer bereits verstorben ist. Einer seiner fünf noch lebenden Brüder befindet sich in Kanada, die anderen leben ebenso in römisch 40 , wo sich auch die zwei Schwestern des Beschwerdeführers befinden. Der Beschwerdeführer steht mit der Ehefrau, seinem Sohn und seinen Brüdern in regelmäßigem telefonischem Kontakt.
Der Beschwerdeführer ist gesund und strafgerichtlich unbescholten.
In Österreich geht er derzeit keiner Beschäftigung nach.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
1.2.1. Der Beschwerdeführer befindet sich mit seinen aktuell XXXX Jahren außerhalb der Altersgrenzen für den Reservedienst der syrischen Armee und verfügt über keine militärische Spezialausbildung sowie über keine zivilen Fertigkeiten oder Kenntnisse, die für die syrischen Streitkräfte von besonderem Interesse wären. Während seines Militärdienstes, den er vollständig ableistete, hatte er den Rang eines einfachen Rekruten der Artillerie inne. Dem Beschwerdeführer droht keine (neuerliche) Einziehung zum Reservedienst. 1.2.1. Der Beschwerdeführer befindet sich mit seinen aktuell römisch 40 Jahren außerhalb der Altersgrenzen für den Reservedienst der syrischen Armee und verfügt über keine militärische Spezialausbildung sowie über keine zivilen Fertigkeiten oder Kenntnisse, die für die syrischen Streitkräfte von besonderem Interesse wären. Während seines Militärdienstes, den er vollständig ableistete, hatte er den Rang eines einfachen Rekruten der Artillerie inne. Dem Beschwerdeführer droht keine (neuerliche) Einziehung zum Reservedienst.
1.2.2. Dem Beschwerdeführer droht auch seitens der libanesischen Hisbollah keine Zwangsrekrutierung, oder damit in Zusammenhang stehende Verfolgung durch den syrischen Militärgeheimdienst. Auch aufgrund einer (behaupteten) Weigerung sich der Al-Baath Partei anzuschließen, droht dem Beschwerdeführer keine Verfolgung.
1.2.3. Dem Beschwerdeführer droht nicht maßgeblich wahrscheinlich Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund seiner Religionszugehörigkeit.
1.2.4. Ihm droht auch nicht maßgeblich wahrscheinlich Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung im Ausland oder der Flucht in und über das überwiegend HTS-kontrollierte und damit als oppositionell angesehene Gouvernement XXXX bzw. aufgrund der Zurechnung zur Gruppe der Rückkehrer und/oder zurückkehrenden intern Vertriebenen. 1.2.4. Ihm droht auch nicht maßgeblich wahrscheinlich Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung im Ausland oder der Flucht in und über das überwiegend HTS-kontrollierte und damit als oppositionell angesehene Gouvernement römisch 40 bzw. aufgrund der Zurechnung zur Gruppe der Rückkehrer und/oder zurückkehrenden intern Vertriebenen.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
1.3.1. Betreffend die Lage in Syrien werden der Entscheidung insbesondere die in den folgenden Berichten enthaltenen Informationen zugrunde gelegt:
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024 (LIB)
- EUAA Country Guidance Syria, April 2024
- Live Universal Awareness Map Syrien, Stand 24.04.2024, https://syria.liveuamap.com/ (Liveuamap)
1.3.2. Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2024 (Version 11):
„Politische Lage
Letzte Änderung 08.03.2024
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 08.03.2024
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 ei