Entscheidungsdatum
31.07.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W266 2271038-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.09.2023 und am 16.10.2023, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2023, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.09.2023 und am 16.10.2023, zu Recht:
A)
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) stellte am 13.06.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Am 14.06.2022 fand die asylrechtliche Erstbefragung des BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts statt. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, dass in Syrien Krieg herrsche. Er habe Angst vor dem Krieg und benötige besondere gesundheitliche Unterstützung. Somit sei er geflüchtet. Der BF habe Angst um sein Leben. Er habe alle seine Gründe und die dazugehörenden Ereignisse angegeben, warum er nach Österreich gereist sei. Weitere Gründe einer Asylantragstellung habe der BF nicht.
Am 29.12.2022 übermittelte der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter eine Säumnisbeschwerde und legte dar, dass er am 14.06.2022 seine Erstbefragung nach dem Asylgesetz absolviert habe und spätestens mit diesem Zeitpunkt eine Entscheidung über seinen Antrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes nach dem Asylgesetz beantragt habe. In den letzten 6 Monaten sei keine Entscheidung getroffen worden.
Am 02.03.2023 fand die niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA oder belangte Behörde) statt, in welcher ein syrischer Personalausweis, ein syrischer Studentenausweis, ein Auszug aus dem Personenstandsregister, ein Auszug aus dem Familienregister, eine Kopie des Militärbuchs, eine Kopie des Familienbuchs, ein Arbeitsvertrag vom 10.02.2023 und ein syrischer Arztbrief samt MR-Bestätigung über eine Tumorerkrankung vorgelegt wurden.
Hinsichtlich seiner Fluchtgründe befragt, gab der BF an, dass er Syrien wegen dem ständigen Krieg und dem dortigen Gesundheitssystem, in welchem er keine ausreichende Behandlung erhalte, verlassen habe. Der BF werde von einer der Sicherheitsbehörden gesucht. Hingewiesen darauf, dass er sehr allgemein erzähle und nachgefragt, ob er sich näher äußern wolle, erläuterte der BF, dass ihn das Kriminalamt suche. Er wisse nicht, ob es sein könne, weil er nicht zum Militärdienst gegangen sei oder ob jemand einen Bericht über ihn geschrieben habe. Befragt dazu, ob er zum Militär gehen hätte müssen, verneinte der BF und erläuterte, dass er aufgrund seiner damaligen Krankheit eine Befreiung vom Militär gehabt hätte. Aber er sei offenbar auf der List (Anm. Liste) des Militärs gewesen. Deswegen hätten sie den BF trotzdem gesucht. Schriftlichen Einberufungsbefehl habe er keinen erhalten. Obwohl der BF eine Befreiung gehabt habe, stünde er auf der Liste der Desertierten.Hinsichtlich seiner Fluchtgründe befragt, gab der BF an, dass er Syrien wegen dem ständigen Krieg und dem dortigen Gesundheitssystem, in welchem er keine ausreichende Behandlung erhalte, verlassen habe. Der BF werde von einer der Sicherheitsbehörden gesucht. Hingewiesen darauf, dass er sehr allgemein erzähle und nachgefragt, ob er sich näher äußern wolle, erläuterte der BF, dass ihn das Kriminalamt suche. Er wisse nicht, ob es sein könne, weil er nicht zum Militärdienst gegangen sei oder ob jemand einen Bericht über ihn geschrieben habe. Befragt dazu, ob er zum Militär gehen hätte müssen, verneinte der BF und erläuterte, dass er aufgrund seiner damaligen Krankheit eine Befreiung vom Militär gehabt hätte. Aber er sei offenbar auf der List Anmerkung Liste) des Militärs gewesen. Deswegen hätten sie den BF trotzdem gesucht. Schriftlichen Einberufungsbefehl habe er keinen erhalten. Obwohl der BF eine Befreiung gehabt habe, stünde er auf der Liste der Desertierten.
Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 23.03.2023 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.) und erkannte dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für 1 Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 23.03.2023 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.) und erkannte dem BF gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.). Dem BF wurde gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für 1 Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Gegen Spruchpunkt I. erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Gegen Spruchpunkt römisch eins. erhob der BF fristgerecht Beschwerde.
Die Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt langte am 28.04.2023 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.09.2023 eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des BF, seines Rechtsvertreters und eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch durch. Die Verhandlung wurde aus zeitlichen Gründen auf unbestimmte Zeit vertagt.
Mit Beweismittelvorlage vom 10.10.2023 übermittelte der BF einen Screenshot der Website „Zaman Al-Wasel“ zum Beleg dafür, dass er wegen Fernbleibens vom Militärdienst gesucht werde und von „GoogleMaps“ zum Nachweis dafür, dass er sein Leben in Syrien bis zur Ausreise in XXXX , Provinz Aleppo verbracht habe. Mit Beweismittelvorlage vom 10.10.2023 übermittelte der BF einen Screenshot der Website „Zaman Al-Wasel“ zum Beleg dafür, dass er wegen Fernbleibens vom Militärdienst gesucht werde und von „GoogleMaps“ zum Nachweis dafür, dass er sein Leben in Syrien bis zur Ausreise in römisch 40 , Provinz Aleppo verbracht habe.
Die am 16.10.2023 fortgesetzte mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolgte in Anwesenheit des BF, seines Rechtsvertreters und eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch.
Mit Schreiben vom 27.10.2023 erstattete die Rechtsvertretung eine Stellungnahme und führte zusammengefasst aus, dass der BF im wehrfähigen Alter sei, den Pflichtwehrdienst nicht abgeleistet und bislang aus Gewissensgründen verweigert habe. Er sei als Wehrdienstverweigerer anzusehen. Das LIB lege nahe, dass dem BF asylrelevante Verfolgung drohe. Wehrdienstverweigerer müssten mit Haft unter unmenschlichen Bedingungen, Folter und anderen exzessiven Formen der Bestrafung rechnen. Darüber hinaus würden Wehrdienstverweigerer, wenn sie nicht exekutiert werden würden, in der Regel nach Verbüßung der Strafe zum Militärdienst eingezogen werden. Die Gefahr einer Zwangsrekrutierung bestehe für den BF mit hoher Sicherheit. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der BF auf einen Befreiungstatbestand, wie etwa die Bezahlung einer Befreiungsgebühr, berufen könne. Der BF würde sich weigern das syrische Regime im Bürgerkrieg durch einen Freikauf zu unterstützen. Es sei ihm nicht zumutbar seine Verfolgung durch eine Geldzahlung an das international geächtete und mit Sanktionen belegte syrische Regime abzuwenden und dieses im Bürgerkrieg finanziell zu unterstützen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der BF auf diesen Befreiungstatbestand verlassen kann. Asylrelevante Verfolgung drohe auch aufgrund der illegalen Ausreise und Flucht nach Europa und der Asylantragstellung in Österreich, weil das syrische Regime diesen Personen regelmäßig eine politische Opposition vorwerfe. Das syrische Regime sei auf Einladung der kurdischen Autonomieregion in der Region Aleppo präsent und unterhalte Checkpoints. Das Passieren eines Checkpoints durch den BF sei aufgrund seiner Erkrankung und der Notwendigkeit engmaschiger ärztlicher Kontrolle wahrscheinlich. Es drohe ihm die Festnahme und Einziehung zum Wehrdienst bzw. Bestrafung als Wehrdienstverweigerer. Eine Einreise sei nur über den regimekontrollierten Flughafen Damaskus möglich.
Mit Parteiengehör vom 19.03.2024 teilte das Bundesverwaltungsgericht mit, dass die „Länderinformation der Staatendokumentation, Syrien, Version 10 vom 14.03.2024“ als aktueller Länderbericht in das Verfahren eingebracht wird und räumte die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen Frist von 14 Tagen ab Erhalt des Schreibens ein.
Mit Stellungnahme vom 02.04.2024 bekräftigte der BF im Wesentlichen die bisherigen Ausführungen und ergänzte weiters, dass sich aus der aktuellen Version 11 des Länderinformationsblattes keine Verbesserungen in Bezug auf seine Bedrohungssituation ergeben würden und verwies auf das bisherige Vorbringen.
Mit Parteiengehör vom 25.04.2024 teilte das Bundesverwaltungsgericht mit, dass das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2024, Version 11“ und die „EUAA, Country Guidance: Syria, April 2024“ als Länderberichte in das Verfahren eingebracht werden und räumte die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen Frist von 14 Tagen ab Erhalt des Schreibens ein.
Mit Stellungnahme vom 02.05.2024 führte der BF aus, dass sich aus dem aktuellen Bericht der EUAA, Country Guidance: Syria, April 2024 keine Verbesserungen in Bezug auf seine Bedrohungssituation ergeben würden. Die Berichte der EUAA-Leitlinien würden ausführen, dass die Region in und um Manbij, vor allem entlang der Frontlinie zwischen SDF- und SNA-kontrollierten Gebieten unter der gemeinsamen Kontrolle des syrischen Regimes und der kurdischen Armee stünden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Auf Grundlage des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Einvernahme des BF durch die belangte Behörde, der Beschwerde gegen den nunmehr angefochtenen Bescheid, der im Verfahren vorgelegten Dokumente sowie der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:
Zur Person des BF:
Der BF führt den im Spruch angeführten Namen und das dort genannte Geburtsdatum. Seine Identität steht fest. Er ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch.
Der BF befindet sich aufgrund einer Ende des Jahres XXXX diagnostizierten Krebserkrankung und einer Hornhautentzündung des linken Auges, womit eine starke Einschränkung der Sehleistung einhergeht, in medizinischer Behandlung und beabsichtigt sich diesbezüglich einer Operation zu unterziehen. Darüber hinaus liegen keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor. Der BF befindet sich aufgrund einer Ende des Jahres römisch 40 diagnostizierten Krebserkrankung und einer Hornhautentzündung des linken Auges, womit eine starke Einschränkung der Sehleistung einhergeht, in medizinischer Behandlung und beabsichtigt sich diesbezüglich einer Operation zu unterziehen. Darüber hinaus liegen keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor.
Der BF wurde in XXXX , Distrikt XXXX im Gouvernement Aleppo geboren, wuchs dort auf und lebte dort – unterbrochen durch einen dreijährigen studienbedingten Aufenthalt in Homs sowie einen mehrmonatigen Aufenthalt in Aleppo - bis zu seiner illegalen Ausreise aus Syrien im März 2022. Der BF wurde in römisch 40 , Distrikt römisch 40 im Gouvernement Aleppo geboren, wuchs dort auf und lebte dort – unterbrochen durch einen dreijährigen studienbedingten Aufenthalt in Homs sowie einen mehrmonatigen Aufenthalt in Aleppo - bis zu seiner illegalen Ausreise aus Syrien im März 2022.
XXXX steht unter kurdischer Kontrolle. römisch 40 steht unter kurdischer Kontrolle.
In Syrien besuchte der BF zwölf Jahre lang die Schule und studierte für 2,5 Jahre die Sprache Arabisch. Beruflich hat er in einem Handygeschäft gearbeitet und war als Lehrer der arabischen Sprache tätig.
Der BF ist verheiratet und hat einen Sohn. Die Ehefrau, das Kind und die zwei Brüder des BF befinden sich im Libanon. Die Mutter des BF ist bereits verstorben. Der Vater lebt mit seiner zweiten Frau in Syrien. Die drei Schwestern des BF sind ebenso in Syrien aufhältig.
Zu den Fluchtgründen und zu einer Rückkehr des BF:
In Syrien besteht eine Wehrpflicht für männliche Staatsbürger von 18 bis 42 Jahren. Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten.
Das syrische Wehrdienstgesetz sieht vor, dass bestimmte Personengruppen, wie zum Beispiel der einzige Sohn einer Familie, aus medizinischen Gründen Untaugliche, manche Regierungsangestellte und Personen, welche eine Befreiungsgebühr bezahlen, vom Wehrdienst ausgenommen sind. Manche Studenten und Personen mit bestimmten Abschlüssen, wie auch Personen mit vorübergehenden Erkrankungen können den Wehrdienst aufschieben, wobei die Rückstellungen jedes Jahr erneuert werden müssen. Welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen zur Untauglichkeit bzw. zum eingeschränkten Wehrdienst führen ist unklar, wobei es bestimmte, offensichtliche Behinderungen gibt, die eine Untauglichkeit bedingen, wie Blindheit oder Lähmungen. Oft werden auch Männer, die an Fettleibigkeit, Sehbehinderungen, Krebs, psychischen Krankheiten leiden oder denen eine Gliedmaße fehlt, vom Wehrdienst befreit.
Der BF weist aktuell ein Lebensalter von XXXX Jahren auf. Er hat sich einer medizinischen Untersuchung (Musterung) unterzogen und ein Wehrdienstbuch erhalten. Der BF erhielt mehrere Aufschübe vom Militärdienst aufgrund seines Studiums und wurde aus medizinischen Gründen vom Wehrdienst befreit und würde aus medizinischen Gründen auch weiterhin befreit werden.Der BF weist aktuell ein Lebensalter von römisch 40 Jahren auf. Er hat sich einer medizinischen Untersuchung (Musterung) unterzogen und ein Wehrdienstbuch erhalten. Der BF erhielt mehrere Aufschübe vom Militärdienst aufgrund seines Studiums und wurde aus medizinischen Gründen vom Wehrdienst befreit und würde aus medizinischen Gründen auch weiterhin befreit werden.
Die Region, aus der der BF stammt, liegt nicht im Einfluss- und Kontrollgebiet der syrischen Regierung. Lediglich in den „Sicherheitsquadraten“ und Enklaven des syrischen Regimes besteht eine Zugriffsmöglichkeit. Solche befinden sich vor allem in den größeren Städten im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet Qamischli und Al-Hasakah, jedoch nicht in XXXX , Distrikt Manbij, Gouvernement Aleppo und dessen nächster Umgebung. In den Gebieten, welche sich ausschließlich unter der Kontrolle der kurdischen SDF befinden, kann die syrische Regierung auch bei etwaigen Checkpoints im Allgemeinen keine Personen zum Militärdienst einberufen bzw. auf diese zugreifen.Die Region, aus der der BF stammt, liegt nicht im Einfluss- und Kontrollgebiet der syrischen Regierung. Lediglich in den „Sicherheitsquadraten“ und Enklaven des syrischen Regimes besteht eine Zugriffsmöglichkeit. Solche befinden sich vor allem in den größeren Städten im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet Qamischli und Al-Hasakah, jedoch nicht in römisch 40 , Distrikt Manbij, Gouvernement Aleppo und dessen nächster Umgebung. In den Gebieten, welche sich ausschließlich unter der Kontrolle der kurdischen SDF befinden, kann die syrische Regierung auch bei etwaigen Checkpoints im Allgemeinen keine Personen zum Militärdienst einberufen bzw. auf diese zugreifen.
Dem BF droht im Falle der Rückkehr nach Syrien und konkret in der Region, aus der er stammt, und insbesondere XXXX nicht die Gefahr, zum Wehrdienst bei der syrischen Armee einberufen zu werden. Der BF läuft bei einer Rückkehr dorthin auch nicht Gefahr, aufgrund einer Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee relevanten Repressalien ausgesetzt zu sein.Dem BF droht im Falle der Rückkehr nach Syrien und konkret in der Region, aus der er stammt, und insbesondere römisch 40 nicht die Gefahr, zum Wehrdienst bei der syrischen Armee einberufen zu werden. Der BF läuft bei einer Rückkehr dorthin auch nicht Gefahr, aufgrund einer Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee relevanten Repressalien ausgesetzt zu sein.
Dem BF steht (für die Einreise) insbesondere die Benützung des Grenzüberganges von Semalka (zwischen der Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien und der Autonomen Region Kurdistan im Irak), der nicht vom syrischen Regime kontrolliert wird, zur Verfügung, womit ihm die Einreise nach Syrien in das Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung, möglich ist ohne mit dem syrischen Regime in Kontakt zu kommen. Dem BF, dem im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht, ist eine Fortbewegung durch das kurdische Selbstverwaltungsgebiet nach XXXX möglich, ohne dass ihm dabei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung aufgrund seiner Religion, Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung droht.Dem BF steht (für die Einreise) insbesondere die Benützung des Grenzüberganges von Semalka (zwischen der Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien und der Autonomen Region Kurdistan im Irak), der nicht vom syrischen Regime kontrolliert wird, zur Verfügung, womit ihm die Einreise nach Syrien in das Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung, möglich ist ohne mit dem syrischen Regime in Kontakt zu kommen. Dem BF, dem im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht, ist eine Fortbewegung durch das kurdische Selbstverwaltungsgebiet nach römisch 40 möglich, ohne dass ihm dabei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung aufgrund seiner Religion, Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung droht.
Am 4.9.2021 wurde das Dekret Nr. 3 erlassen, welches die kurdische Selbstverteidigungspflicht auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Gleichzeitig wurden die Jahrgänge 1990 bis 1997 von der Selbstverteidigungspflicht befreit. Die Wehrpflicht gilt in allen Gebieten unter der Kontrolle der AANES, auch wenn es Gebiete gibt, in denen die Wehrpflicht nach Protesten zeitweise ausgesetzt wurde.
Eine Heranziehung des BF durch kurdische Gruppierungen im Rahmen der „Selbstverteidigungspflicht“ der AANES ist daher bereits aufgrund seines Geburtsjahrganges XXXX nicht maßgeblich wahrscheinlich. Eine Heranziehung des BF durch kurdische Gruppierungen im Rahmen der „Selbstverteidigungspflicht“ der AANES ist daher bereits aufgrund seines Geburtsjahrganges römisch 40 nicht maßgeblich wahrscheinlich.
Seitens der kurdischen Behörden wird die Verweigerung der Selbstverteidigungspflicht nicht als Ausdruck einer oppositionellen politischen Gesinnung betrachtet. Der Versuch, der Selbstverteidigungspflicht zu entgehen, wird mit einer Verlängerung der Selbstverteidigungspflicht um einen Monat sanktioniert, einigen Quellen zufolge auch in Verbindung mit einer Haftstrafe für einen kürzeren Zeitraum von ein bis zwei Wochen. Die Sanktionen einer Verweigerung des Wehrdienstes sind sohin nicht unverhältnismäßig.
Bei den kurdischen Einheiten dienen Wehrpflichtige in der HXP, den Selbstverteidigungseinheiten, die von der YPG bzw. der YPJ zu unterscheiden sind. Die HXP sind eine Hilfstruppe für die YPG und werden in der Regel nicht an der Front eingesetzt. Die Einsätze der Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht erfolgen normalerweise in Bereichen wie Nachschub oder Objektschutz. Die HXP begeht – im Gegensatz zur SDF/YPG - keine Verbrechen an der Zivilbevölkerung.
Dem BF droht auch aus sonstigen Gründen keine Verfolgung durch die Kurden bzw. die kurdische Selbstverwaltung und deren Streitkräfte.
Zudem wäre der BF, im Falle einer Rückkehr nach Syrien, aufgrund der Tatsache, dass er das Land illegal verließ und im Ausland einen Antrag auf internationalen Schutz stellte keiner psychischen und/oder physischen Gewalt oder anderen erheblichen Eingriffen ausgesetzt.
Dem BF droht auch nicht aus anderen Gründen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung durch das syrische Regime oder kurdische Gruppierungen.
Zum Leben des BF in Österreich:
Der BF reiste spätestens am 13.06.2022 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Sicherheitslage
Letzte Änderung 08.03.2024
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).
Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023):
Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten
Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).
Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).
Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).
Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Iran unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah (AA 2.2.2024). Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen (AA 29.3.2023). Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (ICG 10.2022).
Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024).
Im Gouvernement Dara'a kam es 2022 weiterhin zu Gewalt zwischen Regimekräften und lokalen Aufständischen trotz eines nominellen Siegs der Regierung im Jahr 2018 und eines von Russland vermittelten 'Versöhnungsabkommens'. Eine allgemeine Verschlechterung von Recht und Ordnung trägt in der Provinz auch zu gewalttätiger Kriminalität bei (FH 9.3.2023). In Suweida kam es 2020 und 2022 ebenfalls zu Aufständen, immer wieder auch zu Sicherheitsvorfällen mit Milizen, kriminellen Banden und Drogenhändlern. Dies führte immer wieder zu Militäroperationen und schließlich im August 2023 zu größeren Protesten (CC 13.12.2023). Die Proteste weiteten sich nach Daraa aus. Die Demonstranten in beiden Provinzen forderten bessere Lebensbedingungen und den Sturz Assads (Enab 20.8.2023).
Das syrische Regime, und damit die militärische Führung, unterscheiden nicht zwischen Zivilbevölkerung und „rein militärischen Zielen“ (BMLV 12.10.2022). Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. In Idlib mit seinen über drei Millionen Zivilbevölkerung kommt es trotz eines wackeligen Waffenstillstandes demnach weiterhin zu verbotenen Angriffen durch das Bündnis. Auch die von den USA angeführte Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) verletzte internationales Recht durch unterschiedslose Luftschläge in Nordostsyrien, welche zivile Todesopfer und Zerstörung verursachten (HRW 13.1.2022).
Seit Beginn 2023 wurden mit Stand 1.5.2023 auch 258 ZivilistInnen durch andere Akteure (als dem Regime) getötet, somit 75 Prozent aller zivilen Toten in diesem Jahr. Viele von ihnen wurden beim Trüffelsuchen getötet, und dazu kommen auch Todesfälle durch Landminen. Außerdem bietet die Unsicherheit in vielen Gebieten ein passendes Umfeld für Schießereien durch nicht-identifzierte Akteure (SNHR 1.5.2023).
Nordost-Syrien (Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria - AANES) und das Gebiet der SNA (Syrian National Army)
Letzte Änderung 08.03.2024
Besonders volatil stellt sich laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amt die Lage im Nordosten Syriens (v. a. Gebiete unmittelbar um und östlich des Euphrats) dar. Als Reaktion auf einen, von der Türkei der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) zugeschriebenen, Terroranschlag mit mehreren Toten in Istanbul startete das türkische Militär am 19.11.2022 eine mit Artillerie unterstützte Luftoperation gegen kurdische Ziele u. a. in Nordsyrien. Bereits zuvor war es immer wieder zu vereinzelten, teils schweren Auseinandersetzungen zwischen türkischen und Türkei-nahen Einheiten und Einheiten der kurdisch dominierten SDF (Syrian Democratic Forces) sowie Truppen des Regimes gekommen, welche in Abstimmung mit den SDF nach Nordsyrien verlegt wurden. Als Folge dieser Auseinandersetzungen, insbesondere auch von seit Sommer 2022 zunehmenden türkischen Drohnenschlägen, wurden immer wieder auch zivile Todesopfer, darunter Kinder, vermeldet (AA 29.3.2023). Auch waren die SDF gezwungen, ihren Truppeneinsatz angesichts türkischer Luftschläge und einer potenziellen Bodenoffensive umzustrukturieren. Durch türkische Angriffe auf die zivile Infrastruktur sind auch Bemühungen um die humanitäre Lage gefährdet (Newlines 7.3.2023). Die Angriffe beschränkten sich bereits im 3. Quartal 2022 nicht mehr nur auf die Frontlinien, wo die überwiegende Mehrheit der Zusammenstöße und Beschussereignisse stattfanden; im Juli und August 2022 trafen türkische Drohnen Ziele in den wichtigsten von den SDF kontrollierten städtischen Zentren und töteten Gegner (und Zivilisten) in Manbij, Kobanê, Tell Abyad, Raqqa, Qamishli, Tell Tamer und Hassakah (CC 3.11.2022). Bereits im Mai 2022 hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdo?an eine vierte türkische Invasion seit 2016 angekündigt (HRW 12.1.2023). Anfang Oktober 2023 begannen die türkischen Streitkräfte wieder mit der Intensivierung ihrer Luftangriffe auf kurdische Ziele in Syrien, nachdem in Ankara ein Bombenanschlag durch zwei Angreifer aus Syrien verübt worden war (REU 4.10.2023). Die Luftangriffe, die in den Provinzen Hasakah, Raqqa und Aleppo durchgeführt wurden, trafen für die Versorgung von Millionen von Menschen wichtige Wasser- und Elektrizitätsinfrastruktur (HRW 26.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Besonders volatil stellt sich laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amt die Lage im Nordosten Syriens (v. a. Gebiete unmittelbar um und östlich des Euphrats) dar. Als Reaktion auf einen, von der Türkei der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) zugeschriebenen, Terroranschlag mit mehreren Toten in Istanbul startete das türkische Militär am 19.11.2022 eine mit Artillerie unterstützte Luftoperation gegen kurdische Ziele u. a. in Nordsyrien. Bereits zuvor war es immer wieder zu vereinzelten, teils schweren Auseinandersetzungen zwischen türkischen und Türkei-nahen Einheiten und Einheiten der kurdisch dominierten SDF (Syrian Democratic Forces) sowie Truppen des Regimes gekommen, welche in Abstimmung mit den SDF nach Nordsyrien verlegt wurden. Als Folge dieser Auseinandersetzungen, insbesondere auch von seit Sommer 2022 zunehmenden türkischen Drohnenschlägen, wurden immer wieder auch zivile Todesopfer, darunter Kinder, vermeldet (AA 29.3.2023). Auch waren die SDF gezwungen, ihren Truppeneinsatz angesichts türkischer Luftschläge und einer potenziellen Bodenoffensive umzustrukturieren. Durch türkische Angriffe auf die zivile Infrastruktur sind auch Bemühungen um die humanitäre Lage gefährdet (Newlines 7.3.2023). Die Angriffe beschränkten sich bereits im 3. Quartal 2022 nicht mehr nur auf die Frontlinien, wo die überwiegende Mehrheit der Zusammenstöße und Beschussereignisse stattfanden; im Juli und August 2022 trafen türkische Drohnen Ziele in den wichtigsten von den SDF kontrollierten städtischen Zentren und töteten Gegner (und Zivilisten) in Manbij, Kobanê, Tell Abyad, Raqqa, Qamishli, Tell Tamer und Hassakah (CC 3.11.2022). Bereits im Mai 2022 hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdo?an eine vierte türkische Invasion seit 2016 angekündigt (HRW 12.1.2023). Anfang Oktober 2023 begannen die türkischen Streitkräfte wieder mit der Intensivierung ihrer Luftangriffe auf kurdische Ziele in Syrien, nachdem in Ankara ein Bombenanschlag durch zwei Angreifer aus Syrien verübt worden war (REU 4.10.2023). Die Luftangriffe, die in den Provinzen Hasakah, Raqqa und Aleppo durchgeführt wurden, trafen für die Versorgung von Millionen von Menschen wichtige Wasser- und Elektrizitätsinfrastruktur (HRW 26.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024).
Die Türkei unterstellt sowohl den Streitkräften der Volksverteidigungseinheiten (YPG) als auch der Democratic Union Party (PYD) Nähe zur von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und bezeichnet diese daher ebenfalls als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 29.11.2021).
Der Think Tank Newslines Institute for Strategy and Policy sieht auf der folgenden Karte besonders die Gebiete von Tal Rifa'at, Manbij und Kobanê als potenzielle Ziele einer türkischen Offensive. Auf der Karte sind auch die Strecken und Gebiete mit einer Präsenz von Regime- und pro-Regime-Kräften im Selbstverwaltungsgebiet ersichtlich, die sich vor allem entlang der Frontlinien zu den pro-türkischen Rebellengebieten und entlang der türkisch-syrischen Grenze entlangziehen. In Tal Rifa'at und an manchen Grenzabschnitten sind sie nicht präsent:
Der Rückzug der USA aus den Gebieten östlich des Euphrat im Oktober 2019 ermöglichte es der Türkei, sich in das Gebiet auszudehnen und ihre Grenze tiefer in Syrien zu verlegen, um eine Pufferzone gegen die SDF zu schaffen (CMEC 2.10.2020) [Anm.: Siehe hierzu Unterkapitel türkische Militäroperationen in Nordsyrien im Kapitel Sicherheitslage]. Aufgrund der türkischen Vorstöße sahen sich die SDF dazu gezwungen, mehrere tausend syrische Regierungstruppen aufzufordern, in dem Gebiet Stellung zu beziehen, um die Türkei abzuschrecken, und den Kampf auf eine zwischenstaatliche Ebene zu verlagern (ICG 18.11.2021). Regimekräfte sind seither in allen größeren Städten in Nordostsyrien präsent (AA 29.11.2021). Die Türkei stützte sich bei ihrer Militäroffensive im Oktober 2019 auch auf Rebellengruppen, die in der 'Syrian National Army' (SNA) zusammengefasst sind; seitens dieser Gruppen kam es zu gewaltsamen Übergriffen, insbesondere auf die kurdische Zivilbevölkerung sowie Christen und Jesiden (Ermordungen, Plünderungen und Vertreibungen). Aufgrund des Einmarsches wuchs die Zahl der intern vertriebenen Menschen im Nordosten auf über eine halbe Million an (ÖB Damaskus 1.10.2021).
Auf der folgenden Karte sind die militärischen Akteure der Region wie auch militärische und infrastrukturelle Maßnahmen, welche zur Absicherung der kurdischen "Selbstverwaltung" (Autonomous Administration of North and East Syria - AANES) nötig wären, eingezeichnet. Auf dieser Karte ist entlang der gesamten Frontlinie zu pro-türkischen Gebieten bzw. der türkisch-syrischen Grenze die Präsenz einer Kooperation zwischen SDF, Regime und russischen Truppen mit Ausnahme entlang des Tigris im äußersten Nordosten verzeichnet:
Entgegen früheren Ankündigungen bleiben die USA weiterhin militärisch präsent (ÖB Damaskus 1.10.2021; vgl. AA 29.11.2021; JsF 9.9.2022). Am 4.9.2022 errichteten die US-Truppen einen neuen Militärstützpunkt im Dorf Naqara im Nordosten Syriens, der zu den drei Standorten der US-geführten internationalen Koalition in der Region Qamishli gehört. Der neue Militärstützpunkt kann dazu beitragen, die verstärkten Aktivitäten Russlands und Irans in der Region zu überwachen; insbesondere überblickt er direkt den von den russischen Streitkräften betriebenen Luftwaffenstützpunkt am Flughafen Qamishli. Er ist nur wenige Kilometer von den iranischen Militärstandorten südlich der Stadt entfernt (JsF 9.9.2022). Hinzukamen wiederholte Luft- bzw. Drohnenangriffe zwischen den in Nordost-Syrien stationierten US-Truppen und Iran-nahen Milizen (AA 2.2.2024). Entgegen früheren Ankündigungen bleiben die USA weiterhin militärisch präsent (ÖB Damaskus 1.10.2021; vergleiche AA 29.11.2021; JsF 9.9.2022). Am 4.9.2022 errichteten die US-Truppen einen neuen Militärstützpunkt im Dorf Naqara im Nordosten Syriens, der zu den drei Standorten der US-geführten internationalen Koalition in der Region Qamishli gehört. Der neue Militärstützpunkt kann dazu beitragen, die verstärkten Aktivitäten Russlands und Irans in der Region zu überwachen; insbesondere überblickt er direkt den von den russischen Streitkräften betriebenen Luftwaffenstützpunkt am Flughafen Qamishli. Er ist nur wenige Kilometer von den iranischen Militärstandorten südlich der Stadt entfernt (JsF 9.9.2022). Hinzukamen wiederholte Luft- bzw. Drohnenangriffe zwischen den in Nordost-Syrien stationierten US-Truppen und Iran-nahen Milizen (AA 2.2.2024).
SDF, YPG und YPJ [Anm.: Frauenverteidigungseinheiten] sind nicht nur mit türkischen Streitkräften und verschiedenen islamistischen Extremistengruppen in der Region zusammengestoßen, sondern gelegentlich auch mit kurdischen bewaffneten Gruppen, den Streitkräften des Assad-Regimes, Rebellen