Entscheidungsdatum
31.07.2024Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I419 2215430-3/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. TÜRKEI, vertreten durch RAin Mag.a Doris EINWALLNER, gegen den Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.06.2024, Zl. XXXX , zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. TÜRKEI, vertreten durch RAin Mag.a Doris EINWALLNER, gegen den Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.06.2024, Zl. römisch 40 , zu Recht:
A) Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben. Gegen Sie wird gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 6 (sechs) Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wird ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt. Spruchpunkt III wird behoben.A) Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben. Gegen Sie wird gemäß Paragraph 67, Absatz eins und 2 FPG ein auf 6 (sechs) Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Gemäß Paragraph 70, Absatz 3, FPG wird ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt. Spruchpunkt römisch III wird behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Mit dem bekämpften Bescheid hat das BFA gegen den Beschwerdeführer ein neunjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I), keinen Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III).1. Mit dem bekämpften Bescheid hat das BFA gegen den Beschwerdeführer ein neunjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt römisch eins), keinen Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt römisch II) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt römisch III).
2. Beschwerdehalber wird dagegen vorgebracht, der Beschwerdeführer wohne im Inland mit seiner Gattin und dem minderjährigen Kind, die beide die österreichische Staatsbürgerschaft hätten, sowie dem Stiefsohn zusammen. Ferner würden hier auch sein Sohn aus einer früheren Beziehung sowie mehrere Geschwister, Neffen, Onkel und Cousins leben, und der Beschwerdeführer habe zu allen in Österreich lebenden Angehörigen intensive Bindungen, besonders zu seinen Brüdern, die ihn und seine Gattin bei Bedarf finanziell unterstützten, wenngleich er „an sich“ mit den Einkommen der Ehefrau und des Stiefsohnes das Auslangen finde.
Das BFA habe außer Acht gelassen, dass die letzte Straftat des Beschwerdeführers sich bereits im November 2017 ereignet habe, und dieser seit 18.09.2020 wieder in Freiheit sei. Es zeige sich, dass vom Beschwerdeführer trotz seiner Straftaten in der Vergangenheit keine tatsachliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr mehr ausgehe, welche geeignet wäre, ein Grundinteresse der Gesellschaft zu berühren. Dieser habe erfolgreich eine Psychotherapie gemacht und seine Alkoholabhängigkeit bearbeitet. Er sei seit 1998 hier, überwiegend rechtmäßig, seither nicht mehr in der Türkei gewesen, habe hervorragende Deutschkenntnisse und nehme aktiv am kulturellen und sozialen Leben teil.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter I wiedergegebene Verfahrensgang wird festgestellt. Zusätzlich werden folgende Feststellungen getroffen:Der unter römisch eins wiedergegebene Verfahrensgang wird festgestellt. Zusätzlich werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Mitte 40, Moslem, Kurde und türkischer Staatsangehöriger. Er hat im Herkunftsstaat, wo er im Landkreis XXXX im Nordwesten der Provinz XXXX in XXXX zur Welt kam, fünf Jahre Grundschule absolviert, Berufserfahrung gesammelt und vor seiner Ausreise mit seiner Familie bis 1985 im Dorf XXXX und dann bis Ende 1995 in XXXX zusammengewohnt hat. Dort leben seine Mutter und einige Geschwister. Die Mutter bezieht eine Pension und hat eine Wohnung weitervermietet, für die sie Miete erhält. Die Geschwister leben mit ihren Familien in XXXX . Die Verwandten gehen Beschäftigungen nach und können ihren Lebensunterhalt bestreiten.Der Beschwerdeführer ist Mitte 40, Moslem, Kurde und türkischer Staatsangehöriger. Er hat im Herkunftsstaat, wo er im Landkreis römisch 40 im Nordwesten der Provinz römisch 40 in römisch 40 zur Welt kam, fünf Jahre Grundschule absolviert, Berufserfahrung gesammelt und vor seiner Ausreise mit seiner Familie bis 1985 im Dorf römisch 40 und dann bis Ende 1995 in römisch 40 zusammengewohnt hat. Dort leben seine Mutter und einige Geschwister. Die Mutter bezieht eine Pension und hat eine Wohnung weitervermietet, für die sie Miete erhält. Die Geschwister leben mit ihren Familien in römisch 40 . Die Verwandten gehen Beschäftigungen nach und können ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Erstmals stellte er 1996 in Deutschland einen Asylantrag, der im Mai 1998 abgewiesen wurde. Darauf beantragte er nach illegaler Einreise in Österreich internationalen Schutz. Der ihm 2007 zuerkannte Asylstatus in Österreich wurde mit 19.11.2019 rechtskräftig aberkannt (BVwG L504 2215430-1), wobei dem Beschwerdeführer kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde und das zugleich verhängte Aufenthaltsverbot und die darauf aufbauenden Spruchpunkte behoben wurden, da der Beschwerdeführer nicht unter die Vorschriften für begünstige Drittstaatsangehörige fiel.
Das BFA erließ darauf eine Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei und der 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise, wobei es unter einem ein unbefristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erließ. Der Beschwerde dagegen gab dieses Gericht insoweit statt, als es das Einreiseverbot auf neun Jahre begrenzte (15.11.2021, L504 2215430-2). Die dagegen erhobene Revision des Beschwerdeführers wurde zurückgewiesen (VwGH 20.09.2022, Ra 2021/21/0356).
Nachdem der Beschwerdeführer eine Duldungskarte beantragt und auf seine Eheschließung hingewiesen hatte, erließ das BFA den nun bekämpften Bescheid.
1.2 Zum Vorbringen betreffend Integration:
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mehrfach strafgerichtlich verurteilt, und zwar:
- Vom LGS XXXX am 05.06.2002 zu von 12 Monaten Freiheitsstrafe, davon 9 später vom OLG XXXX bedingt nachgesehen, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch, weil er im September, Oktober und November 2001 mit Landsleuten insgesamt 17 Autoradios durch Einbruch mit der Absicht gestohlen hatte, sich ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, wobei das Geständnis mildernd wirkte, erschwerend dagegen die mehrfache Qualifikation, die Faktenmehrheit sowie die kriminelle Energie des Beschwerdeführers, der das Transportmittel bereitstellte und lenkte, den Kontakt mit dem Hehler aufnahm, den Verkauf der Beute abwickelte sowie die Aufteilung des Erlöses unter den Tätern vornahm,- Vom LGS römisch 40 am 05.06.2002 zu von 12 Monaten Freiheitsstrafe, davon 9 später vom OLG römisch 40 bedingt nachgesehen, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch, weil er im September, Oktober und November 2001 mit Landsleuten insgesamt 17 Autoradios durch Einbruch mit der Absicht gestohlen hatte, sich ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, wobei das Geständnis mildernd wirkte, erschwerend dagegen die mehrfache Qualifikation, die Faktenmehrheit sowie die kriminelle Energie des Beschwerdeführers, der das Transportmittel bereitstellte und lenkte, den Kontakt mit dem Hehler aufnahm, den Verkauf der Beute abwickelte sowie die Aufteilung des Erlöses unter den Tätern vornahm,
- vom BG XXXX am 08.06.2006 zu 4 Monaten bedingt nachgesehener Freiheitsstrafe wegen der Vergehen der Körperverletzung und der Gefährdung der körperlichen Sicherheit, weil er am 08.10.2004 morgens um 05:45 h nach Konsum von Bier in einer nicht mehr feststellbaren Menge in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand als Lenker eines PKW infolge wesentlicher überhöhter Geschwindigkeit mit dem Fahrzeug ins Schleudern geriet und gegen einen abgestellten PKW prallte, und so eine Gefahr für seine Mitfahrer herbeigeführt hatte, sowie am 27.04.2005 seiner damaligen Lebensgefährtin Schläge versetzte, die Blutergüsse an den Unterarmen sowie Prellungen der Unterarme verursachten, wobei das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen erschwerend wirkte, mildernd indes kein Umstand,- vom BG römisch 40 am 08.06.2006 zu 4 Monaten bedingt nachgesehener Freiheitsstrafe wegen der Vergehen der Körperverletzung und der Gefährdung der körperlichen Sicherheit, weil er am 08.10.2004 morgens um 05:45 h nach Konsum von Bier in einer nicht mehr feststellbaren Menge in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand als Lenker eines PKW infolge wesentlicher überhöhter Geschwindigkeit mit dem Fahrzeug ins Schleudern geriet und gegen einen abgestellten PKW prallte, und so eine Gefahr für seine Mitfahrer herbeigeführt hatte, sowie am 27.04.2005 seiner damaligen Lebensgefährtin Schläge versetzte, die Blutergüsse an den Unterarmen sowie Prellungen der Unterarme verursachten, wobei das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen erschwerend wirkte, mildernd indes kein Umstand,
- vom LGS XXXX am 23.09.2010 zu 6 Monaten bedingt nachgesehener Freiheitsstrafe wegen der Vergehen der der versuchten schweren Körperverletzung und des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt, weil er am 18.06.2010 einen Beamten daran zu hindern versuchte, ihm den Führerschein abzunehmen, indem er ihm mit Gewalt drohte (er werde ihm eine Kugel durch den Kopf jagen, nach dessen Ableben mit dessen Gattin Geschlechtsverkehr haben etc.) und ihm einen Schlag gegen die Schulter versetzte, ihn am Revers packte, zu Boden brachte sowie anschließend versuchte, ihm mehrere Kopfstöße zu versetzen, wobei das Geständnis als mildernd, erschwerend dagegen die Vorstrafe und das Zusammentreffen zweier Vergehen gewertet wurden,- vom LGS römisch 40 am 23.09.2010 zu 6 Monaten bedingt nachgesehener Freiheitsstrafe wegen der Vergehen der der versuchten schweren Körperverletzung und des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt, weil er am 18.06.2010 einen Beamten daran zu hindern versuchte, ihm den Führerschein abzunehmen, indem er ihm mit Gewalt drohte (er werde ihm eine Kugel durch den Kopf jagen, nach dessen Ableben mit dessen Gattin Geschlechtsverkehr haben etc.) und ihm einen Schlag gegen die Schulter versetzte, ihn am Revers packte, zu Boden brachte sowie anschließend versuchte, ihm mehrere Kopfstöße zu versetzen, wobei das Geständnis als mildernd, erschwerend dagegen die Vorstrafe und das Zusammentreffen zweier Vergehen gewertet wurden,
- am 25.04.2014 zu von 4 Monaten bedingt nachgesehener Freiheitsstrafe wegen des Vergehens des Betrugs, weil er am 25.07.2013 durch Täuschung über seine Zahlungswilligkeit einen Taxilenker verleitete, ihn zu transportieren, diesem danach statt den Fuhrlohn von € 20,-- zu begleichen sein Geschlechtsteil zeigte und davonlief, wobei die Schadensgutmachung kurz nach der Anzeige mildernd wirkte, erschwerend die einschlägige Vorstrafe und die Begehung während der Probezeit, und schließlich
- am 11.04.2018 zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten wegen des Verbrechens der Vergewaltigung, weil er sich am 23.11.2017 mittelgradig alkoholisiert bei einer im selben Wohnhaus lebenden, psychisch und körperlich eingeschränkten, unter Sachwalterschaft stehenden Frau als neuer Nachbar vorstellte, nachdem diese ihn in die Wohnung gelassen hatte im Gespräch plötzlich und unvorhersehbar begann, sie anzufassen und zum Bett zu ziehen, sich und sie zu entkleiden, sie festhielt und vaginal in sie eindrang, während die Frau mehrfach äußerte, dass sie dies nicht wollte, erst nach ca. 10 Minuten von ihr abließ, da sie sagte, keine Luft mehr zu bekommen, und schließlich an deren Bett onanierte, wobei erschwerend die zwei einschlägigen Vorstrafen gegen Leib und Leben, nicht jedoch gegen die sexuelle Integrität, wirkten, mildernd das reumütige Geständnis, und sehr geringfügig miteinbezogen wurde, dass die Gewaltanwendung nicht brutal bzw. massiv war und er vom Opfer spät aber doch abgelassen hat.
Zu diesem Verbrechen hielt das Strafgericht fest, dass die Frau danach Alpträume hatte und sich geraume Zeit nicht mehr alleine aus dem Haus traute, ferner auch, dass dem Beschwerdeführer der körperlich sowie geistig beeinträchtige Zustand des Opfers bewusst gewesen sein musste, und dieser auch eingestand, dass das Opfer mehrmals zu erkennen gab, dass es das Handeln des Täters nicht wolle.
Wenngleich es sich beim Opfer nicht um eine wehrlose Person nach § 205 Abs. 1 StGB gehandelt habe, so sei es trotzdem eine mit massiven körperlichen und erkennbaren geistigen Defiziten ausgestattete Person gewesen, an der sich der Beschwerdeführer vergangen habe. Darin manifestierte sich dem Strafgericht zufolge die vollkommen rücksichtslose und dem Opfer gegenüber gleichgültig eingestellte Haltung des Beschwerdeführers, was ebenfalls erschwerend zu berücksichtigen war. Derartige Fälle, in denen die Gutmütigkeit und Aufgeschlossenheit – ließ das Opfer den Täter doch freiwillig in die Wohnung, da sie sich als neuer Nachbar vorstellte – hinterhältig und rücksichtslos ausgenützt werden, um sich gegen den Willen der Opfer sexuell zu befriedigen, müssten, wie das Strafgericht ausführte, unter anderem auch zum Schutz der Gesellschaft konsequent im Keim erstickt werden, um klarzumachen, dass ein derartiges Verhalten in einer zivilisierten und aufgeschlossenen Gesellschaft nicht ansatzweise zu tolerieren ist, und dieses massive Charakterdefizit auf die größtmögliche Ablehnung stößt.Wenngleich es sich beim Opfer nicht um eine wehrlose Person nach Paragraph 205, Absatz eins, StGB gehandelt habe, so sei es trotzdem eine mit massiven körperlichen und erkennbaren geistigen Defiziten ausgestattete Person gewesen, an der sich der Beschwerdeführer vergangen habe. Darin manifestierte sich dem Strafgericht zufolge die vollkommen rücksichtslose und dem Opfer gegenüber gleichgültig eingestellte Haltung des Beschwerdeführers, was ebenfalls erschwerend zu berücksichtigen war. Derartige Fälle, in denen die Gutmütigkeit und Aufgeschlossenheit – ließ das Opfer den Täter doch freiwillig in die Wohnung, da sie sich als neuer Nachbar vorstellte – hinterhältig und rücksichtslos ausgenützt werden, um sich gegen den Willen der Opfer sexuell zu befriedigen, müssten, wie das Strafgericht ausführte, unter anderem auch zum Schutz der Gesellschaft konsequent im Keim erstickt werden, um klarzumachen, dass ein derartiges Verhalten in einer zivilisierten und aufgeschlossenen Gesellschaft nicht ansatzweise zu tolerieren ist, und dieses massive Charakterdefizit auf die größtmögliche Ablehnung stößt.
Der Beschwerdeführer weist eine zweistellige Zahl von Verwaltungsstrafen aus 2014/15 wegen Missachtung von Lichtzeichen nach der StVO als Lenker eines Fahrzeugs, aggressiven Verhaltens gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht oder militärischen Organen im Wachdienst sowie wegen Anstandsverletzung und Lärmerregung nach dem WLSG auf. Eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts erfolgte 1998. Er ging nach der Asylaberkennung geringfügigen Beschäftigungen in Österreich ohne Beschäftigungsgenehmigung nach.
Wegen der jüngsten Verurteilung befand sich der Beschwerdeführer bis 18.09.2020 in Justizhaft. Anschließend hatte er bis 05.04.2023 (wie seit zumindest Mitte 2000 an verschiedenen Anschriften ununterbrochen) einen gemeldeten Hauptwohnsitz im Inland. Die anlässlich seiner bedingten Entlassung aus der Strafhaft angeordnete Bewährungshilfe wurde im Jänner 2023 aufgehoben, die Probezeit dauert noch bis September 2025.
Er heiratete hier erstmals 2010, jedoch wurde die Ehe kurz darauf geschieden. Aus früheren Beziehungen hat er einen volljährigen Sohn polnischer Staatsangehörigkeit in Österreich und einen im Mittelschulalter, der mit der Mutter, der allein das Sorgerecht zukommt, in der Slowakischen Republik lebt, deren Staatsangehörige sie sind. Mit dem älteren ist er fallweise am Wochenende in persönlichem Kontakt, mit dem jüngeren über Videotelefonie. In Österreich leben zwei Brüder des Beschwerdeführers im Alter von etwa Mitte 50 und 40 mit österreichischer Staatsbürgerschaft. Hier hat er 2012 den Führerschein erworben.
Etwa 2015/16 lernte er eine rund fünf Jahre jüngere türkische Staatsangehörige mit zwei Söhnen aus einer früheren Beziehung kennen, mit der er sich im folgenden Jahr verlobte und im November und Dezember 2017 in einem gemeinsamen Haushalt gemeldet war. Dann konnte er eine Gemeindewohnung beziehen und meldete sich dorthin um, nächtigte aber mehrmals wöchentlich bei ihr. Während seiner Haft besuchte sie ihn dort bis zum Beginn der Pandemie, anschließend telefonierten die beiden. Am 05.11.2021 wurde der Frau die Staatsbürgerschaft verliehen, am 23.02.2022 heiratete sie in XXXX den Beschwerdeführer, von dem sie schwanger war. Im September 2022 kam die gemeinsame Tochter zur Welt, die österreichische Staatsbürgerin ist.Etwa 2015/16 lernte er eine rund fünf Jahre jüngere türkische Staatsangehörige mit zwei Söhnen aus einer früheren Beziehung kennen, mit der er sich im folgenden Jahr verlobte und im November und Dezember 2017 in einem gemeinsamen Haushalt gemeldet war. Dann konnte er eine Gemeindewohnung beziehen und meldete sich dorthin um, nächtigte aber mehrmals wöchentlich bei ihr. Während seiner Haft besuchte sie ihn dort bis zum Beginn der Pandemie, anschließend telefonierten die beiden. Am 05.11.2021 wurde der Frau die Staatsbürgerschaft verliehen, am 23.02.2022 heiratete sie in römisch 40 den Beschwerdeführer, von dem sie schwanger war. Im September 2022 kam die gemeinsame Tochter zur Welt, die österreichische Staatsbürgerin ist.
Spätestens seit Sommer 2022 führt der Beschwerdeführer ein Familienleben mit der Gattin, in deren Unterkunft die Polizei ihn im August antraf, worauf ihn die Gemeinde dort am 09.10.2022 von Amts wegen mit weiterem Wohnsitz („Nebenwohnsitz“) anmeldete. Mitte Oktober 2022 zog er voraus zu einem Onkel, der in Deutschland lebte. Ende Oktober übertrug seine Gattin ihr Mietrecht an den bei ihr wohnenden jüngeren Sohn, der hierblieb, reiste mit dem Baby dem Gatten nach und zog dort ein. Bis etwa März 2023 war sie in Deutschland als Reinigungskraft geringfügig beschäftigt und erhielt ferner Geld vom „Jobcenter“ (der deutschen Bundesagentur für Arbeit).
Ende März 2023 kehrte sie mit dem Beschwerdeführer und dem gemeinsamen Kind zurück, nun ist der inzwischen volljährige Sohn Unterkunftgeber und lebt mit der Mutter, der Halbschwester und dem Beschwerdeführer dort. Anfang April meldete dieser seine Unterkunft in der Gemeindewohnung ab. Seither hat er nur den „Nebenwohnsitz“ in der Unterkunft mit seiner Gattin. Diese bezieht seit 01.04.2024 Notstandshilfe. Sie spricht Türkisch, wurde in der Türkei geboren, hielt sich 2004 erstmals in Österreich auf und war zuletzt 2018 und 2019 und nun 2024 in der Türkei.
Der Beschwerdeführer war von Oktober 2018 im Rahmen einer Männerberatung in psychotherapeutischer Einzelbehandlung, die er im September 2021 nach 91 Sitzungen abschloss. Von Mai bis August 2019 hat er in der Justizanstalt an einer Therapie „Alkoholmodul“ teilgenommen. Laut der Bestätigung des psychologischen Dienstes hat er „die Gruppe mit sehr gutem Erfolg“ absolviert und „im Gruppensetting“ gut mitgearbeitet. Er spricht Kurdisch, Türkisch und Deutsch; bei der Beschwerdeverhandlung war bereits im vorigen Verfahren kein Dolmetsch nötig. Hier nimmt er am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teil und hat österreichische wie türkische Freunde. Früher war er Mitglied eines kurdischen Kulturvereins. Im vorigen Verfahren hat er Unterstützungsschreiben seines Schwiegervaters der Mutter eines seiner älteren Kinder vorgelegt.
In Österreich war er bei diversen Arbeitgebern bis jedenfalls 2021 kurzfristig geringfügig oder in Vollzeit beschäftigt, die längsten durchgängigen Beschäftigungen beim selben Arbeitgeber in Vollzeit waren zuletzt von 30.09.2014 bis 31.03.2015, davor von 05.10.2007 bis 11.04.2008. Sie weisen damit ein Ausmaß von unter einem Jahr auf. Die längste geringfügige Beschäftigung war von 08.08.2011 bis 15.02.2012. Vielfach bezog er Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Während der letzten Haft hat er dort gearbeitet und den Europäischen Computerführerschein erworben. Eine weitere berufliche Integration gelang ihm nicht, da die geringfügigen Beschäftigungen z. B. bei der Lebensgefährtin und im Gastgewerbe seit der Aberkennung des Asylstatus 2019 nicht legal waren.
Er bezahlt nach eigenen Angaben Alimente für seine beiden älteren Kindern, monatlich € 210,-- und € 70,--. Eine Abhängigkeit des Beschwerdeführers zu Angehörigen oder anderen Personen in Österreich oder umgekehrt solcher Menschen von ihm besteht nicht. Der Beschwerdeführer ist ein gesunder, arbeitsfähiger Mann mit Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherten Existenzgrundlage.
Er kann von dort aus Unterhaltszahlungen leisten und den Kontakt mit seinen Angehörigen sowie Freunden in Europa auf brieflichem und elektronischem Weg halten, ausgenommen mit dem Kleinkind. Dieses und dessen türkischstämmige Mutter können ihn dort und in Drittstaaten treffen.
1.3 Zur Lage im Herkunftsstaat:
Im angefochtenen Bescheid wurden die aktuellen Länderinformationen zur Türkei auf Stand von 08.04.2020 zitiert. Aktuell steht ein am 07.03.2024 aktualisiertes Länderinformationsblatt zur Verfügung. Betreffend die aktuelle Lage sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Länderinformationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.2.1 Allgemeine Menschenrechtslage
Der innerstaatliche rechtliche Rahmen sieht Garantien zum Schutz der Menschenrechte vor (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 38; vgl. EC 8.11.2023, S. 6, 38). Gemäß der türkischen Verfassung besitzt jede Person mit ihrer Persönlichkeit verbundene unantastbare, unübertragbare, unverzichtbare Grundrechte und Grundfreiheiten. Diese können nur aus den in den betreffenden Bestimmungen aufgeführten Gründen und nur durch Gesetze beschränkt werden. Zentrale Rechtfertigung für die Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte bleibt der Kampf gegen den Terrorismus (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 38). [...]Der innerstaatliche rechtliche Rahmen sieht Garantien zum Schutz der Menschenrechte vor (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 38; vergleiche EC 8.11.2023, Sitzung 6, 38). Gemäß der türkischen Verfassung besitzt jede Person mit ihrer Persönlichkeit verbundene unantastbare, unübertragbare, unverzichtbare Grundrechte und Grundfreiheiten. Diese können nur aus den in den betreffenden Bestimmungen aufgeführten Gründen und nur durch Gesetze beschränkt werden. Zentrale Rechtfertigung für die Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte bleibt der Kampf gegen den Terrorismus (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 38). [...]
1.2.2 Grundversorgung / Wirtschaft
Das Wirtschaftswachstum könnte sich 2024 infolge der strafferen Geldpolitik laut Internationalem Währungsfonds auf 3 % abschwächen, verglichen mit rund 4 % im Jahr 2023 und 5,5 % im Jahr 2022 (GTAI 12.12.2023a). Getragen von privatem Verbrauch und Staatsausgaben haben Wahlkampfgeschenke, Lohn- und Pensionssteigerungen, Frühpensionierungen und günstige Kredite das Wachstum angetrieben. Die türkische Wirtschaft profitiert zudem davon, dass viele Unternehmen aus der EU in die Türkei ausweichen, um das verlorene Geschäft mit Russland bzw. der Ukraine auszugleichen (WKO 10.2023, S. 4).Das Wirtschaftswachstum könnte sich 2024 infolge der strafferen Geldpolitik laut Internationalem Währungsfonds auf 3 % abschwächen, verglichen mit rund 4 % im Jahr 2023 und 5,5 % im Jahr 2022 (GTAI 12.12.2023a). Getragen von privatem Verbrauch und Staatsausgaben haben Wahlkampfgeschenke, Lohn- und Pensionssteigerungen, Frühpensionierungen und günstige Kredite das Wachstum angetrieben. Die türkische Wirtschaft profitiert zudem davon, dass viele Unternehmen aus der EU in die Türkei ausweichen, um das verlorene Geschäft mit Russland bzw. der Ukraine auszugleichen (WKO 10.2023, Sitzung 4).
Bis zu den Mai-Wahlen 2023 verfolgte Staatspräsident Erdo?an trotz horrender Inflation eine Niedrigzinspolitik, die kurzfristig die Exporte und den Konsum anregte. Dies befeuerte die Inflation und den Abwertungsdruck auf die türkische Lira, die in der Folge staatlich gestützt wurde. Die Nettoreserven der Zentralbank sind gesunken, die Auslandsverschuldung und Abhängigkeit von ausländischen Finanzhilfen sind hoch. Instabile Rahmenbedingungen haben das Vertrauen der Investoren erschüttert. Nach den Wahlen im Frühjahr 2023 vollzog das Land einen Kurswechsel hin zu einer restriktiveren Geldpolitik. Der Leitzins wurde bis Ende November 2023 schrittweise von 8,5 auf 40 % erhöht. Infolgedessen wird für 2024 ein Abschwächen des Wirtschaftswachstums erwartet. Weitere Herausforderungen sind eine hohe Arbeitslosigkeit, zunehmende geo- und innenpolitische Spannungen, aber auch hausgemachte Probleme (GTAI 12.12.2023b).
Die Inflation hat die reale Kaufkraft der Haushalte geschmälert. Gehaltserhöhungen federn die Einbußen meist nur ab. Die Leitzinserhöhungen könnten mittelfristig den Konsum dämpfen. Noch treibt die Inflation den Konsum an, denn Sparen lohnt sich kaum. Die Bevölkerung flüchtet wegen der schwachen Lira in Gold, Devisen, Aktien, Kryptowährung, Grundstücke oder Immobilien (GTAI 12.12.2023b). Zu den größten Preistreibern zählen derzeit die Sektoren Hotellerie und Gastronomie, Gesundheit, Lebensmittel, nicht-alkoholische Getränke und Transport (WKO 10.2023, S. 5). Die seit Juli 2023 wieder steigende offizielle Inflationsrate betrug für das gesamte Jahr 2023 offiziell 64,77 %. Laut Berechnungen der Forschungsgruppe für Inflation (ENAGrup) stieg der Verbraucherpreisindex für denselben Zeitraum jedoch um 127,21 % (Duvar 3.1.2024a, vgl. ÖB Ankara 28.12.2023, S. 4, 52). Die offizielle saisonal bereinigte Arbeitslosenquote ist nach einem Höchststand von 14,2 % im Juli 2020 rückläufig und erreichte im August 2023 mit 9,2 % einen Tiefststand. Neben der hohen Jugendarbeitslosigkeit von 17,2 % bleibt die Langzeitarbeitslosigkeit von 20,8 % ein Problem (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 4, 52). Die offizielle saisonbereinigte Erwerbsquote lag im November 2023 bei 52,9 %. Die Erwerbsquote lag bei den Männern mit 70,7 % fast doppelt so hoch wie bei den Frauen mit lediglich 35,5 % (TUIK 10.1.2024b).Die Inflation hat die reale Kaufkraft der Haushalte geschmälert. Gehaltserhöhungen federn die Einbußen meist nur ab. Die Leitzinserhöhungen könnten mittelfristig den Konsum dämpfen. Noch treibt die Inflation den Konsum an, denn Sparen lohnt sich kaum. Die Bevölkerung flüchtet wegen der schwachen Lira in Gold, Devisen, Aktien, Kryptowährung, Grundstücke oder Immobilien (GTAI 12.12.2023b). Zu den größten Preistreibern zählen derzeit die Sektoren Hotellerie und Gastronomie, Gesundheit, Lebensmittel, nicht-alkoholische Getränke und Transport (WKO 10.2023, Sitzung 5). Die seit Juli 2023 wieder steigende offizielle Inflationsrate betrug für das gesamte Jahr 2023 offiziell 64,77 %. Laut Berechnungen der Forschungsgruppe für Inflation (ENAGrup) stieg der Verbraucherpreisindex für denselben Zeitraum jedoch um 127,21 % (Duvar 3.1.2024a, vergleiche ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 4, 52). Die offizielle saisonal bereinigte Arbeitslosenquote ist nach einem Höchststand von 14,2 % im Juli 2020 rückläufig und erreichte im August 2023 mit 9,2 % einen Tiefststand. Neben der hohen Jugendarbeitslosigkeit von 17,2 % bleibt die Langzeitarbeitslosigkeit von 20,8 % ein Problem (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 4, 52). Die offizielle saisonbereinigte Erwerbsquote lag im November 2023 bei 52,9 %. Die Erwerbsquote lag bei den Männern mit 70,7 % fast doppelt so hoch wie bei den Frauen mit lediglich 35,5 % (TUIK 10.1.2024b).
Eine immer größere Abwanderung junger, desillusionierter Türken, die sagen, dass sie ihr Land vorerst aufgegeben haben, zeichnet sich ab (FP 27.1.2023). Eine Umfrage der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung unter 2.140 Jugendlichen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren (Erhebungszeitraum: Dezember 2022 - Jänner 2023) ergab, dass angesichts der wirtschaftlichen Stagnation 63 % der Befragten bereit sind die Türkei zu verlassen, sofern es die Möglichkeit dazu gebe. 2021 waren es sogar 72,9 % (KAS 1.6.2023). Und auch im Oktober 2023 gaben 39,1 % aller Türken und Türkinnen laut einer Umfrage von MetroPOLL Research an, dass sie gerne in einem anderen Land leben würden. Merklich höher lagen die Werte bei Anhängern der Opposition (Duvar 29.10.2023).
Laut einer in den türkischen Medien zitierten Studie des internationalen Meinungsforschungsinstituts IPSOS befanden sich im Juni 2022 90 % der Einwohner in einer Wirtschaftskrise bzw. kämpften darum, über die Runden zu kommen, da sich die Lebensmittel- und Treibstoffpreise in den letzten Monaten mehr als verdoppelt hatten. Alleinig 37 % gaben an, dass sie "sehr schwer" über die Runden kommen (TM 8.6.2022). Unter Berufung auf das Welternährungsprogramm (World Food Programme-WFP) der Vereinten Nationen berichteten Medien ebenfalls Anfang Juni 2022, dass 14,8 der 82,3 Millionen Einwohner der Türkei unter unzureichender Nahrungsmittelversorgung litten, wobei allein innerhalb der letzten drei Monate zusätzlich 410.000 Personen hinzukamen, welche hiervon betroffen waren (GCT 8.6.2022; vgl. Duvar 7.6.2022, TM 7.6.2022).Laut einer in den türkischen Medien zitierten Studie des internationalen Meinungsforschungsinstituts IPSOS befanden sich im Juni 2022 90 % der Einwohner in einer Wirtschaftskrise bzw. kämpften darum, über die Runden zu kommen, da sich die Lebensmittel- und Treibstoffpreise in den letzten Monaten mehr als verdoppelt hatten. Alleinig 37 % gaben an, dass sie "sehr schwer" über die Runden kommen (TM 8.6.2022). Unter Berufung auf das Welternährungsprogramm (World Food Programme-WFP) der Vereinten Nationen berichteten Medien ebenfalls Anfang Juni 2022, dass 14,8 der 82,3 Millionen Einwohner der Türkei unter unzureichender Nahrungsmittelversorgung litten, wobei allein innerhalb der letzten drei Monate zusätzlich 410.000 Personen hinzukamen, welche hiervon betroffen waren (GCT 8.6.2022; vergleiche Duvar 7.6.2022, TM 7.6.2022).
Was die soziale Inklusion und den sozialen Schutz betrifft, so verfügt die Türkei laut Europäischer Kommission noch immer nicht über eine gezielte Strategie zur Armutsbekämpfung. Der anhaltende Preisanstieg hat das Armutsrisiko für Arbeitslose und Lohnempfänger in prekären Beschäftigungsverhältnissen weiter erhöht. Die Armutsquote erreichte 2022 14,4 %, gegenüber 13,8 % im Jahr 2021. Die Quote der schweren materiellen Verarmung (severe-material-deprivation rate) erreichte im Jahr 2022 28,4 % (2021: 27,2 %). Die Kinderarmutsquote war im Jahr 2022 mit 41,6 % besonders hoch. Im Jahr 2022 beliefen sich die Sozialhilfezahlungen auf 151,9 Milliarden Lira oder 1,01 % des BIP (EC 8.11.2023, S. 102). Der Gini-Koeffizient als Maß für die soziale Ungleichheit (Dieser schwankt zwischen 0, was theoretisch völlige Gleichheit, und 1, was völlige Ungleichheit bedeuten würde.) betrug nach Einberechnung der dämpfend wirkenden Sozialtransfers offiziell 0,415 im Jahr 2022, der höchste Wert der letzten zehn Jahre (TUIK 4.5.2023) [Anm.: In Österreich betrug laut Momentum Institut der Gini-Koeffizient nach Steuern und staatlichen Transferleistungen 2020 0,28].Was die soziale Inklusion und den sozialen Schutz betrifft, so verfügt die Türkei laut Europäischer Kommission noch immer nicht über eine gezielte Strategie zur Armutsbekämpfung. Der anhaltende Preisanstieg hat das Armutsrisiko für Arbeitslose und Lohnempfänger in prekären Beschäftigungsverhältnissen weiter erhöht. Die Armutsquote erreichte 2022 14,4 %, gegenüber 13,8 % im Jahr 2021. Die Quote der schweren materiellen Verarmung (severe-material-deprivation rate) erreichte im Jahr 2022 28,4 % (2021: 27,2 %). Die Kinderarmutsquote war im Jahr 2022 mit 41,6 % besonders hoch. Im Jahr 2022 beliefen sich die Sozialhilfezahlungen auf 151,9 Milliarden Lira oder 1,01 % des BIP (EC 8.11.2023, Sitzung 102). Der Gini-Koeffizient als Maß für die soziale Ungleichheit (Dieser schwankt zwischen 0, was theoretisch völlige Gleichheit, und 1, was völlige Ungleichheit bedeuten würde.) betrug nach Einberechnung der dämpfend wirkenden Sozialtransfers offiziell 0,415 im Jahr 2022, der höchste Wert der letzten zehn Jahre (TUIK 4.5.2023) [Anm.: In Österreich betrug laut Momentum Institut der Gini-Koeffizient nach Steuern und staatlichen Transferleistungen 2020 0,28].
Die Armutsgrenze in der Türkei lag Ende Dezember 2023 laut Daten des Türkischen Gewerkschaftsbundes (Türk-??) bei 47.000 Lira (rund 1.400 Euro). - Die Armutsgrenze gibt an, wie viel Geld eine vierköpfige Familie benötigt, um sich ausreichend und gesund zu ernähren, und deckt auch die Ausgaben für Grundbedürfnisse wie Kleidung, Miete, Strom, Wasser, Verkehr, Bildung und Gesundheit ab. - Die Hungerschwelle, die den Mindestbetrag angibt, der erforderlich ist, um eine vierköpfige Familie im Monat vor dem Hungertod zu bewahren, lag Ende Dezember 2023 bei 14.431 Lira (rund 440 Euro) (Duvar 3.1.2024b). Die Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes KAMU-AR gab gegen Ende 2024 bereits eine weitere Steigerung an. - Demnach lag die Hungergrenze bei 17.442 und die Armutsgrenze bereits bei 48.559 Lira (TM 25.1.2024).
Nach einer Erhöhung des Mindestlohns um 55 % im Jänner 2023 wurde dieser mit Juli 2023 auf 11.400 Lira netto (rund 440 Euro) erhöht, eine Steigerung von 34 %. Die Steigerung lag jedoch immer noch unter der offiziellen Inflationsrate, welche im Mai 2023 fast 40 % betrug. Laut unabhängigen Experten belief sich die Preissteigerung bei Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs bei mehr als 100 %. 40 % beträgt der Anteil der Bevölkerung, der vom Mindestlohn lebt. In Metropolen wie Istanbul, Ankara oder Izmir sind die oben erwähnten Zahlen weniger realistisch, da hier die Lebenshaltungskosten noch höher geschätzt werden (WKO 23.6.2023). Ende Dezember 2023 kündigte die Regierung eine weitere Erhöhung des Netto-Mindestlohns um 49 % auf rund 17.000 Lira (rund 520 Euro) an, denn seit Juni 2023 bzw. der letzten Erhöhung hatte der Mindestlohn circa 88 Euro an Wert eingebüßt (Duvar 27.12.2023; vgl. WKO 29.12.2023). Anders als für 2023 schloss Staatspräsident Erdo?an eine zweite Anpassung im Jahr 2024 aus (Duvar 27.12.2023).Nach einer Erhöhung des Mindestlohns um 55 % im Jänner 2023 wurde dieser mit Juli 2023 auf 11.400 Lira netto (rund 440 Euro) erhöht, eine Steigerung von 34 %. Die Steigerung lag jedoch immer noch unter der offiziellen Inflationsrate, welche im Mai 2023 fast 40 % betrug. Laut unabhängigen Experten belief sich die Preissteigerung bei Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs bei mehr als 100 %. 40 % beträgt der Anteil der Bevölkerung, der vom Mindestlohn lebt. In Metropolen wie Istanbul, Ankara oder Izmir sind die oben erwähnten Zahlen weniger realistisch, da hier die Lebenshaltungskosten noch höher geschätzt werden (WKO 23.6.2023). Ende Dezember 2023 kündigte die Regierung eine weitere Erhöhung des Netto-Mindestlohns um 49 % auf rund 17.000 Lira (rund 520 Euro) an, denn seit Juni 2023 bzw. der letzten Erhöhung hatte der Mindestlohn circa 88 Euro an Wert eingebüßt (Duvar 27.12.2023; vergleiche WKO 29.12.2023). Anders als für 2023 schloss Staatspräsident Erdo?an eine zweite Anpassung im Jahr 2024 aus (Duvar 27.12.2023).
Laut dem türkischen Arbeitnehmerbund betragen aber die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten einer Familie mit zwei Kindern im Mittel 25.365 Lira, und die Lebenserhaltungskosten für eine einzelne Person machen 10.170 Lira aus. Diese Zahlen variieren jedoch auch stark nach dem Standort. In Metropolen wie Istanbul, Ankara oder Izmir sind die erwähnten Zahlen weniger realistisch, da hier die Lebenshaltungskosten noch höher geschätzt werden (WKO 10.3.2023).
Die Krise bedeutet für viele Türken Schwierigkeiten zu haben, sich Lebensmittel im eigenen Land leisten zu können. Der normale Bürger kann sich inzwischen Milch- und Fleischprodukte nicht mehr leisten: Diese werden nicht mehr für jeden zu haben sein, so Semsi Bayraktar, Präsident des Türkischen Verbandes der Landwirtschaftskammer. Die Türkei befindet sich mit 69 % an fünfter Stelle auf der Liste der globalen Lebensmittel-Inflation (DW 13.4.2023).
Die staatlichen Ausgaben für Sozialleistungen betrugen 2021 lediglich 10,8 % des BIP. In vielen Fällen sorgen großfamiliäre Strukturen für die Sicherung der Grundversorgung (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 52). In Zeiten wirtschaftlicher Not wird die Großfamilie zur wichtigsten Auffangstation. Gerade die Angehörigen der ärmeren Schichten, die zuletzt aus ihren Dörfern in die Großstädte zogen, reaktivieren nun ihre Beziehungen in ihren Herkunftsdörfern. In den dreimonatigen Sommerferien kehren sie in ihre Dörfer zurück, wo zumeist ein Teil der Familie eine kleine Subsistenzwirtschaft aufrechterhalten hat (Standard 25.7.2022). NGOs, die Bedürftigen helfen, finden sich vereinzelt nur in Großstädten (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 52).Die staatlichen Ausgaben für Sozialleistungen betrugen 2021 lediglich 10,8 % des BIP. In vielen Fällen sorgen großfamiliäre Strukturen für die Sicherung der Grundversorgung (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 52). In Zeiten wirtschaftlicher Not wird die Großfamilie zur wichtigsten Auffangstation. Gerade die Angehörigen der ärmeren Schichten, die zuletzt aus ihren Dörfern in die Großstädte zogen, reaktivieren nun ihre Beziehungen in ihren Herkunftsdörfern. In den dreimonatigen Sommerferien kehren sie in ihre Dörfer zurück, wo zumeist ein Teil der Familie eine kleine Subsistenzwirtschaft aufrechterhalten hat (Standard 25.7.2022). NGOs, die Bedürftigen helfen, finden sich vereinzelt nur in Großstädten (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 52).
Sozialbeihilfen / -versicherung
Sozialleistungen für Bedürftige werden auf der Grundlage der Gesetze Nr. 3294, über den Förderungsfonds für Soziale Hilfe und Solidarität und Nr. 5263, zur Organisation und den Aufgaben der Generaldirektion für Soziale Hilfe und Solidarität, gewährt (AA 28.7.2022, S. 21). Die Hilfeleistungen werden von den in 81 Provinzen und 850 Kreisstädten vertretenen 973 Einrichtungen der Stiftung für Soziale Hilfe und Solidarität (Sosyal Yard?mla?ma ve Dayani?ma Vakfi) ausgeführt, die den Gouverneuren unterstellt sind (AA 14.6.2019). Anspruchsberechtigt sind bedürftige Staatsangehörige, die sich in Armut und Not befinden, nicht gesetzlich sozialversichert sind und von keiner Einrichtung der sozialen Sicherheit ein Einkommen oder eine Zuwendung beziehen, sowie Personen, die gemeinnützig tätig und produktiv werden können (AA 28.7.2022, S. 21).Sozialleistungen für Bedürftige werden auf der Grundlage der Gesetze Nr. 3294, über den Förderungsfonds für Soziale Hilfe und Solidarität und Nr. 5263, zur Organisation und den Aufgaben der Generaldirektion für Soziale Hilfe und Solidarität, gewährt (AA 28.7.2022, Sitzung 21). Die Hilfeleistungen werden von den in 81 Provinzen und 850 Kreisstädten vertretenen 973 Einrichtungen der Stiftung für Soziale Hilfe und Solidarität (Sosyal Yard?mla?ma ve Dayani?ma Vakfi) ausgeführt, die den Gouverneuren unterstellt sind (AA 14.6.2019). Anspruchsberechtigt sind bedürftige Staatsangehörige, die sich in Armut und Not befinden, nicht gesetzlich sozialversichert sind und von keiner Einrichtung der sozialen Sicherheit ein Einkommen oder eine Zuwendung beziehen, sowie Personen, die gemeinnützig tätig und produktiv werden können (AA 28.7.2022, Sitzung 21).
Sozialhilfe im österreichischen Sinne gibt es keine. Auf Initiative des Ministeriums für Familie und Sozialpolitik gibt es aber 46 Sozialunterstützungsleistungen, wobei der Anspruch an schwer zu erfüllende Bedingungen gekoppelt ist. - Hierzu zählen (alle Stand: Nov. 2023): Sachspenden in Form von Nahrungsmittel, Schulbücher, Heizmaterialien; Kindergeld: einmalige Zahlung, die sich nach der Anzahl der Kinder richtet und 300 türkische Lira (TL) für das erste, 400 TL für das zweite, 600 TL für das dritte Kind beträgt; für hilfsbedürftige Familien mit Mehrlingen: Kindergeld für die Dauer von zwölf Monaten über monatlich 350 TL, wenn das pro Kopf Einkommen der Familie 3.800 TL nicht übersteigt; finanzielle Unterstützung für Schwangere: sog. "Milchgeld" in einmaliger Höhe von 520 TL (bei geleisteten Sozialversicherungsabgaben durch den Ehepartner oder vorherige Erwerbstätigkeit der Mutter selbst); Wohnprogramme; Pensionen und Betreuungsgeld für Behinderte und ältere pflegebedürftige Personen: zwischen 1.200 TL und 1.800 TL je nach Grad der Behinderung. Zudem existiert eine Unterstützung in der Höhe von 5.089 TL für Personen, die sich um Schwerbehinderte zu Hause kümmern (Grad der Behinderung von mindestens 50 % sowie Nachweis der Erforderlichkeit von Unterstützung im Alltag). Witwenunterstützung: Jede Witwe hatte 2023 monatlich Anspruch auf 2.250 TL aus dem Sozialhilfe- und Solidaritätsfonds der Regierung. Der Maximalbetrag für die Witwenrente beträgt 23.308 TL, ansonsten 75 % des Bruttomonatsgehalts des verstorbenen Ehepartners (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 53).Sozialhilfe im österreichischen Sinne gibt es keine. Auf Initiative des Ministeriums für Familie und Sozialpolitik gibt es aber 46 Sozialunterstützungsleistungen, wobei der Anspruch an schwer zu erfüllende Bedingungen gekoppelt ist. - Hierzu zählen (alle Stand: Nov. 2023): Sachspenden in Form von Nahrungsmittel, Schulbücher, Heizmaterialien; Kindergeld: einmalige Zahlung, die sich nach der Anzahl der Kinder richtet und 300 türkische Lira (TL) für das erste, 400 TL für das zweite, 600 TL für das dritte Kind beträgt; für hilfsbedürftige Familien mit Mehrlingen: Kindergeld für die Dauer von zwölf Monaten über monatlich 350 TL, wenn das pro Kopf Einkommen der Familie 3.800 TL nicht übersteigt; finanzielle Unterstützung für Schwangere: sog. "Milchgeld" in einmaliger Höhe von 520 TL (bei geleisteten Sozialversicherungsabgaben durch den Ehepartner oder vorherige Erwerbstätigkeit der Mutter selbst); Wohnprogramme; Pensionen und Betreuungsgeld für Behinderte und ältere pflegebedürftige Personen: zwischen 1.200 TL und 1.800 TL je nach Grad der Behinderung. Zudem existiert eine Unterstützung in der Höhe von 5.089 TL für Personen, die sich um Schwerbehinderte zu Hause kümmern (Grad der Behinderung von mindestens 50 % sowie Nachweis der Erforderlichkeit von Unterstützung im Alltag). Witwenunterstützung: Jede Witwe hatte 2023 monatlich Anspruch auf 2.250 TL aus dem Sozialhilfe- und Solidaritätsfonds der Regierung. Der Maximalbetrag für die Witwenrente beträgt 23.308 TL, ansonsten 75 % des Bruttomonatsgehalts des verstorbenen Ehepartners (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 53).
1.2.3 Ethnische Minderheiten
Die türkische Verfassung sieht nur eine einzige Nationalität für alle Bürger und Bürgerinnen vor. Sie erkennt keine nationalen oder ethnischen Minderheiten an, mit Ausnahme der drei, primär über die Religion definierten, nicht-muslimischen Gruppen, nämlich der Armenisch-Apostolischen und Griechisch-Orthodoxen Christen sowie der Juden. Andere nationale oder ethnische Minderheiten wie Assyrer, Jafari [zumeist schiitische Aseris], Jesiden, Kurden, Araber, Roma, Tscherkessen und Lasen dürfen ihre sprachlichen, religiösen und kulturellen Rechte nicht vollständig ausüben (USDOS 20.3.2023a, S. 85). Allerdings wurden in den letzten Jahren Minderheiten in beschränktem Ausmaß kulturelle Rechte eingeräumt (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 35). Türkische Staatsangehörige nicht-türkischer Volksgruppenzugehörigkeit sind keinen staatlichen Repressionen aufgrund ihrer Abstammung unterworfen. Ausweispapiere enthalten keine Aussage zur ethnischen Zugehörigkeit (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 35).Die türkische Verfassung sieht nur eine einzige Nationalität für alle Bürger und Bürgerinnen vor. Sie erkennt keine nationalen oder ethnischen Minderheiten an, mit Ausnahme der drei, primär über die Religion definierten, nicht-muslimischen Gruppen, nämlich der Armenisch-Apostolischen und Griechisch-Orthodoxen Christen sowie der Juden. Andere nationale oder ethnische Minderheiten wie Assyrer, Jafari [zumeist schiitische Aseris], Jesiden, Kurden, Araber, Roma, Tscherkessen und Lasen dürfen ihre sprachlichen, religiösen und kulturellen Rechte nicht vollständig ausüben (USDOS 20.3.2023a, Sitzung 85). Allerdings wurden in den letzten Jahren Minderheiten in beschränktem Ausmaß kulturelle Rechte eingeräumt (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 35). Türkische Staatsangehörige nicht-türkischer Volksgruppenzugehörigkeit sind keinen staatlichen Repressionen aufgrund ihrer Abstammung unterworfen. Ausweispapiere enthalten keine Aussage zur ethnischen Zugehörigkeit (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 35).
Neben den offiziell anerkannten religiösen Minderheiten gibt es folgende ethnische Gruppen: Kurden (ca. 13-15 Mio.), Roma (zwischen 2 und 5 Mio.), Tscherkessen (rund 2 Mio.), Bosniaken (bis zu 2 Mio.), Krim-Tataren (1 Mio.), Araber [ohne Flüchtlinge] (vor dem Syrienkrieg 800.000 bis 1 Mio.), Lasen (zwischen 50.000 und 500.000), Georgier (100.000) sowie Uiguren (rund 50.000) und andere Gruppen in kleiner und schwer zu bestimmender Anzahl (AA 28.7.2022, S. 10). Dazu kommen noch, so sie nicht als religiöse Minderheit gezählt werden, Jes