Entscheidungsdatum
05.08.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W262 2281928-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2023, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 14.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Bei seiner Erstbefragung am 16.09.2022 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch an, dass er syrischer Staatsangehöriger sowie Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem sei. Er stamme aus XXXX in Deir ez-Zor und seine Muttersprache sei Arabisch. Er habe neun Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Hilfsarbeiter gearbeitet. Am 17.07.2022 habe er Syrien illegal in die Türkei verlassen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er habe Syrien wegen des anstehenden Militärdienstes verlassen. Die Kurden würden Zwangsrekrutierungen durchführen und er wolle sich weiterbilden. Andere Fluchtgründe habe er nicht. 2. Bei seiner Erstbefragung am 16.09.2022 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch an, dass er syrischer Staatsangehöriger sowie Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem sei. Er stamme aus römisch 40 in Deir ez-Zor und seine Muttersprache sei Arabisch. Er habe neun Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Hilfsarbeiter gearbeitet. Am 17.07.2022 habe er Syrien illegal in die Türkei verlassen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er habe Syrien wegen des anstehenden Militärdienstes verlassen. Die Kurden würden Zwangsrekrutierungen durchführen und er wolle sich weiterbilden. Andere Fluchtgründe habe er nicht.
3. Am 21.09.2023 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden als BFA oder „belangte Behörde“ bezeichnet) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch. Der Beschwerdeführer gab an, er sei in XXXX , Syrien, geboren, aufgrund der Arbeit seines Vaters sei er jedoch zwischen drei Orten gependelt. Von Geburt an bis zum Jahr 2014 sei er zwischen XXXX und XXXX unterwegs gewesen. Im Jahr 2014 habe er sich für zehn Tage in Damaskus aufgehalten und von 2015 bis 2019 habe er mit seiner Familie im Libanon gelebt. Anschließend sei er für ein Jahr nach Damaskus zurückgegangen, da seine Eltern gewollt hätten, dass die Geschwister des Beschwerdeführers ihre Ausbildung abschließen. Anfang 2020 sei der Beschwerdeführer nach XXXX zurückgekehrt, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien gelebt habe. In Damaskus sei er in einer Fabrik für Süßigkeiten und als Installateur tätig gewesen. Insgesamt habe er neun Jahre lang die Schule besucht. Sein Vater besäße mehrere Häuser in Syrien, wobei eines zerstört worden sei. Der Beschwerdeführer sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Sein Vater lebe in XXXX und XXXX , die Mutter sowie die Geschwister des Beschwerdeführers in Deir ez-Zor. 3. Am 21.09.2023 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden als BFA oder „belangte Behörde“ bezeichnet) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch. Der Beschwerdeführer gab an, er sei in römisch 40 , Syrien, geboren, aufgrund der Arbeit seines Vaters sei er jedoch zwischen drei Orten gependelt. Von Geburt an bis zum Jahr 2014 sei er zwischen römisch 40 und römisch 40 unterwegs gewesen. Im Jahr 2014 habe er sich für zehn Tage in Damaskus aufgehalten und von 2015 bis 2019 habe er mit seiner Familie im Libanon gelebt. Anschließend sei er für ein Jahr nach Damaskus zurückgegangen, da seine Eltern gewollt hätten, dass die Geschwister des Beschwerdeführers ihre Ausbildung abschließen. Anfang 2020 sei der Beschwerdeführer nach römisch 40 zurückgekehrt, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien gelebt habe. In Damaskus sei er in einer Fabrik für Süßigkeiten und als Installateur tätig gewesen. Insgesamt habe er neun Jahre lang die Schule besucht. Sein Vater besäße mehrere Häuser in Syrien, wobei eines zerstört worden sei. Der Beschwerdeführer sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Sein Vater lebe in römisch 40 und römisch 40 , die Mutter sowie die Geschwister des Beschwerdeführers in Deir ez-Zor.
Vom BFA zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er könne nicht mehr in die Gebiete des syrischen Regimes zurückkehren, da er den Wehrdienst ableisten müsse. Dadurch sei es ihm auch nicht mehr möglich, seine Mutter und Geschwister zu sehen, die im Regimegebiet studieren würden. Seine Familie sei die regierende Familie unter den Stämmen der Region. Sein Onkel väterlicherseits sei Stammesscheich gewesen. Dieser habe sich gegen die kurdischen Allianztruppen Qasad ausgesprochen und sei 2020 von den Kurden getötet worden. Im Zuge dessen sei auch der Cousin des Beschwerdeführers verletzt worden. Auch der Beschwerdeführer selbst werde durch die Kurden bedroht. Der Sohn seines Onkels habe nach dessen Tod die Stammesführung übernommen. Dieser sei von den Kurden mit seinem eigenen sowie mit dem Tod aller Stammesmitglieder bedroht worden. Weiters habe es auch geheime Drohungen gegeben. Da es schon zu verschiedenen Vorkommnissen in seiner Familie gekommen sei, hätten sich Familienmitglieder an den Botschafter der USA in Katar gewandt und ihn gebeten, den Streit zu lösen. Ungefähr zwei Monate, nachdem er sein Wehrdienstbuch habe ausstellen lassen, hätten die Behörden seine Mutter dahingehend verständigt, dass er sich an die Wehrdienstbehörde wenden solle. Laut Verständigung habe er einen Aufschubgrund angeben müssen, andernfalls er zum Wehrdienst eingezogen werde. Da er keinen Aufschubgrund gehabt habe, sei er gezwungen gewesen, die Region des syrischen Regimes zu verlassen. Der Beschwerdeführer gab weiters an, in den Regimegebieten sei es möglich, dass er aufgrund des nicht abgeleisteten Militärdienstes vor ein Militärgericht komme. Selbst wenn die Kurden vielleicht auch nicht die Todesstrafe vollziehen würden, könne man ihnen alles zutrauen. Selbst wenn die Kurden seinem Vater nichts tun würden, so würden spätestens die Terrorzellen des IS seinem Vater schaden, wenn diese von einer Ableistung des Wehrdienstes seines Sohnes beim syrischen Regime erfahren würden.
Im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA legte der Beschwerdeführer ein syrisches Wehrdienstbuch, einen Einberufungsbefehl, einen Auszug aus dem Personenregister sowie Integrationsunterlagen vor.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 24.10.2023 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 24.10.2023 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Die belangte Behörde traf Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates, zur Situation im Falle seiner Rückkehr sowie zur Lage in Syrien.
Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates hielt die belangte Behörde fest, dass nicht festgestellt werden habe können, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Nationalität, Religion, der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder seiner politischen Einstellung verlassen habe. Der Beschwerdeführer habe eine konkrete, persönliche, asylrelevante Bedrohung maßgeblicher Intensität durch den syrischen Staat nicht glaubhaft machen können.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer die in der Einvernahme vor dem BFA behauptete Bedrohung durch die Kurden wegen seiner Stammeszugehörigkeit bei der Erstbefragung nicht einmal erwähnt habe. Weiters sei nicht nachvollziehbar, dass seine Geschwister regelmäßig in den Ferien ohne vorgebrachte Bedrohung in seine Herkunftsregion zurückkehren könnten. Mangels Kontrolle der Herkunftsregion des Beschwerdeführers durch das syrische Regime im Zeitpunkt seiner Ausreise sei er von einer Einberufung zum syrischen Militär nicht betroffen gewesen. Weiters sei eine Einberufung zum syrischen Militär auch aufgrund der von den Kurden weitgehend kontrollierten Herkunftsregion des Beschwerdeführers unwahrscheinlich. Die syrische Armee ziehe keine Personen aus den von den Kurden kontrollierten Gebieten ein. Nicht glaubhaft sei überdies, dass der Beschwerdeführer tatsächlich von einer Einberufung betroffen gewesen sei, da er andernfalls Damaskus nicht hätte verlassen können, um nach XXXX zu reisen. Mangels Kontrolle der Herkunftsregion durch das syrische Regime habe der Beschwerdeführer keinen direkten Kontakt zu befürchten. Eine Einreise in die Herkunftsregion sei ihm überdies möglich, ohne dass er Gebiete unter Kontrolle des syrischen Regimes durchqueren müsse. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien, durch den herrschenden Bürgerkrieg und durch Kampfhandlungen Schaden nehmen könnte. Eine persönliche, asylrelevante Verfolgung oder Bedrohung habe der Beschwerdeführer jedoch nicht glaubhaft machen können. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer die in der Einvernahme vor dem BFA behauptete Bedrohung durch die Kurden wegen seiner Stammeszugehörigkeit bei der Erstbefragung nicht einmal erwähnt habe. Weiters sei nicht nachvollziehbar, dass seine Geschwister regelmäßig in den Ferien ohne vorgebrachte Bedrohung in seine Herkunftsregion zurückkehren könnten. Mangels Kontrolle der Herkunftsregion des Beschwerdeführers durch das syrische Regime im Zeitpunkt seiner Ausreise sei er von einer Einberufung zum syrischen Militär nicht betroffen gewesen. Weiters sei eine Einberufung zum syrischen Militär auch aufgrund der von den Kurden weitgehend kontrollierten Herkunftsregion des Beschwerdeführers unwahrscheinlich. Die syrische Armee ziehe keine Personen aus den von den Kurden kontrollierten Gebieten ein. Nicht glaubhaft sei überdies, dass der Beschwerdeführer tatsächlich von einer Einberufung betroffen gewesen sei, da er andernfalls Damaskus nicht hätte verlassen können, um nach römisch 40 zu reisen. Mangels Kontrolle der Herkunftsregion durch das syrische Regime habe der Beschwerdeführer keinen direkten Kontakt zu befürchten. Eine Einreise in die Herkunftsregion sei ihm überdies möglich, ohne dass er Gebiete unter Kontrolle des syrischen Regimes durchqueren müsse. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien, durch den herrschenden Bürgerkrieg und durch Kampfhandlungen Schaden nehmen könnte. Eine persönliche, asylrelevante Verfolgung oder Bedrohung habe der Beschwerdeführer jedoch nicht glaubhaft machen können.
Im Anschluss unterzog die belangte Behörde den von ihr festgestellten Sachverhalt, unter Bezugnahme auf die einzelnen Spruchpunkte des Bescheids, einer rechtlichen Beurteilung.
5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. Darin wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die Familie des Beschwerdeführers eine der führenden Familien in Deir ez-Zor sei und sich der Stammesscheich, ein Onkel väterlicherseits des Beschwerdeführers öffentlich gegen die kurdischen Truppen ausgesprochen habe. Der Onkel sei 2020 bei einem Bombenanschlag getötet worden, anschließend habe dessen Sohn die Stammesführung übernommen. Seither würden die kurdischen Kräfte die gesamte Familie bedrohen und drohe dem Beschwerdeführer daher Verfolung als Mitglied einer oppositionellen, die Kurden öffentlich kritisierende Familie. Zudem sei dem Beschwerdeführer ein Einberufungsbefehl des syrischen Militärs zugestellt worden, in welchem er aufgefordert worden sei, sich hinsichtlich seines Aufschubs vom 01.07.2021 zu melden, widrigenfalls er am 22.07.2021 eingezogen werde. Aufgrund des Konflikts seiner Familie mit der kurdischen Führung habe der Beschwerdeführer seine Heimatregion verlassen müssen. Da er vom syrischen Militär einberufen worden sei, habe er ebenso wenig in ein Gebiet, das unter Kontrolle des syrischen Regimes steht, ausweichen können. Der Beschwerdeführer lehne das Tragen von Waffen ab. Er wolle weder im Bürgerkrieg kämpfen, noch seine Mitbürger töten oder sich an anderen Kriegsverbrechen beteiligen und habe sich dem Wehrdienst aus seiner oppositionellen Überzeugung entzogen. Aufgrund seines Alters unterliege er der allgemeinen, gesetzlichen Wehrpflicht und werde überdies noch jahrelang im wehrfähigen Alter sein. Bei einer Rückkehr in seine Herkunftsregion drohe dem Beschwerdeführer die Gefahr, an einen Checkpoint des syrischen Regimes zu geraten und sofort festgehalten und vom syrischen Militär bestraft und/oder mitgenommen zu werden. Es sei anzunehmen, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Absolvierung des Wehrdienstes gezwungen sei, sich gegen seinen Willen an Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht, das Völkerstrafrecht und/oder internationale Menschenrechte zu beteiligen. Im Falle einer Weigerung müsse er mit drakonischen Strafen bis hin zur Hinrichtung rechnen. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Zwangsrekrutierung bzw. Folter wegen der Verweigerung seines Wehrdienstes in der syrischen Armee ausgesetzt sei. Aufgrund der willkürlichen Rekrutierungen stehe er daher im Visier der syrischen Behörden und stehe ihm auch keine Möglichkeit offen, sich der zwangsweisen Rekrutierung zu entziehen. Überdies müsse er befürchten, aufgrund des Stellens eines Antrags auf internationalen Schutz im Ausland eine feindliche politische Gesinnung von der syrischen Regierung unterstellt zu bekommen, was einen weiteren asylrelevanten Vefolgungsgrund darstelle. Auch würde ihm dadurch, dass er aus einem Rebellengebiet stamme, drohen, wie andere Rückkehrer in eigene Bataillone gesteckt zu werden, die direkt an die Front geschickt würden, um als Abschreckung für andere Soldaten zu dienen. Aufgrund engmaschiger Kontrollen der syrischen Behörden würde der Beschwerdeführer gefasst und vermutlich sofort einer Bestrafung zugeführt und/oder zum Wehrdienst eingezogen werden. Überdies drohe ihm aufgrund seines Alters auch die Zwangsrekrutierung im AANES-Gebiet sowie im Falle einer Weigerung die drakonische Bestrafung.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. Darin wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die Familie des Beschwerdeführers eine der führenden Familien in Deir ez-Zor sei und sich der Stammesscheich, ein Onkel väterlicherseits des Beschwerdeführers öffentlich gegen die kurdischen Truppen ausgesprochen habe. Der Onkel sei 2020 bei einem Bombenanschlag getötet worden, anschließend habe dessen Sohn die Stammesführung übernommen. Seither würden die kurdischen Kräfte die gesamte Familie bedrohen und drohe dem Beschwerdeführer daher Verfolung als Mitglied einer oppositionellen, die Kurden öffentlich kritisierende Familie. Zudem sei dem Beschwerdeführer ein Einberufungsbefehl des syrischen Militärs zugestellt worden, in welchem er aufgefordert worden sei, sich hinsichtlich seines Aufschubs vom 01.07.2021 zu melden, widrigenfalls er am 22.07.2021 eingezogen werde. Aufgrund des Konflikts seiner Familie mit der kurdischen Führung habe der Beschwerdeführer seine Heimatregion verlassen müssen. Da er vom syrischen Militär einberufen worden sei, habe er ebenso wenig in ein Gebiet, das unter Kontrolle des syrischen Regimes steht, ausweichen können. Der Beschwerdeführer lehne das Tragen von Waffen ab. Er wolle weder im Bürgerkrieg kämpfen, noch seine Mitbürger töten oder sich an anderen Kriegsverbrechen beteiligen und habe sich dem Wehrdienst aus seiner oppositionellen Überzeugung entzogen. Aufgrund seines Alters unterliege er der allgemeinen, gesetzlichen Wehrpflicht und werde überdies noch jahrelang im wehrfähigen Alter sein. Bei einer Rückkehr in seine Herkunftsregion drohe dem Beschwerdeführer die Gefahr, an einen Checkpoint des syrischen Regimes zu geraten und sofort festgehalten und vom syrischen Militär bestraft und/oder mitgenommen zu werden. Es sei anzunehmen, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Absolvierung des Wehrdienstes gezwungen sei, sich gegen seinen Willen an Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht, das Völkerstrafrecht und/oder internationale Menschenrechte zu beteiligen. Im Falle einer Weigerung müsse er mit drakonischen Strafen bis hin zur Hinrichtung rechnen. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Zwangsrekrutierung bzw. Folter wegen der Verweigerung seines Wehrdienstes in der syrischen Armee ausgesetzt sei. Aufgrund der willkürlichen Rekrutierungen stehe er daher im Visier der syrischen Behörden und stehe ihm auch keine Möglichkeit offen, sich der zwangsweisen Rekrutierung zu entziehen. Überdies müsse er befürchten, aufgrund des Stellens eines Antrags auf internationalen Schutz im Ausland eine feindliche politische Gesinnung von der syrischen Regierung unterstellt zu bekommen, was einen weiteren asylrelevanten Vefolgungsgrund darstelle. Auch würde ihm dadurch, dass er aus einem Rebellengebiet stamme, drohen, wie andere Rückkehrer in eigene Bataillone gesteckt zu werden, die direkt an die Front geschickt würden, um als Abschreckung für andere Soldaten zu dienen. Aufgrund engmaschiger Kontrollen der syrischen Behörden würde der Beschwerdeführer gefasst und vermutlich sofort einer Bestrafung zugeführt und/oder zum Wehrdienst eingezogen werden. Überdies drohe ihm aufgrund seines Alters auch die Zwangsrekrutierung im AANES-Gebiet sowie im Falle einer Weigerung die drakonische Bestrafung.
6. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt langten am 27.11.2023 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Im Zuge der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben, schriftlich bzw. in der mündlichen Verhandlung, zu den Länderinformationsberichten Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer gab keine schriftliche Stellungnahme ab.
8. Am 30.04.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung teilnahmen und der eine Dolmetscherin für die Sprache Arabisch beigezogen wurde. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung entschuldigt fern. Der Beschwerdeführer wurde vom erkennenden Gericht eingehend zu seiner Identität, Herkunft, zu den persönlichen Lebensumständen und zu seinen Fluchtgründen befragt. Der Rechtsvertreter gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung keine Stellungnahme ab und beantragte auch keine Frist zur Erstattung einer solchen.
Die Niederschrift der mündlichen Verhandlung wurde dem BFA im Anschluss an die Verhandlung übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer stellte am 14.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und wurde am XXXX in XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch. Er ist ledig und hat keine Kinder.Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch 40 und wurde am römisch 40 in römisch 40 im Gouvernement Deir ez-Zor geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Der Beschwerdeführer hat in Syrien neun Jahre lang die Schule besucht.
Der Beschwerdeführer lebte bis 2014 in seinem Heimatort XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor, besuchte dort die Schule und arbeitete anschließend als Hilfsarbeiter. Ungefähr einmal pro Woche reiste er mit seiner Familie nach XXXX im selben Gouvernement. Von Anfang 2015 bis Anfang 2019 lebte er mit seiner Familie im Libanon und arbeitete als Installateur. Anfang 2019 kehrte der Beschwerdeführer nach Syrien zurück und zog mit seiner Familie nach Damaskus, wo er sich für ungefähr ein Jahr aufhielt und in einer Süßigkeitenfabrik tätig war. Im Anschluss reiste der Beschwerdeführer zurück in seinen Heimatort XXXX , wo er bis zu seiner Ausreise lebte. Im Juli 2022 reiste der Beschwerdeführer illegal in die Türkei aus.Der Beschwerdeführer lebte bis 2014 in seinem Heimatort römisch 40 im Gouvernement Deir ez-Zor, besuchte dort die Schule und arbeitete anschließend als Hilfsarbeiter. Ungefähr einmal pro Woche reiste er mit seiner Familie nach römisch 40 im selben Gouvernement. Von Anfang 2015 bis Anfang 2019 lebte er mit seiner Familie im Libanon und arbeitete als Installateur. Anfang 2019 kehrte der Beschwerdeführer nach Syrien zurück und zog mit seiner Familie nach Damaskus, wo er sich für ungefähr ein Jahr aufhielt und in einer Süßigkeitenfabrik tätig war. Im Anschluss reiste der Beschwerdeführer zurück in seinen Heimatort römisch 40 , wo er bis zu seiner Ausreise lebte. Im Juli 2022 reiste der Beschwerdeführer illegal in die Türkei aus.
Der Herkunftsort des Beschwerdeführers, XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor, liegt östlich des Euphrat zwischen dem Euphrat und der irakischen Grenze. XXXX liegt im Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien (AANES), das von den Demokratischen Kräften Syriens (SDF), insbesondere den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) kontrolliert wird.Der Herkunftsort des Beschwerdeführers, römisch 40 im Gouvernement Deir ez-Zor, liegt östlich des Euphrat zwischen dem Euphrat und der irakischen Grenze. römisch 40 liegt im Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien (AANES), das von den Demokratischen Kräften Syriens (SDF), insbesondere den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) kontrolliert wird.
Der Vater des Beschwerdeführers besitzt landwirtschaftliche Grundstücke, zwei Eigentumshäuser und betreibt eine Pferdezucht.
Die Eltern des Beschwerdeführers, sieben Schwestern und ein Bruder leben weiterhin in Syrien. Ein Cousin des Beschwerdeführers sowie weitere entfernte Verwandte leben in Österreich. Der Beschwerdeführer hat auch Verwandte in Deutschland.
Der Beschwerdeführer hat bis dato keinen Militärdienst abgeleistet.
Der Beschwerdeführer ist gesund und in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Zu den geltend gemachten Fluchtgründen wird vom erkennenden Gericht Folgendes festgehalten:
Der Beschwerdeführer müsste in seiner Heimatregion nicht damit rechnen zum Wehrdienst des syrischen Regimes eingezogen zu werden. Die Heimatregion wird von der SDF/YPG kontrolliert, dem syrischen Regime fehlt es am erforderlichen Einfluss. Der Beschwerdeführer kann seine Heimatregion auch ohne einer Gefahr durch das syrische Regime ausgesetzt zu sein erreichen.
Der Beschwerdeführer war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Er hat keine Handlungen gesetzt, die vom Regime als oppositionell beurteilt werden.
Im Falle einer Rückkehr droht dem Beschwerdeführer auch keine Verfolgungsgefahr von Seiten der kurdischen Volksvertretungseinheiten.
Schließlich war der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat weder einer individuellen gegen ihn gerichteten Verfolgung durch das syrische Regime oder des kurdischen Militärs ausgesetzt, noch wäre er im Falle seiner Rückkehr nach Syrien einer solchen ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer droht in Syrien keine Verfolgung aufgrund einer Stammeszugehörigkeit.
Auch sonst kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer ohne Hinzutreten weiterer wesentlicher individueller Merkmale mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder (von staatlichen Organen geduldet) durch Private aufgrund seiner Religion, Nationalität, Volksgruppe, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung zu erwarten hätte.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
1.3.1. Betreffend die Lage in Syrien werden u.a. die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2024 (Version 11) enthaltenen Informationen der Entscheidung zugrunde gelegt:
„3 Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nichtstaatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024). […]
3.3. Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien
Letzte Änderung 2024-03-08 11:12
2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).
Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).
Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).
Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).
Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhält