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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs6 idF 1994/314;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der J-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien, Landesgeschäftsstelle, vom 11. Oktober 1994, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte am 27. Juli 1994 beim Arbeitsamt Metall-Chemie die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den slowenischen Staatsbürger M.K. als "Helfer" mit den laut Antrag weiteren speziellen Einstellungserfordernissen "Vorkenntnisse im elektrischen und mechanischen Bereich".
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 29. Juli 1994 gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 und § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß es sich nicht um einen Verlängerungsantrag handle und weder eine Aufenthaltsberechtigung noch die Voraussetzungen für eine Saisonbeschäftigung nach dem Aufenthaltsgesetz vorlägen. Der Regionalbeirat habe den Antrag nicht befürwortet. Da das "Ermittlungsverfahren" auch keine der weiteren Anspruchsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG ergeben habe, sei der Antrag abzuweisen gewesen.
In ihrer Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, daß die Ablehnung zu Unrecht erfolgt sei. Sie sei bereits seit längerer Zeit auf der Suche nach einem "flexiblen Mann" zu variablen Arbeitszeiten, der schwere Lasten tragen, zum Einsatz auf Baustellenmontage und für Lieferungen, für Telefondienst und Serviceannahme sowie für Verkaufstätigkeiten zur Verfügung stehen könne, wofür seine guten Deutschkenntnisse von großer Wichtigkeit seien. Seine Kenntnisse als gelernter Schlosser seien für die Baustellentätigkeit von großem Vorteil. Der nahe Wohnort von M.K. ermögliche einen schnellen, unvorhergesehenen Arbeitseinsatz. Kleinstbetriebe wie jene in der Branche der Beschwerdeführerin hätten ohnehin zu kämpfen und Arbeitskräfte, die all diese Voraussetzungen erfüllten, seien praktisch nicht zu finden.
Im Auftrag der Berufungsbehörde führte die Behörde erster Instanz auf der Grundlage eines Vermittlungsauftrages der beschwerdeführenden Partei für eine "Teilzeitarbeitskraft als Helfer mit den erforderlichen Zusatzqualifikationen Führerschein B, Schlosserkenntnisse, Erfahrung im elektronischen Bereich sowie Fähigkeit zum Tragen von schweren Lasten" ein Ersatzkraftstellungsverfahren durch. In ihrer Stellungnahme zu den Ergebnissen des Ersatzkraftstellungsverfahrens gab die beschwerdeführende Partei bekannt, daß sich von den 13 vermittelten Arbeitskräften vier gemeldet hätten, welche jedoch laut den in den Rückscheinen angegebenen Gründen nicht eingestellt hätten werden können oder zum vereinbarten Vorstellungstermin nicht erschienen seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Oktober 1994 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 4 Abs. 6 iVm § 13a AuslBG keine Folge.
Nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen stellte die belangte Behörde fest, die Landeshöchstzahl für Wien sei für 1994 mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 26. November 1993, BGBl. Nr. 794/1993, auf 91.000 gesenkt worden. Aufgrund der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales habe sich für das Jahr 1994 an der Überschreitung der Landeshöchstzahl nichts geändert. Der Ausländerausschuß des Landesdirektoriums des Arbeitsmarktservice Wien habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Da weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden seien, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde, sei der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht, eine ausländische Arbeitskraft in ihrem Betrieb beschäftigen zu dürfen, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Ablehnung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Diese Bestimmung hat (Z. 1 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen i.d.F. der Novelle Nr. 450/1990) folgenden Wortlaut:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Bschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,
b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Die belangte Behörde - und bereits das erstinstanzliche Arbeitsamt - ist vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das nach § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerte Verfahren ausgegangen. Die beschwerdeführende Partei hat weder das Vorliegen einer einhelligen Befürwortung ihres Antrages auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat behauptet noch hat sie die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Annahme der Überschreitung der für 1994 festgesetzten Landeshöchstzahl bestritten.
Das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG (mißlungenes Ersatzkraftstellungsverfahren) geht schon deshalb ins Leere, weil die belangte Behörde diese Gesetzesbestimmung nicht zur Ablehnung der Berufung herangezogen hat und nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits die Berechtigung auch nur eines der Versagungsgründe nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 6 AuslBG zur Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung genügt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, 94/09/0075).
Des weiteren wird in der Beschwerde die mangelhafte Begründungsgestaltung des angefochtenen Bescheides gerügt sowie die Verletzung der Manuduktionspflicht und des Rechtes auf Parteiengehör durch die belangte Behörde geltend gemacht; insbesondere habe die belangte Behörde nicht hinterfragt, ob der beantragte Ausländer als dringender Ersatz für einen ausgeschiedenen Ausländer benötigt werde oder ob eine Schlüsselkraftfunktion des beantragten Ausländers gegeben sei.
Diese von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Verfahrensmängel könnten aber nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Mängel zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1993, 92/09/0365). Dies hätte jedenfalls konkrete Behauptungen der beschwerdeführenden Partei vorausgesetzt, zu welchen Ergebnissen das Verfahren bei Einhaltung der nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei außer acht gelassenen Vorschriften geführt hätte. Die beschwerdeführende Partei hat aber selbst in der Beschwerde nicht vorgebracht, was sie insbesondere zum "dringenden Ersatz" sowie zur "Schlüsselkraftfunktion des beantragten Ausländers" vorgebracht hätte, wenn ihr im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 610 angeführte Judikatur).
Der Inhalt der Beschwerde und der angefochtene Bescheid lassen auch ansonsten keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erkennen. Damit ein "besonders wichtiger Grund" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG vorliegt bzw. das öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interesse die Beschäftigung des Ausländers erfordert (§ 4 Abs. 6 Z. 3 leg. cit.), muß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein QUALIFIZIERTES Interesse bestehen, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgeht (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1995, 94/09/0277, m. w.N.).
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit im Grunde des § 4 Abs. 6 AuslBG als nicht rechtswidrig, womit die Beschwerde nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994090338.X00Im RIS seit
20.11.2000