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82/06 Krankenanstalten;Norm
KAG 1957 §14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der E in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 25. Oktober 1993, Zl. UVS-3/969/5-1993, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 21. Dezember 1992 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 14. Mai 1992 um 0.50 Uhr in Salzburg, H-Straße Nr. 7a, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf öffentlichen Straßen gelenkt und dabei einen Verkehrsunfall, bei dem eine Person erheblich verletzt worden sei, verursacht. Da bei ihr der Verdacht bestanden habe, daß sie das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, sei sie am Tattag "im UKH" um 5.00 Uhr aufgefordert worden, sich Blut abnehmen zu lassen. Sie habe die Blutabnahme verweigert, obwohl dies erforderlich und ärztlich unbedenklich gewesen sei. Sie habe dadurch die Bestimmungen des § 99 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 5 Abs. 6 StVO 1960 verletzt, weshalb über sie eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Oktober 1993 wurde der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung keine Folge gegeben.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ging nach der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen davon aus, daß die Beschwerdeführerin, nachdem sie mit ihrem Kraftfahrzeug einen Verkehrsunfall verursacht hatte, bei dem eine weitere Person erheblich verletzt worden war, selbst schwer verletzt in das Unfallkrankenhaus Salzburg eingeliefert wurde, wo bei ihr zunächst eine Operation vorgenommen wurde. Der amtshandelnde Polizeibeamte habe daraufhin mit dem in diesem Krankenhaus die Beschwerdeführerin behandelnden Arzt Verbindung aufgenommen, ob die Beschwerdeführerin ansprechbar sei. Als dies bestätigt worden sei, habe sich der Polizeibeamte in das Unfallkrankenhaus begeben und habe dort bei einem Gespräch mit der Beschwerdeführerin Geruch ihrer Atemluft nach Alkohol festgestellt. Sie sei daraufhin zur Blutabnahme zwecks Feststellung des Blutalkoholgehaltes aufgefordert worden, dem sie vorerst zugestimmt habe; nachdem jedoch der behandelnde Arzt zugezogen worden sei, habe sie schließlich doch die Blutabnahme verweigert. Auf Grund des Gutachtens des medizinischen Amtssachverständigen stehe fest, daß die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutabnahme in der Lage gewesen sei, die Tragweite ihrer Entscheidung zu erkennen. Medikamente, die in der Notversorgung oder auch darüber hinausgehend eingesetzt würden und zu einem alkoholischen bzw. scharfen Geruch der Atemluft führen könnten, seien nicht bekannt. Aus dem Gutachten des Nervenfacharztes folge, daß bei der Beschwerdeführerin mit höhergradiger Wahrscheinlichkeit ein weitgehend überlegter, ich-bewußter Entscheidungsvorgang gegen eine Blutabnahme anzunehmen sei.
Insoweit die Beschwerdeführerin zunächst ins Treffen führt, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, zwei von ihr beantragte - namentlich genannte - Zeuginnen zum Beweise dafür einzuvernehmen, daß die Beschwerdeführerin sich zwischen der Einlieferung ins UKH und der Aufforderung zur Blutabnahme "in einem wachen und auffallend aktiven Zustand befunden habe", vermag sie nicht die Relevanz dieses Verfahrensmangels im konkreten aufzuzeigen.
Die Beschwerdeführerin vertritt ferner die Auffassung, daß die belangte Behörde nicht hinreichend berücksichtigt habe, daß der im UKH Salzburg einschreitende Arzt kein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt war bzw. ist und auch nicht als diensthabender Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt angesehen werden könne. Das essentielle Erfordernis der Vorführung zur Blutabnahme als Voraussetzung des § 5 Abs. 6 StVO 1960 sei somit nicht erfüllt.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 5 StVO 1960 lauten
wie folgt:
§ 5 Abs. 4 lit. c:
"Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorzuführen: ... Lenker von Fahrzeugen oder Fußgänger, die verdächtig sind, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, wenn nicht eine Untersuchung nach Abs. 2a lit. b vorgenommen wird."
§ 5 Abs. 5 leg. cit.:
"Wer einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorgeführt worden ist (Abs. 4), hat sich dieser Untersuchung zu unterziehen."
§ 5 Abs. 6 leg. cit. (Verfassungsbestimmung):
"Steht der Vorgeführte im Verdacht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem eine Person getötet oder erheblich verletzt worden ist, so hat die Untersuchung, wenn dies erforderlich und ärztlich unbedenklich ist, eine Blutabnahme zu umfassen."
§ 5 Abs. 7a leg. cit.:
"Zum Zwecke einer Blutabnahme sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die im Abs. 4 genannten Personen erforderlichenfalls auch einem diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt vorzuführen. Desgleichen können die Organe der Straßenaufsicht auch eine Blutabnahme nach Abs. 4b bei einem diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt veranlassen. Dieser hat in den Fällen der Abs. 4b, 6 und 7 eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen."
§ 5 Abs. 7b leg. cit.:
"Der Rechtsträger der öffentlichen Krankenanstalt hat dem diensthabenden Arzt die zur Blutabnahme erforderlichen Einrichtungen der Anstalt zur Verfügung zu stellen. ..."
Gemäß § 99 Abs. 1 lit. c StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist in bestimmter Weise zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 Abs. 6 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen. Eine "Vorführung" im Sinne der angeführten Bestimmungen liegt vor, wenn ein Organ der Straßenaufsicht eine in einem Verdacht im Sinne des § 5 Abs. 6 StVO 1960 stehende Person mit einem im ÖFFENTLICHEN SANITÄTSDIENST STEHENDEN ARZT bzw. mit einem diensthabenden Arzt EINER ÖFFENTLICHEN KRANKENANSTALT (vgl. hiezu § 5 Abs. 7a StVO 1960) in Verbindung bringt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1987, Zl. 85/03/0027, mit weiteren Judikaturhinweisen). Maßgeblich ist somit, daß der Arzt, dem die betreffende Person zwecks Blutabnahme vorgeführt wird, ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender (oder bei einer Bundespolizeibehörde tätiger) Arzt bzw. ein diensthabender Arzt einer ÖFFENTLICHEN Krankenanstalt ist. Gemäß § 14 des Krankenanstaltengesetzes des Bundes (KAG) sind unter öffentlichen Krankenanstalten solche der im § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 5 bezeichneten Arten zu verstehen, denen das Öffentlichkeitsrecht verliehen worden ist. Diesem Umstand hat die belangte Behörde nicht hinreichend Bedeutung beigemessen und hiezu im angefochtenen Bescheid keine Feststellungen getroffen. Wenn die belangte Behörde - in ihrer Gegenschrift - die Auffassung vertritt, daß es sich beim gegenständlichen Unfallkrankenhaus um ein "jederzeit und für jedermann zugängliches Krankenhaus" handle, reicht dies für die Beurteilung einer öffentlichen Krankenanstalt nicht aus. Ebenso ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, daß die Verweigerung der Durchführung der Blutabnahme gegenüber einem Organ der Bundespolizeidirektion Salzburg ausgesprochen wurde. Schließlich ist auch dem Argument der belangten Behörde, daß es dem Rettungsdienst durch Auswahl des Krankenhauses anheim gestellt wäre, je nach dem in welches Krankenhaus der Patient verbracht wird, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Verweigerung der Blutabnahme sanktionslos wäre, zu entgegnen, daß es der Behörde bzw. dem Organ der Straßenaufsicht in jedem Fall freisteht, einen Amtsarzt beizuziehen, um diesem den Lenker zwecks Blutabnahme "vorzuführen".
Da die belangte Behörde Feststellungen darüber unterlassen hat, ob eine "Vorführung" der Beschwerdeführerin im Sinne der zitierten Rechtsprechung vorgelegen hat, und somit der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des gestellten Begehrens.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993030313.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
24.09.2008