TE Bvwg Erkenntnis 2024/8/6 W266 2283701-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2024
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

06.08.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art133 Abs4
  1. AsylG 2005 § 34 heute
  2. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 34 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  6. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  7. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  8. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.07.2008 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  9. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W266 2279803-1/9E

W266 2279800-1/10E

W266 2279801-1/8E

W266 2279802-1/8E

W266 2279799-1/8E

W266 2279798-1/8E

W266 2283701-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Einzelrichter über die Beschwerde der 1) XXXX , geboren am XXXX , des 2) XXXX , geboren am XXXX , der 3) XXXX , geboren am XXXX , der 4) XXXX , geboren am XXXX , des 5) XXXX , geboren am XXXX , des 6) XXXX , geboren am XXXX , des 7) XXXX , geboren am XXXX , alle Staatsangehörigkeit Syrien, alle vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich 1), 2), 3), 4), 5) und 6) vom 13.07.2023 und hinsichtlich 7) vom 15.11.2023, Zahlen 1) XXXX , 2) XXXX , 3) XXXX , 4) XXXX , 5) XXXX , 6) XXXX , und 7) XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.01.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Einzelrichter über die Beschwerde der 1) römisch 40 , geboren am römisch 40 , des 2) römisch 40 , geboren am römisch 40 , der 3) römisch 40 , geboren am römisch 40 , der 4) römisch 40 , geboren am römisch 40 , des 5) römisch 40 , geboren am römisch 40 , des 6) römisch 40 , geboren am römisch 40 , des 7) römisch 40 , geboren am römisch 40 , alle Staatsangehörigkeit Syrien, alle vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich 1), 2), 3), 4), 5) und 6) vom 13.07.2023 und hinsichtlich 7) vom 15.11.2023, Zahlen 1) römisch 40 , 2) römisch 40 , 3) römisch 40 , 4) römisch 40 , 5) römisch 40 , 6) römisch 40 , und 7) römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.01.2024, zu Recht:

A)

I. Den Beschwerden wird stattgegeben und XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 sowie XXXX und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuerkannt.römisch eins. Den Beschwerden wird stattgegeben und römisch 40 , gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 sowie römisch 40 und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass den Genannten kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. römisch II. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass den Genannten kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin (in der Folge: BF1) und der Zweitbeschwerdeführer (in der Folge: BF2) sind verheiratet und die Eltern der Dritt-, Viert-, Fünft-, Sechst- und Siebtbeschwerdeführer (in der Folge: BF3, BF4, BF5, BF6 und BF7).

Der BF2 und die Söhne BF5 und BF6 stellten am 19.06.2022, die BF1 und die Töchter BF3 und BF4 am 02.07.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der nachgeborene Sohn BF7 stellte am 07.11.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 02.07.2022 (BF1) und am 20.06.2022 (BF2) fanden die asylrechtlichen Erstbefragungen der BF1 und des BF2 statt. Befragt zu den Fluchtgründen gab die BF1 an, dass sie ihr Land verlassen habe, weil es Krieg gäbe. Ihr Mann sei aufgefordert worden in den Krieg zu ziehen, er wolle das aber nicht. Der Krieg habe ihr Land zerstört. Im Falle der Rückkehr fürchte sie um ihr Leben und das ihrer Kinder. Sie könne nicht zurück. Der BF2 führte aus, dass er das Land wegen dem Krieg verlassen habe, da er zum Militär einberufen worden sei. Er sei Angestellter im Verteidigungsministerium gewesen und habe seine Arbeit verlassen. Im Falle der Rückkehr habe der BF2 Angst, dass ihn die Regierung wegen dem Militär und weil er seine Arbeit im Verteidigungsministerium verlassen habe, suche.

Am 30.03.2023 fanden die niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA oder belangte Behörde) statt.

Die BF1 gab an, dass sie syrische Staatsangehörige und Angehörige der Volksgruppe der Araberinnen sei. Sie sei sunnitisch-islamischen Glaubens. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe führte sie aus, dass sie wegen dem Krieg in Syrien und der herrschenden Anarchie in ganz Syrien geflüchtet sei. Syrer würden dort gegeneinander kämpfen und die Situation im Land sei unsicher. Das Assad-Regime begehe Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung.

Der BF2 gab an, dass er syrischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Araber sei. Er sei sunnitisch-islamischen Glaubens. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe führte er aus, dass die syrische Armee ihr Gebiet in Deir ez-Zor erobert habe und er sofort von diesem Bezirk fliehen habe müssen, da er seine Arbeit beim Verteidigungsministerium vorzeitig beendet habe, weil er nicht mehr für das syrische Regime arbeiten habe wollen. Wenn ihn die syrische Regierung erwische, werde er sofort verhaftet. Der BF2 habe 2003 sein Militärbuch erhalten. Da er noch in Ausbildung gewesen sei und studiert habe, habe er Aufschübe bis 2010 erhalten. Er habe noch keinen Grundwehrdienst absolviert, weil Beamte die für die Regierung arbeiteten keinen Wehrdienst leisten haben müssen. XXXX sei der BF2 als Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums aufgenommen worden. Diese würden nur nebenbei 45 Tage den Grundwehrdienst ableisten müssen, dann seien sie vom weiteren Militärdienst befreit. Der BF2 habe diese 45 Tage nicht absolviert. Drei Monate nach seinem Dienstbeginn beim Verteidigungsministerium hätten die Demonstrationen in Syrien begonnen. Er habe Angst gehabt diesen kurzen Grundwehrdienst zu absolvieren. Danach habe er an der Demonstrationsbekämpfung mitwirken müssen. Der BF2 gab an, dass er syrischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Araber sei. Er sei sunnitisch-islamischen Glaubens. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe führte er aus, dass die syrische Armee ihr Gebiet in Deir ez-Zor erobert habe und er sofort von diesem Bezirk fliehen habe müssen, da er seine Arbeit beim Verteidigungsministerium vorzeitig beendet habe, weil er nicht mehr für das syrische Regime arbeiten habe wollen. Wenn ihn die syrische Regierung erwische, werde er sofort verhaftet. Der BF2 habe 2003 sein Militärbuch erhalten. Da er noch in Ausbildung gewesen sei und studiert habe, habe er Aufschübe bis 2010 erhalten. Er habe noch keinen Grundwehrdienst absolviert, weil Beamte die für die Regierung arbeiteten keinen Wehrdienst leisten haben müssen. römisch 40 sei der BF2 als Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums aufgenommen worden. Diese würden nur nebenbei 45 Tage den Grundwehrdienst ableisten müssen, dann seien sie vom weiteren Militärdienst befreit. Der BF2 habe diese 45 Tage nicht absolviert. Drei Monate nach seinem Dienstbeginn beim Verteidigungsministerium hätten die Demonstrationen in Syrien begonnen. Er habe Angst gehabt diesen kurzen Grundwehrdienst zu absolvieren. Danach habe er an der Demonstrationsbekämpfung mitwirken müssen.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 13.07.2023 (BF1-BF6) und 15.11.2023 (BF7) wies das BFA die Anträge der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß §3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Das BFA erkannte den BF den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu (Spruchpunkt II.) und erteilte eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.).Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 13.07.2023 (BF1-BF6) und 15.11.2023 (BF7) wies das BFA die Anträge der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß §3 Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Das BFA erkannte den BF den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch III.).

Gegen die Spruchpunkte I. wurden von den BF fristgerecht Beschwerden erhoben.Gegen die Spruchpunkte römisch eins. wurden von den BF fristgerecht Beschwerden erhoben.

Die Beschwerden langten samt dazugehörigen Verwaltungsakten am 17.10.2023 (BF1 bis BF6) und 04.01.2024 (BF7) beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Schreiben vom 10.01.2024 legte der BF2 einen Dienstvertrag beim syrischen Verteidigungsministerium aus dem Jahr XXXX (samt Übersetzung) sowie die ein Dokument über die Abweisung eines Antrages auf Ausstellung seiner Zeugnisse an der XXXX (samt Übersetzung), jeweils seine Person betreffend, vor. Mit Schreiben vom 10.01.2024 legte der BF2 einen Dienstvertrag beim syrischen Verteidigungsministerium aus dem Jahr römisch 40 (samt Übersetzung) sowie die ein Dokument über die Abweisung eines Antrages auf Ausstellung seiner Zeugnisse an der römisch 40 (samt Übersetzung), jeweils seine Person betreffend, vor.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 11.01.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit aller BF, ihrer Rechtsvertreterin und eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch durch.

Mit Parteiengehör vom 19.03.2024 teilte das Bundesverwaltungsgericht mit, dass die „Länderinformation der Staatendokumentation, Syrien, Version 10 vom 14.03.2024“ als aktueller Länderbericht in das Verfahren eingebracht wird und räumte die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen Frist von 14 Tagen ab Erhalt des Schreibens ein. Eine Stellungnahme langte bis dato nicht ein.

Mit Parteiengehör vom 26.04.2024 teilte das Bundesverwaltungsgericht mit, dass das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2024, Version 11“ und die „EUAA, Country Guidance: Syria, April 2024“ als aktuelle Länderberichte in das Verfahren eingebracht werden und räumte die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen Frist von 14 Tagen ab Erhalt des Schreibens ein.

Eine Stellungnahme langte bis dato nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Einvernahmen der BF1 und des BF2 durch die belangte Behörde, der Beschwerden gegen die nunmehr angefochtenen Bescheide, der im Verfahren vorgelegten Dokumente sowie der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakten steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

Zur Person der BF:

Die BF führen die im Spruch angeführten Namen und die dort genannten Geburtsdaten. Ihre Identitäten stehen fest. Sie sind Staatsangehörige der Arabischen Republik Syrien, Angehörige der arabischen Volksgruppe und der sunnitisch-islamischen Glaubensgemeinschaft. Ihre Muttersprache ist Arabisch. Die BF sind gesund.

Die BF1 und der BF2 heirateten am XXXX in al-Mayadin, Hauptstadt des Distrikts Mayadin. Sie sind die Eltern der jeweils minderjährigen BF3, BF4, BF5, BF6 und BF7. Die BF1 und der BF2 heirateten am römisch 40 in al-Mayadin, Hauptstadt des Distrikts Mayadin. Sie sind die Eltern der jeweils minderjährigen BF3, BF4, BF5, BF6 und BF7.

Die BF1 wurde in XXXX , Gouvernement Homs geboren, wuchs dort auf und lebte dort auch bis sie mit ihren Eltern und Geschwistern Ende des Jahres 2011 nach Deir ez-Zor ging. Der BF2 wurde in XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor geboren, wuchs dort auf und lebte auch dort. Sein Aufenthalt in XXXX war unterbrochen durch einen studienbedingten fünfjährigen Aufenthalt in XXXX sowie einen arbeitsbedingten etwa einjährigen Aufenthalt in der Stadt Deir ez-Zor. Die BF1 wurde in römisch 40 , Gouvernement Homs geboren, wuchs dort auf und lebte dort auch bis sie mit ihren Eltern und Geschwistern Ende des Jahres 2011 nach Deir ez-Zor ging. Der BF2 wurde in römisch 40 im Gouvernement Deir ez-Zor geboren, wuchs dort auf und lebte auch dort. Sein Aufenthalt in römisch 40 war unterbrochen durch einen studienbedingten fünfjährigen Aufenthalt in römisch 40 sowie einen arbeitsbedingten etwa einjährigen Aufenthalt in der Stadt Deir ez-Zor.

Die BF1 und der BF2 verließen XXXX zu Beginn des Sommers 2017 und blieben für etwa einen Monat in Hasakah, bevor sie über Aleppo nach Idlib weiterreisten, wo sie sich wiederum einen Monat aufhielten. Im Oktober 2017 verließen sie Syrien schließlich illegal in die Türkei. Die BF1 und der BF2 verließen römisch 40 zu Beginn des Sommers 2017 und blieben für etwa einen Monat in Hasakah, bevor sie über Aleppo nach Idlib weiterreisten, wo sie sich wiederum einen Monat aufhielten. Im Oktober 2017 verließen sie Syrien schließlich illegal in die Türkei.

Der Ort XXXX befindet sich im Distrikt Mayadin im Gouvernement Deir ez-Zor und steht aktuell unter Kontrolle des syrischen Regimes. Der Ort römisch 40 befindet sich im Distrikt Mayadin im Gouvernement Deir ez-Zor und steht aktuell unter Kontrolle des syrischen Regimes.

Die BF1 besuchte in Syrien zwölf Jahre lang die Schule, absolvierte die Matura und schloss ein Studium der englischen Literatur ab. Beruflich war sie in Syrien ab dem Jahr 2012 für etwa 1,5 Jahre an einer staatlichen Schule als Englischlehrerin tätig.

Der BF 2 besuchte in Syrien zwölf Jahre lang die Schule. Im Jahr 2010 schloss er an der XXXX ein Studium in Maschinenbau ab. Von 2010 bis XXXX arbeitete er in Deir ez-Zor als Ingenieur für eine Pipelinefirma der Erdölindustrie. Von Juli XXXX bis Mai XXXX arbeitete der BF2 wiederum in Deir ez-Zor (Dienststelle XXXX ) für das syrische Verteidigungsministerium und war mit der Instandhaltung militärischer LKWs betraut. Anschließend ging er zurück nach XXXX (Gouvernement Deir ez-Zor), wo er die Landwirtschaft der Familie bewirtschaftete. In der Türkei war der BF2 in der Holzverarbeitung und in einer Fabrik für Förderbänder berufstätig.Der BF 2 besuchte in Syrien zwölf Jahre lang die Schule. Im Jahr 2010 schloss er an der römisch 40 ein Studium in Maschinenbau ab. Von 2010 bis römisch 40 arbeitete er in Deir ez-Zor als Ingenieur für eine Pipelinefirma der Erdölindustrie. Von Juli römisch 40 bis Mai römisch 40 arbeitete der BF2 wiederum in Deir ez-Zor (Dienststelle römisch 40 ) für das syrische Verteidigungsministerium und war mit der Instandhaltung militärischer LKWs betraut. Anschließend ging er zurück nach römisch 40 (Gouvernement Deir ez-Zor), wo er die Landwirtschaft der Familie bewirtschaftete. In der Türkei war der BF2 in der Holzverarbeitung und in einer Fabrik für Förderbänder berufstätig.

Die Eltern der BF1 sowie drei Brüder und zwei Schwestern leben in Idlib. Drei weitere Schwestern befinden sich in Deir ez-Zor. Ein Bruder der BF1 lebt in Österreich.

Der Vater des BF2 ist ebenso wie zwei seiner Brüder bereits verstorben. Seit etwa eineinhalb Jahren leben die Mutter, zwei Brüder und zwei Schwestern des BF2 in der Ortschaft XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor. Drei Brüder leben in der Türkei. Ein weiterer Bruder befindet sich in Deutschland. Zwei Schwestern sind in Damaskus aufhältig. Eine weitere Schwester lebt in Al Raqqa. Der Vater des BF2 ist ebenso wie zwei seiner Brüder bereits verstorben. Seit etwa eineinhalb Jahren leben die Mutter, zwei Brüder und zwei Schwestern des BF2 in der Ortschaft römisch 40 im Gouvernement Deir ez-Zor. Drei Brüder leben in der Türkei. Ein weiterer Bruder befindet sich in Deutschland. Zwei Schwestern sind in Damaskus aufhältig. Eine weitere Schwester lebt in Al Raqqa.

Zu den Fluchtgründen und zu einer Rückkehr des BF:

Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend. Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren.Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend. Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren.

Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Das syrische Wehrdienstgesetz sieht vor, dass bestimmte Personengruppen, wie zum Beispiel der einzige Sohn einer Familie, aus medizinischen Gründen Untaugliche, manche Regierungsangestellte und Personen, welche eine Befreiungsgebühr bezahlen, vom Wehrdienst ausgenommen sind. Manche Studenten und Personen mit bestimmten Abschlüssen, wie auch Personen mit vorübergehenden Erkrankungen können den Wehrdienst aufschieben, wobei die Rückstellungen jedes Jahr erneuert werden müssen.

Der BF2 unterliegt mit einem aktuellen Lebensalter von XXXX Jahren der gesetzlich verankerten Wehrpflicht in den syrischen Streitkräften. Aufgrund seines Studiums in XXXX wurden ihm insgesamt sieben Aufschübe für den Militärdienst gewährt. Nach Abschluss des Studiums stand er als ziviler Mitarbeiter mit Dienststelle XXXX im Dienst des syrischen Verteidigungsministeriums, wo er mit der Instandhaltung militärischer Fahrzeuge betraut war. Der BF2 hat den damit verbundenen verkürzten Wehrdienst im Ausmaß von 45 Tagen nicht abgeleistet. Einen schriftlichen Einberufungsbefehl hat er nicht erhalten. Der BF2 unterliegt mit einem aktuellen Lebensalter von römisch 40 Jahren der gesetzlich verankerten Wehrpflicht in den syrischen Streitkräften. Aufgrund seines Studiums in römisch 40 wurden ihm insgesamt sieben Aufschübe für den Militärdienst gewährt. Nach Abschluss des Studiums stand er als ziviler Mitarbeiter mit Dienststelle römisch 40 im Dienst des syrischen Verteidigungsministeriums, wo er mit der Instandhaltung militärischer Fahrzeuge betraut war. Der BF2 hat den damit verbundenen verkürzten Wehrdienst im Ausmaß von 45 Tagen nicht abgeleistet. Einen schriftlichen Einberufungsbefehl hat er nicht erhalten.

Desertion wird von Soldaten begangen, die bereits einer Militäreinheit beigetreten sind, während Wehrdienstverweigerung in den meisten Fällen von Zivilisten begangen wird, die der Einberufung zum Wehrdienst nicht gefolgt sind. Desertion wird meist härter bestraft als Wehrdienstverweigerung. Das syrische Militärstrafgesetzbuch unterscheidet interne und externe Desertion und ahndet diese mit langjährigen Haftstrafen. In Kriegszeiten ist eine Erhöhung der Strafandrohung möglich. Die Haftstrafen können sich auch bei Vorliegen bestimmter Umstände noch erhöhen (z. B. Desertion während des Dienstes, Mitnahme von Ausrüstung). Die Todesstrafe ist bei Überlaufen zum Feind und bei geplanter Desertion im Angesicht des Feindes vorgesehen. Neben anderen Personengruppen sind regelmäßig auch Deserteure und Wehrdienstverweigerer Ziel des umfassenden Anti-Terror-Gesetzes (Dekret Nr. 19/2012) der syrischen Regierung.

Der BF2 wurde im Mai XXXX durch den Leiter seiner Dienststelle in XXXX zur Teilnahme an der Niederschlagung von Protesten in Deir ez-Zor, Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements, aufgefordert. Der BF2 hätte die Militärfahrzeuge vorbereiten und sich den Eingreiftruppen anschließen sollen. Dies lehnte er ab, da er sich an der Tötung von Zivilisten nicht beteiligen wollte. Der BF 2 verließ in der Folge ohne Genehmigung den Dienst um nach XXXX zurückzukehren. Auch nach telefonischer Aufforderung seiner Dienststelle zur Rückkehr trat er seinen Dienst nicht mehr an. Schließlich querte der BF2 mit seiner Familie im Sommer des Jahres 2017 den Euphrat und flüchtete. Der BF2 wurde im Mai römisch 40 durch den Leiter seiner Dienststelle in römisch 40 zur Teilnahme an der Niederschlagung von Protesten in Deir ez-Zor, Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements, aufgefordert. Der BF2 hätte die Militärfahrzeuge vorbereiten und sich den Eingreiftruppen anschließen sollen. Dies lehnte er ab, da er sich an der Tötung von Zivilisten nicht beteiligen wollte. Der BF 2 verließ in der Folge ohne Genehmigung den Dienst um nach römisch 40 zurückzukehren. Auch nach telefonischer Aufforderung seiner Dienststelle zur Rückkehr trat er seinen Dienst nicht mehr an. Schließlich querte der BF2 mit seiner Familie im Sommer des Jahres 2017 den Euphrat und flüchtete.

Der BF2 hat sich durch seine Befehlsverweigerung, dem unerlaubten Verlassen seines Dienstes und der Weigerung diesen wieder anzutreten zumindest der Desertion schuldig gemacht und sich hiefür im Falle seiner Rückkehr zu verantworten. Das syrische Regime würde ihm im Falle seiner Rückkehr jedenfalls eine politisch oppositionelle Gesinnung unterstellen und als Verräter betrachten.

Dem BF2 droht bei einer Rückkehr die Inhaftierung, die mit der Anwendung von Folter verbunden wäre und zudem auch die Verhängung der Todesstrafe. Diese Gefahr kann auch durch die seitens des syrischen Regimes erlassenen Amnestiedekrete nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. In der Rechtspraxis kommen die Amnestien aufgrund großzügig ausgelegter Ausnahmetatbestände und prozeduralen Hindernissen nur in Einzelfällen zur Anwendung.

Zum Leben des BF in Österreich:

Die BF reisten spätestens am 19.06.2022 (BF2, BF5, BF6) und am 02.07.2022 (BF1, BF3, BF4) in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten jeweils am selben Tag Anträge auf internationalen Schutz. Der BF7 wurde am XXXX in Österreich geboren. Sein Antrag auf internationalen Schutz bzw. auf Durchführung eines Familienverfahrens langte am 07.11.2023 bei der belangten Behörde ein. Die BF reisten spätestens am 19.06.2022 (BF2, BF5, BF6) und am 02.07.2022 (BF1, BF3, BF4) in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten jeweils am selben Tag Anträge auf internationalen Schutz. Der BF7 wurde am römisch 40 in Österreich geboren. Sein Antrag auf internationalen Schutz bzw. auf Durchführung eines Familienverfahrens langte am 07.11.2023 bei der belangten Behörde ein.

Die BF sind strafrechtlich unbescholten.

Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

Politische Lage

Letzte Änderung 08.03.2024

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

[…]

Syrische Arabische Republik

Letzte Änderung 08.03.2024

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).

[…]

Sicherheitslage

Letzte Änderung 08.03.2024

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024).

Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten

Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).

Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).

Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).

Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Iran unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah (AA 2.2.2024). Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen (AA 29.3.2023). Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (ICG 10.2022).

Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024).

Im Gouvernement Dara'a kam es 2022 weiterhin zu Gewalt zwischen Regimekräften und lokalen Aufständischen trotz eines nominellen Siegs der Regierung im Jahr 2018 und eines von Russland vermittelten 'Versöhnungsabkommens'. Eine allgemeine Verschlechterung von Recht und Ordnung trägt in der Provinz auch zu gewalttätiger Kriminalität bei (FH 9.3.2023). In Suweida kam es 2020 und 2022 ebenfalls zu Aufständen, immer wieder auch zu Sicherheitsvorfällen mit Milizen, kriminellen Banden und Drogenhändlern. Dies führte immer wieder zu Militäroperationen und schließlich im August 2023 zu größeren Protesten (CC 13.12.2023). Die Proteste weiteten sich nach Daraa aus. Die Demonstranten in beiden Provinzen forderten bessere Lebensbedingungen und den Sturz Assads (Enab 20.8.2023).

Das syrische Regime, und damit die militärische Führung, unterscheiden nicht zwischen Zivilbevölkerung und „rein militärischen Zielen“ (BMLV 12.10.2022). Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. In Idlib mit seinen über drei Millionen Zivilbevölkerung kommt es trotz eines wackeligen Waffenstillstandes demnach weiterhin zu verbotenen Angriffen durch das Bündnis. Auch die von den USA angeführte Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) verletzte internationales Recht durch unterschiedslose Luftschläge in Nordostsyrien, welche zivile Todesopfer und Zerstörung verursachten (HRW 13.1.2022).

Seit Beginn 2023 wurden mit Stand 1.5.2023 auch 258 ZivilistInnen durch andere Akteure (als dem Regime) getötet, somit 75 Prozent aller zivilen Toten in diesem Jahr. Viele von ihnen wurden beim Trüffelsuchen getötet, und dazu kommen auch To

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten