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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1990/450;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Niederösterreich, Landesgeschäftsstelle, vom 13. Dezember 1994, Zl. IIc/6702 B/1 333 946, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 1. August 1994 beantragte der Beschwerdeführer, der in Klosterneuburg einen Raumausstattungsbetrieb führt, ihm für den bosnischen Staatsangehörigen S.T. für die Tätigkeit als Hilfsarbeiter eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu erteilen. Nach Erteilung eines Vermittlungsauftrages am 24. August 1994 legte der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 25. August 1994 näher dar, aus welchen Gründen er einen "Fremdarbeiter" bevorzuge.
Mit Bescheid vom 12. September 1994 lehnte das Arbeitsamt Tulln diesen Antrag gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG mit der Begründung ab, der Regionalbeirat habe die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er kenne S.T. als arbeitswilligen und handwerklich geschickten Mann, den er als Ersatz für eine Neubesetzung als Hilfsarbeiter benötige. Außerdem sei der beantragte Ausländer im Sportkegler-Landesverband Wien unter den zehn besten Spielern plaziert und als Spieler für den INKU - KSK Klosterneuburg unentbehrlich.
Die belangte Behörde führte weitere Ermittlungen durch (Anfrage beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger; telefonische Rücksprache beim Beschwerdeführer betreffend den in der Berufung angesprochenen ausgeschiedenen Arbeitnehmer).
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. Dezember 1994 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 20 Abs. 3 und 4 Abs. 6 AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, ab. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, die für das Bundesland Niederösterreich für 1994 festgesetzte Landeshöchstzahl betrage 31.000. Laut der letzten statistischen Zählung Ende November seien auf die Landeshöchstzahl 47.899 Bewilligungen anzurechnen. Somit sei die Landeshöchstzahl zur Zeit jedenfalls überzogen; es komme daher im Beschwerdefall (das erschwerte Verfahren nach) § 4 Abs. 6 AuslBG in Betracht.
Im Verfahren vor der Behörde erster Instanz habe der Regionalbeirat aus arbeitsmarktpolitischen und gesamtwirtschaftlichen Erwägungen den Antrag des Beschwerdeführers nicht einhellig befürwortet. Der Beschwerdeführer habe das Vorliegen der Voraussetzungen für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht bestritten. Nach der ständigen Rechtsprechung liege ein "besonders wichtiger Grund" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG oder das die Beschäftigung des Ausländers erforderliche "öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interesse" (§ 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG) nur dann vor, wenn ein qualifiziertes Interesse bestehe, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgehe. Der vom Beschwerdeführer im Hinblick auf seine betriebliche Situation geltend gemachte Arbeitskräftebedarf sei nur ein eigenwirtschaftliches Interesse, woran auch der Hinweis, der beantragte Ausländer sei unter den zehn besten Spielern des Sportkegler-Landesverbandes Wien plaziert und für den INKU - KSK Klosterneuburg unentbehrlich, nichts ändern könne. Zu dem in Richtung § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG erhobenen Vorbringen habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß es sich bei dem ausgeschiedenen Hilfsarbeiter (den S.T. ersetzen solle) (nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers) um K. gehandelt habe, der österreichischer Staatsbürger sei, weshalb § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG im Beschwerdefall nicht anzuwenden sei. Es seien daher die Voraussetzungen im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG nicht erfüllt, die eine Bewilligung trotz Überschreitung der Landeshöchstzahl zuließen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,
b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe nur betriebsbezogene Interessen an der Beschäftigung des S.T. angenommen und zu Unrecht das Vorliegen öffentlicher Interessen verneint. Diese erblickt der Beschwerdeführer darin, gerade in den Umlandgemeinden Wiens, die ohnehin Strukturprobleme hätten, müßten leistungsfähige Unternehmen aufrechterhalten werden, was nur durch die bestmögliche und sofortige Nachbesetzung des freien Arbeitsplatzes möglich sei, weil sonst die Gefahr der Betriebssperre bestehe. Ferner würde durch die Beschäftigung möglichst vieler unselbständiger Erwerbstätiger im Betrieb des Beschwerdeführers das Steueraufkommen erhöht. Die belangte Behörde habe es auch verabsäumt, sich mit der sportlichen Tätigkeit des Ausländers auseinanderzusetzen und das öffentliche Interesse verkannt, ihn in Österreich zu beschäftigen, damit er für österreichische Vereine als Sportler tätig werden könne, zumal er nicht allein auf Grund seiner sportlichen Tätigkeit leben könne.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Die belangte Behörde ist vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das nach § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerte Verfahren ausgegangen. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren weder das Vorliegen einer einhelligen Befürwortung seines Antrages auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat behauptet noch hat er die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Annahme der Überschreitung der für 1994 für das Bundesland Niederösterreich festgesetzten Landeshöchstzahl bestritten. Die belangte Behörde ist daher im Beschwerdefall zu Recht vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG ausgegangen. Damit ist es am Beschwerdeführer gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in diesem erschwerten Verfahren maßgebend hätten sein können (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, 94/09/0389 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren diesbezüglich (d.h. soweit dies aus der Sicht des § 4 Abs. 6 AuslBG überhaupt beachtlich ist) vorgebracht, er benötige S.T. als Ersatz für eine Neubesetzung als Hilfsarbeiter. Zwar hat die belangte Behörde ihr Ermittlungsergebnis, um wen es sich bei der ausgeschiedenen Arbeitskraft gehandelt hat, dem Beschwerdeführer nicht im Verwaltungsverfahren zur Wahrung des Parteiengehörs vorgehalten, wozu sie verpflichtet gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hat aber in seiner Beschwerde nicht die im angefochtenen Bescheid enthaltene Feststellung bestritten, es habe sich dabei um einen österreichischen Staatsbürger gehandelt, weshalb schon deshalb die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG im Beschwerdefall ausscheidet, stellt doch diese Bestimmung auf den dringenden Ersatz nach einem ausgeschiedenen AUSLÄNDISCHEN Arbeitnehmer ab.
Der Beschwerdeführer hat ferner im Verwaltungsverfahren in der sportlichen Aktivität des beantragten Ausländers bei einem Sportverein das Vorliegen eines besonders wichtigen Grundes (§ 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG) oder das Vorliegen eines öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interesses, das die Beschäftigung des Ausländers erfordert, erblickt (§ 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG). Dieses Argument ist von vornherein nicht geeignet, die genannten Bewilligungsvoraussetzungen zu erfüllen, müssen doch diese Tatbestandsvoraussetzungen schon nach dem Wortlaut (arg.:
"die Beschäftigung"; vgl. auch die Beispiele in Z. 2) in der beantragten Beschäftigung selbst ihren Grund haben. Eine Beschäftigung (hier: Hilfsarbeiter) erfüllt jedoch diese Tatbestände nicht schon allein durch die allfällige Bedeutung sonstiger mit der Art der Beschäftigung in keinerlei inhaltlichem Zusammenhang stehenden Aktivitäten des Ausländers bei einem Dritten (hier: Sportkegler bei einem Verein), nur weil die Beschäftigung der finanziellen Absicherung des Ausländers (und damit der Ermöglichung dieser sonstigen Aktivitäten) dient.
Die übrigen erstmals in der Beschwerde vorgebrachten Argumente (Umlandgemeinde und Gefahr der Betriebssperre; erhöhtes Steueraufkommen) sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerungen (§ 41 Abs. 1 VwGG). Abgesehen davon liegt im ersten Einwand auch kein taugliches Vorbringen im Sinn des § 4 Abs. 6 Z. 2 und Z. 3 AuslBG, da diese Voraussetzungen nach ständiger Rechtsprechung (beginnend mit dem Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Slg. 12798/A; vgl. auch die Erkenntnisse vom 15. September 1994, 93/09/0330, und 93/09/0318, sowie vom 19. Jänner 1995, 94/09/0389, und die dort zitierte Vorjudikatur) nur dann erfüllt sind, wenn an der Beschäftigung des beantragten Ausländers ein qualifiziertes Interesse besteht, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgeht. Die unsubstantiierte Infragestellung der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes und die (völlig unbestimmte) Behauptung eines erhöhten Steueraufkommens für sich allein stellen kein taugliches Vorbringen im Sinne des § 4 (6) Z. 2 und 3 AuslBG dar.
Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, bei Überschreiten der Landeshöchstzahl sei bei Abwägung der öffentlichen Interessen auch auf das besonders schützenswerte Interesse des beantragten Ausländers Bedacht zu nehmen, dessen Rückkehr in seine Heimat nicht möglich sei.
Dem ist entgegenzuhalten, daß bei der Prüfung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG nicht auf die persönlichen Verhältnisse des beantragten Ausländers, die der Beschwerdeführer angeführt hat, Bedacht zu nehmen ist. Abgesehen davon hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hingewiesen, daß der beantragte Ausländer bosnischer Staatsangehöriger ist und die Zulässigkeit seines Aufenthaltes in Österreich unabhängig von der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung auf Grund des § 12 des Aufenthaltsgesetzes in Verbindung mit der Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 1038/1994 gegeben ist.
Die Beschwerde erweist sich deshalb als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995090024.X00Im RIS seit
20.11.2000