Entscheidungsdatum
09.08.2024Norm
BFA-VG §39Spruch
W250 2286930-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Nordmazedonien, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, gegen die Sicherstellung ihres Reisepasses am 30.01.2024, zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde der römisch 40 , geboren am römisch 40 Staatsangehörigkeit Nordmazedonien, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, gegen die Sicherstellung ihres Reisepasses am 30.01.2024, zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Sicherstellung des Reisepasses am 30.01.2024 für rechtswidrig erklärt.römisch eins. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Sicherstellung des Reisepasses am 30.01.2024 für rechtswidrig erklärt.
II. Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV hat der Bund der Beschwerdeführerin zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 767,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.römisch II. Gemäß Paragraph 35, Absatz eins und 2 VwGVG in Verbindung mit Paragraph eins, Ziffer eins, VwG-AufwErsV hat der Bund der Beschwerdeführerin zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 767,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Der Antrag der Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.römisch III. Der Antrag der Behörde auf Kostenersatz wird gemäß Paragraph 35, Absatz 2, VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Am 30.01.2024 stellten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Reisepass der Beschwerdeführerin (in weiterer Folge als BF bezeichnet), einer Staatsangehörigen Nordmazedoniens, gemäß § 39 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG sicher.1. Am 30.01.2024 stellten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Reisepass der Beschwerdeführerin (in weiterer Folge als BF bezeichnet), einer Staatsangehörigen Nordmazedoniens, gemäß Paragraph 39, BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG sicher.
2. Am 20.02.2024 erhob die BF durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen die Sicherstellung des Reisepasses und brachte im Wesentlichen vor, dass sie nordmazedonische Staatsangehörige und mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei. Ihr Ehemann sei seit dem Jahr 2019 an Krebs erkrankt und von ihr gepflegt worden. Am XXXX sei ihr Ehemann verstorben. Am 30.01.2024 sei ihr ihr Reisepass abgenommen worden, sodass sie nunmehr massive Probleme bei der Abwicklung der Behördenwege und des Begräbnisses habe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei für die Sicherstellung eines Reisedokumentes eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen, welche nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin ausgehen könne.2. Am 20.02.2024 erhob die BF durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen die Sicherstellung des Reisepasses und brachte im Wesentlichen vor, dass sie nordmazedonische Staatsangehörige und mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei. Ihr Ehemann sei seit dem Jahr 2019 an Krebs erkrankt und von ihr gepflegt worden. Am römisch 40 sei ihr Ehemann verstorben. Am 30.01.2024 sei ihr ihr Reisepass abgenommen worden, sodass sie nunmehr massive Probleme bei der Abwicklung der Behördenwege und des Begräbnisses habe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei für die Sicherstellung eines Reisedokumentes eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen, welche nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin ausgehen könne.
Die BF beantragte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Sicherstellung des Reisepasses für rechtswidrig zu erklären und ihr Kostenersatz zuzusprechen.
3. Das Bundesamt legte am 21.02.2024 den Verwaltungsakt vor und gab dazu eine Stellungnahme ab, aus der sich im Wesentlichen ergibt, dass sich die BF jahrelang illegal in Österreich aufgehalten habe, ohne Schritte zur Legalisierung ihres Aufenthaltes zu unternehmen. Die Einhaltung der melderechtlichen Bestimmungen und die Verehelichung mit einem österreichischen Staatsangehörigen bedeute kein automatisches Aufenthaltsrecht, weshalb massive Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes sowie des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes vorlägen. Es sei von einer zwangsweisen Vorführung abgesehen und das gelindere Mittel der Sicherstellung des Reisepasses angewandt worden. Im konkreten Fall müsse ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme geführt werden und sei die Einvernahme der BF geplant. Auf Grund der jahrelangen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes habe zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eine entsprechende Sicherungsmaßnahme nach dem BFA-VG gesetzt werden müssen, da die Gefahr bestand, dass sich die BF diesem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot entziehen könne.
Das Bundesamt beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und die BF zum Kostenersatz zu verpflichten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der unter I.1. bis I.3. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.1.1. Der unter römisch eins.1. bis römisch eins.3. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
1.2. Die BF ist eine Staatsangehörige Nordmazedoniens. Sie war seit dem Jahr 2017 mit einem österreichischen Staatsangehörigen verheiratet, mit dem sie in einem Haushalt zusammenwohnte und in dieser Wohnung seit 19.06.2017 über eine Meldeadresse verfügte.
1.3. Die BF ist in Österreich unbescholten.
1.4. Die BF reiste zuletzt am 13.11.2019 in den Bereich der Mitgliedstaaten ein. Über einen Aufenthaltstitel verfügte sie vor der hier angefochtenen Sicherstellung ihres Reisepasses nicht.
1.5. Am 30.01.2024 um 21.45 Uhr wurde der Reisepass der BF mit der Nr XXXX von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 39 BFA-VG an ihrer Meldeadresse sichergestellt.1.5. Am 30.01.2024 um 21.45 Uhr wurde der Reisepass der BF mit der Nr römisch 40 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß Paragraph 39, BFA-VG an ihrer Meldeadresse sichergestellt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und dem vorliegenden Akt des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht genommen wurde in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in das Strafregister.
Den getroffenen Feststellungen wurde vom Bundesamt in seiner Stellungnahme nicht entgegengetreten.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A. – Spruchpunkt I. – Sicherstellung des Reisepasses3.1. Zu Spruchteil A. – Spruchpunkt römisch eins. – Sicherstellung des Reisepasses
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Der mit „Sicherstellen von Beweismitteln und Bargeld“ überschriebene § 39 des BFA-VG lautet:Der mit „Sicherstellen von Beweismitteln und Bargeld“ überschriebene Paragraph 39, des BFA-VG lautet:
„§ 39. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Gegenstände und Dokumente, die für ein Verfahren vor dem Bundesamt oder für eine Abschiebung gemäß § 46 FPG als Beweismittel benötigt werden, vorläufig sicherzustellen. Im Falle einer Anordnung gemäß § 43 Abs. 1 sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auch ermächtigt, jenen Teil des mitgeführten Bargeldes, der einen dem Fremden jedenfalls zu belassenden Betrag von 120 Euro oder Euro-Gegenwert, nicht aber einen Höchstbetrag von 840 Euro oder Euro-Gegenwert überschreitet, sicherzustellen. Wird Bargeld sichergestellt, so ist der Fremde nachweislich über die Beitragspflicht, den Anspruch auf Ausfolgung eines allfälligen Differenzbetrages und das Recht, dessen Feststellung zu beantragen, sowie die Rechtsfolge des Verfalls gemäß § 2 Abs. 1b bis 1e GVG-B 2005 zu informieren.„§ 39. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Gegenstände und Dokumente, die für ein Verfahren vor dem Bundesamt oder für eine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG als Beweismittel benötigt werden, vorläufig sicherzustellen. Im Falle einer Anordnung gemäß Paragraph 43, Absatz eins, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auch ermächtigt, jenen Teil des mitgeführten Bargeldes, der einen dem Fremden jedenfalls zu belassenden Betrag von 120 Euro oder Euro-Gegenwert, nicht aber einen Höchstbetrag von 840 Euro oder Euro-Gegenwert überschreitet, sicherzustellen. Wird Bargeld sichergestellt, so ist der Fremde nachweislich über die Beitragspflicht, den Anspruch auf Ausfolgung eines allfälligen Differenzbetrages und das Recht, dessen Feststellung zu beantragen, sowie die Rechtsfolge des Verfalls gemäß Paragraph 2, Absatz eins b bis 1e GVG-B 2005 zu informieren.
(1a) Ist im Rahmen der Sicherstellung von Bargeld in Fremdwährung die Ermittlung des Euro-Gegenwertes oder die Ausfolgung der in Abs. 1 genannten Beträge für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, so ist das mitgeführte Bargeld zur Gänze sicherzustellen und dem Bundesamt zu übermitteln. Das Bundesamt hat dem Fremden den ihm zu belassenden Betrag sowie einen über den Höchstbetrag allenfalls hinausgehenden Restbetrag ohne unnötigen Aufschub von Amts wegen auszufolgen.(1a) Ist im Rahmen der Sicherstellung von Bargeld in Fremdwährung die Ermittlung des Euro-Gegenwertes oder die Ausfolgung der in Absatz eins, genannten Beträge für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, so ist das mitgeführte Bargeld zur Gänze sicherzustellen und dem Bundesamt zu übermitteln. Das Bundesamt hat dem Fremden den ihm zu belassenden Betrag sowie einen über den Höchstbetrag allenfalls hinausgehenden Restbetrag ohne unnötigen Aufschub von Amts wegen auszufolgen.
(1b) Ist der Fremde auch für einen oder mehrere unterhaltsberechtigte Familienangehörige beitragspflichtig (§ 2 Abs. 1b GVG-B 2005), so erhöhen sich die in Abs. 1 genannten Beträge für diesen um 100 vH für jeden unterhaltsberechtigten Familienangehörigen. Dies gilt hinsichtlich des in Abs. 1 genannten, dem Fremden jedenfalls zu belassenden Betrags nur, wenn dieser nicht bereits im Rahmen einer Sicherstellung des vom unterhaltsberechtigten Familienangehörigen mitgeführten Bargeldes gemäß Abs. 1 berücksichtigt wurde. Unterhaltspflichten und Unterhaltsberechtigungen bestimmen sich für Zwecke dieses Bundesgesetzes nach österreichischem Recht.(1b) Ist der Fremde auch für einen oder mehrere unterhaltsberechtigte Familienangehörige beitragspflichtig (Paragraph 2, Absatz eins b, GVG-B 2005), so erhöhen sich die in Absatz eins, genannten Beträge für diesen um 100 vH für jeden unterhaltsberechtigten Familienangehörigen. Dies gilt hinsichtlich des in Absatz eins, genannten, dem Fremden jedenfalls zu belassenden Betrags nur, wenn dieser nicht bereits im Rahmen einer Sicherstellung des vom unterhaltsberechtigten Familienangehörigen mitgeführten Bargeldes gemäß Absatz eins, berücksichtigt wurde. Unterhaltspflichten und Unterhaltsberechtigungen bestimmen sich für Zwecke dieses Bundesgesetzes nach österreichischem Recht.
(2) Als Beweismittel gelten auch Gegenstände oder Dokumente, die im Zuge der Vollziehung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes, insbesondere zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments für die Abschiebung, benötigt werden.
(3) Über eine Sicherstellung gemäß Abs. 1 und 1a ist dem Betroffenen eine schriftliche Bestätigung auszufolgen, aus der, wenn Bargeld sichergestellt wird, die Höhe des sichergestellten Betrages hervorgehen muss. Die Beweismittel sind dem Bundesamt zu übergeben und von diesem, sobald sie nicht mehr für Verfahren oder für eine Abschiebung benötigt werden, dem Betroffenen zurückzustellen, es sei denn, sie wären nach einem anderen Bundesgesetz sicherzustellen. Im Falle der Sicherstellung von Datenträgern sind nicht diese, sondern die Ergebnisse der Auswertung samt Sicherungskopie (§ 39a) dem Bundesamt zu übermitteln. Im Falle der Sicherstellung von Bargeld sind dem Bundesamt der sichergestellte Bargeldbetrag und eine Kopie der dem Asylwerber ausgefolgten Bestätigung zu übermitteln.“(3) Über eine Sicherstellung gemäß Absatz eins und 1a ist dem Betroffenen eine schriftliche Bestätigung auszufolgen, aus der, wenn Bargeld sichergestellt wird, die Höhe des sichergestellten Betrages hervorgehen muss. Die Beweismittel sind dem Bundesamt zu übergeben und von diesem, sobald sie nicht mehr für Verfahren oder für eine Abschiebung benötigt werden, dem Betroffenen zurückzustellen, es sei denn, sie wären nach einem anderen Bundesgesetz sicherzustellen. Im Falle der Sicherstellung von Datenträgern sind nicht diese, sondern die Ergebnisse der Auswertung samt Sicherungskopie (Paragraph 39 a,) dem Bundesamt zu übermitteln. Im Falle der Sicherstellung von Bargeld sind dem Bundesamt der sichergestellte Bargeldbetrag und eine Kopie der dem Asylwerber ausgefolgten Bestätigung zu übermitteln.“
3.1.2. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer mit Beschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG bekämpften Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist auf den Zeitpunkt der Vornahme des Verwaltungsaktes abzustellen. § 39 Abs. 1 BFA-VG ermächtigt zur vorläufigen Sicherstellung von Gegenständen und Dokumenten, die für ein Verfahren vor dem BFA oder für die Abschiebung gemäß § 46 FPG als Beweismittel benötigt werden, wozu auch (und vor allem) ein Reisepass zählt (vgl. VwGH vom 30.03.2023, Ra 2021/21/0234).3.1.2. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer mit Beschwerde nach Artikel 130, Absatz eins, Ziffer 2, B-VG bekämpften Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist auf den Zeitpunkt der Vornahme des Verwaltungsaktes abzustellen. Paragraph 39, Absatz eins, BFA-VG ermächtigt zur vorläufigen Sicherstellung von Gegenständen und Dokumenten, die für ein Verfahren vor dem BFA oder für die Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG als Beweismittel benötigt werden, wozu auch (und vor allem) ein Reisepass zählt vergleiche VwGH vom 30.03.2023, Ra 2021/21/0234).
3.1.3. Die BF wies entsprechend der im Akt einliegenden Anzeige einer Landespolizeidirektion vom 31.01.2024 bereits im Zuge der Sicherstellung des Reisepasses darauf hin, dass sie seit sieben Jahren mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet ist. Aus dem Zentralen Melderegister ergibt sich, dass die BF seit dem Jahr 2017 über eine Meldeadresse verfügt, außerdem ist die Eintragung in das Ehebuch aus dem Jahr 2017 im Zentralen Melderegister vermerkt.
3.1.4. Bei der Prüfung der Schwere des Eingriffs und seiner Verhältnismäßigkeit ist auf sämtliche Auswirkungen, die bereits im Zeitpunkt der Sicherstellung des Reisepasses absehbar sind, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH vom 30.03.2023, Ra 2021/21/0234). 3.1.4. Bei der Prüfung der Schwere des Eingriffs und seiner Verhältnismäßigkeit ist auf sämtliche Auswirkungen, die bereits im Zeitpunkt der Sicherstellung des Reisepasses absehbar sind, Bedacht zu nehmen vergleiche VwGH vom 30.03.2023, Ra 2021/21/0234).
Die BF war seit dem Jahr 2017 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet und hatte mit diesem seit dem Jahr 2017 einen gemeinsamen Wohnsitz, an dem sie am 30.01.2024 auch von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angetroffen werden konnte. Die BF hat zwar keinen Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz erworben, Anhaltspunkte dafür, dass sie sich einem Verfahren vor dem Bundesamt entzogen hätte, sind im Verfahren jedoch nicht hervorgekommen.
Auf Grund der Dauer des Aufenthaltes der BF in Österreich, in dem sie sich den Behörden insofern nicht entzogen hat, als sie legal eingereist und über eine Meldeadresse verfügt hat, und ihrer familiären Anknüpfungspunkte wiegen die mit der Sicherstellung des Reisedokumentes einhergehenden Einschränkungen – insbesondere der Möglichkeit sich auszuweisen – wesentlich schwerer als die Sicherung der für das Verfahren erforderlichen Dokumente. Darüber hinaus werden in der Stellungnahme des Bundesamtes keine Argumente dafür vorgebracht, aus welchem Grund der Reisepass der BF für das Führen des Verfahrens erforderlich ist. Es wird ausschließlich vorgebracht, dass die Sicherstellung des Reisepasses dazu dient, eine Entziehung der BF vor dem Verfahren zu sichern. Auf Grund der persönlichen Verhältnisse der BF war jedoch nicht davon auszugehen, dass sie sich einem Verfahren nicht stellen werde.
3.1.5. Der Beschwerde war daher stattzugeben und die Sicherstellung des Reisepasses am 30.01.2024 für rechtswidrig zu erklären.
3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.Gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt Paragraph 24, VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.Gemäß Paragraph 24, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Paragraph 24, Absatz 2, VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Ziffer eins,) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Ziffer 2,) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 Sitzung 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß Paragraph 24, Absatz 5, VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG in Verbindung mit Paragraph 24, VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
3.3. Zu Spruchteil A. –Spruchpunkte II. und III. – Kostenersatz3.3. Zu Spruchteil A. –Spruchpunkte römisch II. und römisch III. – Kostenersatz
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.Gemäß Paragraph 35, Absatz eins, VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Absatz 2, der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Absatz 3, die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die Paragraphen 52 bis 54 VwGG sind gemäß Absatz 6, auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Absatz eins, sinngemäß anzuwenden.
Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen die Sicherstellung eines Reisepasses Beschwerde erhoben. Sowohl die BF als auch das Bundesamt haben einen Antrag auf Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG gestellt. Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen die Sicherstellung eines Reisepasses Beschwerde erhoben. Sowohl die BF als auch das Bundesamt haben einen Antrag auf Kostenersatz gemäß Paragraph 35, VwGVG gestellt.
Die BF ist auf Grund der Stattgabe der Beschwerde obsiegende Partei, weshalb sie Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang hat. Dem Bundesamt gebührt als unterlegener Partei kein Kostenersatz.
3.4. Zu Spruchteil B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), Bundesgesetzblatt Nr. 10 aus 1985, idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
aufenthaltsbeendende Maßnahme Befehls- und Zwangsgewalt Kostenersatz Maßnahmenbeschwerde Meldeadresse Rechtswidrigkeit Reisedokument Sicherstellung unverhältnismäßiger Nachteil Verfahrensentziehung Verhältnismäßigkeit VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2024:W250.2286930.1.00Im RIS seit
04.09.2024Zuletzt aktualisiert am
04.09.2024