TE Bvwg Erkenntnis 2024/8/9 W250 2287440-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.08.2024
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Entscheidungsdatum

09.08.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W250 2287440-1/13E

Schriftliche Ausfertigung des am 17.06.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , auch XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Stadt Wien, Wiener Kinder- und Jugendhilfe, Gruppe Recht – Referat Asylvertretung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.01.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , auch römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Stadt Wien, Wiener Kinder- und Jugendhilfe, Gruppe Recht – Referat Asylvertretung, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.01.2024, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und es wird XXXX gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.Der Beschwerde wird stattgegeben und es wird römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins und 4 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Syriens, stellte am 22.11.2022 als unbegleiteter Minderjähriger im Alter von 16 Jahren einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 22.11.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, er habe Syrien wegen des Krieges verlassen. Es gebe weder Sicherheit noch Arbeit. Die amerikanischen Kurden würden ihn rekrutieren wollen. Er wolle weder für Kurden noch für Amerikaner kämpfen (AS 27). Der Beschwerdeführer legte eine Kopie seiner syrischen ID- Karte vor (AS 23).

3. Mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichts vom 06.02.2023 wurde der Kinder- und Jugendhilfeträger, das Magistrat der Stadt Wien, mit der Obsorge für den minderjährigen Beschwerdeführer betraut.

4. Am 02.10.2023 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden bezeichnet als BFA) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, die Kurden seien wegen der Kampagne zur Zwangsrekrutierung mehrmals bei ihm zuhause gewesen. Er sei aus Angst vor einer Rekrutierung ausgereist (BFA-EV Seite 5f.).

5. Der Beschwerdeführer legte eine Kopie seines syrischen Personalausweises, ausgestellt am XXXX , sowie eine Bestätigung über die Bewilligung von Psychotherapie vor (BFA-EV Seite 4 sowie Anhang).5. Der Beschwerdeführer legte eine Kopie seines syrischen Personalausweises, ausgestellt am römisch 40 , sowie eine Bestätigung über die Bewilligung von Psychotherapie vor (BFA-EV Seite 4 sowie Anhang).

6. Mit Stellungnahme vom 12.10.2023 brachte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vor, dem Beschwerdeführer drohe bei einer Rückkehr Zwangsrekrutierung. Das syrische Regime würde ihn bei einer Rückkreise zum Heimatort aufgreifen und er müsste im Alter von 17 Jahren für den Wehrdienst vorbereitende Handlungen ausführen. Im Heimatort drohe ihm Zwangsrekrutierung durch die kurdischen Milizen. Er befürchte, aufgrund seiner ihm zumindest unterstellten politisch oppositionellen Gesinnung, verfolgt zu werden.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.01.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 22.11.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.). Ihm wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.01.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 22.11.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.). Ihm wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Stand 17.07.2023, Version 9, zugrunde und führte begründend im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe den verpflichtenden Wehrdienst bei der syrischen Armee bisher nicht abgeleistet, der Herkunftsort stehe aber unter der Kontrolle der kurdischen Milizen. Es drohe ihm in seinem Herkunftsort keine Einberufung zum verpflichtenden Wehrdienst der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien (vgl. Seite 8f. des angefochtenen Bescheides vom 22.01.2024).Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Stand 17.07.2023, Version 9, zugrunde und führte begründend im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe den verpflichtenden Wehrdienst bei der syrischen Armee bisher nicht abgeleistet, der Herkunftsort stehe aber unter der Kontrolle der kurdischen Milizen. Es drohe ihm in seinem Herkunftsort keine Einberufung zum verpflichtenden Wehrdienst der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien vergleiche Seite 8f. des angefochtenen Bescheides vom 22.01.2024).

8. Mit Schreiben vom 23.02.2024, eingelangt am selben Tag, erhob der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter, fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des obengenannten Bescheides. Darin beantragte er eine mündliche Verhandlung durchzuführen, Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des ersten Spruchpunktes zu beheben und an das Bundesamt zurückzuverweisen.8. Mit Schreiben vom 23.02.2024, eingelangt am selben Tag, erhob der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter, fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des obengenannten Bescheides. Darin beantragte er eine mündliche Verhandlung durchzuführen, Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des ersten Spruchpunktes zu beheben und an das Bundesamt zurückzuverweisen.

In der Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, es drohe dem Beschwerdeführer als nunmehr 18-Jährigem Rekrutierung zum kurdischen Selbstverteidigungsdienst oder zum Wehrdienst für das syrische Regime. Kurz nach seiner Ankunft in Österreich sei der Beschwerdeführer, in der Erstaufnahmestelle von Landsleuten aus der gleichen Region in Syrien sexuell missbraucht worden. Der Beschwerdeführer befürchte, asylrelevante Verfolgung im Herkunftsort aufgrund des sexuellen Missbrauchs und des Videos davon. Dem Beschwerdeführer drohe auch Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Personen, die jegliche Gewalt und im Speziellen das Vorgehen der kurdischen Kriegspartei ablehnt (Seite 2f. der Beschwerde vom 23.02.2024).

9. Mit der Beschwerde wurden eine Benachrichtigung der zuständigen Staatsanwaltschaft an den Beschwerdeführer als Opfer, über die Einstellung des Verfahrens vom 22.04.2023, sowie die Zeugenvernehmung des Beschwerdeführers durch die zuständige Landespolizeidirektion am 18.01.2023 zum Verdacht auf Vergewaltigung zum Nachteil des Beschwerdeführers vorgelegt (vgl. Anhänge zur Beschwerde vom 23.02.2024).9. Mit der Beschwerde wurden eine Benachrichtigung der zuständigen Staatsanwaltschaft an den Beschwerdeführer als Opfer, über die Einstellung des Verfahrens vom 22.04.2023, sowie die Zeugenvernehmung des Beschwerdeführers durch die zuständige Landespolizeidirektion am 18.01.2023 zum Verdacht auf Vergewaltigung zum Nachteil des Beschwerdeführers vorgelegt vergleiche Anhänge zur Beschwerde vom 23.02.2024).

10. Am 29.02.2024 langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein (OZ/1).

11. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 22.03.2024 wurde die gegenständliche Rechtssache neu zugewiesen (OZ/3).

12. Mit Schreiben vom 20.03.2024 legte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers die ID-Karte (syrischen Personalausweis) des Beschwerdeführers im Original vor und beantragte den Namen des Beschwerdeführers im Verfahren auf jenen auf der ID-Karte zu ändern (OZ/5). Der syrische Personalausweis des Beschwerdeführers wurde übersetzt (OZ/6).

13. Am 17.06.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers statt, bei welcher der Beschwerdeführer einvernommen wurde. Ein Vertreter der belangten Behörde ist unentschuldigt nicht erschienen. Im Rahmen der Verhandlung wurde der Beschwerdeführer insbesondere ausführlich zu seiner Identität, seiner Herkunft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seinen Familienverhältnissen und seinem Leben in Syrien sowie seinen Fluchtgründen befragt. Das erkennende Gericht brachte neben dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 11 vom 27.03.2024, weitere Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in das Verfahren ein: die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen 6. aktualisierte Fassung vom März 2021, die EUAA Country Guidance (ehemals EASO Leitlinien) zu Syrien vom April 2024, sowie eine kurze Zusammenstellung zum Wehrdienst in Syrien von ACCORD vom 20.03.2024. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit gegeben, in diese herkunftsstaatsbezogenen Berichte Einsicht zu nehmen sowie zu den dargelegten Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben.

In Ergänzung der bereits vorgelegten Unterlagen wurde vom Beschwerdeführer sein Personalausweis im Original vorgelegt (Seite 5 in OZ/8) und eine Kopie als Beilage ./A der Niederschrift angeschlossen.

14. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 17.06.2024 erfolgte eine mündliche Verkündung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG. Im Anschluss übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die Niederschrift der Verhandlung samt der mündlichen Verkündung und den wesentlichen Gründen der Entscheidung sowie der Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG an die belangte Behörde (vgl. Schreiben vom 18.06.2024 in OZ/9).14. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 17.06.2024 erfolgte eine mündliche Verkündung des Erkenntnisses gemäß Paragraph 29, Absatz 2, VwGVG. Im Anschluss übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die Niederschrift der Verhandlung samt der mündlichen Verkündung und den wesentlichen Gründen der Entscheidung sowie der Belehrung gemäß Paragraph 29, Absatz 2 a, VwGVG an die belangte Behörde vergleiche Schreiben vom 18.06.2024 in OZ/9).

15. Am 18.06.2024 stellte das BFA einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses (OZ/10).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF heißt XXXX , geboren am XXXX . Er ist syrischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Araber, seine Muttersprache ist Arabisch. Der BF bekennt sich zum sunnitisch muslimischen Glauben (vgl. AS 17f., Seite 3f. der BFA-EV = Einvernahme durch das BFA am 02.10.2023, Seite 2, 5, 6 in OZ/8 = Verhandlungsprotokoll vom 17.06.2024).Der BF heißt römisch 40 , geboren am römisch 40 . Er ist syrischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Araber, seine Muttersprache ist Arabisch. Der BF bekennt sich zum sunnitisch muslimischen Glauben vergleiche AS 17f., Seite 3f. der BFA-EV = Einvernahme durch das BFA am 02.10.2023, Seite 2, 5, 6 in OZ/8 = Verhandlungsprotokoll vom 17.06.2024).

Der BF wurde in Aleppo im Ort XXXX , nordöstlich der Stadt XXXX , geboren und ist im Ort XXXX aufgewachsen und hat dort bis zu seiner Ausreise gelebt. Der BF hat die Schule bis zur fünften Schulstufe besucht und in der Landwirtschaft gearbeitet. Er reiste 2022 illegal aus Syrien aus (AS 17f., BFA-EV Seite 4f., Seite 5 bis 8 in OZ/8).Der BF wurde in Aleppo im Ort römisch 40 , nordöstlich der Stadt römisch 40 , geboren und ist im Ort römisch 40 aufgewachsen und hat dort bis zu seiner Ausreise gelebt. Der BF hat die Schule bis zur fünften Schulstufe besucht und in der Landwirtschaft gearbeitet. Er reiste 2022 illegal aus Syrien aus (AS 17f., BFA-EV Seite 4f., Seite 5 bis 8 in OZ/8).

Der BF ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Die Eltern, vier jüngere Brüder und drei Schwestern des Beschwerdeführers leben in Syrien in XXXX . Der Beschwerdeführer hat eine Schwester in Österreich (AS 17ff., BFA-EV Seite 4f., Seite 7f. in OZ/8). Der BF ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Die Eltern, vier jüngere Brüder und drei Schwestern des Beschwerdeführers leben in Syrien in römisch 40 . Der Beschwerdeführer hat eine Schwester in Österreich (AS 17ff., BFA-EV Seite 4f., Seite 7f. in OZ/8).

Der Beschwerdeführer ist gesund (BFA-EV Seite 3, Seite 8 in OZ/8).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Herkunftsort des Beschwerdeführers ist das Dorf XXXX südöstlich der Stadt Manbij am östlichen Ufer des Euphrat, in der Provinz Aleppo. Dieses liegt im Gebiet der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria – AANES) und befindet sich unter der Kontrolle der kurdischen Streitkräfte. Das syrische Regime kontrolliert den südlichen Teil der Provinz Aleppo. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers ist das Dorf römisch 40 südöstlich der Stadt Manbij am östlichen Ufer des Euphrat, in der Provinz Aleppo. Dieses liegt im Gebiet der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria – AANES) und befindet sich unter der Kontrolle der kurdischen Streitkräfte. Das syrische Regime kontrolliert den südlichen Teil der Provinz Aleppo.

1.2.1. Der Beschwerdeführer befindet sich im wehrpflichtigen Alter, ist gesund und hat den Wehrdienst für die syrische Armee noch nicht abgeleistet. Über ein Wehrdienstbuch oder einen Einberufungsbefehl verfügt er nicht. Der Beschwerdeführer würde sich im Fall der Rückkehr nach Syrien weigern den Wehrdienst abzuleisten.

Für männliche syrische Staatsangehörige zwischen 18 und 42 Jahren ist die Ableistung des Wehrdienstes in Syrien gesetzlich verpflichtend. Der Beschwerdeführer hat durch seine endgültige Ausreise aus Syrien die Ableistung des Militärdienstes verweigert.

Der Beschwerdeführer hat Syrien verlassen, um sich dem Militärdienst zu entziehen und würde daher bei einer Rückkehr als Regimegegner angesehen werden. Er lehnt einen Militärdienst bei der syrischen Armee ab.

Die Ausreise des Beschwerdeführers und die dadurch bewirkte Entziehung vor seinem Militärdienst, wird vom syrischen Regime als Ausdruck einer oppositionellen Gesinnung gesehen. Der Beschwerdeführer lehnt einen Militärdienst bei der syrischen Armee klar ab. Er vertritt eine politische Gesinnung die in Opposition zum derzeitigen syrischen Machthaber steht und würde sich im Fall der Rückkehr nach Syrien weigern den Wehrdienst abzuleisten.

Im Falle einer Rückkehr besteht für den Beschwerdeführer daher die Gefahr, am Grenzkontrollposten verhaftet und wegen der Ausreise und damit einhergehenden Wehrdienstverweigerung verhaftet zu werden und zumindest mit einer Gefängnisstrafe bestraft zu werden, die mit der Anwendung von Folter verbunden wäre.

Die syrische Regierung betrachtet Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen „terroristische“ Bedrohungen zu schützen. Auch die Ausreise des Beschwerdeführers und die dadurch bewirkte Entziehung von der Ableistung des Wehrdienstes wird vom syrischen Regime als Ausdruck einer oppositionellen Gesinnung gesehen.

Sichere legale Einreisemöglichkeiten abseits von durch die syrische Regierung kontrollierten Flughäfen sind nicht verfügbar.

1.2.2. Es besteht zudem die Gefahr, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen wird, was er ablehnt.

1.2.3. Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers wird derzeit von den Kurden kontrolliert.

Im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet besteht für den Beschwerdeführer das reale Risiko zum kurdischen Militärdienst eingezogen zu werden. Der Beschwerdeführer hat diesen noch nicht abgeleistet. Es wurde in Syrien bereits versucht, den Beschwerdeführer mit Zwang zu den kurdischen Selbstverteidigungseinheiten zu rekrutieren. Der Beschwerdeführer ist unmittelbar nach dem Versuch, ihn zur Selbstverteidigungspflicht zu rekrutieren, aus seinem Herkunftsort und aus Syrien geflohen.

Im Juni 2019 verabschiedete die AANES ein Gesetz zur „Selbstverteidigungspflicht“, das den verpflichtenden Militärdienst regelt, den Männer ab 18 Jahren aus den Gebieten der AANES ableisten müssen. Das Gesetz zur Selbstverteidigungspflicht gilt für alle Männer aus den Gebieten der AANES, unabhängig davon, ob sie Kurden, Araber, Christen, syrische Staatsbürger, Ajanib (staatenlose Kurden, die als Ausländer in Syrien registriert sind, Anmerkung ACCORD) oder Maktoumin (staatenlose Kurden, die nicht in Syrien registriert sind, Anmerkung ACCORD) sind. Die Selbstverteidigungspflicht ist in jeder von der AANES verwalteten Region verpflichtend. Gemäß Dekret Nr. 3 vom 4. September 2021 ist die Selbstverteidigungspflicht nur für Männer mit Geburtsjahr 1998 oder jünger, jedoch nicht jünger als 18 Jahre, obligatorisch, was in allen Gebieten gleich sei. Vor dem Erlass des Dekrets variierte der Altersrahmen je nach Gebiet, und umfasste 18 bis 40-jährige. Rückkehrer haben gemäß dem Gesetz dreißig Tage Zeit, um ein Wehrdienstbuch zu beantragen. Dieser Aufschub wird nur einmal gewährt.

Der Beschwerdeführer müsste bei einer Rückkehr in seinem aktuellen Alter von 18 Jahren mit einer Rekrutierung zur Selbstverteidigungspflicht rechnen. Auch in der AANES wohnhafte Araber sind verpflichtet, die Selbstverteidigungspflicht zu absolvieren. Während es in der Vergangenheit die Selbstverteidigungspflicht für Araber teilweise ausgesetzt wurde, ist dies nicht mehr der Fall. Araber, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern, werden als Gegner der kurdischen Hegemonie im Nordosten Syriens wahrgenommen. Dem Beschwerdeführer wird aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit und bereits verweigerten Zwangsrekrutierung zur Selbstverteidigungspflicht eine oppositionelle Gesinnung entgegen der kurdischen Hegemonie zumindest unterstellt.

Die Absolvierung des „Wehrdiensts“ gemäß der Selbstverwaltung befreit nicht von der nationalen Wehrpflicht in Syrien. Männer im wehrpflichtigen Alter, die sich zwischen den Gebieten unter Kontrolle der SDF und der Regierungstruppen hin- und herbewegen, können von Rekrutierungsmaßnahmen auf beiden Seiten betroffen sein, da keine der beiden Seiten die Dokumente der anderen Seite [z. B. über einen abgeleisteten Wehrdienst, Aufschub der Wehrpflicht o.ä.] anerkennt.

1.2.4. Das syrische Regime verfügt in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers über keine Zugriffsmöglichkeiten. Eine Einreisemöglichkeit in das Gebiet der kurdischen Selbstverwaltungsregion besteht über den irakisch-syrischen Grenzübergang Semalka – Faysh Khabour. Des Weiteren könnte der Beschwerdeführer über den internationalen Flughafen von Damaskus einreisen. Die syrische Hauptstadt Damaskus steht, wie auch der ihr zugehörige Flughafen, unter Kontrolle des syrischen Regimes. Es besteht die maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Einreise über diesen Flughafen angehalten und zum Militärdienst der syrischen Armee eingezogen wird. Damit wäre auch maßgeblich wahrscheinlich die Beteiligung an Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen verbunden. Im Weigerungsfall würden ihm aufgrund der ihm (zumindest unterstellten) politisch oppositionellen Gesinnung Inhaftierung, unverhältnismäßige Bestrafung und/oder Folter drohen. Bei einer Einreise über den irakisch-syrischen Grenzübergang Semalka – Faysh Khabour droht dem Beschwerdeführer die Festnahme und Inhaftierung durch die kurdischen Streitkräfte und eine erneute Zwangsrekrutierung des Beschwerdeführers. Es besteht die maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer im Weigerungsfall aufgrund der (zumindest unterstellten) politisch oppositionellen Gesinnung inhaftiert, unverhältnismäßig bestraft und/oder gefoltert werden würde.

Die Bedrohung geht vom syrischen Regime, somit vom Staat selbst, aus. Hinsichtlich der Bedrohung durch die kurdischen Streitkräfte ist das syrische Regime nicht gewillt, den Beschwerdeführer zu schützen.

Bei einer Rückkehr nach Syrien läuft der Beschwerdeführer Gefahr, Gewalthandlungen, erheblichen Eingriffen in seine Unversehrtheit und/oder gravierenden Bedrohungen durch das syrische Regime und durch die kurdischen Streitkräfte ausgesetzt zu sein.

Die Bedrohung des Beschwerdeführers ist aktuell.

Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative nicht zur Verfügung.

Gründe, nach denen ein Ausschluss des Beschwerdeführers hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat, liegen im Verfahren nicht vor.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:

?        Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, aus dem Country of Origin - Content Management System (COI-CMS) - Syrien, Version 11 vom 27.03.2024

?        Die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen 6. aktualisierte Fassung, März 2021

?        EUAA Country Guidance (ehemals EASO Leitlinien) zu Syrien vom April 2024

?        ACCORD – Kurze Zusammenstellung zum Wehrdienst in Syrien vom 20.03.2024

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien, Version 11 vom 27.03.2024, wiedergegeben:

1.3.1. Politische Lage

„Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. (…)

1.3.1.1. Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

„Letzte Änderung 2024-03-08 11:12

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).

Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).

Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).

Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).

Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021). […]“

1.3.2. Sicherheitslage

„Letzte Änderung 2024-03-08 11:17

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). (…)“

1.3.2.1. Nordost-Syrien (Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria - AANES) und das Gebiet der SNA (Syrian National Army)

Letzte Änderung 2024-03-08 15:02

Besonders volatil stellt sich laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amt die Lage im Nordosten Syriens (v. a. Gebiete unmittelbar um und östlich des Euphrats) dar. Als Reaktion auf einen, von der Türkei der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) zugeschriebenen, Terroranschlag mit mehreren Toten in Istanbul startete das türkische Militär am 19.11.2022 eine mit Artillerie unterstützte Luftoperation gegen kurdische Ziele u. a. in Nordsyrien. Bereits zuvor war es immer wieder zu vereinzelten, teils schweren Auseinandersetzungen zwischen türkischen und Türkei-nahen Einheiten und Einheiten der kurdisch dominierten SDF (Syrian Democratic Forces) sowie Truppen des Regimes gekommen, welche in Abstimmung mit den SDF nach Nordsyrien verlegt wurden. Als Folge dieser Auseinandersetzungen, insbesondere auch von seit Sommer 2022 zunehmenden türkischen Drohnenschlägen, wurden immer wieder auch zivile Todesopfer, darunter Kinder, vermeldet (AA 29.3.2023). Auch waren die SDF gezwungen, ihren Truppeneinsatz angesichts türkischer Luftschläge und einer potenziellen Bodenoffensive umzustrukturieren. Durch türkische Angriffe auf die zivile Infrastruktur sind auch Bemühungen um die humanitäre Lage gefährdet (Newlines 7.3.2023). Die Angriffe beschränkten sich bereits im 3. Quartal 2022 nicht mehr nur auf die Frontlinien, wo die überwiegende Mehrheit der Zusammenstöße und Beschussereignisse stattfanden; im Juli und August 2022 trafen türkische Drohnen Ziele in den wichtigsten von den SDF kontrollierten städtischen Zentren und töteten Gegner (und Zivilisten) in Manbij, Kobanê, Tell Abyad, Raqqa, Qamishli, Tell Tamer und Hassakah (CC 3.11.2022). Bereits im Mai 2022 hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdo?an eine vierte türkische Invasion seit 2016 angekündigt (HRW 12.1.2023). Anfang Oktober 2023 begannen die türkischen Streitkräfte wieder mit der Intensivierung ihrer Luftangriffe auf kurdische Ziele in Syrien, nachdem in Ankara ein Bombenanschlag durch zwei Angreifer aus Syrien verübt worden war (REU 4.10.2023). Die Luftangriffe, die in den Provinzen Hasakah, Raqqa und Aleppo durchgeführt wurden, trafen für die Versorgung von Millionen von Menschen wichtige Wasser- und Elektrizitätsinfrastruktur (HRW 26.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Besonders volatil stellt sich laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amt die Lage im Nordosten Syriens (v. a. Gebiete unmittelbar um und östlich des Euphrats) dar. Als Reaktion auf einen, von der Türkei der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) zugeschriebenen, Terroranschlag mit mehreren Toten in Istanbul startete das türkische Militär am 19.11.2022 eine mit Artillerie unterstützte Luftoperation gegen kurdische Ziele u. a. in Nordsyrien. Bereits zuvor war es immer wieder zu vereinzelten, teils schweren Auseinandersetzungen zwischen türkischen und Türkei-nahen Einheiten und Einheiten der kurdisch dominierten SDF (Syrian Democratic Forces) sowie Truppen des Regimes gekommen, welche in Abstimmung mit den SDF nach Nordsyrien verlegt wurden. Als Folge dieser Auseinandersetzungen, insbesondere auch von seit Sommer 2022 zunehmenden türkischen Drohnenschlägen, wurden immer wieder auch zivile Todesopfer, darunter Kinder, vermeldet (AA 29.3.2023). Auch waren die SDF gezwungen, ihren Truppeneinsatz angesichts türkischer Luftschläge und einer potenziellen Bodenoffensive umzustrukturieren. Durch türkische Angriffe auf die zivile Infrastruktur sind auch Bemühungen um die humanitäre Lage gefährdet (Newlines 7.3.2023). Die Angriffe beschränkten sich bereits im 3. Quartal 2022 nicht mehr nur auf die Frontlinien, wo die überwiegende Mehrheit der Zusammenstöße und Beschussereignisse stattfanden; im Juli und August 2022 trafen türkische Drohnen Ziele in den wichtigsten von den SDF kontrollierten städtischen Zentren und töteten Gegner (und Zivilisten) in Manbij, Kobanê, Tell Abyad, Raqqa, Qamishli, Tell Tamer und Hassakah (CC 3.11.2022). Bereits im Mai 2022 hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdo?an eine vierte türkische Invasion seit 2016 angekündigt (HRW 12.1.2023). Anfang Oktober 2023 begannen die türkischen Streitkräfte wieder mit der Intensivierung ihrer Luftangriffe auf kurdische Ziele in Syrien, nachdem in Ankara ein Bombenanschlag durch zwei Angreifer aus Syrien verübt worden war (REU 4.10.2023). Die Luftangriffe, die in den Provinzen Hasakah, Raqqa und Aleppo durchgeführt wurden, trafen für die Versorgung von Millionen von Menschen wichtige Wasser- und Elektrizitätsinfrastruktur (HRW 26.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024).

Die Türkei unterstellt sowohl den Streitkräften der Volksverteidigungseinheiten (YPG) als auch der Democratic Union Party (PYD) Nähe zur von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und bezeichnet diese daher ebenfalls als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 29.11.2021).

Der Think Tank Newslines Institute for Strategy and Policy sieht auf der folgenden Karte besonders die Gebiete von Tal Rifa'at, Manbij und Kobanê als potenzielle Ziele einer türkischen Offensive. Auf der Karte sind auch die Strecken und Gebiete mit einer Präsenz von Regime- und pro-Regime-Kräften im Selbstverwaltungsgebiet ersichtlich, die sich vor allem entlang der Frontlinien zu den pro-türkischen Rebellengebieten und entlang der türkisch-syrischen Grenze entlangziehen.

Der Rückzug der USA aus den Gebieten östlich des Euphrat im Oktober 2019 ermöglichte es der Türkei, sich in das Gebiet auszudehnen und ihre Grenze tiefer in Syrien zu verlegen, um eine Pufferzone gegen die SDF zu schaffen (CMEC 2.10.2020) [Anm.: Siehe hierzu Unterkapitel türkische Militäroperationen in Nordsyrien im Kapitel Sicherheitslage]. Aufgrund der türkischen Vorstöße sahen sich die SDF dazu gezwungen, mehrere tausend syrische Regierungstruppen aufzufordern, in dem Gebiet Stellung zu beziehen, um die Türkei abzuschrecken, und den Kampf auf eine zwischenstaatliche Ebene zu verlagern (ICG 18.11.2021). Regimekräfte sind seither in allen größeren Städten in Nordostsyrien präsent (AA 29.11.2021). Die Türkei stützte sich bei ihrer Militäroffensive im Oktober 2019 auch auf Rebellengruppen, die in der 'Syrian National Army' (SNA) zusammengefasst sind; seitens dieser Gruppen kam es zu gewaltsamen Übergriffen, insbesondere auf die kurdische Zivilbevölkerung sowie Christen und Jesiden (Ermordungen, Plünderungen und Vertreibungen). Aufgrund des Einmarsches wuchs die Zahl der intern vertriebenen Menschen im Nordosten auf über eine halbe Million an (ÖB Damaskus 1.10.2021). (…)

Entgegen früheren Ankündigungen bleiben die USA weiterhin militärisch präsent (ÖB Damaskus 1.10.2021; vgl. AA 29.11.2021; JsF 9.9.2022). Am 4.9.2022 errichteten die US-Truppen einen neuen Militärstützpunkt im Dorf Naqara im Nordosten Syriens, der zu den drei Standorten der US-geführten internationalen Koalition in der Region Qamishli gehört. Der neue Militärstützpunkt kann dazu beitragen, die verstärkten Aktivitäten Russlands und Irans in der Region zu überwachen; insbesondere überblickt er direkt den von den russischen Streitkräften betriebenen Luftwaffenstützpunkt am Flughafen Qamishli. Er ist nur wenige Kilometer von den iranischen Militärstandorten südlich der Stadt entfernt (JsF 9.9.2022). Hinzukamen wiederholte Luft- bzw. Drohnenangriffe zwischen den in Nordost-Syrien stationierten US-Truppen und Iran-nahen Milizen (AA 2.2.2024). Entgegen früheren Ankündigungen bleiben die USA weiterhin militärisch präsent (ÖB Damaskus 1.10.2021; vergleiche AA 29.11.2021; JsF 9.9.2022). Am 4.9.2022 errichteten die US-Truppen einen neuen Militärstützpunkt im Dorf Naqara im Nordosten Syriens, der zu den drei Standorten der US-geführten internationalen Koalition in der Region Qamishli gehört. Der neue Militärstützpunkt kann dazu beitragen, die verstärkten Aktivitäten Russlands und Irans in der Region zu überwachen; insbesondere überblickt er direkt den von den russischen Streitkräften betriebenen Luftwaffenstützpunkt am Flughafen Qamishli. Er ist nur wenige Kilometer von den iranischen Militärstandorten südlich der Stadt entfernt (JsF 9.9.2022). Hinzukamen wiederholte Luft- bzw. Drohnenangriffe zwischen den in Nordost-Syrien stationierten US-Truppen und Iran-nahen Milizen (AA 2.2.2024).

SDF, YPG und YPJ [Anm.: Frauenverteidigungseinheiten] sind nicht nur mit türkischen Streitkräften und verschiedenen islamistischen Extremistengruppen in der Region zusammengestoßen, sondern gelegentlich auch mit kurdischen bewaffneten Gruppen, den Streitkräften des Assad-Regimes, Rebellen der Freien Syrischen Armee und anderen Gruppierungen (AN 17.10.2021). Die kurdisch kontrollierten Gebiete im Nordosten Syriens umfassen auch den größten Teil des Gebiets, das zuvor unter der Kontrolle des IS in Syrien stand (ICG 11.10.2019; vgl. EUAA 9.2022). Raqqa war de facto die Hauptstadt des IS (PBS 22.2.2022), und die Region gilt als "Hauptschauplatz für den Aufstand des IS" (ICG 11.10.2019; vgl. EUAA 9.2022).SDF, YPG und YPJ [Anm.: Frauenverteidigungseinheiten] sind nicht nur mit türkischen Streitkräften und verschiedenen islamistischen Extremistengruppen in der Region zusammengestoßen, sondern gelegentlich auch mit kurdischen bewaffneten Gruppen, den Streitkräften des Assad-Regimes, Rebellen der Freien Syrischen Armee und anderen Gruppierungen (AN 17.10.2021). Die kurdisch kontrollierten Gebiete im Nordosten Syriens umfassen auch den größten Teil des Gebiets, das zuvor unter der Kontrolle des IS in Syrien stand (ICG 11.10.2019; vergleiche EUAA 9.2022). Raqqa war de facto die Hauptstadt des IS (PBS 22.2.2022), und die Region gilt als "Hauptschauplatz für den Aufstand des IS" (ICG 11.10.2019; vergleiche EUAA 9.2022).

Die kurdischen YPG stellen einen wesentlichen Teil der Kämpfer und v. a. der Führungsebene der SDF, welche in Kooperation mit der internationalen Anti-IS-Koalition militärisch gegen die Terrororganisation IS in Syrien vorgehen (AA 29.11.2021). In Reaktion auf die Reorganisation der Truppen zur Verstärkung der Front gegen die Türkei stellten die SDF vorübergehend ihre Operationen und andere Sicherheitsmaßnahmen gegen den Islamischen Staat ein. Dies weckte Befürchtungen bezüglich einer Stärkung des IS in Nordost-Syrien (Newlines 7.3.2023). Die SDF hatten mit Unterstützung US-amerikanischer Koalitionskräfte allein seit Ende 2021 mehrere Sicherheitsoperationen durchgeführt, in denen nach eigenen Angaben Hunderte mutmaßliche IS-Angehörige verhaftet und einzelne Führungskader getötet wurden (AA 2.2.2024).

Der IS führt weiterhin militärische Operationen in der AANES durch. Die SDF reagieren auf die Angriffe mit routinemäßigen Sicherheitskampagnen, unterstützt durch die Internationale Koalition. Bisher konnten diese die Aktivitäten des IS und seiner affiliierten Zellen nicht einschränken. SOHR dokumentierte von Anfang 2023 bis September 2023 121 Operationen durch den IS, wie bewaffnete Angriffe und Explosionen, in den Gebieten der AANES. Dabei kamen 78 Personen zu Tode, darunter 17 ZivilistInnen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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