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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §13 idF 1990/450;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der
R. Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Niederösterreich, Landesgeschäftsstelle, vom 22. September 1994, Zl. IIe/6702 B/1289 764, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei stellte am 26. April 1994 beim Arbeitsmarkt Neunkirchen den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die bosnische Staatsangehörige M für die berufliche Tätigkeit als "Küchenhilfe" in einem Gastronomiebetrieb. In einem Begleitschreiben zu diesem Antrag wies die beschwerdeführende Partei darauf hin, die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der beantragten Arbeitnehmerin sei für die "Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes sowie die Durchführung von bereits übernommenen Aufträgen" notwendig. Nur befähigte, geeignete und gewillte Ersatzkräfte seien der beschwerdeführenden Partei zuzuweisen.
Mit Bescheid vom 23. Juni 1994 wies das Arbeitsamt den Antrag gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Dazu wird nach Zitierung des § 4 Abs. 6 leg. cit. ausgeführt, der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In der Berufung machte die beschwerdeführende Partei geltend, das Arbeitsamt sei bisher nicht in der Lage gewesen, befähigte, geeignete und gewillte Ersatzkräfte für die weiterhin freie Arbeitsstelle zu vermitteln. Die "Begründung" des erstinstanzlichen Bescheides erschöpfe sich in der Zitierung des Gesetzestextes. Unberücksichtigt sei auch gelassen worden, daß sich die beantragte Ausländerin legal in Österreich aufhalte und aus der Republik Bosnien stamme.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. September 1994 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 20 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge. In der Begründung stellte die belangte Behörde die Rechtslage dar und traf die Feststellung, daß die mit Verordnung für das Kalenderjahr 1994 (BGBl. Nr. 794/1993) festgesetzte Landeshöchstzahl für das Bundesland Niederösterreich 31.000 betrage. Laut der letzten statistischen Zählung Ende August seien auf die Landeshöchstzahl
48.626 Bewilligungen anzurechnen. Somit sei die Landeshöchstzahl 1994 zur Zeit überzogen und komme für das gegenständliche Verfahren § 4 Abs. 6 AuslBG zur Anwendung. Da die Landeshöchstzahl auch zum Zeitpunkt der Entscheidung der ersten Instanz überschritten gewesen sei, der Vermittlungsausschuß keine einhellige Befürwortung ausgesprochen und die erste Instanz keinen Grund gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG habe erkennen können, sei vom Arbeitsamt der Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung abgelehnt worden. Die Überschreitung der Landeshöchstzahl, die Nichteinhelligkeit des Vermittlungsausschusses und die Anwendung des erschwerten Verfahrens gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG werde von der beschwerdeführenden Partei nicht bezweifelt. Mit Rücksicht darauf wäre es an ihr gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren i.S.d. § 4 Abs. 6 AuslBG hätten maßgebend sein können. Der im Hinblick auf die betriebliche Situation dargestellte dringende Arbeitskräftebedarf sei nur ein eigenwirtschaftliches Interesse, das nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für eine Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 6 AuslBG weder nach Z. 2 noch nach Z. 3 dieser Bestimmung ausreiche. Im übrigen sei zu den Berufungsausführungen, wonach keine geeignete Arbeitskraft zur Vorstellung veranlaßt worden sei, hinzuweisen, daß die beschwerdeführende Partei aufgrund des von der ersten Instanz durchgeführten Arbeitskräfte-Vermittlungsverfahrens eine zur Vorstellung veranlaßte Arbeitskraft in "Vormerkung" genommen habe. Bei Bereitschaft der beschwerdeführenden Partei sei auch damit zu rechnen, daß geeignete Arbeitskräfte vermittelt werden könnten.
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 i.d.F. der ab 1. Juli 1994 in Kraft getretenen Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen i. d.F. der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,
b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Bereits das Arbeitsamt ist bei Erlassung des abweisenden Bescheides von der Notwendigkeit der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG (und damit auch von der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehenden Überschreitung der Landeshöchstzahl) ausgegangen. Auch im angefochtenen Bescheid wird unter Bezugnahme auf die statistische Zählung Ende August zugrundegelegt, daß die für das Jahr 1994 festgesetzte Landeshöchstzahl "zur Zeit" überschritten ist. Der Beschwerde kann daher im gegenüber der belangten Behörde erhobenen Vorwurf, sie lasse offen, ob die Landeshöchstzahlenüberschreitung auch am 22. September 1994 vorliege, nicht gefolgt werden. Ob die im angefochtenen Bescheid angeführten 48.626 Bewilligungen ab dem 1. Jänner 1994 oder auch bereits 1993 erteilt worden sind, ist für die Frage der Überschreitung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht von Bedeutung. Daß 48.626 Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden seien, läßt auch nicht den in der Beschwerde gezogenen Schluß zu, die Landeshöchstzahl von 31.000 bestehe "im Ergebnis tatsächlich nicht". Gerade § 4 Abs. 6 AuslBG ermöglicht nämlich - unter den dort näher beschriebenen Voraussetzungen - eine Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen über die Landeshöchstzahl hinaus.
Soweit die beschwerdeführende Partei rügt, der - im selben Jahr wie der erstinstanzliche Bescheid erlassene - angefochtene Bescheid sei in bezug auf die Überschreitung der Landeshöchstzahl nicht ausreichend begründet und der Hinweis auf die offizielle Statistik lasse jeden Hinweis darauf vermissen, welche Grundsätze für die Erstellung dieser Statistik herangezogen worden seien, liegt in dieser damit verbundenen Bestreitung der Anwendungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG - wie auch die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend ausführt - eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (§ 41 VwGG) vor (zu gleichgelagertem Beschwerdevorbringen siehe z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, 93/09/0428, und 93/09/0429). Dasselbe gilt für die erstmals in der Beschwerde aufgeworfenen Zweifel, es sei der beschwerdeführenden Partei nicht erkennbar, "ob der Vermittlungsausschuß nun tatsächlich eingeschaltet wurde und welche Art der Entscheidung der Vermittlungsausschuß getroffen hat". Daß der bei der Behörde erster Instanz errichtete Vermittlungsausschuß (dieser war bis zur Novelle
BGBl. Nr. 314/1994 gemäß § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG i.d.F. BGBl. Nr. 684/1991 zur einhelligen Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung zuständig) die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet hat, hat der Bescheid des Arbeitsamtes Neunkirchen vom 23. Juni 1994 ausdrücklich festgestellt; eines weiteren diesbezüglichen Vorhaltes im Berufungsverfahren bedurfte es damit nicht mehr (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1993, 93/09/0180).
Eine Entscheidungsrelevanz des in der Beschwerde aufgezeigten "Widerspruches", wonach im angefochtenen Bescheid ausgeführt werde, daß im Verfahren vor dem Arbeitsamt Neunkirchen "keine einhellige Befürwortung" ausgesprochen worden sei, nach dem Bescheid des Arbeitsamtes Neunkirchen der Vermittlungsausschuß die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung "nicht befürwortet" habe, ist nicht erkennbar (nach der gesetzlichen Bestimmung des § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG, die von einer EINHELLIGEN BEFÜRWORTUNG spricht, wären Mehrheitsentscheidungen ohne Belang).
Der belangten Behörde kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese im Ergebnis im angefochtenen Bescheid davon ausgeht, daß die beschwerdeführende Partei kein Vorbringen erstattet hat, durch das ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG erfüllt wird. Ein dringender Arbeitskräftebedarf ist hiezu - wie von der belangten Behörde zutreffend ausgeführt - für sich allein nicht ausreichend (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, 93/09/0318, u.v.a.). Ein der belangten Behörde unterlaufener wesentlicher Verfahrensmangel ist ebenfalls nicht gegeben, wird doch auch in der Beschwerde nicht ausgeführt, welche relevanten "Tatsachenbehauptungen" die beschwerdeführende Partei bei Durchführung eines "Ermittlungsverfahrens" in bezug auf das Vorliegen der erschwerten Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgebracht hätte.
Die von der belangten Behörde bestätigte Ablehnung des Antrages der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erweist sich daher gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG als gesetzmäßig. Auf die allenfalls im Bereich der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG relevanten Ausführungen zum Ersatzkräftestellungsverfahren in der Beschwerde war daher nicht mehr weiter einzugehen.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994090311.X00Im RIS seit
11.07.2001