Entscheidungsdatum
28.06.2024Norm
AsylG 2005 §10Spruch
I407 2276165-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. KAMERUN, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Salzburg, Außenstelle Salzburg (BFA-S-ASt Salzburg) vom 21.06.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.06.2024 zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. KAMERUN, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Salzburg, Außenstelle Salzburg (BFA-S-ASt Salzburg) vom 21.06.2023, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.06.2024 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein kamerunischer Staatsangehöriger, stellte am 04.03.2022 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am darauffolgenden Tag fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die englische Sprache die Erstbefragung des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass sein Bruder ein Mitglied einer Gruppierung gewesen sei, welche für die Teilung Kameruns in einen englischsprechenden und französischsprechenden Teil gewesen sei. Bei einem gezielten Angriff seien sein Bruder und Vater getötet worden. Dem Beschwerdeführer sei die Flucht gelungen. Der Staat verfolge ihn und bei einer Rückkehr befürchte er, getötet zu werden.
Am 26.04.2022 fand eine medizinische Altersdiagnostik zur Feststellung des absoluten Mindestalters des Beschwerdeführers statt. Aus dem am 05.05.2022 bei dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) eingelangten medizinischen Sachverständigengutachten geht hervor, dass das spätmöglichste „fiktive“ Geburtsdatum des Beschwerdeführers der XXXX ist. Am 26.04.2022 fand eine medizinische Altersdiagnostik zur Feststellung des absoluten Mindestalters des Beschwerdeführers statt. Aus dem am 05.05.2022 bei dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) eingelangten medizinischen Sachverständigengutachten geht hervor, dass das spätmöglichste „fiktive“ Geburtsdatum des Beschwerdeführers der römisch 40 ist.
Am 29.11.2022 erfolgte vor dem Bundesamt eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers. Zusammengefasst gab er befragt zu seinen Fluchtgründen an, dass er aus dem englischsprachigen Teil Kameruns komme, in welchem es Kämpfe zwischen der Regierung und der Ambazonia-Bewegung gäbe. Sein Bruder hätte sich der Gruppe angeschlossen, weswegen er von der Regierung verfolgt werde. Gleichzeitig werde er von der Ambazonia-Bewegung verfolgt, da diese von ihm verlangen würden, dass er sich ihnen anschließe, was der Beschwerdeführer jedoch ablehne. Im Zuge dieser Konflikte seien sein Vater sowie beide seiner Brüder getötet worden.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 21.06.2023 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Kamerun (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Kamerun zulässig ist (Spruchpunkt V.). Des Weiteren setzte das Bundesamt eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI.).Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 21.06.2023 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Kamerun (Spruchpunkt römisch II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt römisch III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Kamerun zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.). Des Weiteren setzte das Bundesamt eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt römisch VI.).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 18.07.2023 (bei dem Bundesamt am darauffolgenden Tag eingelangt). In der Beschwerde wurde im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass der Beschwerdeführer im Zuge der „anglophonen Krise“ sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe. Einerseits habe die separatistische Gruppierung Ambazonia den Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat im Dezember 2020 versucht zu rekrutieren; er sei wegen seiner Verweigerung verprügelt und fast getötet worden und habe danach bei seiner Schwester versteckt leben müssen. Andererseits sei die ganze Familie von einem Nachbarn als Unterstützer der Ambazonia Bewegung angezeigt worden, woraufhin der Vater des Beschwerdeführers im Oktober 2021 vom Militär getötet worden sei. Im Zuge dessen kam es durch seinen Bruder Rudolph und der Ambazonia-Miliz zu einem Angriff auf den Militärstützpunkt, um den Vater zu rächen. Der Beschwerdeführer werde sowohl von der Ambazonia Bewegung wegen der verweigerten Rekrutierung als auch vom kamerunischen Militär wegen der unterstellten Nähe zu der separatistischen Bewegung verfolgt.
Mit Schreiben vom 28.07.2023, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 04.08.2023, legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
Am 20.06.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die englische Sprache und der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Lebensumständen in Kamerun und seinen Fluchtgründen befragt wurde. Des Weiteren wurde in der Beschwerdeverhandlung ein Zeuge einvernommen und legte der Beschwerdeführer noch weitere Unterlagen vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Der ledige, volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Kameruns. Er bekennt sich zum christlichen Glauben, gehört der Volksgruppe der Esu an, spricht Englisch und etwas Französisch. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer wurde in XXXX im Bezirk XXXX geboren und lebte dort vor seiner Ausreise. XXXX ist im Südwesten Kameruns gelegen. Er besuchte zumindest circa sieben Jahre lang die Schule. Im Jahr 2021 besuchte er zwischen Januar und September eine technische Schule in Ombe in welcher er Theorie- und Praxisunterricht hatte und ein Praktikum als Elektriker gemacht hat. Er half seiner Mutter beim Verkauf von Früchten auf einem Markt. Der Beschwerdeführer wurde in römisch 40 im Bezirk römisch 40 geboren und lebte dort vor seiner Ausreise. römisch 40 ist im Südwesten Kameruns gelegen. Er besuchte zumindest circa sieben Jahre lang die Schule. Im Jahr 2021 besuchte er zwischen Januar und September eine technische Schule in Ombe in welcher er Theorie- und Praxisunterricht hatte und ein Praktikum als Elektriker gemacht hat. Er half seiner Mutter beim Verkauf von Früchten auf einem Markt.
In Kamerun leben zumindest noch seine zwei Schwestern und seine Mutter. Er steht derzeit nicht in Kontakt mit diesen. Nicht festgestellt werden kann, ob seine Brüder oder sein Vater noch leben oder bereits verstorben sind.
Im Jänner 2022 hat der Beschwerdeführer Kamerun mit dem Flugzeug verlassen und reiste in die Ukraine. Dort hielt er sich in XXXX auf. Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine reiste er weiter nach Österreich, wo er am 04.03.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Seit (mindestens) 04.03.2022 hält er sich durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf und ist hier seither mit Hauptwohnsitz gemeldet.Im Jänner 2022 hat der Beschwerdeführer Kamerun mit dem Flugzeug verlassen und reiste in die Ukraine. Dort hielt er sich in römisch 40 auf. Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine reiste er weiter nach Österreich, wo er am 04.03.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Seit (mindestens) 04.03.2022 hält er sich durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf und ist hier seither mit Hauptwohnsitz gemeldet.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Angehörigen. Er hat keine Kinder. Er spricht auf einfachem Niveau alltagstaugliches Deutsch und hat noch keine Deutschprüfung absolviert. Der Beschwerdeführer hatte im März 15.03.2024 insgesamt 10 Stunden Einzelnachhilfe in Deutsch erhalten. Er besucht die Schülerhilfe in XXXX , um sein Deutsch zu verbessern. Er ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Er verfügt hier über soziale Kontakte und Freunde, ist Mitglied im Gastronomieverband und hat an einem sechzehnstündigen Erste-Hilfe Grundkurs teilgenommen. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Angehörigen. Er hat keine Kinder. Er spricht auf einfachem Niveau alltagstaugliches Deutsch und hat noch keine Deutschprüfung absolviert. Der Beschwerdeführer hatte im März 15.03.2024 insgesamt 10 Stunden Einzelnachhilfe in Deutsch erhalten. Er besucht die Schülerhilfe in römisch 40 , um sein Deutsch zu verbessern. Er ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Er verfügt hier über soziale Kontakte und Freunde, ist Mitglied im Gastronomieverband und hat an einem sechzehnstündigen Erste-Hilfe Grundkurs teilgenommen.
Der Beschwerdeführer besucht aktuell die Berufsschule und ist seit 01.05.2023 Kochlehrling bzw. Arbeiterlehrling in einem Gastronomiebetrieb. Der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer weist keine maßgebliche berufliche, soziale und private Integration in Österreich auf.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates
Der Beschwerdeführer war in Kamerun keiner asylrelevanten Verfolgungs- oder Bedrohungsgefahr durch die separatistische Bewegung „Ambazonia“ oder die kamerunische Regierung ausgesetzt. Er konnte nicht glaubhaft machen, dass ihm in Kamerun Verfolgung droht. Die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohung einerseits durch die Separatisten bzw. andererseits durch die Regierung konnte mangels Glaubhaftmachung nicht festgestellt werden. Ein konkreter Anlass für ein (fluchtartiges) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt war oder im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine solche zu erwarten hätte.
Es konnte zudem, unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände, nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.Es konnte zudem, unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände, nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Rückkehrfall keine lebens- bzw. existenzbedrohende Notlage droht. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kamerun ist möglich und zumutbar und führt nicht dazu, dass er dort in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde. Es ist ihm zumutbar sein, wieder in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren und eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
1.3 Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Zur aktuellen Lage in Kamerun werden auf Basis des aktuellen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Kamerun vom 07.10.2022 folgende Feststellungen getroffen:
Politische Lage
Kamerun ist eine Republik und Präsidialdemokratie, die seit 1982 von Staatspräsident Paul Biya regiert wird (AA 12.2.2020; vgl. AA 2.9.2022, USDOS 12.4.2022, FH 24.2.2022). Die regierende politische Partei, Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais (RDPC) (FD 26.7.2022; vgl. USDOS 12.4.2022) ist seit ihrer Gründung im Jahr 1985 an der Macht (USDOS 12.4.2022). Staatlicher Klientelismus und die Kontrolle von Präsident Biya über Ernennungen auf hoher Ebene tragen zum Machterhalt der RDPC bei. Die Unsicherheit in den anglophonen Regionen, die durch die Gewalt zwischen bewaffneten Kämpfern und dem Militär verursacht wurde, machte die Stimmabgabe bei den Präsidentschaftswahlen 2018 nahezu unmöglich. Die anhaltende Krise wirkte sich auch auf die Parlaments-, Kommunal- und Regionalwahlen 2020 aus, da die Anhänger der Separatisten in den anglophonen Regionen Northwest und Southwest zum Boykott aufriefen, was zu einer geringen Wahlbeteiligung führte (FH 24.2.2022). In den von bewaffneten Konflikten betroffenen Regionen kam es zu Gewalttaten separatistischer Kräfte, die zum Wahlboykott aufgerufen hatten (AA 2.9.2022).Kamerun ist eine Republik und Präsidialdemokratie, die seit 1982 von Staatspräsident Paul Biya regiert wird (AA 12.2.2020; vergleiche AA 2.9.2022, USDOS 12.4.2022, FH 24.2.2022). Die regierende politische Partei, Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais (RDPC) (FD 26.7.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022) ist seit ihrer Gründung im Jahr 1985 an der Macht (USDOS 12.4.2022). Staatlicher Klientelismus und die Kontrolle von Präsident Biya über Ernennungen auf hoher Ebene tragen zum Machterhalt der RDPC bei. Die Unsicherheit in den anglophonen Regionen, die durch die Gewalt zwischen bewaffneten Kämpfern und dem Militär verursacht wurde, machte die Stimmabgabe bei den Präsidentschaftswahlen 2018 nahezu unmöglich. Die anhaltende Krise wirkte sich auch auf die Parlaments-, Kommunal- und Regionalwahlen 2020 aus, da die Anhänger der Separatisten in den anglophonen Regionen Northwest und Southwest zum Boykott aufriefen, was zu einer geringen Wahlbeteiligung führte (FH 24.2.2022). In den von bewaffneten Konflikten betroffenen Regionen kam es zu Gewalttaten separatistischer Kräfte, die zum Wahlboykott aufgerufen hatten (AA 2.9.2022).
Bei den Präsidentschaftswahlen am 7.10.2018 wurde Präsident Biya in seinem Amt bestätigt und erhielt 71,28 % der abgegebenen Stimmen. Maurice Kamto kam mit 14,23 % der Stimmen auf den zweiten Platz (FD 26.7.20222). Am 9.2.2020 fanden in Kamerun Parlaments- und Kommunalwahlen statt, die von Unregelmäßigkeiten geprägt waren. Die Regierungspartei gewann 152 der 180 Sitze in der Nationalversammlung (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 2.9.2022). Die Oppositionsparteien verloren im Vergleich zu früheren Wahlen erheblich an Sitzen. Insgesamt gewannen acht Oppositionsparteien Sitze in der Nationalversammlung und neun die Kontrolle über lokale Räte (USDOS 12.4.2022). Die RDPC erhielt bei den Wahlen im Feber 2020 auch 87 % der Sitze in den Gemeinderäten (FD 26.7.2022). Am 26.3.2020 wurden turnusgemäß Senatswahlen durchgeführt, die die Regierungspartei RDPC mit klarer Mehrheit gewann (AA 2.9.2022). Auch bei den Regionalwahlen, die am 6.12.2020 zum ersten Mal in Kamerun stattfanden, siegte die RDPC im größten Teil des Landes (9 von 10 Regionen) (FD 26.7.2022).Bei den Präsidentschaftswahlen am 7.10.2018 wurde Präsident Biya in seinem Amt bestätigt und erhielt 71,28 % der abgegebenen Stimmen. Maurice Kamto kam mit 14,23 % der Stimmen auf den zweiten Platz (FD 26.7.20222). Am 9.2.2020 fanden in Kamerun Parlaments- und Kommunalwahlen statt, die von Unregelmäßigkeiten geprägt waren. Die Regierungspartei gewann 152 der 180 Sitze in der Nationalversammlung (USDOS 12.4.2022; vergleiche AA 2.9.2022). Die Oppositionsparteien verloren im Vergleich zu früheren Wahlen erheblich an Sitzen. Insgesamt gewannen acht Oppositionsparteien Sitze in der Nationalversammlung und neun die Kontrolle über lokale Räte (USDOS 12.4.2022). Die RDPC erhielt bei den Wahlen im Feber 2020 auch 87 % der Sitze in den Gemeinderäten (FD 26.7.2022). Am 26.3.2020 wurden turnusgemäß Senatswahlen durchgeführt, die die Regierungspartei RDPC mit klarer Mehrheit gewann (AA 2.9.2022). Auch bei den Regionalwahlen, die am 6.12.2020 zum ersten Mal in Kamerun stattfanden, siegte die RDPC im größten Teil des Landes (9 von 10 Regionen) (FD 26.7.2022).
Hinsichtlich der Wahlen gab es Unregelmäßigkeiten wie mangelnden gleichberechtigten Zugang zu Medien und Wahlkampfraum, Beschränkungen der Möglichkeiten von Oppositionskandidaten, sich für die Wahlen anzumelden, Stimmzettelfüllung, mangelndes Wahlgeheimnis, Einschüchterung von Wählern, uneinheitliche Verwendung von Ausweisen und mangelndes Fachwissen unter den Einheimischen (USDOS 12.4.2022). Die Gerichte erklärten die Parlamentswahlen in 11 Wahlkreisen der Regionen Northwest und Southwest für ungültig, da die Wahlbeteiligung unter 10 % lag (USDOS 12.4.2022). Viele Binnenvertriebene waren an der Teilnahme an der Wahl gehindert, da sie an ihrem aktuellen Aufenthaltsort keine Wahlberechtigung hatten und kaum Bemühungen der Regierung erkennbar waren, die Wählerlisten zu korrigieren (AA 2.9.2022).
Durch die Regionalwahlen ist ein wichtiger Schritt zur Dezentralisierung getan worden. Zunehmend engagieren sich Lokalpolitiker in den Regionen für die Belange ihrer Kommunen. Noch fehlt es jedoch an einem ausreichenden regionalen Budget (AA 2.9.2022). Die politische Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen kritisierten außerdem, dass die Wahlen nicht zu einer echten Dezentralisierung der Macht geführt hätten (USDOS 12.4.2022). Ein Teil der Opposition, darunter Maurice Kamtos und seine Partei, Mouvement pour la renaissance du Cameroun (MRC), boykottierten die Parlaments-, Kommunal- und Regionalwahlen (FD 26.7.2022). Am 22.9.2020 veranstaltete die oppositionelle Kameruner MRC Proteste in ganz Kamerun. Es gab Berichte über Verhaftungen und Gewalt in Teilen von Yaoundé, Douala und Bafoussam (UKFCO 12.9.2022). Nachdem Maurice Kamto zu einer verbotenen Demonstration am 22.9.2020 aufgerufen hatte, wurde er bis zum Tag nach den Regionalwahlen unter Hausarrest gestellt. Zahlreiche Aktivisten des MRC wurden festgenommen und mehrere Dutzend waren im Feber 2022 noch immer in Haft. Maurice Kamto war bereits im Jänner 2019 wegen "Rebellion, Aufstand und Feindschaft gegen das Vaterland" angeklagt worden und mehrere Monate in Haft gewesen, nachdem er zu verbotenen Demonstrationen aufgerufen hatte (FD 26.7.2022).
Kamerun befindet sich in einer entscheidenden Phase seiner politischen Entwicklung, am Ende der Ära Paul Biya (89 Jahre), noch ohne einen Hinweis, wie ein Machtwechsel aussehen könnte. Die Frage der Nachfolge wird offiziell nicht diskutiert. Dabei wird der politische Stillstand umso deutlicher. Drängende Probleme, wie die Lösung des Konflikts in den Regionen Northwest und Southwest, Reformen zur Verbesserung der Wirtschaftslage und politische Positionierung bezüglich der weltweiten Lage werden nicht angegangen (AA 2.9.2022).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.9.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Kamerun (Stand: September 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2079429/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Kamerun_%28Stand_September_2022%29%2C_02.09.2022.pdf, Zugriff 16.9.2022
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.2.2020): Kamerun: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kamerun-node/innenpolitik/208914, Zugriff 9.9.2022
- FD - France Diplomatie [Frankreich] (26.7.2022): Cameroun: Présentation du Cameroun, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/dossiers-pays/cameroun/presentation-du-cameroun/, Zugriff 12.9.2022
- UKFCO - Foreign, Commonwealth & Development Office [Vereinigtes Königreich] (12.9.2022): Cameroon, Foreign travel advice, Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/cameroon/safety-and-security, Zugriff 12.9.2022
- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071166.html, Zugriff 9.9.2022
Sicherheitslage
Die Situation in der Region Far North (Extrême Nord) bleibt angespannt und ist weiterhin geprägt durch häufige gewaltsame Übergriffe terroristischer Gruppen (Boko Haram, sogenannter Islamic State’s West Africa Province - ISWAP) auf die Zivilbevölkerung. Insbesondere rund um den Tschadsee sind regelmäßig Tote zu beklagen. Die kamerunischen Sicherheitskräfte sind in der Region aktiv, können jedoch das Territorium nur sporadisch abdecken, häufig ist die Zivilbevölkerung auf sich allein gestellt. Neben Anschlägen auf die Bevölkerung besteht das Ziel der Terroristen darin, Vieh und Lebensmittel zu erbeuten. Trotz massiver Verstärkung der Sicherheitskräfte in der Region kann flächendeckende Sicherheit nicht garantiert werden (AA 2.9.2022). In der Region Far North in Kamerun führten die Aktivitäten von Boko-Haram-nahen Gruppen und Splittergruppen zusammen mit der chronischen Gefährdung, den Konflikten zwischen den Gemeinschaften und den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels weiterhin zu Bevölkerungsvertreibungen. Zwischen dem 1.12.2021 und dem 15.1.2022 gab es 80 von den Vereinten Nationen bestätigte und gemeldete Sicherheitsvorfälle im Zusammenhang mit Boko Haram in Kamerun, bei denen 30 Zivilisten getötet wurden. Die meisten Angriffe ereigneten sich in den Departements Mayo-Sava und Mayo-Tsanaga in der Region Far North, wobei die Angriffe ihren Höhepunkt im ersten Quartal 2022 erreichten (UNSC 26.5.2022).
Zudem besteht in Far North ein sehr hohes Entführungsrisiko. An der Grenze zu Nigeria und in Maroua, der Hauptstadt der Region Far North, ist es zu Selbstmordanschlägen mit zahlreichen Todesopfern gekommen. In den Regionen North und Adamawa sowie in den Grenzgebieten zu Nigeria und Tschad kommt es vermehrt zu gewalttätigen Raubüberfällen und Entführungen. Das Grenzgebiet mit der Zentralafrikanischen Republik gilt wegen grenzüberschreitender Übergriffe bewaffneter Gruppen der dortigen Rebellen als unsicher. Es besteht außerdem die Gefahr, Opfer von Entführungen oder Raubüberfällen zu werden (AA 12.9.2022). Sowohl das österreichische als auch das deutsche Außenministerium warnen vor Reisen in das Grenzgebiet (mindestens 40 Kilometer) zur Zentralafrikanischen Republik, zum Tschad und zu Nigeria. Das Risiko von Überfällen durch gewalttätige Straßenräuber sowie Entführungen ist besonders hoch. Auch vor Reisen in die englischsprachigen Provinzen Northwest und Southwest und zur Halbinsel Bakassi samt Umgebung wird aufgrund der angespannten Sicherheitslage gewarnt (BMEIA 12.9.2022; vgl. AA 12.9.2022).Zudem besteht in Far North ein sehr hohes Entführungsrisiko. An der Grenze zu Nigeria und in Maroua, der Hauptstadt der Region Far North, ist es zu Selbstmordanschlägen mit zahlreichen Todesopfern gekommen. In den Regionen North und Adamawa sowie in den Grenzgebieten zu Nigeria und Tschad kommt es vermehrt zu gewalttätigen Raubüberfällen und Entführungen. Das Grenzgebiet mit der Zentralafrikanischen Republik gilt wegen grenzüberschreitender Übergriffe bewaffneter Gruppen der dortigen Rebellen als unsicher. Es besteht außerdem die Gefahr, Opfer von Entführungen oder Raubüberfällen zu werden (AA 12.9.2022). Sowohl das österreichische als auch das deutsche Außenministerium warnen vor Reisen in das Grenzgebiet (mindestens 40 Kilometer) zur Zentralafrikanischen Republik, zum Tschad und zu Nigeria. Das Risiko von Überfällen durch gewalttätige Straßenräuber sowie Entführungen ist besonders hoch. Auch vor Reisen in die englischsprachigen Provinzen Northwest und Southwest und zur Halbinsel Bakassi samt Umgebung wird aufgrund der angespannten Sicherheitslage gewarnt (BMEIA 12.9.2022; vergleiche AA 12.9.2022).
Auf der Halbinsel Bakassi und Umgebung nahe der Grenze zu Nigeria gibt es fortdauernde Sicherheitsprobleme. Im gesamten Golf von Guinea kommt es zu Überfällen auf Küstenorte, Fischkutter, Öltanker oder Ölplattformen mit Geiselnahmen. Die Gefahr für Entführungen besteht auch in allen entlegenen Gebieten Kameruns (AA 12.9.2022).
In den beiden anglophonen Regionen Northwest und Southwest dauern gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen Gruppierungen an. Dabei gibt es Todesopfer und Verletzte (AA 12.9.2022). Am 8.1.2022 fingen bewaffnete Gruppen an einem Kontrollpunkt in der Nähe von Bamenda in Northwest einen Lastwagen ab, der im Auftrag einer UN-Organisation humanitäre Hilfe liefern sollte. Die sogenannten „Verteidigungskräfte von Ambazonia“ veröffentlichten später ein Video, auf dem der Lastwagen zu sehen ist, und behaupteten, sie hätten die Nahrungsmittelhilfe an die lokale Bevölkerung verteilt (UNSC 26.5.2022). Die Straße zwischen Bamenda und Bafoussam darf laut Anordnung der kamerunischen Sicherheitskräfte nur noch im Konvoi mit bewaffneter Eskorte zu festgelegten Zeiten befahren werden (AA 12.9.2022).
Ferner kam es auch zu Anschlägen mit improvisierten Sprengsätzen. Am 8.12.2021 wurden entlang der Straße zwischen Bamenda und Mbengwi in Northwest Häuser und Geschäfte niedergebrannt, angeblich von staatlichen Sicherheitskräften, nachdem ein Angriff mit einem improvisierten Sprengsatz gegen diese verübt worden war. Die Regierung veröffentlichte eine Erklärung, in der sie die Vorwürfe zurückwies. Am 2.3.2022 verübten die sogenannten Verteidigungskräfte von Ambazonia einen Anschlag mit einem improvisierten Sprengsatz auf einen Konvoi des Gouverneurs der Region Southwest, wobei sieben Menschen getötet wurden. Am 12.1.2022 wurde ein improvisierter Sprengsatz an einem Sicherheitskontrollpunkt in Buea gezündet, wobei drei Angehörige der Sicherheitskräfte verletzt wurden. Die Zahl der Explosionen, die sich gegen Zivilisten richteten, stieg Ende 2021 an, bevor sie im ersten Quartal 2022 wieder zurückging. Mindestens die Hälfte aller Anschläge mit Sprengkörpern in der Region Southwest seit November 2021 richtete sich gegen Zivilisten (UNSC 26.5.2022). Am 2.7.2022 wurde auf dem Mokolo-Markt in Yaoundé ein Sprengsatz gezündet. Bei der Explosion wurden vier Personen verletzt. Am 12.7.2022 detonierte ein weiterer Sprengsatz auf dem Mokolo-Markt in Yaoundé, wobei eine Person verletzt wurde (UKFCO 12.9.2022).
Laut Medienberichten kam es am 6.9.2022 zu einem bewaffneten Angriff auf einen öffentlichen Bus nahe der Stadt Ekona (Region Southwest). Dabei wurden mindestens sechs Personen getötet und acht weitere verletzt. Der Bus war auf dem Weg von Douala in die Stadt Kumba. Bisher hat sich niemand zu dem Angriff bekannt (BAMF 12.9.2022). Am 16.9.2022 sollen unbekannte bewaffnete Angreifer die katholische Kirche St. Mary im Dorf Nchang (Region Southwest) in Brand gesteckt und fünf Priester, eine Nonne und zwei Gläubige entführt haben. Bisher hat sich niemand zu dem Angriff bekannt (BAMF 19.9.2022).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.9.2022): Kamerun: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kamerun-node/kamerunsicherheit/208874, Zugriff 12.9.2022
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.9.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Kamerun (Stand: September 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2079429/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Kamerun_%28Stand_September_2022%29%2C_02.09.2022.pdf, Zugriff 16.9.2022
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (19.9.2022): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2022/briefingnotes-kw38-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 30.9.2022
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (12.9.2022): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2022/briefingnotes-kw37-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=5, Zugriff 30.9.2022
- BMEIA - Bundesministerium fü