Entscheidungsdatum
06.08.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W602 2281296-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte GSTREIN über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Somalia, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.06.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte GSTREIN über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Somalia, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch 40 , Zahl römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.06.2024, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird als unbegründet abgewiesen.römisch eins. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. wird stattgegeben und XXXX , geboren am XXXX , gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. wird stattgegeben und römisch 40 , geboren am römisch 40 , gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX , geboren am XXXX , eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt.römisch III. Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird römisch 40 , geboren am römisch 40 , eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt.
IV. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.römisch IV. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte römisch III. bis römisch VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am 19.06.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Noch am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine Erstbefragung des Beschwerdeführers zu seinem Antrag auf internationalen Schutz statt.
Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im folgenden Bundesamt) wurde der Beschwerdeführer am 27.06.2023 niederschriftlich einvernommen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 und des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat „“ gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund – eine Bedrohung und Verfolgung durch die Familie seiner Frau in Bezug auf die Mischehe sowie durch Al Shabaab wegen der behaupteten Verletzung der Scharia – nicht glaubhaft sei und auch sonst keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung festgestellt werden konnte. Für den Beschwerdeführer bestehe in Mogadischu eine innerstaatliche Fluchtalternative. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom römisch 40 wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 und des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat „“ gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte römisch eins. und römisch II.). Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wurde nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.). Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt römisch VI.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund – eine Bedrohung und Verfolgung durch die Familie seiner Frau in Bezug auf die Mischehe sowie durch Al Shabaab wegen der behaupteten Verletzung der Scharia – nicht glaubhaft sei und auch sonst keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung festgestellt werden konnte. Für den Beschwerdeführer bestehe in Mogadischu eine innerstaatliche Fluchtalternative.
Mit dem am 24.10.2023 beim Bundesamt eingebrachten Schriftsatz vom selben Tag erhob der Beschwerdeführer durch seine damalige bevollmächtigte Rechtsvertretung Beschwerde. Die Beschwerde langte gemeinsam mit dem Bezug habenden Verwaltungsakt am 15.11.2023 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Am 17.05.2024 stellte der Beschwerdeführer durch seine nunmehrige bevollmächtigte Rechtsvertretung einen Fristsetzungsantrag und wurde dem Bundesverwaltungsgericht vom Verwaltungsgerichtshof mit verfahrensleitender Anordnung vom 23.05.2024 aufgetragen, die Entscheidung binnen drei Monaten zu erlassen.
Beim Bundesverwaltungsgericht fand am 21.06.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer, seine Rechtsvertretung sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Somali teilnahmen. Das Bundesamt blieb der Verhandlung entschuldigt fern.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , und das Geburtsdatum XXXX . Er ist Staatsangehöriger von Somalia. Seine Identität wird für die Zwecke dieses Verfahrens festgestellt. Der Beschwerdeführer bekennt sich zur Religionsgemeinschaft des sunnitischen Islam. Seine Erstsprache ist Somali, er beherrscht diese in Wort und Schrift. Der Beschwerdeführer versteht weitgehend die deutsche Sprache, er kann Fragen auch ausführlich beantworten und alltägliche Gespräche führen, beim Schreiben hat er noch Schwierigkeiten.Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch 40 , und das Geburtsdatum römisch 40 . Er ist Staatsangehöriger von Somalia. Seine Identität wird für die Zwecke dieses Verfahrens festgestellt. Der Beschwerdeführer bekennt sich zur Religionsgemeinschaft des sunnitischen Islam. Seine Erstsprache ist Somali, er beherrscht diese in Wort und Schrift. Der Beschwerdeführer versteht weitgehend die deutsche Sprache, er kann Fragen auch ausführlich beantworten und alltägliche Gespräche führen, beim Schreiben hat er noch Schwierigkeiten.
Der Beschwerdeführer ist in XXXX (alternative Schreibweisen: XXXX ), Region Middle Shabelle (Somalia), geboren und aufgewachsen. Der Wohnort liegt etwa 20 Kilometer nordöstlich von XXXX (alternative Schreibweise: XXXX ), es handelt sich um kein geschlossenes Siedlungsgebiet mit keiner mittelbaren Nachbarschaft. Er ist seit 2021 traditionell verheiratet, er hat keine Kinder. In Somalia besuchte er keine Schule, sein Vater brachte ihm Lesen und Schreiben bei. Gemeinsam mit seinem Vater stellte er als Schmied Werkzeuge für die Landwirtschaft her, er schlachtete auch Tiere für andere Leute.Der Beschwerdeführer ist in römisch 40 (alternative Schreibweisen: römisch 40 ), Region Middle Shabelle (Somalia), geboren und aufgewachsen. Der Wohnort liegt etwa 20 Kilometer nordöstlich von römisch 40 (alternative Schreibweise: römisch 40 ), es handelt sich um kein geschlossenes Siedlungsgebiet mit keiner mittelbaren Nachbarschaft. Er ist seit 2021 traditionell verheiratet, er hat keine Kinder. In Somalia besuchte er keine Schule, sein Vater brachte ihm Lesen und Schreiben bei. Gemeinsam mit seinem Vater stellte er als Schmied Werkzeuge für die Landwirtschaft her, er schlachtete auch Tiere für andere Leute.
Der Beschwerdeführer gehört dem Minderheitenclan der Tumaal, Sub Clan XXXX , Sub-Sub Clan XXXX an. Der Beschwerdeführer gehört dem Minderheitenclan der Tumaal, Sub Clan römisch 40 , Sub-Sub Clan römisch 40 an.
Der Beschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat im Dezember 2021 schlepperunterstützt mit dem Flugzeug in die Türkei, wo er sich etwa vier Monate lang aufhielt. Danach hielt er sich etwa einen Monat in Griechenland auf, bevor er über Albanien, den Kosovo, Serbien und Ungarn schließlich unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet einreiste.
Der Beschwerdeführer lebte mit seinen Eltern und seinen Geschwistern bis kurz vor der Ausreise in einer Art Buschhaus im Herkunftsort, zuletzt hielt er sich für etwa zwei Wochen in Mogadischu auf. Ein Bruder des Beschwerdeführers wird seit etwa zehn Jahren vermisst. Der Beschwerdeführer hatte bis April 2023 noch telefonisch Kontakt zu seiner Familie, seit damals weiß er nicht mehr, wo sich seine Familie aktuell aufhält. Der genaue Aufenthaltsort seiner Familie ist daher nicht feststellbar. Seine Ehefrau wohnt in Nairobi, zu ihr hat der Beschwerdeführer Kontakt. In Somalia hat der Beschwerdeführer keine weiteren Verwandten.
In Österreich leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer stellte am 19.06.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankungen, gelegentlich nimmer er Schmerzmittel gegen Kopfschmerzen und werden diese noch medizinisch abgeklärt werden. Seit Mitte August 2023 ist der Beschwerdeführer unselbstständig bei einem Fahrradhersteller erwerbstätig, mit Jänner 2024 wurde ihm von seinem Arbeitgeber ein selbstständiger Arbeitsbereich übertragen, sein Gehalt wurde auf jenes der übrigen Mitarbeiter, das über dem kollektivvertraglichen Mindestgehalt liegt, angehoben.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer hat als Angehöriger des Minderheitenclans der Tumaal eine Frau traditionell geheiratet, die dem noblen Clan der Hawiye, Sub Clan Abgaal, angehört. Weder er noch seine Familie werden jedoch aufgrund dieser Mischehe von der Familie der Frau oder Angehörigen des Clans der Abgaal bedroht oder verfolgt.
Der Beschwerdeführer wurde bzw. wird in seinem Herkunftsstaat auch nicht von Al Shabaab bedroht oder verfolgt, weil er seine Frau vor der Ehe geschwängert hätte und er dadurch das Recht der Scharia missachtet hätte. Dem Beschwerdeführer droht daher bei einer Rückkehr nach Somalia aus diesen Gründen nicht konkret und individuell die Gefahr physischer und/oder psychischer Gewalt durch Al Shabaab.
Der Beschwerdeführer war in Somalia keiner schwerwiegenden Diskriminierung oder sonstigen individuellen Bedrohung bzw. Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur berufsständischen Gruppe der Tumaal ausgesetzt.
Es sind auch amtswegig keine Hinweise für das Vorliegen anderer Verfolgungsgründe aufgrund von Religion, Nationalität, politischer Einstellung, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder ethnischer Zugehörigkeit im Ermittlungsverfahren hervorgekommen.
1.3. Zur Situation im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Der Beschwerdeführer verfügt im Fall seiner Rückkehr nach Somalia über kein familiäres Netz, auf das er sich verlassen kann. Die Familie lebt nicht mehr in der Herkunftsregion, seit April 2023 hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr zu ihr, ihr aktueller Aufenthaltsort ist ihm nicht bekannt. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein weiteres tragfähiges familiäres oder verwandtschaftliches Netzwerk in einem anderen Landesteil Somalias. Seine Frau ist in Nairobi aufhältig. Im Fall seiner Rückkehr in seine Herkunftsregion ist der Beschwerdeführer auf sich allein gestellt.
Der Beschwerdeführer gehört der berufsständischen Minderheit der Tumaal an, die überwiegend als Schmiede oder Schuhmacher arbeiten. In der Herkunftsregion des Beschwerdeführers sind die Tumaal nicht nennenswert vertreten. Die Tumaal leben zwar in vielen Landesteilen, haben jedoch kein angestammtes Clangebiet und verfügen in keinem Gebiet über eine herausragende Machtposition. Sie werden von noblen Clans als minderwertig angesehen.
Der Beschwerdeführer hat in Somalia weder Schulbildung erhalten noch einen Beruf erlernt. Alles was er kann, hat er von seinem Vater gelernt, mi