Entscheidungsdatum
06.08.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W187 2288088-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hubert REISNER über die Beschwerde von XXXX geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.1.2024, 1323657908-222826255, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.6.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hubert REISNER über die Beschwerde von römisch 40 geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.1.2024, 1323657908-222826255, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.6.2024 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 8.9.2022 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 9.9.2022 gab der Beschwerdeführer an, er sei am XXXX in XXXX geboren, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Moslem. Als Beweggrund für seine Ausreise gab der Beschwerdeführer an, er habe seinen Herkunftsstaat wegen dem Krieg verlassen.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 9.9.2022 gab der Beschwerdeführer an, er sei am römisch 40 in römisch 40 geboren, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Moslem. Als Beweggrund für seine Ausreise gab der Beschwerdeführer an, er habe seinen Herkunftsstaat wegen dem Krieg verlassen.
3. Am 28.9.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Hier gab er zu seinen Fluchtgründen an, es drohe ihm eine Zwangsrekrutierung sowohl von syrischer als auch kurdischer Seite.
4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 wurde ihm jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.).4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde ihm jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe keine asylrelevante Verfolgung seiner Person im Herkunftsstaat glaubhaft machen können. Aufgrund der prekären Sicherheits- und Versorgungslage sei dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.
5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
6. Am 12.6.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch. Sie hatte folgenden Verlauf:
„[…]
Richter: Geben Sie Ihr Geburtsdatum an. Wo sind Sie auf die Welt gekommen?
Beschwerdeführer: Ich bin am XXXX in der Stadt XXXX im Gouvernement XXXX auf die Welt gekommen.Beschwerdeführer: Ich bin am römisch 40 in der Stadt römisch 40 im Gouvernement römisch 40 auf die Welt gekommen.
Richter: Welche Sprachen sprechen Sie? Können Sie diese lesen und schreiben?
Beschwerdeführer: Ich spreche Arabisch als Muttersprache in Wort und Schrift, mit geringer Schulbildung und kann ein bisschen Deutsch sprechen.
Richter: Geben Sie Ihre Volksgruppe, Religion und Ihren Familienstand an.
Beschwerdeführer: Ich bin sunnitischer Moslem, Araber und ledig.
Richter: Haben Sie Kinder?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Können Sie bitte soweit wie möglich chronologisch angeben, wann und wo Sie sich in Syrien aufgehalten haben.
Beschwerdeführer: Von meiner Geburt an bis 2016 habe ich in XXXX gelebt. Von 2016 bis 2017, knapp ein Jahr, habe ich in der Stadt XXXX gelebt. Von 2017 bis zur Ausreise war ich wieder in der Stadt XXXX .Beschwerdeführer: Von meiner Geburt an bis 2016 habe ich in römisch 40 gelebt. Von 2016 bis 2017, knapp ein Jahr, habe ich in der Stadt römisch 40 gelebt. Von 2017 bis zur Ausreise war ich wieder in der Stadt römisch 40 .
Richter: Wie haben Sie in Syrien gewohnt?
Beschwerdeführer: In XXXX im Familienhaus. In XXXX im Haus eines Verwandten als Gast. Dann kehrte ich zum Familienhaus retour, es war allerdings zum Teil zerstört.Beschwerdeführer: In römisch 40 im Familienhaus. In römisch 40 im Haus eines Verwandten als Gast. Dann kehrte ich zum Familienhaus retour, es war allerdings zum Teil zerstört.
Richter: Was haben Sie in Syrien gemacht, gearbeitet, gelernt oder etwas Anderes?
Beschwerdeführer: Ich habe die Grundschule fünf Jahre lang besucht. Danach habe ich als Automechaniker den Beruf angelernt und eröffnete später meine eigene Werkstatt und habe danach immer als Automechaniker gearbeitet.
Richter: Welche Schulbildung haben Sie erhalten?
Beschwerdeführer: Ich habe kein Abschlusszertifikat erhalten, ich habe nur ein Schulzeugnis bekommen.
Richter: Wo und wie leben Ihre Verwandten?
Beschwerdeführer: Ich habe zwei Halbschwestern, die in XXXX leben, zwei Brüder im XXXX , zwei weitere Brüder und zwei weitere Schwestern sowie meine Eltern leben in Syrien in XXXX .Beschwerdeführer: Ich habe zwei Halbschwestern, die in römisch 40 leben, zwei Brüder im römisch 40 , zwei weitere Brüder und zwei weitere Schwestern sowie meine Eltern leben in Syrien in römisch 40 .
Richter: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie (Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Onkel)?
Beschwerdeführer: Nur mit meiner Mutter, aufgrund der schlechten Internetverbindung habe ich nicht so häufig Kontakt.
Richter: Haben Sie in Syrien weitere Verwandte oder sonstige wichtige Kontaktpersonen wie zB Freunde und wie heißen sie? Wo leben sie? Haben Sie zu ihnen Kontakt?
Beschwerdeführer: Ich habe mütterlicherseits eine große Familie und Verwandtschaft, die zwischen XXXX und XXXX verstreut sind. Schul- und Arbeitsfreunde habe ich auch, aber von denen weiß ich nichts. Da mein Vater ein Einzelkind ist, habe ich väterlicherseits keine Onkel und Tanten.Beschwerdeführer: Ich habe mütterlicherseits eine große Familie und Verwandtschaft, die zwischen römisch 40 und römisch 40 verstreut sind. Schul- und Arbeitsfreunde habe ich auch, aber von denen weiß ich nichts. Da mein Vater ein Einzelkind ist, habe ich väterlicherseits keine Onkel und Tanten.
Richter: Wollen Ihre Eltern und Geschwister auch nach Österreich kommen?
Beschwerdeführer: Um ehrlich zu sein, meine Mutter wünscht sich das am Meisten, weil sie nach dem Tod ihrer Tochter in großer Angst lebt, aber, wenn man den Rest der Familie fragen würde, würde jeder gerne das Land verlassen.
Richter: Wer beherrschte Ihre Heimatregion zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise?
Beschwerdeführer: Zum Zeitpunkt meiner Ausreise waren es die Kurden.
Richter: Wer beherrscht Ihre Heimatregion jetzt?
Beschwerdeführer: Weiterhin die Kurden.
Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien politisch betätigt?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Waren Sie oder ein Familienmitglied in Syrien Mitglied einer politischen Partei?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien religiös betätigt?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien an Demonstrationen beteiligt?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Sind Sie in Syrien vorbestraft?
Beschwerdeführer: Ich werde gesucht, aber bin nicht verurteilt.
Richter: Waren Sie in Syrien in Haft?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme mit Behörden?
Beschwerdeführer: Ich werde nur wegen dem Militärdienst gesucht, sonst habe ich keine Probleme mit den Behörden.
Richter: Bestehen gegen Sie in Syrien Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief oder Ähnliches?
Beschwerdeführer: Ja, in meiner Stadt XXXX . Die kurdischen Milizen waren bei meiner Familie nach meiner Ausreise und haben mich gesucht.Beschwerdeführer: Ja, in meiner Stadt römisch 40 . Die kurdischen Milizen waren bei meiner Familie nach meiner Ausreise und haben mich gesucht.
Richter: Warum?
Beschwerdeführer: Ich wurde wegen dem Militärdienst gesucht.
Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme wegen Ihrer Religion?
Beschwerdeführer: Nur zu dem Zeitpunkt als der IS die Kontrolle bei uns hatte, es ging darum, unter Zwang beten zu gehen. Ich wurde aus dem Geschäft rausgeholt und in die Moschee gebracht, um zu beten, das war unter Einsatz von Schlägen, sonst nicht.
Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme wegen Ihrer Volkszugehörigkeit?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme wie Blutfehden, Sippenhaftung, Racheakten oder Ähnliches mit Privatpersonen?
Beschwerdeführer: Nein, wegen Blutfehden usw. nicht.
Richter: Haben Sie in Syrien an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Hatten Sie in Syrien wegen des Kontakts zu Islamisten Probleme?
Beschwerdeführer: Nein. Ich habe keine Kontakte. Von mir aus war es nicht aktiv, ich lebte nur an dem Ort, wo sie die Kontrolle hatten, ich pflegte aber keine freiwilligen Kontakte mit ihnen.
Richter: Haben Sie in Syrien ein Militärbuch bekommen?
Beschwerdeführer: Nein, ich habe es nicht und ich kann es nicht ausstellen lassen.
Richter: Wurden Sie in Syrien zum Militär einberufen?
Beschwerdeführer: Vom syrischen Regime wäre ich im militärfähigen Alter, habe aber keinen Einberufungsbefehl erhalten. Ich bekam allerdings von den Kurden mündlich einen Einberufungsbefehl.
Richter: Wer von den Kurden hat Sie zum Militärdienst mündlich einberufen?
Beschwerdeführer: Ein Milizgruppenleiter mit dem Aliasnamen XXXX , er ist Araber, er gehört der PKK an.Beschwerdeführer: Ein Milizgruppenleiter mit dem Aliasnamen römisch 40 , er ist Araber, er gehört der PKK an.
Richter: Haben Sie in Syrien versucht, sich vom Militärdienst freizukaufen?
Beschwerdeführer: Ich wäre finanziell in der Lage, mich freizukaufen, schließlich hatte ich für die Reise nach Österreich ca. 9.000 Euro. Da aber das syrische Regime für den Tod meiner Schwester durch Bombardement verantwortlich ist, denke ich nicht im Geringsten daran, so ein Regime mit Geld zu unterstützen.
Richter: Würde es in Syrien überhaupt Sinn machen, sich vom Militärdienst freizukaufen?
Beschwerdeführer: Es ist hoffnungslos, auch, wenn man Geld zahlt, wird man trotzdem eingezogen.
Richter: Könnten Sie sich vom Militärdienst für die Kurden freikaufen?
Beschwerdeführer: Diese Möglichkeit gibt es bei den Kurden nicht. Auch dort habe ich gehört, dass Leute, die bezahlt haben, trotzdem eingezogen wurden.
Richter: Haben Sie sich in Österreich an Demonstrationen gegen die syrische Regierung beteiligt?
Beschwerdeführer: Nein. Ich betrachte mich als unparteiisch in der Angelegenheit.
Richter: Wird Ihnen in Syrien eine oppositionelle Gesinnung unterstellt?
Beschwerdeführer: Das Regime geht davon aus, dass ich ein krimineller Mensch bin, da ich mich nicht zum Militärdienst habe einziehen lassen.
Richter: Wie ist Ihr Leben derzeit in Österreich? Was machen Sie in Österreich?
Beschwerdeführer: Ich habe einen Deutschkurs besucht und musste ihn leider vorzeitig aufgrund von allergischen Schüben abbrechen. Ich bin momentan allerdings wieder für einen Deutschkurs angemeldet, der ca. in einem Monat anfängt. Ich habe einige österreichische Freunde in meinem Alter und versuche durch sie in der Zwischenzeit Deutsch zu lernen. Ich betrachte mein Leben in Österreich als ein schönes Leben.
Richter: Sind Sie Mitglied in einem Verein?
Beschwerdeführer: Nein, ich bin nur in einem Fitness-Studio Mitglied.
Richter: Hatten Sie in Österreich oder anderswo Probleme mit der Polizei oder einem Gericht?
Beschwerdeführer: Ich habe allgemein keine Probleme, weder in Österreich noch außerhalb. Ich bin allerdings Zeuge einer Gewalttat geworden, die in Österreich stattgefunden hat. Ich war als Zeuge einmal vorgeladen, aber die Geschichte ist noch nicht abgeschlossen.
Richter: Besuchen Sie in Österreich eine Moschee?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Beten Sie regelmäßig?
Beschwerdeführer: Ich bete nicht.
Richter: Fasten Sie?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Schildern Sie den Vorfall, der zu Ihrer Flucht geführt hat!
Beschwerdeführer: Ich habe in meiner Werkstatt in XXXX gearbeitet, dort musste ich jeden Tag einen Checkpoint der Kurden namens XXXX (phonetisch) passieren und zwar auf der Hin- und Rückreise zur Arbeit. Ich bekam häufig zu hören, dass mein Geburtsjahr für den Einzug fällig wäre und dass ich die zuständige Abteilung aufsuchen solle, um mich einziehen zu lassen oder um einen Aufschub aufstellen zu lassen. In meiner Werkstatt kamen regelmäßig bewaffnete Mitglieder der PKK. Sie waren Araber, die für die Kurden gearbeitet haben. Sie zwangen mich ihre Autos gratis zu reparieren. Ich wurde im Anschluss auch noch von ihnen beschimpft. Eines Tages kam eine bewaffnete Person aus der Miliz XXXX und bat mich, einen Autoreifen zu reparieren und teilte mir mit, dass ich heute eingezogen werde und dass ich meine Werkstatt schließen solle, den Schlüssel an meine Familie abgeben solle und mich stellen soll. Ich habe das getan am Ende des Arbeitstages, aber ich verließ sofort die Stadt XXXX und kam im Anschluss nach Europa. Zugegeben hatte ich einige Zeit vor diesem Vorfall mit dem Gedanken gespielt, XXXX in Richtung Europa zu verlassen, da ich an diesem Checkpoint öfters drangsaliert wurde. Nach diesem Zwischenfall verließ ich am gleichen Abend die Stadt.Beschwerdeführer: Ich habe in meiner Werkstatt in römisch 40 gearbeitet, dort musste ich jeden Tag einen Checkpoint der Kurden namens römisch 40 (phonetisch) passieren und zwar auf der Hin- und Rückreise zur Arbeit. Ich bekam häufig zu hören, dass mein Geburtsjahr für den Einzug fällig wäre und dass ich die zuständige Abteilung aufsuchen solle, um mich einziehen zu lassen oder um einen Aufschub aufstellen zu lassen. In meiner Werkstatt kamen regelmäßig bewaffnete Mitglieder der PKK. Sie waren Araber, die für die Kurden gearbeitet haben. Sie zwangen mich ihre Autos gratis zu reparieren. Ich wurde im Anschluss auch noch von ihnen beschimpft. Eines Tages kam eine bewaffnete Person aus der Miliz römisch 40 und bat mich, einen Autoreifen zu reparieren und teilte mir mit, dass ich heute eingezogen werde und dass ich meine Werkstatt schließen solle, den Schlüssel an meine Familie abgeben solle und mich stellen soll. Ich habe das getan am Ende des Arbeitstages, aber ich verließ sofort die Stadt römisch 40 und kam im Anschluss nach Europa. Zugegeben hatte ich einige Zeit vor diesem Vorfall mit dem Gedanken gespielt, römisch 40 in Richtung Europa zu verlassen, da ich an diesem Checkpoint öfters drangsaliert wurde. Nach diesem Zwischenfall verließ ich am gleichen Abend die Stadt.
Richter: Sind Sie in Syrien oder an einem anderen Ort jemals persönlich bedroht oder angegriffen worden?
Beschwerdeführer: Nur am Checkpoint wurde ich bedroht in Syrien, aber so einen Angriff gab es nicht.
Richter: Wodurch sind Sie in Syrien bedroht?
Beschwerdeführer: Ich bin nur im Zusammenhang mit dem Militärdienst bedroht. Ich erinnere mich jetzt auch daran, dass man mit Drohung erreichen wollte, dass ich die Autos der Mitglieder der Milizen gratis reparieren solle.
Richter: Wie sind Sie nach Österreich gekommen?
Beschwerdeführer: Ich bin schlepperunterstützt über die Türkei, Bulgarien, Serbien und anschließend Ungarn nach Österreich gekommen. Mein Bruder kannte einen Schlepper, der mich für 9.000 Euro nach Europa brachte.
Richter: Wie haben Sie die Reise bezahlt?
Beschwerdeführer: Ich habe das Geld bar bezahlt, nachdem ich Syrien verlassen habe, auf einmal. Mein Vater hat mich dabei unterstützt, uns geht es in Syrien gut, es war ein leistbarer Betrag.
Richter: Schildern Sie bitte nochmals die Gründe Ihrer Beschwerde!
Beschwerdeführer: Ich wusste nicht, dass es sich um eine Beschwerde handelte, ich bin davon ausgegangen, dass es eine Revision ist. Ich muss allerdings zugeben, dass ich Angst davor habe, dass es politisch irgendwann heißt, dass Syrien ein sicheres Land sein könnte. Auch wenn der Grund nicht so ist. Dort, wo ich lebe, arbeitet das syrische Regime Hand in Hand mit den Kurden zusammen. Auch, wenn nach außen der Anschein gepflegt wird, dass sie Gegner sind. Es werden zum Teil auch gemeinsame Patrouillen gemacht, daher möchte ich um einen Asylstatus ersuchen, da ich mich in Syrien bedroht sehen würde und nicht zu einem Militärdienst gezwungen werden will, wo ich entweder Unschuldige töte oder gar selbst getötet werde.
Richter: Könnten Sie Ihre Heimatregion etwa über kurdische Gebiete im Irak erreichen, ohne syrische Kontrollen passieren zu müssen?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Was würde passieren, wenn Sie jetzt nach Syrien zurückkehren müssten?
Beschwerdeführer: Ohne zu übertreiben, entweder werde ich getötet oder werde gezwungen, Menschen umzubringen.
Richter: Wollen Sie noch etwas vorbringen oder angeben?
Beschwerdeführer: Erstens möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Zeit bedanken. Ich möchte mich auch bei Österreich bedanken für die Möglichkeit, in Sicherheit zu leben. Die Region bei uns unten, ich meine damit Syrien, der Irak und die Türkei, ist völlig verrückt und ich habe Angst davor, dorthin zurückzufliegen.
Der Beschwerdeführer bringt nichts mehr vor.
[…]“
7. Mit Schriftsatz vom 17.7.2024 nahm der Beschwerdeführer zur Möglichkeit des Freikaufs vom Militärdienst in Syrien Stellung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogenrömisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen
1.1 Zur Person und den Lebensumständen des Beschwerdeführers
1.1.1 Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am XXXX in Syrien geboren. Er ist Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Gouvernement XXXX . Dieser steht unter kurdischer Kontrolle. In der konkreten Heimatregion des Beschwerdeführers bestehen jedoch syrische Präsenzen mit Rekrutierungskompetenz.1.1.1 Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am römisch 40 in Syrien geboren. Er ist Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Gouvernement römisch 40 . Dieser steht unter kurdischer Kontrolle. In der konkreten Heimatregion des Beschwerdeführers bestehen jedoch syrische Präsenzen mit Rekrutierungskompetenz.
1.1.2 Der Beschwerdeführer wurde in österreichischem Bundesgebiet straffällig:
Der Beschwerdeführer wurde am 16.2.2022 wegen der Vergehen Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, gewerbsmäßigem betrügerischem Datenverarbeitungsmissbrauch und schwerer Sachbeschädigung gemäß der §§ 241e, 148a, 125, 126 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.Der Beschwerdeführer wurde am 16.2.2022 wegen der Vergehen Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, gewerbsmäßigem betrügerischem Datenverarbeitungsmissbrauch und schwerer Sachbeschädigung gemäß der Paragraphen 241 e,, 148a, 125, 126 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.
Der Beschwerdeführer wurde am 4.7.2022 wegen schwerer Sachbeschädigung an einem wesentlichen Bestandteil der kritischen Infrastruktur gemäß §§ 125, 126 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.Der Beschwerdeführer wurde am 4.7.2022 wegen schwerer Sachbeschädigung an einem wesentlichen Bestandteil der kritischen Infrastruktur gemäß Paragraphen 125,, 126 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.
Der Beschwerdeführer wurde am 1.7.2024 wegen dem Vergehen der falschen Beweisaussage gemäß § 288 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.Der Beschwerdeführer wurde am 1.7.2024 wegen dem Vergehen der falschen Beweisaussage gemäß Paragraph 288, StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.
1.2 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
1.2.1 In Syrien besteht die gesetzliche Verpflichtung zur Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Militärdienst einberufen werden. Der Beschwerdeführer ist XXXX Jahre alt und befindet sich damit noch im wehrdienstpflichtigen Alter. Ein syrischer Mann bleibt selbst nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes Reservist und kann bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden.1.2.1 In Syrien besteht die gesetzliche Verpflichtung zur Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Militärdienst einberufen werden. Der Beschwerdeführer ist römisch 40 Jahre alt und befindet sich damit noch im wehrdienstpflichtigen Alter. Ein syrischer Mann bleibt selbst nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes Reservist und kann bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden.
1.2.2 Es besteht das reale Risiko, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimatregion verhaftet und dem Dienst der syrischen Armee zugeführt wird. Die Militärpolizei verhaftet in Gebieten unter der Kontrolle der Regierung Männer, die für den Wehrdienst gesucht werden. Rekrutierungen finden u.a. auch an Checkpoints statt. Dem Beschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr nach Syrien die reale Gefahr, als syrischer Mann im wehrfähigem Alter, zur syrischen Armee eingezogen zu werden und er ist im Zusammenhang mit der Einziehung bzw. der Ableistung des Militärdienstes der Gefahr erheblicher Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, was dieser aber ablehnt. Die Regierung betrachtet Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens. Wehrdienstentzug wird gemäß dem Militärstrafgesetzbuch bestraft. In dessen Art. 98-99 ist festgehalten, dass mit einer Haftstrafe von einem bis sechs Monaten in Friedenszeiten und bis zu fünf Jahren in Kriegszeiten bestraft wird, wer sich der Einberufung entzieht. Eine effektive und verlässliche Option des „Freikaufens“ vom Militärdienst konnte nicht festgestellt werden.1.2.2 Es besteht das reale Risiko, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimatregion verhaftet und dem Dienst der syrischen Armee zugeführt wird. Die Militärpolizei verhaftet in Gebieten unter der Kontrolle der Regierung Männer, die für den Wehrdienst gesucht werden. Rekrutierungen finden u.a. auch an Checkpoints statt. Dem Beschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr nach Syrien die reale Gefahr, als syrischer Mann im wehrfähigem Alter, zur syrischen Armee eingezogen zu werden und er ist im Zusammenhang mit der Einziehung bzw. der Ableistung des Militärdienstes der Gefahr erheblicher Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, was dieser aber ablehnt. Die Regierung betrachtet Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens. Wehrdienstentzug wird gemäß dem Militärstrafgesetzbuch bestraft. In dessen Artikel 98 -, 99, ist festgehalten, dass mit einer Haftstrafe von einem bis sechs Monaten in Friedenszeiten und bis zu fünf Jahren in Kriegszeiten bestraft wird, wer sich der Einberufung entzieht. Eine effektive und verlässliche Option des „Freikaufens“ vom Militärdienst konnte nicht festgestellt werden.
1.3 Zur Lage im Herkunftsstaat
1.3.1 Auszug aus der Länderinformation zu Syrien, Version 11
[…]
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime – unterstützt von Russland und Iran – unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte – Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten – im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 – Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 – Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer – insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer – insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
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Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 2024-03-08 11:06
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).
Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das „Volksrat“ genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba'ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflus