TE Vfgh Erkenntnis 1993/3/15 B1133/92

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Veröffentlicht am 15.03.1993
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
DSt 1990 §1

Leitsatz

Keine willkürliche Verhängung und Bemessung der Strafhöhe einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (OBDK) vom 11. Mai 1992, Z2 Bkd 1/91-20, wurde - unter Verpflichtung des Berufungswerbers zur Tragung der Kosten des Berufungsverfahrens - der Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen den Bescheid des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom 13. Juli 1990, Z D 212/89, mit welchem er der Verletzung von Berufspflichten und der Verletzung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig befunden und zur Disziplinarstrafe einer Geldbuße von S 25.000,-- sowie zum Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt worden war, keine Folge gegeben.

In ihrem Bescheid führt die OBDK zur Höhe der verhängten Geldbuße insbesondere aus:

"Die auf §144 BVG (gemeint wohl: Art144 B-VG) gestützte Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission vom 19. Juni 1989, Bkd 110/87-13, wurde durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1990 zu B1573/89-8 abgewiesen. ...

...

Im Lichte der vom Verfassungsgerichtshof aufrecht erhaltenen OBDK-Entscheidung Bkd 110/87 und der drei gegen den Disziplinarbeschuldigten wegen analoger Delikte bereits ergangenen Vorstrafen erscheint die über ihn im nunmehr gegenständlichen Verfahren verhängte Geldbuße von 25.000 S wirtschaftlich keineswegs überhöht und auch durchaus schuldangemessen."

2. Gegen diesen Bescheid der OBDK richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz infolge Willkür behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. In dieser beantragt sie, der Beschwerde nicht Folge zu geben und führt zur gerügten Bezugnahme des angefochtenen Bescheides auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1990, B1573/89, insbesondere aus:

"Die nunmehrigen Beschwerdeausführungen erschöpfen sich weitgehend in einer Polemik gegen die zitierte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs und übergehen, daß sich das angefochtene Erkenntnis in der Entscheidung zur Strafberufung auch darauf stützt, daß der Beschwerdeführer bereits wegen dreier analoger Delikte vorbestraft ist und angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, insbesondere aber angesichts der völligen Einsichtslosigkeit, wie sie auch im Disziplinarverfahren selbst zutage trat, 'von einem 'unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübung' des Disziplinarbeschuldigten oder einer willkürlichen Strafbemessung' keine Rede sein könne ... ."

4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt u.a. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).

Die behauptete Willkür liegt nicht vor.

Es ist offensichtlich, daß die belangte Behörde bei der Fällung ihrer Entscheidung in keiner Weise unsachlich vorgegangen ist; schon in dem der Entscheidung der OBDK zugrunde liegenden Bescheid des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom 13. Juli 1990, Z D 212/89, ist - nach Befragung des Disziplinarbeschuldigten hinsichtlich seiner Einkommensverhältnisse, wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt - zur Höhe der verhängten Geldbuße ausgeführt worden:

"Bei der Strafbemessung waren erschwerend drei Vorstrafen, die durchwegs auf ähnlichen Verhaltensweisen des Disziplinarbeschuldigten beruhen, und seine weitestgehende Einsichtslosigkeit in das Unrechtmäßige seines Verhaltens. Mildernd war kein Umstand. Die mit S 25.000,-- ausgemessene Geldbuße erscheint somit angemessen, selbst dann, wenn man von dem vom Disziplinarbeschuldigten angegebenen geringen Einkommen ausgeht."

Die OBDK hat sich dieser Auffassung angeschlossen - daß der Disziplinarbeschuldigte trotz ausgewiesener Ladung der mündlichen Verhandlung vor der OBDK ferngeblieben ist, sodaß eine neuerliche Befragung zu seinen Einkommensverhältnissen nicht stattfinden konnte, ist der OBDK nicht vorzuwerfen -, und sie hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich zusätzlich auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1990, B1573/89, Bezug genommen und die hierauf bezughabenden Ausführungen des Disziplinarbeschuldigten (in der Gegenschrift) als polemisch abgetan. Daß die belangte Behörde deshalb ein in die Verfassungssphäre eingreifendes willkürliches Verhalten gesetzt, daß sie in einer gehäuften Weise die Rechtslage verkannt, in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen oder den konkreten Sachverhalt ignoriert hätte (vgl. hiezu VfSlg. 8808/1980, 10338/1985 und 11213/1987), trifft offenkundig nicht zu.

Selbst wenn die belangte Behörde bei der Festsetzung des Strafmaßes unrichtig entschieden haben sollte, spielt dies keine Rolle, weil dies aufgrund des vom Verfassungsgerichtshof anzulegenden Prüfungsmaßstabes seiner Beurteilung entzogen ist.

Da das Verfahren auch nicht ergeben hat, daß der Beschwerdeführer in einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde, und da aufgrund der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm ausgeschlossen ist, war die Beschwerde abzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z1 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1133.1992

Dokumentnummer

JFT_10069685_92B01133_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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