Entscheidungsdatum
08.08.2024Norm
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4Spruch
W247 2226897-2/50E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2020, Zl. XXXX , nach der Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.06.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. am römisch 40 , StA. Russische Föderation, vertreten durch die römisch 40 , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2020, Zl. römisch 40 , nach der Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.06.2024, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser lautet: „Der Ihnen mit Bescheid vom 03.08.2006, Zl. XXXX , zuerkannte Status des Asylberechtigten wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 (AsylG), BGBl I Nr. 100/2005, idgF., aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wird festgestellt, dass Ihnen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt“. römisch eins. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser lautet: „Der Ihnen mit Bescheid vom 03.08.2006, Zl. römisch 40 , zuerkannte Status des Asylberechtigten wird gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 2, Asylgesetz 2005 (AsylG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, idgF., aberkannt. Gemäß Paragraph 7, Absatz 4, AsylG wird festgestellt, dass Ihnen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt“.
II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. bis III. und V. bis VII. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, idgF., iVm §§ 8 Abs. 1 Z 2, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., iVm §§ 52 Abs. 9, 53 Abs. 1, Abs. 3 Z 1 und Z 5, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.römisch II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte römisch II. bis römisch III. und römisch fünf. bis römisch VII. des angefochtenen Bescheides wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013,, idgF., in Verbindung mit Paragraphen 8, Absatz eins, Ziffer 2,, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, idgF., in Verbindung mit Paragraphen 52, Absatz 9,, 53 Absatz eins,, Absatz 3, Ziffer eins und Ziffer 5,, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, idgF., als unbegründet abgewiesen.
III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser lautet: „Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), idgF., wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), idgF., erlassen“.
B) römisch III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser lautet: „Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 4, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-Verfahrensgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012, (BFA-VG), idgF., wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 3, Fremdenpolizeigesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (FPG), idgF., erlassen“.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beschwerdeführer (BF) ist russischer Staatsangehöriger, der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig.
I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang
1. Vorverfahren und Aberkennungsverfahren der Bezugsperson im Bundesgebiet:
1.1. Der BF reiste spätestens am 02.04.2004 als Minderjähriger gemeinsam mit seinen Eltern, sowie seinen zwei Schwestern unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten seine gesetzlichen Vertreter an ebendiesem Tag für ihn einen Antrag auf internationalen Schutz.
Seinen Antrag begründete der Vater des BF in seiner Einvernahme beim ehemaligen Bundesasylamt am 09.08.2004 im Wesentlichen damit, dass er im ersten Tschetschenienkrieg mitgekämpft und in diesem Zusammenhang im Jahr 1995 eine Splitterverletzung erlitten habe. Danach habe er keinen Kontakt mehr zu Kampfeinheiten gehabt. Im zweiten Tschetschenienkrieg habe sich der Vater des BF nicht an Kampfhandlungen beteiligt, er habe jedoch Kämpfern geholfen. Aus diesem Grund sei der Vater des BF im Jahr 2001 und 2002 zweimal festgenommen worden, weil er auf irgendwelchen Listen aufscheine. Die russischen Militärs hätten seinetwegen auch im März 2002 seine Schwester XXXX ermordet. Der Vater des BF habe sich bei Verwandten, auch seiner Schwester, versteckt. Das müsse jemand bemerkt haben. Sie hätten einen Sprengkörper oder eine Mine zur Explosion gebracht und die Schwester des Vaters des BF, sowie eine weitere Frau ermordet. Erstmals sei der Vater des BF im Oktober 2001 festgenommen worden, wobei Soldaten ins Haus seiner Mutter eingedrungen seien und ihn verschleppt hätten. 5 Tage lang sei er in XXXX in einer Grube festgehalten worden. Der Vater des BF sei zu Verhören in einen Raum gebracht worden, wo er unter Schlägen verhört worden sei. Er sei mit Hilfe seines Onkels XXXX und einer weiteren einflussreichen Person, XXXX , freigekommen. Sie hätten den Vater des BF freigekauft und in ein Spital gebracht, weil sein Körper mit Spuren der Schläge übersäht gewesen sei. Die 2. Festnahme des Vaters des BF sei Anfang Februar 2002 erfolgt, wobei ihn Maskierte mit Militärfahrzeugen von zu Hause nach XXXX gebracht hätten. Dort sei er neuerlich 3 Tage lang angehalten, verhört und geschlagen worden. Sie hätten wissen wollen, woher der Vater des BF seine Splitterverletzung habe, mit wem er gekämpft habe, mit wem er zusammen gewesen sei und welchen Kämpfern er geholfen habe. Der Vater des BF habe den Kämpfern geholfen, indem er diesen den Weg über eine Zementfabrik in die Berge gezeigt habe. Sein Onkel und XXXX hätten sich wieder für den Vater des BF eingesetzt und sei er erneut freigekauft worden. Seinen Antrag begründete der Vater des BF in seiner Einvernahme beim ehemaligen Bundesasylamt am 09.08.2004 im Wesentlichen damit, dass er im ersten Tschetschenienkrieg mitgekämpft und in diesem Zusammenhang im Jahr 1995 eine Splitterverletzung erlitten habe. Danach habe er keinen Kontakt mehr zu Kampfeinheiten gehabt. Im zweiten Tschetschenienkrieg habe sich der Vater des BF nicht an Kampfhandlungen beteiligt, er habe jedoch Kämpfern geholfen. Aus diesem Grund sei der Vater des BF im Jahr 2001 und 2002 zweimal festgenommen worden, weil er auf irgendwelchen Listen aufscheine. Die russischen Militärs hätten seinetwegen auch im März 2002 seine Schwester römisch 40 ermordet. Der Vater des BF habe sich bei Verwandten, auch seiner Schwester, versteckt. Das müsse jemand bemerkt haben. Sie hätten einen Sprengkörper oder eine Mine zur Explosion gebracht und die Schwester des Vaters des BF, sowie eine weitere Frau ermordet. Erstmals sei der Vater des BF im Oktober 2001 festgenommen worden, wobei Soldaten ins Haus seiner Mutter eingedrungen seien und ihn verschleppt hätten. 5 Tage lang sei er in römisch 40 in einer Grube festgehalten worden. Der Vater des BF sei zu Verhören in einen Raum gebracht worden, wo er unter Schlägen verhört worden sei. Er sei mit Hilfe seines Onkels römisch 40 und einer weiteren einflussreichen Person, römisch 40 , freigekommen. Sie hätten den Vater des BF freigekauft und in ein Spital gebracht, weil sein Körper mit Spuren der Schläge übersäht gewesen sei. Die 2. Festnahme des Vaters des BF sei Anfang Februar 2002 erfolgt, wobei ihn Maskierte mit Militärfahrzeugen von zu Hause nach römisch 40 gebracht hätten. Dort sei er neuerlich 3 Tage lang angehalten, verhört und geschlagen worden. Sie hätten wissen wollen, woher der Vater des BF seine Splitterverletzung habe, mit wem er gekämpft habe, mit wem er zusammen gewesen sei und welchen Kämpfern er geholfen habe. Der Vater des BF habe den Kämpfern geholfen, indem er diesen den Weg über eine Zementfabrik in die Berge gezeigt habe. Sein Onkel und römisch 40 hätten sich wieder für den Vater des BF eingesetzt und sei er erneut freigekauft worden.
1.2. Mit Bescheid des ehemaligen Unabhängigen Bundesasylsenats (UBAS) vom 03.08.2006, Zl. XXXX , wurde der Berufung des Vaters des BF gegen den Bescheid des ehemaligen Bundesasylamtes vom 11.11.2004 stattgegeben und diesem gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG wurde festgestellt, dass dem Vater des BF damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Dazu wurde festgestellt, dass der Vater des BF Staatsangehöriger der Russischen Föderation und ethnischer Tschetschene sei. Er habe am 1. Tschetschenienkrieg als Kämpfer teilgenommen und Splitterverletzungen gehabt. Aus diesem Grund habe der Vater des BF mit dem russischen Militär bereits im Jahr 2001 Probleme bekommen, welche bis zu seiner Ausreise angedauert hätten und sei er von russischen Sondereinheiten verfolgt worden. Zwei Mal – das letzte Mal im Februar 2002 – sei der Vater des BF von Sondereinheiten im Zuge einer Säuberung im Beisein seiner Ehefrau und seiner minderjährigen Kinder von zu Hause abgeholt und mitgenommen sowie in weiterer Folge geschlagen, verhöhnt und angehalten worden. Der Vater des BF habe jeweils vom Leiter der Dorfverwaltung, seinem Onkel und XXXX , der gewusst habe, wie man das mache, freigekauft werden müssen und habe schließlich aus Angst vor einer weiteren Verschleppung nicht mehr zu Hause bleiben können. Zudem habe der Vater des BF für die Widerstandskämpfer Waffen versteckt und sei sein Name auf einer Fahndungsliste der russischen Behörden gestanden. Auch habe er unterschreiben müssen, dass er als Verräter Informationen über die anderen den Russen übergeben habe.1.2. Mit Bescheid des ehemaligen Unabhängigen Bundesasylsenats (UBAS) vom 03.08.2006, Zl. römisch 40 , wurde der Berufung des Vaters des BF gegen den Bescheid des ehemaligen Bundesasylamtes vom 11.11.2004 stattgegeben und diesem gemäß Paragraph 7, AsylG Asyl gewährt. Gemäß Paragraph 12, AsylG wurde festgestellt, dass dem Vater des BF damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Dazu wurde festgestellt, dass der Vater des BF Staatsangehöriger der Russischen Föderation und ethnischer Tschetschene sei. Er habe am 1. Tschetschenienkrieg als Kämpfer teilgenommen und Splitterverletzungen gehabt. Aus diesem Grund habe der Vater des BF mit dem russischen Militär bereits im Jahr 2001 Probleme bekommen, welche bis zu seiner Ausreise angedauert hätten und sei er von russischen Sondereinheiten verfolgt worden. Zwei Mal – das letzte Mal im Februar 2002 – sei der Vater des BF von Sondereinheiten im Zuge einer Säuberung im Beisein seiner Ehefrau und seiner minderjährigen Kinder von zu Hause abgeholt und mitgenommen sowie in weiterer Folge geschlagen, verhöhnt und angehalten worden. Der Vater des BF habe jeweils vom Leiter der Dorfverwaltung, seinem Onkel und römisch 40 , der gewusst habe, wie man das mache, freigekauft werden müssen und habe schließlich aus Angst vor einer weiteren Verschleppung nicht mehr zu Hause bleiben können. Zudem habe der Vater des BF für die Widerstandskämpfer Waffen versteckt und sei sein Name auf einer Fahndungsliste der russischen Behörden gestanden. Auch habe er unterschreiben müssen, dass er als Verräter Informationen über die anderen den Russen übergeben habe.
Aus Angst vor weiteren Festnahmen bzw. einer Verschleppung habe sich der Vater des BF nach dem 2. Vorfall am 05.02.2002 entschlossen, seine Heimat gemeinsam mit seiner Familie im April 2002 zu verlassen.
1.3. Mit Bescheid des ehemaligen UBAS vom 03.08.2006, Zl. XXXX , wurde der Berufung des BF gemäß §§ 10,11 AsylG ebenfalls stattgegeben, diesem Asyl gewährt und gemäß § 12 leg.cit. festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.1.3. Mit Bescheid des ehemaligen UBAS vom 03.08.2006, Zl. römisch 40 , wurde der Berufung des BF gemäß Paragraphen 10,,11 AsylG ebenfalls stattgegeben, diesem Asyl gewährt und gemäß Paragraph 12, leg.cit. festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
Begründend wurde festgehalten, dass dem Vater des BF mit Bescheid vom selben Tag ebenfalls Asyl gewährt worden sei, weshalb dem Asylerstreckungsantrag des BF stattzugeben sei.
2. Gegenständliches Verfahren des BF über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:
2.1. Mit Urteil des LG XXXX vom 19.10.2011, rk am 19.10.2011, Zl. XXXX , wurde der BF wegen § 142 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt, welche unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.2.1. Mit Urteil des LG römisch 40 vom 19.10.2011, rk am 19.10.2011, Zl. römisch 40 , wurde der BF wegen Paragraph 142, Absatz 2, StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt, welche unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.
2.2. Mit Urteil des LG XXXX vom 19.03.2012, rk am 19.03.2012, Zl. XXXX , wurde der BF wegen § 144 Abs. 1 StGB, § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB; § 15 §§ 144 Abs. 1, 145 Abs. 2 Z 2 StGB; § 15 § 142 Abs. 1 StGB; § 15 § 12 2. Fall StGB § 83 Abs. 1 StGB; § 15 § 105 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt, wobei 15 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden.2.2. Mit Urteil des LG römisch 40 vom 19.03.2012, rk am 19.03.2012, Zl. römisch 40 , wurde der BF wegen Paragraph 144, Absatz eins, StGB, Paragraph 107, Absatz eins und Absatz 2, StGB; Paragraph 15, Paragraphen 144, Absatz eins,, 145 Absatz 2, Ziffer 2, StGB; Paragraph 15, Paragraph 142, Absatz eins, StGB; Paragraph 15, Paragraph 12, 2. Fall StGB Paragraph 83, Absatz eins, StGB; Paragraph 15, Paragraph 105, StGB zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt, wobei 15 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden.