TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/24 94/09/0343

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Veröffentlicht am 24.05.1995
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs6 idF 1994/314;
AuslBG §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der Fa. D KEG in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Oberösterreich, Landesgeschäftsstelle, vom 12. Oktober 1994, Zl. IIId-6702 B ABB Nr. 1336 514 Mag. Wo/Eb, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte beim Arbeitsamt Linz den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für einen namentlich genannten türkischen Staatsangehörigen als "Chauffeur und Verkäufer" mit den Erfordernissen "Führerschein Gruppe B, Verkaufserfahrung". Dieser werde dringend zur Aufrechterhaltung des Gechäftsbetriebes benötigt.

Diesen Antrag lehnte das Arbeitsamt mit Bescheid vom 19. September 1994 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Nach dieser Gesetzesstelle dürften Beschäftigungsbewilligungen nach Überschreitung der Landeshöchstzahl nur unter den dort genannten Voraussetzungen (in der Bescheidbegründung erfolgt eine Zitierung dieser Gesetzesstelle) erteilt werden. Der Regionalbeirat habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, daß sehr wohl wichtige Gründe für die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung vorlägen, weil der Ausländer dringend zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes benötigt werde. Er erfülle die gestellten Anforderungen, insbesondere habe er einen Führerschein der Gruppe B und sei der türkischen Sprache mächtig, was unbedingt erforderlich sei. Das Arbeitsamt habe eine Ersatzkraftstellung bisher unterlassen; diese sei offensichtlich auch nicht möglich. Weiters leide der Bescheid an entscheidungswesentlichen Feststellungs- und Begründungsmängeln.

Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid vom 12. Oktober 1994, mit dem die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge gab. Begründend stellte die belangte Behörde die Rechtslage dar und traf die Feststellung, daß die in der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales BGBl. Nr. 794/1993 für das Bundesland Oberösterreich festgesetzte Landeshöchstzahl (32.000) laut der offiziellen Statistik des Arbeitsmarktservice zum Stichtag Ende September 1994 um 41,9 % überschritten sei. Damit dürfe eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 6 AuslBG vorlägen. Zu § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslGB führte die belangte Behörde weiter aus, daß die dort normierten Voraussetzungen nur dann erfüllt seien, wenn an der Beschäftigung eines beantragten Ausländers ein qualifiziertes Interesse bestehe, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Bedarfsbefriedigung eines dringenden Arbeitskräftemangels hinausgehe. Der Aktenlage und dem Berufungsvorbringen ließen sich weder ein derartiges qualifiziertes Interesse noch auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 3 und 4 AuslBG entnehmen. Zu § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG stellte die belangte Behörde fest, als Schlüsselkraft sei nur derjenige anzusehen, dem auf Grund seiner besonderen Qualifikation und/oder der vorgesehenen Stellung im Betriebsgeschehen (z.B. Entscheidungsverantwortung) eine besondere arbeitsplatzerhaltende Position zukäme, wofür sich im vorliegenden Fall hinsichtlich der Beantragung des Ausländers als Chauffeur und Verkäufer kein Anhaltspunkt ergebe. Der Umstand allein, daß jeder Arbeitnehmer notwendigerweise in Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben zur Erreichung der Unternehmensziele und damit - unabhängig von der Betriebsgröße - zur Sicherung des Bestandes des Unternehmens seinen Beitrag leiste, mache ihn noch nicht zur Schlüsselkraft im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 6 lit. a AuslBG. Weiters sei selbst bei der Anerkennung der Schlüsselkraftfunktion die Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer durch die Beschäftigung des Ausländers notwendig; laut Beschäftigungsbewilligungsantrag würden von der beschwerdeführenden Partei jedoch keine Inländer beschäftigt.

Zu Z. 3 leg. cit. vertrat die belangte Behörde die Ansicht, wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen könnten nur dann angenommen werden, wenn es sich um Aufgaben oder Vorhaben handle, die für den Bund oder einzelne Länder und damit für das gesamte Bundesgebiet von erheblicher Bedeutung seien. Aus dem Berufungsvorbringen könne nicht abgeleitet werden, daß dem Betrieb der beschwerdeführenden Partei eine überregionale Bedeutung zukäme; der Hinweis auf eine mögliche Existenzgefährdung eines Betriebes sei dafür nicht ausreichend.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichthof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.

Diese Bestimmung in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die belangte Behörde ist vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das nach § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerte Verfahren ausgegangen. Die beschwerdeführende Partei hat weder das Vorliegen einer einhelligen Befürwortung ihres Antrages auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat behauptet noch hat sie die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Annahme der Überschreitung der für 1994 festgesetzten Landeshöchstzahl bestritten.

Damit wäre es Aufgabe der beschwerdeführenden Partei gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG hätten maßgebend sein können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1993, 92/09/0302, und die dort angeführte Judikatur). Daß keine die Anstellungserfordernisse erfüllende (Ersatz-)Arbeitskräfte vorhanden seien, ist im Rahmen der nach Überschreitung der Landeshöchstzahl zu prüfenden Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 1 bis 4 AuslBG (anders als im Verfahren nach § 4 Abs. 1 AuslBG) ohne maßgebende Bedeutung. Es ist zwar zutreffend, daß die im § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d AuslBG enthaltene Aufzählung lediglich demonstrativen Charakter hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1993, 93/09/0157), ein betriebsbezogenes wirtschaftliches Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes (auch wenn die Beschäftigung zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit erforderlich sein sollte), ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein zur Erfüllung des grundsätzlich sehr hoch angesetzten Kalküls der Z. 2 bis 4 des § 4 Abs. 6 AuslBG nicht ausreichend (vgl. dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1993, 92/09/0243, vom 16. Dezember 1993, 93/09/0273, vom 21. April 1994, 94/09/0001, und vom 17. November 1994, 93/09/0431, und andere mehr). Die belangte Behörde hat somit im angefochtenen Bescheid die Ablehnung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nach der Gesetzesbestimmung des § 4 Abs. 6 AuslBG insgesamt rechtlich zutreffend beurteilt, wobei auch in der Beschwerde nicht aufgezeigt wird, welche Sachverhaltsfeststellungen die belangte Behörde aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei noch hätte treffen können, um das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 4 Abs. 6 leg. cit. zu rechtfertigen.

Prüfungsgegenstand für den Verwaltungsgerichtshof ist ausschließlich der angefochtene Bescheid der belangten Behörde, sodaß sich durch Hinweise auf eine mangelhafte Gestaltung des erstinstanzlichen Bescheides (es handle sich nur um ein "vorgedrucktes Bescheidformular") für die beschwerdeführende Partei nichts gewinnen läßt. Wenn die Beschwerde bemängelt, der erstinstanzliche Bescheid enthalte auch keine Unterschrift, ist abschließend darauf aufmerksam zu machen, daß bei mittels automatisationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten Bescheidausfertigungen gemäß § 18 Abs. 4 4. Satz AVG die Beisetzung des Namens des Genehmigenden genügt (im Beschwerdefall: LH) und die Beisetzung eines "eigenhändigen Handzeichens" des die Erledigung genehmigenden Organwalters nicht vorgeschrieben ist (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1993, 92/09/0372).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als nicht rechtswidrig, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994090343.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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