TE Bvwg Erkenntnis 2024/7/16 W283 2286491-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.07.2024
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Entscheidungsdatum

16.07.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W283 2286491-1/15E

Schriftliche Ausfertigung des am 12.04.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Stefanie KUSCHNIG als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX 1995, StA. SYRIEN, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2023, Zl. 1327436001/ XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Stefanie KUSCHNIG als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 1995, StA. SYRIEN, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2023, Zl. 1327436001/ römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei (bP), ein männlicher Staatsangehöriger von Syrien, stellte am 06.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die bP Syrien wegen des Bürgerkrieges und der drohenden Rekrutierung zum Wehrdienst verlassen habe. Im Falle einer Rückkehr habe die bP Angst vor dem Krieg.

Am 16.10.2023 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der bP vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Befragt zu ihren Fluchtgründen gab die bP zusammengefasst an, dass sie Syrien verlassen habe um dem verpflichtenden Militärdienst bei der syrischen Armee zu entgehen.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid wies das BFA den Antrag der bP auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkte II. und III.). Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid wies das BFA den Antrag der bP auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihr den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkte römisch II. und römisch III.).

Mit fristgerecht erhobener Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides führte die bP im Wesentlichen aus, dass sie im Jahr 2018 einen telefonischen Einberufungsbefehl erhalten habe, die bP sich am Krieg in Syrien nicht beteiligen wolle, da sie sonst einer erheblichen Gefahr für ihr Leben ausgesetzt und zur Beteiligung an menschenrechtswidrigen Handlungen gezwungen wäre. Bei einer Rückkehr drohe der bP die unmittelbare Einberufung zum Wehrdienst bzw. bei der Weigerung den Dienst anzutreten, eine unverhältnismäßige Bestrafung. Zudem werde der bP aufgrund der Ablehnung des Militärdienstes des syrischen Regimes bzw. der kurdischen Streitkräfte, ihrer illegalen Ausreise sowie der Asylantragstellung im Ausland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von beiden Seiten eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt. Mit fristgerecht erhobener Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides führte die bP im Wesentlichen aus, dass sie im Jahr 2018 einen telefonischen Einberufungsbefehl erhalten habe, die bP sich am Krieg in Syrien nicht beteiligen wolle, da sie sonst einer erheblichen Gefahr für ihr Leben ausgesetzt und zur Beteiligung an menschenrechtswidrigen Handlungen gezwungen wäre. Bei einer Rückkehr drohe der bP die unmittelbare Einberufung zum Wehrdienst bzw. bei der Weigerung den Dienst anzutreten, eine unverhältnismäßige Bestrafung. Zudem werde der bP aufgrund der Ablehnung des Militärdienstes des syrischen Regimes bzw. der kurdischen Streitkräfte, ihrer illegalen Ausreise sowie der Asylantragstellung im Ausland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von beiden Seiten eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) führte am 12.04.2024 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch eine öffentliche Verhandlung durch. In dieser Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet und die Beschwerde abgewiesen. Die Vertretungen der bP und der belangten Behörde blieben der Verhandlung entschuldigt fern.

Mit fristgerecht eingebrachten Schriftsatz beantragte die bP die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der bP:

Die bP führt den im Spruch angeführten Namen und das im Spruch angeführte Geburtsdatum. Die bP ist zum Entscheidungszeitpunkt 29 Jahre alt. Die bP ist ein männlicher Staatsangehöriger von Syrien, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Ihre Muttersprache ist Arabisch und beherrscht die bP diese in Wort und Schrift.

Die bP wurde in XXXX , östlich der Stadt Quamishli, im Gouvernement al-Hasaka in Syrien geboren. Sie ist im Dorf XXXX , das zu XXXX gehört, aufgewachsen. Die bP besuchte in XXXX , das ebenfalls XXXX gehört, bis zur Matura die Schule. Danach studierte sie ungefähr von 2013 bis 2015, zunächst ein Jahr in Deir ez-Zor und danach in Al Hasaka, an der Universität. Anschließend arbeitete die bP in XXXX in einer Autowaschanlage bis sie aus Syrien ausreiste. Die bP zog Ende 2020 nach Quamishli, wo sie in weiterer Folge im Stadtteil XXXX bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2022 in einem Mietshaus lebte. Bis wenige Monate vor der Ausreise hat die bP nach wie vor in XXXX in einer Autowaschanlage gearbeitet. Auch ein Bruder der bP arbeitet in dieser Waschanlage und sorgt dadurch für den Lebensunterhalt der Frau und Kinder der bP. Die bP wurde in römisch 40 , östlich der Stadt Quamishli, im Gouvernement al-Hasaka in Syrien geboren. Sie ist im Dorf römisch 40 , das zu römisch 40 gehört, aufgewachsen. Die bP besuchte in römisch 40 , das ebenfalls römisch 40 gehört, bis zur Matura die Schule. Danach studierte sie ungefähr von 2013 bis 2015, zunächst ein Jahr in Deir ez-Zor und danach in Al Hasaka, an der Universität. Anschließend arbeitete die bP in römisch 40 in einer Autowaschanlage bis sie aus Syrien ausreiste. Die bP zog Ende 2020 nach Quamishli, wo sie in weiterer Folge im Stadtteil römisch 40 bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2022 in einem Mietshaus lebte. Bis wenige Monate vor der Ausreise hat die bP nach wie vor in römisch 40 in einer Autowaschanlage gearbeitet. Auch ein Bruder der bP arbeitet in dieser Waschanlage und sorgt dadurch für den Lebensunterhalt der Frau und Kinder der bP.

Die bP ist verheiratet. Die Ehefrau heißt XXXX , die am XXXX 2001 in XXXX geboren wurde. Die bP hat Jahr 2015 in XXXX geheiratet. Die bP hat mit ihrer Ehefrau gemeinsam 2 Töchter namens XXXX , sie ist am XXXX 2017 in XXXX , und XXXX , sie ist am XXXX 2022 in Quamishli geboren und 1 Sohn namens XXXX , er ist am XXXX 2020 in XXXX geboren. Die Ehefrau der bP lebt derzeit mit den gemeinsamen Kindern bei der Familie der Ehefrau in XXXX . Die bP ist verheiratet. Die Ehefrau heißt römisch 40 , die am römisch 40 2001 in römisch 40 geboren wurde. Die bP hat Jahr 2015 in römisch 40 geheiratet. Die bP hat mit ihrer Ehefrau gemeinsam 2 Töchter namens römisch 40 , sie ist am römisch 40 2017 in römisch 40 , und römisch 40 , sie ist am römisch 40 2022 in Quamishli geboren und 1 Sohn namens römisch 40 , er ist am römisch 40 2020 in römisch 40 geboren. Die Ehefrau der bP lebt derzeit mit den gemeinsamen Kindern bei der Familie der Ehefrau in römisch 40 .

Die bP hat 7 Schwestern und 2 Brüder mit den Namen XXXX , geboren 2000, und XXXX , geboren 2005. Alle 7 Schwestern sind verheiratet und leben mit ihren Ehemännern im Dorf XXXX . Der Bruder der bP, XXXX , lebt zusammen mit den Eltern der bP in der Stadt Quamishli im Stadtteil XXXX in dem Mietshaus, wo sich auch die bP von Ende 2020 bis zu ihrer Ausreise aufhielt. Die bP steht in regelmäßigem Kontakt zu ihren Familienangehörigen in Syrien, diesen geht es gut. Die bP hat 7 Schwestern und 2 Brüder mit den Namen römisch 40 , geboren 2000, und römisch 40 , geboren 2005. Alle 7 Schwestern sind verheiratet und leben mit ihren Ehemännern im Dorf römisch 40 . Der Bruder der bP, römisch 40 , lebt zusammen mit den Eltern der bP in der Stadt Quamishli im Stadtteil römisch 40 in dem Mietshaus, wo sich auch die bP von Ende 2020 bis zu ihrer Ausreise aufhielt. Die bP steht in regelmäßigem Kontakt zu ihren Familienangehörigen in Syrien, diesen geht es gut.

Die bP ist wegen eines Nierenproblems und Phosphormangels in medizinischer Behandlung, die bP ist schmerzfrei und ansonsten gesund. Ihr kommt in Österreich der Status der subsidiär Schutzberechtigten zu.

1.2. Zu den Fluchtgründen der bP:

1.2.1. Die Herkunftsregion der bP ist die Region um XXXX bzw. die Region um den Stadtteil XXXX in Quamishli. Die Herkunftsregion steht im Kontroll- Einflussgebiet der Kurden bzw. Kontrolle der kurdischen „Selbstverwaltung“ (auch „Demokratische Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ bzw. „Autonomous Administration of North and East Syria – AANES“ oder „Selbstverwaltungsgebiet“). Das syrische Regime führt in der Herkunftsregion der bP Rekrutierungen nicht mit maßgelblicher Wahrscheinlichkeit durch. Der Stadtteil XXXX liegt nicht in einem Sicherheitsquadrat des syrischen Regimes. 1.2.1. Die Herkunftsregion der bP ist die Region um römisch 40 bzw. die Region um den Stadtteil römisch 40 in Quamishli. Die Herkunftsregion steht im Kontroll- Einflussgebiet der Kurden bzw. Kontrolle der kurdischen „Selbstverwaltung“ (auch „Demokratische Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ bzw. „Autonomous Administration of North and East Syria – AANES“ oder „Selbstverwaltungsgebiet“). Das syrische Regime führt in der Herkunftsregion der bP Rekrutierungen nicht mit maßgelblicher Wahrscheinlichkeit durch. Der Stadtteil römisch 40 liegt nicht in einem Sicherheitsquadrat des syrischen Regimes.

1.2.2. Im Juni 2019 ratifizierte die AANES ein Gesetz zur „Selbstverteidigungspflicht“, das den verpflichtenden Militärdienst regelt, den Männer über 18 Jahren im Gebiet der AANES ableisten müssen. Am 4.9.2021 wurde das Dekret Nr. 3 erlassen, welches die Selbstverteidigungspflicht auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Gleichzeitig wurden die Jahrgänge 1990 bis 1997 von der Selbstverteidigungspflicht befreit. Der Altersrahmen für den Einzug zum Wehrdienst ist nun in allen betreffenden Gebieten derselbe, während er zuvor je nach Gebiet variierte. So kam es in der Vergangenheit zu Verwirrung, wer wehrpflichtig war. Mit Stand September 2023 war das Dekret noch immer in Kraft.

Die Wehrpflicht gilt in allen Gebieten unter der Kontrolle der AANES, auch wenn es Gebiete gibt, in denen die Wehrpflicht nach Protesten zeitweise ausgesetzt wurde [Anm.: Siehe weiter unten]. Es ist unklar, ob die Wehrpflicht auch für Personen aus Afrin gilt, das sich nicht mehr unter der Kontrolle der „Selbstverwaltung“ befindet. Vom Danish Immigration Service (DIS) befragte Quellen machten hierzu unterschiedliche Angaben. Die Wehrpflicht gilt nicht für Personen, die in anderen Gebieten als den AANES wohnen oder aus diesen stammen. Sollten diese Personen jedoch seit mehr als fünf Jahren in den AANES wohnen, würde das Gesetz auch für sie gelten. Wenn jemand in seinem Ausweis als aus Hasakah stammend eingetragen ist, aber sein ganzes Leben lang z.B. in Damaskus gelebt hat, würde er von der „Selbstverwaltung“ als aus den AANES stammend betrachtet werden und er müsste die „Selbstverteidigungspflicht“ erfüllen. Alle ethnischen Gruppen und auch staatenlose Kurden (Ajanib und Maktoumin) sind zum Wehrdienst verpflichtet. Araber wurden ursprünglich nicht zur „Selbstverteidigungspflicht“ eingezogen, dies hat sich allerdings seit 2020 nach und nach geändert.

Ursprünglich betrug die Länge des Wehrdiensts sechs Monate, sie wurde aber im Jänner 2016 auf neun Monate verlängert. Artikel zwei des Gesetzes über die „Selbstverteidigungspflicht“ vom Juni 2019 sieht eine Dauer von zwölf Monaten vor. Aktuell beträgt die Dauer ein Jahr und im Allgemeinen werden die Männer nach einem Jahr aus dem Dienst entlassen. In Situationen höherer Gewalt kann die Dauer des Wehrdiensts verlängert werden, was je nach Gebiet entschieden wird. Beispielsweise wurde der Wehrdienst 2018 aufgrund der Lage in Baghouz um einen Monat verlängert. In Afrin wurde der Wehrdienst zu drei Gelegenheiten in den Jahren 2016 und 2017 um je zwei Monate ausgeweitet. Die Vertretung der „Selbstverwaltung“ gab ebenfalls an, dass der Wehrdienst in manchen Fällen um einige Monate verlängert wurde. Wehrdienstverweigerer können zudem mit der Ableistung eines zusätzlichen Wehrdienstmonats bestraft werden.

Nach dem abgeleisteten Wehrdienst gehören die Absolventen zur Reserve und können im Fall „höherer Gewalt“ einberufen werden. Diese Entscheidung trifft der Militärrat des jeweiligen Gebiets. Derartige Einberufungen waren den vom DIS befragten Quellen nicht bekannt.

- Einsatzgebiet von Wehrpflichtigen

Die Selbstverteidigungseinheiten [Hêzên Xweparastinê, HXP] sind eine von den SDF (Syrian Democratic Forces) separate Streitkraft, die vom Demokratischen Rat Syriens (Syrian Democratic Council, SDC) verwaltet wird und über eigene Militärkommandanten verfügt. Die SDF weisen den HXP allerdings Aufgaben zu und bestimmen, wo diese eingesetzt werden sollen. Die HXP gelten als Hilfseinheit der SDF. In den HXP dienen Wehrpflichtige wie auch Freiwillige, wobei die Wehrpflichtigen ein symbolisches Gehalt erhalten. Die Rekrutierung von Männern und Frauen in die SDF erfolgt dagegen freiwillig.

Die Einsätze der Rekruten im Rahmen der „Selbstverteidigungspflicht“ erfolgen normalerweise in Bereichen wie Nachschub oder Objektschutz (z.B. Bewachung von Gefängnissen wie auch jenes in al-Hasakah, wo es im Jänner 2022 zu dem Befreiungsversuch des sogenannten Islamischen Staats (IS) mit Kampfhandlungen kam). Eine Versetzung an die Front erfolgt fallweise auf eigenen Wunsch, ansonsten werden die Rekruten bei Konfliktbedarf an die Front verlegt, wie z. B. bei den Kämpfen gegen den IS 2016 und 2017 in Raqqa.

- Rekrutierungspraxis

Die Aufrufe für die „Selbstverteidigungspflicht“ erfolgen jährlich durch die Medien, wo verkündet wird, welche Altersgruppe von Männern eingezogen wird. Es gibt keine individuellen Verständigungen an die Wehrpflichtigen an ihrem Wohnsitz. Die Wehrpflichtigen erhalten dann beim „Büro für Selbstverteidigungspflicht“ ein Buch, in welchem ihr Status bezüglich Ableistung des Wehrdiensts dokumentiert wird - z. B. die erfolgte Ableistung oder Ausnahme von der Ableistung. Es ist das einzige Dokument, das im Zusammenhang mit der Selbstverteidigungspflicht ausgestellt wird. Das Wehrpflichtgesetz von 2014 wird laut verschiedenen Menschenrechtsorganisationen mit Gewalt durchgesetzt. Berichten zufolge kommt es auch zu Zwangsrekrutierungen von Jungen und Mädchen.

- Wehrdienstverweigerung und Desertion

Es kommt zu Überprüfungen von möglichen Wehrpflichtigen an Checkpoints und auch zu Ausforschungen. Die Selbstverwaltung informiert einen sich dem Wehrdienst Entziehenden zweimal bezüglich der Einberufungspflicht durch ein Schreiben an seinen Wohnsitz, und wenn er sich nicht zur Ableistung einfindet, sucht ihn die „Militärpolizei“ unter seiner Adresse. Die meisten sich der „Wehrpflicht“ entziehenden Männer werden jedoch an Checkpoints ausfindig gemacht.

Die Sanktionen für die Wehrdienstverweigerung ähneln denen im von der Regierung kontrollierten Teil. Laut verschiedener Menschenrechtsorganisationen wird das „Selbstverteidigungspflichtgesetz“ auch mit Gewalt durchgesetzt, während der DIS nur davon berichtet, dass Wehrpflichtige, welche versuchen, dem Militärdienst zu entgehen, laut Gesetz durch die Verlängerung der „Wehrpflicht“ um einen Monat bestraft würden - zwei Quellen zufolge auch in Verbindung mit vorhergehender Haft „für eine Zeitspanne“. Dabei soll es sich oft um ein bis zwei Wochen handeln, um einen Einsatzort für die Betreffenden zu finden. Ähnliches berichteten ein von ACCORD befragter Experte, demzufolge alle Wehrdienstverweigerer nach dem Gesetz der Selbstverteidigungspflicht gleich behandelt würden. Die kurdischen Sicherheitsbehörden namens Assayish würden den Wohnort der für die Wehrpflicht gesuchten Personen durchsuchen, an Checkpoints Rekrutierungslisten überprüfen und die Gesuchten verhaften. Nach dem Gesetz werde jede Person, die dem Dienst fernbleibe, verhaftet und mit einer Verlängerung des Dienstes um einen Monat bestraft. Die ÖB Damaskus erwähnt auch Haftstrafen zusätzlich zur [Anm.: nicht näher spezifizierten] Verlängerung des Wehrdiensts. Hingegen dürften die Autonomiebehörden eine Verweigerung nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen. Einem von ACCORD befragten Syrienexperten zufolge hängen die Konsequenzen für die Wehrdienstverweigerung vom Profil des Wehrpflichtigen ab sowie von der Region, aus der er stammt. In al-Hasakah beispielsweise könnten Personen im wehrpflichtigen Alter zwangsrekrutiert und zum Dienst gezwungen werden. Insbesondere bei der Handhabung des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht gegenüber Arabern in der AANES gehen die Meinungen der Experten auseinander. Grundsätzlich gilt die Pflicht für Araber gleichermaßen, aber einem Experten zufolge könne die Behandlung je nach Region und Zugriffsmöglichkeit der SDF variieren und wäre aufgrund der starken Stammespositionen oft weniger harsch als gegenüber Kurden. Ein anderer Experte wiederum berichtet von Beleidigungen und Gewalt gegenüber arabischen Wehrdienstverweigerern.

Bei Deserteuren hängen die Konsequenzen abseits von einer Zurücksendung zur Einheit und einer eventuellen Haft von ein bis zwei Monaten von den näheren Umständen und eventuellem Schaden ab. Dann könnte es zu einem Prozess vor einem Kriegsgericht kommen.

Eine Möglichkeit zur Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen besteht nicht.

- Aufschub des Wehrdienstes

Das Gesetz enthält Bestimmungen, die es Personen, die zur Ableistung der „Selbstverteidigungspflicht“ verpflichtet sind, ermöglichen, ihren Dienst aufzuschieben oder von der Pflicht zu befreien, je nach den individuellen Umständen. Manche Ausnahmen vom „Wehrdienst“ sind temporär und kostenpflichtig. Frühere Befreiungen für Mitarbeiter des Gesundheitsbereichs und von NGOs sowie von Lehrern gelten nicht mehr. Es wurden auch mehrere Fälle von willkürlichen Verhaftungen zum Zwecke der Rekrutierung dokumentiert, obwohl die Wehrpflicht aufgrund der Ausbildung aufgeschoben wurde oder einige Jugendliche aus medizinischen oder anderen Gründen vom Wehrdienst befreit wurden. Im Ausland (Ausnahme: Türkei und Irak) lebende, unter die „Selbstverteidigungspflicht“ fallende Männer können gegen eine Befreiungsgebühr für kurzfristige Besuche zurückkehren, ohne den „Wehrdienst“ antreten zu müssen, wobei zusätzliche Bedingungen eine Rolle spielen, ob dies möglich ist.

- Rekrutierung für den nationalen syrischen Wehrdienst

Die Absolvierung des „Wehrdiensts“ gemäß der Selbstverwaltung befreit nicht von der nationalen Wehrpflicht in Syrien. Männer im wehrpflichtigen Alter, die sich zwischen den Gebieten unter Kontrolle der SDF und der Regierungstruppen hin- und herbewegen, können von Rekrutierungsmaßnahmen auf beiden Seiten betroffen sein, da keine der beiden Seiten die Dokumente der anderen Seite [z. B. über einen abgeleisteten Wehrdienst, Aufschub der Wehrpflicht o.ä.] anerkennt.

Laut mehreren von ACCORD für eine Anfragebeantwortung interviewten Experten gibt es de facto keine Möglichkeit des syrischen Regimes, in den von den SDF kontrollierten Gebieten zu rekrutieren, obwohl es teilweise Patrouillen des syrischen Regimes in der AANES gibt. Lediglich in jenen Gebieten, die von den Regierungstruppen kontrolliert werden, können die Personen auch rekrutiert werden. Ebenso gibt der Syrienexperte van Wilgenburg an, dass die Kontrollpunkte der syrischen Armee nicht die Befugnis haben, Menschen in den Städten zu kontrollieren, sondern der Abschreckung der Türkei dienen. Dem widerspricht SNHR, das ebenfalls von ACCORD befragt wurde mit der Angabe, dass das syrische Regime an Checkpoints und Kontrollpunkten sehr wohl auf vom Regime gesuchte Wehrpflichtige zugreifen könnte und würde und diese in die von der Regierung kontrollierten Gebiete eskortieren würde.

1.2.3. Die bP hat den Militärdienst für die Kurden in der Vergangenheit nicht abgeleistet. Die 29jährige bP, geboren 1995 ist aufgrund ihres Alters, auch nicht verpflichtet die „Selbstverteidigungspflicht“ in der „Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ abzuleisten. Die Jahrgänge 1990 bis 1997 sind von der Selbstverteidigungspflicht befreit. Die „Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ ist ein de facto autonomes Gebiet im Nordosten von Syrien. Nach der bP wurde von den Kurden, kurdischen Kräften oder den kurdischen Autonomiebehörden im Hinblick auf die „Selbstverteidigungspflicht“ nicht gesucht, sie ist nie einer Razzia oder Kontrolle ausgesetzt gewesen. Wehrdienstverweigerern wird seitens der kurdischen Milizen grundsätzlich keine oppositionelle Gesinnung unterstellt. Auch hat die bP kein sonstiges Verhalten gesetzt, aufgrund dessen die kurdischen Autonomiebehörden sie einer gegnerischen politischen Haltung bezichtigen würden. Im Falle der Rückkehr nach Syrien in die Herkunftsregion, ist die bP nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr der Verfolgung durch die Kurden oder kurdische Kräfte ausgesetzt.

1.2.4. Die bP hatte und hat in ihrer Herkunftsregion aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Religionszugehörigkeit keine Probleme. Die bP war und ist keiner konkreten Verfolgung oder Bedrohung in ihrer Herkunftsregion aus anderen in der Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Gründen ausgesetzt und hat sie eine solche im Falle der Rückkehr auch nicht zu befürchten.

1.2.5. Die bP ist in der syrischen Armee aufgrund ihres Alters wehrdienstpflichtig. Die bP hat den Militärdienst beim syrischen Regime nicht abgeleistet. Die bP möchte den Militärdienst beim syrischen Regime auch künftig nicht ableisten. Im Falle der Rückkehr nach Syrien in die Herkunftsregion ist die bP nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr der Verfolgung durch das syrische Regime ausgesetzt. Die Herkunftsregion der bP steht nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sondern unter der Kontrolle der Kurden. Die bP kann sich in der Herkunftsregion – wie auch in der Vergangenheit – frei bewegen. Die bP muss die Sicherheitsquadrate des Regimes nicht betreten oder durchqueren. Auch der Stadtteil XXXX liegt nicht in einem Sicherheitsquadrat des Regimes. Die Herkunftsregion der bP steht unter der Kontrolle der Kurden und ist eine Rekrutierung oder Verfolgung bzw. Einziehung zum Militärdienst durch das syrische Regime unwahrscheinlich. Es gibt de facto keine Möglichkeit des syrischen Regimes, in den von den SDF kontrollierten Gebieten zu rekrutieren, obwohl es teilweise Patrouillen des syrischen Regimes in der AANES gibt. 1.2.5. Die bP ist in der syrischen Armee aufgrund ihres Alters wehrdienstpflichtig. Die bP hat den Militärdienst beim syrischen Regime nicht abgeleistet. Die bP möchte den Militärdienst beim syrischen Regime auch künftig nicht ableisten. Im Falle der Rückkehr nach Syrien in die Herkunftsregion ist die bP nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr der Verfolgung durch das syrische Regime ausgesetzt. Die Herkunftsregion der bP steht nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sondern unter der Kontrolle der Kurden. Die bP kann sich in der Herkunftsregion – wie auch in der Vergangenheit – frei bewegen. Die bP muss die Sicherheitsquadrate des Regimes nicht betreten oder durchqueren. Auch der Stadtteil römisch 40 liegt nicht in einem Sicherheitsquadrat des Regimes. Die Herkunftsregion der bP steht unter der Kontrolle der Kurden und ist eine Rekrutierung oder Verfolgung bzw. Einziehung zum Militärdienst durch das syrische Regime unwahrscheinlich. Es gibt de facto keine Möglichkeit des syrischen Regimes, in den von den SDF kontrollierten Gebieten zu rekrutieren, obwohl es teilweise Patrouillen des syrischen Regimes in der AANES gibt.

Die Familienangehörigen der bP und der Ehefrau der bP leben nach wie vor in der Herkunftsregion.

Die Herkunftsregion der bP ist zudem ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar. Die Einreise in die Gebiete unter der Kontrolle der SDF/YPG in Nordost Syrien ist so für die bP beispielsweise über den Grenzübergang Semalka – Faysh Khabur, ohne Kontakt zum syrischen Regime zu haben, möglich. Aufgrund der Kontrolle der Kurden über das Gebiet vom Grenzübergang Semalka – Faysh Khabur bis zur Herkunftsregion der bP, ist auch eine Weiterreise in seine Herkunftsregion ohne Kontakt zum syrischen Regime möglich (vgl. Punkt 1., 1.3.).Die Herkunftsregion der bP ist zudem ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar. Die Einreise in die Gebiete unter der Kontrolle der SDF/YPG in Nordost Syrien ist so für die bP beispielsweise über den Grenzübergang Semalka – Faysh Khabur, ohne Kontakt zum syrischen Regime zu haben, möglich. Aufgrund der Kontrolle der Kurden über das Gebiet vom Grenzübergang Semalka – Faysh Khabur bis zur Herkunftsregion der bP, ist auch eine Weiterreise in seine Herkunftsregion ohne Kontakt zum syrischen Regime möglich vergleiche Punkt 1., 1.3.).

1.2.6. Eine Verfolgung aufgrund der Ausreise der bP oder von Familienangehörigen aus Syrien oder der Asylantragstellung im Ausland bzw. einer ihr hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung ist unwahrscheinlich. Nicht allen Rückkehrenden, die unrechtmäßig ausgereist sind oder die im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.

1.2.7. Die bP ist in Syrien nie Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen und hat keine Strafrechtsdelikte begangen. Sie war auch kein Mitglied von politischen Parteien und war auch sonst auf keine Art und Weise politisch aktiv. Die bP genießt nicht den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen. Die bP hat zum Entscheidungszeitpunkt keinen Aufenthaltstitel und kein Aufenthaltsrecht in einem anderen Staat oder Land. Die bP hat kein Verbrechen gegen den Frieden, kein Kriegsverbrechen und kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Die bP hat kein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb von Österreich begangen und sich keine Handlungen zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen. Die bP ist in Österreich unbescholten und wurde weder von einem inländischen, noch einem ausländischen Gericht verurteilt.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

In das Verfahren eingebracht wurden die in der OZ 8 (Beilage ./II bis ./XV) genannten Berichte über die Lage im Herkunftsstaat samt den darin genannten Quellen, sowie die aktuellen UNHCR Richtlinien sowie die aktuellen EUAA Country Guidance und EUAA Reports.

1.3.1. Auszug aus den aktuellen Länderinformationen der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024, Version 11 (Beilage ./II):

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023).

Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

Syrische Arabische Republik

Letzte Änderung 2024-03-08 11:06

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba’ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba’ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienstund Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren ’zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel’. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).

Institutionen und Wahlen

Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba’ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba’ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).

Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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