TE Bvwg Erkenntnis 2024/7/25 W601 2275145-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.07.2024
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Entscheidungsdatum

25.07.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W601 2275145-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richter Mag. Nadine FRANK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , Staatsangehöriger von Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richter Mag. Nadine FRANK als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 alias römisch 40 , Staatsangehöriger von Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2023, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 26.08.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 30.08.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er Syrien wegen des Krieges verlassen habe und nun nicht mehr zurückkehren könne, da er sonst zum Militär oder mit den kurdischen Milizen kämpfen müsse, was er nicht wolle. Im Falle der Rückkehr habe er Angst um sein Leben und das seiner Familie.

3. Am 30.03.2023 fand die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt) statt. Der Beschwerdeführer gab zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, dass er 2014 mit seiner Familie aus Syrien ausgereist sei, da der IS seinen Herkunftsort angegriffen und zerstört habe und diese gegen die Kurden gewesen seien. Er wolle in Frieden mit seiner Familie leben und habe in Syrien darunter gelitten einer Minderheit anzugehören. Er wolle dies nicht für seine Kinder, sondern diese sollen in Österreich aufwachsen, wo sie eine gute Bildung und Chancen haben. Im Falle der Rückkehr würde ihn das syrische Regime sowie die Kurden festnehmen und rekrutieren.

4. Mit gegenständlichem Bescheid vom 24.05.2023 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.).4. Mit gegenständlichem Bescheid vom 24.05.2023 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer Rekrutierung zum staatlichen Wehrdienst betroffen sei, da der Herkunftsort unter der Kontrolle der Kurden stehe. Zudem stünde es dem Beschwerdeführer offen sich durch die Zahlung einer Gebühr vom staatlichen Wehrdienst zu befreien. Auch sei eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund seiner kurdischen Abstammung nicht hervorgekommen. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der GFK sei nicht glaubhaft gemacht worden.

5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Im Wesentlichen wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Alters von einer Einberufung zum „Reservedienst“ betroffen sei und er in der Einvernahme ausgesagt habe, dass er aus Gewissensgründen nicht im Bürgerkrieg kämpfen möchte. Dasselbe gelte auch für die drohende Einziehung durch kurdische Einheiten. Ein Freikauf biete angesichts der herrschenden Willkür in Syrien keinerlei Schutz vor einer Einberufung. Zudem sei das syrische Regime in der Heimatregion des Beschwerdeführers präsent und im Stande dort Rekrutierungen durchzuführen. Weiters sei eine Rückkehr an den Herkunftsort des Beschwerdeführers ohne Kontakt mit den syrischen Behörden nicht möglich. Auch aufgrund der illegalen Ausreise und des in Österreich gestellten Asylantrages, sowie seiner Herkunft aus einer Rebellenhochburg, sei er einer Verfolgung durch das syrische Regime wegen einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung ausgesetzt. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer auch gefährdet durch kurdische Milizen zu der sogenannten Selbstverteidigungspflicht einberufen zu werden, was der Beschwerde-führer ebenfalls verweigern würde, weshalb ihm durch die kurdischen Milizen eine Verfolgung wegen einer, ihm unterstellten, regimefreundlichen Haltung drohe. 5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Im Wesentlichen wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Alters von einer Einberufung zum „Reservedienst“ betroffen sei und er in der Einvernahme ausgesagt habe, dass er aus Gewissensgründen nicht im Bürgerkrieg kämpfen möchte. Dasselbe gelte auch für die drohende Einziehung durch kurdische Einheiten. Ein Freikauf biete angesichts der herrschenden Willkür in Syrien keinerlei Schutz vor einer Einberufung. Zudem sei das syrische Regime in der Heimatregion des Beschwerdeführers präsent und im Stande dort Rekrutierungen durchzuführen. Weiters sei eine Rückkehr an den Herkunftsort des Beschwerdeführers ohne Kontakt mit den syrischen Behörden nicht möglich. Auch aufgrund der illegalen Ausreise und des in Österreich gestellten Asylantrages, sowie seiner Herkunft aus einer Rebellenhochburg, sei er einer Verfolgung durch das syrische Regime wegen einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung ausgesetzt. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer auch gefährdet durch kurdische Milizen zu der sogenannten Selbstverteidigungspflicht einberufen zu werden, was der Beschwerde-führer ebenfalls verweigern würde, weshalb ihm durch die kurdischen Milizen eine Verfolgung wegen einer, ihm unterstellten, regimefreundlichen Haltung drohe.

6. Am 03.05.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er beherrscht die Sprache Arabisch in Wort und Schrift sowie Kurdisch lediglich in Wort.

1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX , im Gouvernement Aleppo, geboren und ist dort aufgewachsen. Er besuchte in seinem Herkunftsort die erste bis fünfte Schulstufe und absolvierte die sechste bis neunte Schulstufe in der Stadt XXXX , wohnte jedoch weiterhin im Dorf XXXX . Der Beschwerdeführer war während seinen Aufenthalts in Syrien nicht berufstätig. Im Jahr 2014 reiste der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Familie (Eltern und Geschwister) in die Türkei. 1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde im Dorf römisch 40 , im Gouvernement Aleppo, geboren und ist dort aufgewachsen. Er besuchte in seinem Herkunftsort die erste bis fünfte Schulstufe und absolvierte die sechste bis neunte Schulstufe in der Stadt römisch 40 , wohnte jedoch weiterhin im Dorf römisch 40 . Der Beschwerdeführer war während seinen Aufenthalts in Syrien nicht berufstätig. Im Jahr 2014 reiste der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Familie (Eltern und Geschwister) in die Türkei.

1.1.3. Der Beschwerdeführer hat am XXXX 2018 in der Türkei geheiratet und er hat zwei Kinder. Die Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers sowie die Eltern, ein Bruder und zwei Schwestern des Beschwerdeführers leben in der Türkei. Zwei Brüder des Beschwerdeführers sind in Deutschland aufhältig. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner Familie. 1.1.3. Der Beschwerdeführer hat am römisch 40 2018 in der Türkei geheiratet und er hat zwei Kinder. Die Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers sowie die Eltern, ein Bruder und zwei Schwestern des Beschwerdeführers leben in der Türkei. Zwei Brüder des Beschwerdeführers sind in Deutschland aufhältig. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner Familie.

1.1.4. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers, das Dorf XXXX , sowie die unmittelbare Umgebung wird von den kurdisch dominierten syrischen demokratischen Kräfte (SDF) und ihren Verbündeten (in Folge: Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien - Autonomous Administration of North and East Syria – AANES oder kurdische Kräfte) kontrolliert. Das syrische Regime hat dort eine symbolische militärische Präsenz.1.1.4. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers, das Dorf römisch 40 , sowie die unmittelbare Umgebung wird von den kurdisch dominierten syrischen demokratischen Kräfte (SDF) und ihren Verbündeten (in Folge: Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien - Autonomous Administration of North and East Syria – AANES oder kurdische Kräfte) kontrolliert. Das syrische Regime hat dort eine symbolische militärische Präsenz.

Dem Beschwerdeführer ist die Einreise nach Syrien ohne Kontakt zum syrischen Regime und der Syrischen Nationalen Armee (in Folge SNA; vormals Freie syrische Armee [in Folge: FSA]) über den nicht von diesen gehaltenen offenen irakisch-syrischen Grenzübergang Semalka-Fishkahabour sowie die Weitereise an seinen Herkunftsort ohne ein von der SNA sowie vom Regime kontrolliertes Gebiet („Sicherheitsquadrate“) durchqueren zu müssen, möglich.

1.1.5. Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen. Er ist strafgerichtlich unbescholten. Ihm kommt in Österreich der Aufenthaltsstatus eines subsidiär Schutzberechtigten zu.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1. Der nunmehr XXXX -jährige Beschwerdeführer befindet sich im wehrpflichtigen Alter betreffend den gesetzlich vorgesehenen Militärdienst beim syrischen Regime. Er hat seinen Wehrdienst für die syrische Armee bislang nicht abgeleistet. Er hat weder ein Militärbuch noch einen Einberufungsbefehl erhalten. Ein Ausnahmegrund für die Ableistung des Militärdienstes liegt betreffend den Beschwerdeführer nicht vor. Der Beschwerdeführer ist zwar grundsätzlich verpflichtet den Wehrdienst bei der syrischen Armee abzuleisten, jedoch befindet sich sein Herkunftsort im Gebiet der AANES unter Kontrolle kurdischer Kräfte. Das syrische Regime verfügt in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers zwar über eine militärische Präsenz, es ist dort jedoch nicht in der Lage, Rekrutierungen zum Wehrdienst oder Verhaftungen durchzuführen. Der Beschwerdeführer läuft bei einer Rückkehr in seine Herkunftsregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr, zum Wehrdienst in der syrischen Armee einberufen oder aufgrund einer etwaigen Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee relevanten Repressalien ausgesetzt zu sein.1.2.1. Der nunmehr römisch 40 -jährige Beschwerdeführer befindet sich im wehrpflichtigen Alter betreffend den gesetzlich vorgesehenen Militärdienst beim syrischen Regime. Er hat seinen Wehrdienst für die syrische Armee bislang nicht abgeleistet. Er hat weder ein Militärbuch noch einen Einberufungsbefehl erhalten. Ein Ausnahmegrund für die Ableistung des Militärdienstes liegt betreffend den Beschwerdeführer nicht vor. Der Beschwerdeführer ist zwar grundsätzlich verpflichtet den Wehrdienst bei der syrischen Armee abzuleisten, jedoch befindet sich sein Herkunftsort im Gebiet der AANES unter Kontrolle kurdischer Kräfte. Das syrische Regime verfügt in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers zwar über eine militärische Präsenz, es ist dort jedoch nicht in der Lage, Rekrutierungen zum Wehrdienst oder Verhaftungen durchzuführen. Der Beschwerdeführer läuft bei einer Rückkehr in seine Herkunftsregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr, zum Wehrdienst in der syrischen Armee einberufen oder aufgrund einer etwaigen Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee relevanten Repressalien ausgesetzt zu sein.

Darüber hinaus ist eine Weigerung des Beschwerdeführers, den Wehrdienst des syrischen Regimes abzuleisten, auch nicht Ausdruck einer politischen oder oppositionellen Gesinnung. Der Beschwerdeführer ist in der Vergangenheit nicht in das Blickfeld des syrischen Regimes geraten und hat auch kein Verhalten gesetzt, aufgrund dessen ihm seitens des syrischen Regimes mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird. Insbesondere weist der Beschwerdeführer keine glaubhaft verinnerlichte politische Überzeugung gegen das syrische Regime oder gegen den Dienst an der Waffe an sich, auf.

1.2.2. Der Beschwerdeführer hat den Militärdienst für die kurdischen Streitkräfte der AANES (in Folge: Selbstverteidigungsdienst) nicht abgeleistet. Befreiungsgründe für die Ableistung des Selbstverteidigungsdienstes liegen nicht vor. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich verpflichtet den Selbstverteidigungsdienst abzuleisten. Dem Beschwerdeführer drohen bei einer Weigerung dieser Pflicht nachzukommen, keine unverhältnismäßigen Sanktionen. Zudem ist er mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch nicht einer Verlegung an die Front ausgesetzt, zur Beteiligung an Kampfhandlungen und/oder der Begehung von Menschenrechtsverletzungen verpflichtet.

Die kurdischen Autonomiebehörden sehen eine Verweigerung des als „Selbstverteidigungspflicht“ bezeichneten Militärdienstes auch nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung an. Der Beschwerdeführer weist keine verinnerlichte politische Überzeugung gegen die kurdischen Kräfte oder gegen den Dienst an der Waffe an sich, auf. Insbesondere ist eine Weigerung des Beschwerdeführers, den Selbstverteidigungs-dienst der kurdischen Kräfte abzuleisten, nicht Ausdruck einer politischen oder oppositionellen Gesinnung. Zudem ist er in der Vergangenheit nicht in das Blickfeld der kurdischen Autonomiebehörden geraten und hat auch kein Verhalten gesetzt, aufgrund dessen ihm seitens der kurdischen Autonomiebehörden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird.

1.2.3. Der Beschwerdeführer war in Syrien nicht politisch aktiv und ist auch in Österreich nicht politisch tätig. Er hat sich nicht öffentlich gegen das syrische Regime und/oder die kurdischen Kräfte ausgesprochen und ist nicht ins Blickfeld des syrischen Regimes und/oder kurdischer Kräfte geraten. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien nicht wegen seiner Ausreise aus Syrien, seiner Asylantragstellung in Österreich oder der Abstammung aus einem als oppositionell angesehenen Gebiet Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung oder kurdische Kräfte.

1.2.4. Dem Beschwerdeführer droht im Fall seiner Rückkehr keine Verfolgung durch die Freie syrische Armee (in Folge: FSA) oder durch den Islamischen Staat (in Folge: IS).

1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Die aktuellen UNHCR Richtlinien sowie die aktuellen EUAA Country Guidance und EUAA Reports werden der Entscheidung zu Grunde gelegt. Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren weiters auf nachstehenden Quellen:

-        Länderinformationsbericht der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11 vom 27.03.2024 (LIB; Beilage ./1)

-        UNHCR: Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, März 2021 (UNHCR; Beilage ./2)

-        EUAA: Country Guidance Syria, Februar 2023 (EUAA Februar; Beilage ./3)

-        Themenbericht der Staatendokumentation zu Syrien – Grenzübergänge, Version 1 vom 25.10.2023 (TB; Beilage ./4)

-        Bericht des UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA), “HUMANITARIAN UPDATE” Issue 13 / June 2023 (OCHA; Beilage ./5) -        Bericht des UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA), “HUMANITARIAN UPDATE” Issue 13 / June 2023 (OCHA; Beilage ./5)

-        ACCORD Themendossier „Wehrdienst in Syrien“ vom 14.03.2024 (TD Wehrdienst; Beilage ./6)

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 14.10.2022 zu SYRIEN: Fragen des BVwG zur Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung (AB Wehrpflicht außerhalb Regierungskontrolle; Beilage ./7) -        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 14.10.2022 zu SYRIEN: Fragen des BVwG zur Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung Ausschussbericht Wehrpflicht außerhalb Regierungskontrolle; Beilage ./7)

-        Bericht des Danish Immigration Service (DIS): Syria Military recruitment in Hasakah Governorate (June 2022) (DIS Juni 2022; Beilage ./8)

-        ACCORD Anfragebeantwortung vom 24.08.2023 zu SYRIEN: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker·innen ermöglichen (AB Präsenz Regierung; Beilage ./9) -        ACCORD Anfragebeantwortung vom 24.08.2023 zu SYRIEN: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker·innen ermöglichen Ausschussbericht Präsenz Regierung; Beilage ./9)

-        ACCORD Anfragebeantwortung vom 06.09.2023 zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front (AB Selbstverteidigungspflicht; Beilage ./10)-        ACCORD Anfragebeantwortung vom 06.09.2023 zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front Ausschussbericht Selbstverteidigungspflicht; Beilage ./10)

-        ACCORD Anfragebeantwortung vom 27.01.2023 zu SYRIEN: Reisepässe der syrischen Regierung für Männer im wehrdienstfähigen Alter; mögliches Sicherheitsrisiko für diese Personengruppen, im Ausland (insbesondere in der Türkei) einen Reisepass zu beantragen (AB syrischer Reisepass; Beilage ./11) -        ACCORD Anfragebeantwortung vom 27.01.2023 zu SYRIEN: Reisepässe der syrischen Regierung für Männer im wehrdienstfähigen Alter; mögliches Sicherheitsrisiko für diese Personengruppen, im Ausland (insbesondere in der Türkei) einen Reisepass zu beantragen Ausschussbericht syrischer Reisepass; Beilage ./11)

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.12.2022 zu SYRIEN: Reisedokumente für syrische Staatsangehörige (AB Reisedokumente; Beilage ./12) -        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.12.2022 zu SYRIEN: Reisedokumente für syrische Staatsangehörige Ausschussbericht Reisedokumente; Beilage ./12)

-        EUAA: Country Guidance Syria, April 2024 (EUAA; Beilage ./13)

1.3.1. Politische Lage

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten. Obwohl das Regime oft als alawitisch und als Beschützer anderer religiöser Minderheiten bezeichnet wird, stellt die Regierung kein wirkliches Instrument für die politischen Interessen der Minderheiten dar. In der Praxis hängt der politische Zugang von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten ab (LIB, S. 6 f).Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten. Obwohl das Regime oft als alawitisch und als Beschützer anderer religiöser Minderheiten bezeichnet wird, stellt die Regierung kein wirkliches Instrument für die politischen Interessen der Minderheiten dar. In der Praxis hängt der politische Zugang von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten ab (LIB, Sitzung 6 f).

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (LIB, S. 3).Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (LIB, Sitzung 3).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen. Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (LIB, S. 3 f).Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen. Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (LIB, Sitzung 3 f).

In den nicht unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB, S. 4).In den nicht unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB, Sitzung 4).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht. Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (LIB, S. 4 f).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht. Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (LIB, Sitzung 4 f).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (LIB, S. 5).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (LIB, Sitzung 5).

Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (LIB, S. 12).2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (LIB, Sitzung 12).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF). Die von den USA unterstützten SDF sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen, in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist. Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben. Im März 2018 übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe. Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (LIB, S. 12 f).Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF). Die von den USA unterstützten SDF sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen, in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist. Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben. Im März 2018 übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe. Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (LIB, Sitzung 12 f).

Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben. Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an. Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen. Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren. Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung. Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen. Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet. Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (LIB, S. 13).Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben. Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an. Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen. Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren. Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung. Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen. Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet. Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (LIB, Sitzung 13).

Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden. Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht. Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten, und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen. Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen. Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen keine genauen Zahlen vor (LIB, S. 13 f).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden. Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht. Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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