Entscheidungsdatum
25.07.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W257 2288323-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Spruchpunkt I., vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.07.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 alias römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Spruchpunkt römisch eins., vom römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.07.2024, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der heute 62-jährige Beschwerdeführer (nunmehr „BF“) stellte am 14.10.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Noch am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Er führte aus, dass er syrischer Staatsangehöriger sei und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam angehöre. Seine Muttersprache sei Arabisch und er gehöre der arabischen Volksgruppe an. Er stamme aus der Stadt XXXX , wo er sechs Jahre in die Grundschule gegangen und Berufserfahrung als Fliesenleger gesammelt habe. Er sei verheiratet und habe drei Söhne und zwei Töchter. Seine Mutter, seine vier Brüder und seine drei Schwestern würden in Syrien leben. In der Türkei würden seine Ehefrau und seine Kinder leben. Syrien habe er im Ende 2020 von seinem Wohnort aus in die Türkei verlassen. Vor seiner Asylantragstellung in Österreich habe er fast zwei Jahre lang in der Türkei gelebt. Über Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn sei er nach Österreich, das sein Zielland gewesen sei, gekommen.1. Der heute 62-jährige Beschwerdeführer (nunmehr „BF“) stellte am 14.10.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Noch am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Er führte aus, dass er syrischer Staatsangehöriger sei und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam angehöre. Seine Muttersprache sei Arabisch und er gehöre der arabischen Volksgruppe an. Er stamme aus der Stadt römisch 40 , wo er sechs Jahre in die Grundschule gegangen und Berufserfahrung als Fliesenleger gesammelt habe. Er sei verheiratet und habe drei Söhne und zwei Töchter. Seine Mutter, seine vier Brüder und seine drei Schwestern würden in Syrien leben. In der Türkei würden seine Ehefrau und seine Kinder leben. Syrien habe er im Ende 2020 von seinem Wohnort aus in die Türkei verlassen. Vor seiner Asylantragstellung in Österreich habe er fast zwei Jahre lang in der Türkei gelebt. Über Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn sei er nach Österreich, das sein Zielland gewesen sei, gekommen.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass in Syrien Krieg herrsche und es weder Sicherheit noch Arbeit gebe. Die wären all seine Fluchtgründe. Im Falle einer Rückkehr fürchte er den Tod und die Armut.
2. Am 28.12.2023 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nunmehr „BFA“) im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er nach eingehender Belehrung, dass er die Dolmetscherin gut verstehe. Der BF legte seinen syrischen Personalausweis, eine Ehebestätigung, einen Familienauszug und Arztdokumente vor. Er gab an, gesund zu sein, jedoch habe er Krebs und sei wegen der Gallenblase und der Bauchspeicheldrüse in ärztlicher Behandlung. Er sei sunnitischer Araber und aus XXXX , in der Region im Norden der Stadt XXXX , geboren zu sein. Dort habe er bis vor eineinhalb Jahren (glaublich 2021) gelebt. Er sei Araber und sunnitischer Moslem. Er sei politisch nicht aktiv gewesen und habe Syrien schon einmal verlassen, weil er in XXXX gearbeitet habe. Er habe Syrien nun illegal, weil einer seiner Söhne desertiert, der andere vom Wehrdienst säumig sei. Die Regierung habe immer wieder nach diesen gesucht und den BF auf Polizeistation mitgenommen. Dies habe er nicht mehr ertragen können, weshalb er geflohen sei. Er sei gefragt worden, wo seine Kinder wären. An ihm hätten die Polizisten weiniger Interesse gehabt. Er habe keine Strafe erhalten, jedoch habe man ihn beschimpft und geschlagen. Er sei über zwei Monate lang vier Mal mitgenommen worden. Nach seiner Flucht hätten bewaffnete und vermummte Personen das Haus der Familie durchsucht und Wertgegenstände gestohlen sowie den Kindern die Finger gebrochen.2. Am 28.12.2023 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nunmehr „BFA“) im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er nach eingehender Belehrung, dass er die Dolmetscherin gut verstehe. Der BF legte seinen syrischen Personalausweis, eine Ehebestätigung, einen Familienauszug und Arztdokumente vor. Er gab an, gesund zu sein, jedoch habe er Krebs und sei wegen der Gallenblase und der Bauchspeicheldrüse in ärztlicher Behandlung. Er sei sunnitischer Araber und aus römisch 40 , in der Region im Norden der Stadt römisch 40 , geboren zu sein. Dort habe er bis vor eineinhalb Jahren (glaublich 2021) gelebt. Er sei Araber und sunnitischer Moslem. Er sei politisch nicht aktiv gewesen und habe Syrien schon einmal verlassen, weil er in römisch 40 gearbeitet habe. Er habe Syrien nun illegal, weil einer seiner Söhne desertiert, der andere vom Wehrdienst säumig sei. Die Regierung habe immer wieder nach diesen gesucht und den BF auf Polizeistation mitgenommen. Dies habe er nicht mehr ertragen können, weshalb er geflohen sei. Er sei gefragt worden, wo seine Kinder wären. An ihm hätten die Polizisten weiniger Interesse gehabt. Er habe keine Strafe erhalten, jedoch habe man ihn beschimpft und geschlagen. Er sei über zwei Monate lang vier Mal mitgenommen worden. Nach seiner Flucht hätten bewaffnete und vermummte Personen das Haus der Familie durchsucht und Wertgegenstände gestohlen sowie den Kindern die Finger gebrochen.
Er habe den Militärdienst vor langer Zeit abgeleistet und keinen Einberufungsbefehl als Reservist erhalten. Er habe auch nicht Kampfhandlungen und auch nicht an Kriegsverbrechen teilgenommen. Seine Heimatregion stehe nach wie vor unter der Kontrolle der Regierung. Auf Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung nicht erwähnt habe, dass seine Kinder gesucht werden würden, vermeinte der BF, dass er dort nur kurz die ihm gestellten Fragen beantwortet hätte. Ein Sohn sei noch nicht im wehrpflichtigen Alter. Die beiden wehrpflichtigen Söhne wären entweder in XXXX oder in der Türkei. Seine Verwandten hätten mittlerweile Syrien verlassen. Nur mehr seine 90-jährige Mutter lebe dort. In Österreich habe er Cousins.Er habe den Militärdienst vor langer Zeit abgeleistet und keinen Einberufungsbefehl als Reservist erhalten. Er habe auch nicht Kampfhandlungen und auch nicht an Kriegsverbrechen teilgenommen. Seine Heimatregion stehe nach wie vor unter der Kontrolle der Regierung. Auf Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung nicht erwähnt habe, dass seine Kinder gesucht werden würden, vermeinte der BF, dass er dort nur kurz die ihm gestellten Fragen beantwortet hätte. Ein Sohn sei noch nicht im wehrpflichtigen Alter. Die beiden wehrpflichtigen Söhne wären entweder in römisch 40 oder in der Türkei. Seine Verwandten hätten mittlerweile Syrien verlassen. Nur mehr seine 90-jährige Mutter lebe dort. In Österreich habe er Cousins.
Nach Vorhalt und Erörterung der Länderfeststellungen gab der BF an, dass die Lage in Syrien momentan sehr schwer sei und eine Rückkehr seinem Untergang gleichkomme. Er habe seinen Wehrdienst abgeleistet. Sein Sohn sei vor fünf Jahren desertiert, der andere noch vor der Einberufung weggegangen. Diese wären schon früher wehrpflichtig gewesen, jedoch sei das Dorf damals noch nicht von der syrischen Regierung kontrolliert worden.
Er wolle in Österreich bleiben und lebe von staatlicher Unterstützung, weil er hier keine Verwandte habe. Er sei krank und ihm solle wegen seiner Familie doch geholfen werden. Danach erfolgte die wortwörtliche Rückübersetzung und der BF bestätigte, dass alles richtig aufgenommen worden wäre. Er wurde auch über den weiteren Verlauf des Verfahrens aufgeklärt. Er habe nichts mehr hinzuzufügen und die Dolmetscherin einwandfrei verstanden. Danach bestätigte er mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift.
3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2024, zugestellt am 19.02.2024, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2024, zugestellt am 19.02.2024, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.), gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Syrien und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der BF zwar glaubhafte Angaben zu seiner Person zu seiner Herkunft sowie zu seinem Gesundheitszustand habe machen können und dessen Identität festgestellt habe werden können, er aber nicht glaubhaft habe machen können, dass er sein Heimatland aus asylrechtlich relevanten Gründen verlassen habe. Der BF habe sich zuerst darauf berufen, dass er Syrien wegen des Krieges und der Armut verlassen habe und führte vor dem BFA an, dass er vor seiner Ausreise zwei Monate lang insgesamt viermal wegen der Wehrdienstverweigerung seiner Söhne auf die Polizeistation mitgenommen worden wäre und es nach seiner Ausreise zu Misshandlungen der Kinder durch Unbekannte gekommen sei. Der Überfall samt den Misshandlungen sei nicht nachvollziehbar gewesen, selbst, wenn man den BF auf die Polizeistation mitgenommen hätte. Die Schilderungen hierüber wären oberflächlich und vage gewesen. Es sei auch nicht plausibel gewesen, dass man den BF er jetzt belangen wolle, obgleich der Sohn schon vor über fünf Jahren desertiert wäre und die Herkunftsregion des BF seither unter der Kontrolle der Regierung stehe. Ebenso sei nicht hervorgekommen, dass der BF an Demonstrationen teilgenommen oder politisch aktiv gewesen wäre. Er sei auch nicht mehr im wehrdienstfähigen Alter und eine Einberufung zum Reservedienst sei auch sehr unwahrscheinlich.
Sonstige Fluchtgründe habe der BF nicht vorgebracht bzw. wären dem Vorbringen nicht zu entnehmen gewesen. Eine asylrechtlich relevante Verfolgung habe der BF nicht glaubhaft darlegen können.
Der BF habe Syrien aufgrund des Krieges und der schlechten Sicherheitslage verlassen. Es sei jedoch nicht hervorgekommen, dass der BF einer Verfolgungsgefahr aus Gründen der GFK ausgesetzt gewesen sei und eine solche auch zukünftig zu erwarten wäre. Der BF habe keine individuelle Verfolgungshandlung glaubhaft machen können.
Aufgrund der vorherrschenden Sicherheitslage in seinem Herkunftsstaat sei dem BF, unter der Berücksichtigung der EMRK, subsidiärer Schutz in Österreich und somit ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht von einem Jahr zu gewähren gewesen.
4. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG wurde dem BF am 09.02.2024 die BBU GmbH als Rechtsberatung für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.4. Mit Verfahrensanordnung gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG wurde dem BF am 09.02.2024 die BBU GmbH als Rechtsberatung für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
5. Gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides wurde, durch die nunmehrige Rechtsvertretung, die BBU GmbH, fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 12.03.2024 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. Als Beschwerdegründe wurden die inhaltliche Rechtswidrigkeit und die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des oben genannten Bescheides wurde, durch die nunmehrige Rechtsvertretung, die BBU GmbH, fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 12.03.2024 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. Als Beschwerdegründe wurden die inhaltliche Rechtswidrigkeit und die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren getätigt, denn der BF stamme aus einem von der syrischen Armee kontrollierten Gebiet und sei der Reflexverfolgung ausgesetzt, weil seine Söhne den Wehrdienst bei der syrischen Armee noch nicht abgeleistet hätten. Dadurch würde man auch ihm eine politische Gesinnung unterstellen. Den Länderberichten zu Syrien wäre zu entnehmen gewesen, dass eindeutig über ein erhöhtes Maß an Willkür in Zusammenhang mit dem Wehrdienst und Wehrdienstentziehern (hierbei auch gegen Familienmitglieder von Wehrdienstverweigerern) berichtet werde. Eine Wehrdienstverweigerung in der Familie führe zu einer Reflexverfolgung, weil den Angehörigen eine politische Gesinnung unterstellt werden würde. Dies führe bei der Wiedereinreise nach Syrien zur Ergreifung und Inhaftierung des BF, obgleich bei der Haft in Syrien Folter und Tod nicht ausgeschlossen werden könnten. Nach UNHCR-Erwägungen wären Wehrdienstverweigerer und oppositionell eingestellte Personen jedenfalls unter ein Risikoprofil zu stellen, das zur erhöhten Gefahr einer Verfolgung führe. Die Schwelle als oppositionell betrachtet zu werden sei gering und im Falle einer Verhaftung würden Folter und unmenschliche Verhaftung drohen.
Die belangte Behörde habe verkannt, dass der BF sich glaubhaft und im gesamten Verfahren darauf berufen habe, von der syrischen Regierung verhaftet zu werden, weil ihm eine politische Gesinnung unterstellt werden würde, zumal seine Söhne den Militärdienst verweigert hätten. Das BFA habe es im konkreten Fall unterlassen habe, dieses Vorbringen anhand der Länderfeststellungen und der höchstgerichtlichen Judikatur zu würdigen. Ebenso wäre auch nicht betreffend eine Verfolgung aufgrund der Asylantragstellung im Ausland im Falle der Rückkehr abgesprochen worden und nicht darauf eingegangen worden wäre, ob der BF seinen Heimatort in Syrien gefahrlos erreichen könnte.
So sei in der Beweiswürdigung auch nicht nachvollziehbar dargelegt worden, warum die Angaben des BF nicht glaubhaft gewesen wären, zumal diese mit den Länderberichten vereinbar gewesen wären und der BF auch einigen Risikogruppen nach UNHCR angehören würde.
Der BF habe sich nachvollziehbar darauf berufen, dass er aus Angst vor einer Inhaftierung wegen einer zumindest unterstellten politischen Gesinnung geflohen sei. Daher habe der BF im Wesentlichen gleichbleibend ausgeführt, dass er aus wohlbegründeter Furcht sein Heimatland verlassen habe. Dass der BF seinen Wehrdienst nicht angetreten habe wollen, würde bei seiner Einreise festgestellt werden. Seine Herkunftsregion werde von der syrischen Regierung kontrolliert, weshalb die Möglichkeit für die syrische Regierung bestehe, den BF an Grenzübergängen oder Checkpoints ausfindig zu machen und zu inhaftieren. Dem BF würde daher eine asylrechtlich relevante Verfolgung drohen, weshalb der angefochtene Bescheid mangelhaft sei. Ebenfalls wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
6. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 12.03.2024 vorgelegt und sind am 14.03.2024 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.
7. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 11.07.2024, im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF und seine Rechtsvertretung, persönlich teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde verzichtete, mit Schreiben vom 02.07.2024 entschuldigt, auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung.
Nach eingehender Belehrung und Erklärung des Akteninhalts, insbesondere die Schriftstücke seit Eingang der Beschwerde, verzichten der BF und die BFV auf die Verlesung des Aktes.
Der BF gab an, dass er krank sei und Medikamente einnehme. Er leide an Krebs und benötige eventuell mehr Pausen. Er fühle sich soweit gesund, dass der Verhandlung folgen könne. Er habe bei seinen bisherigen Einvernahmen die Wahrheit gesagt und nicht immer die Dolmetscherin gut verstanden. Die heute anwesende Dolmetscherin verstehe er.
Zu seinem Fluchtgrund gefragt, führte der BF, dass er Syrien wegen seinen Kindern verlassen habe. Er zwei Söhne, einer davon sei desertiert und der andere habe sich dem Wehrdienst entzogen. Das Regime sei einige Male bei ihnen zuhause gewesen, habe Hausdurchsuchungen gemacht und dabei nach seinen Kindern gesucht. Er sei mehrmals nach ihnen gefragt und auch zur Zweigstelle mitgenommen worden. Sie wären regelmäßig, aber nicht immer in denselben Abständen gekommen. Bei den Verhören sei er misshandelt worden. Der ältere Sohn sei desertiert und der jüngere gar nicht zum Militär gegangen. Dies sei etwa im Jahr 2018 gewesen. Diese beiden Söhne würden derzeit in der Türkei leben.
Der BF habe Syrien im Jahr 2021 verlassen. Damals sei einen Monat zuvor die letzte Hausdurchsuchung gewesen. Mittlerweile lebe die ganze Familie in der Türkei. Das habe sich neu ergeben, weil es nach seiner Ausreise einen Vorfall bei ihnen zu Hause gegeben habe. Im Vorjahr habe das Regime wieder die Kontrolle über die Heimatregion erlangt und wäre bei seiner Ehefrau, seiner Tochter und seinen jüngsten Sohn XXXX zuhause gewesen. Dabei sei das Haus verwüstet und Sachen gestohlen worden. Seine Familie sei geschlagen worden und den Kindern wären sogar die Finger gebrochen worden.Der BF habe Syrien im Jahr 2021 verlassen. Damals sei einen Monat zuvor die letzte Hausdurchsuchung gewesen. Mittlerweile lebe die ganze Familie in der Türkei. Das habe sich neu ergeben, weil es nach seiner Ausreise einen Vorfall bei ihnen zu Hause gegeben habe. Im Vorjahr habe das Regime wieder die Kontrolle über die Heimatregion erlangt und wäre bei seiner Ehefrau, seiner Tochter und seinen jüngsten Sohn römisch 40 zuhause gewesen. Dabei sei das Haus verwüstet und Sachen gestohlen worden. Seine Familie sei geschlagen worden und den Kindern wären sogar die Finger gebrochen worden.
Auf Vorhalt, dass er dies nicht bei der Behörde so gesagt habe, vermeinte der BF. Dies gegen Ende der Einvernahme erzählt zu haben, er aber nicht wisse, ob es aufgeschrieben worden sei. Es sei richtig, dass sein jüngerer Sohn zum Zeitpunkt der Erstbefragung noch keine Probleme mit dem Regime gehabt hätte, weil er noch minderjährig gewesen sei. Der für sei fluchtauslösende Vorfall habe sich im Jahr 2023 zugetragen.
Bei den Einvernahmen in Syrien sei er nach seinen Söhnen gefragt worden. Dabei sei er geschlagen, erniedrigt und misshandelt worden. Er sie viermal mitgenommen worden, könne sich aber nicht mehr an die nicht mehr an die Jahreszahl erinnern. Glaublich sei es im Jahr 2022 gewesen. Es habe im Zeitraum von ungefähr zwei Wochen immer eine Hausdurchsuchung stattgefunden. Manchmal sei mitgenommen und ein oder zwei Tage dortgeblieben, ehe man ihn wieder freigelassen habe. Sein Neffe sei ebenfalls vor 15 Tagen vom Regime mitgenommen worden.
Das Regime habe den BF unter Druck setzen wollen. Er sei verhört und nach meinen Söhnen gefragt worden. Er habe geantwortet, dass er keine Informationen darüber habe und es nicht wisse. Seine Söhne hätten das Haus verlassen und wären ausgereist. Das Regime habe es nicht geglaubt, dass er keine Informationen hätte.
Seine Mutter sei in Syrien verstorben. Sie habe bei seinen Schwestern gelebt und sei fast 90 Jahre alt geworden. Sie sei dort bei ihnen gewesen, damit sie sich um sie hätten kümmern können.
Warum er bei der Ersteinvernahme nichts über diese Einvernahmen des Regimes gesagt habe, begründete der BF dahingehend, dass ihm damals nur die Frage gestellt worden sei, warum er Syrien verlassen habe und der Polizist habe diese Antwort selbst vorgeschlagen und dann einfach so aufgeschrieben. Sein Name sei falsch geschrieben worden. Den habe er vor dem BFA berichtigen lassen.
Über die Einvernahmen bei der Polizei in Syrien befragt, gab der BF an, dass er man die Zweigstelle betrete und dann werde man geschlagen, beschimpft und erniedrigt. Er habe die Fragen nach seinen Kindern nicht beantwortet. Den Polizisten, der die Einvernahme durchgeführt habe, habe er nicht gekannt. Dieser habe sich auch nicht vorgestellt. Die Augen würden einem verbunden werden und man werde einfach mitgenommen. Er sei von seinem Heimatort mitgenommen worden. Die Polizei sei aber in der Stadt. Dort, in XXXX , habe das Verhör auch stattgefunden.Über die Einvernahmen bei der Polizei in Syrien befragt, gab der BF an, dass er man die Zweigstelle betrete und dann werde man geschlagen, beschimpft und erniedrigt. Er habe die Fragen nach seinen Kindern nicht beantwortet. Den Polizisten, der die Einvernahme durchgeführt habe, habe er nicht gekannt. Dieser habe sich auch nicht vorgestellt. Die Augen würden einem verbunden werden und man werde einfach mitgenommen. Er sei von seinem Heimatort mitgenommen worden. Die Polizei sei aber in der Stadt. Dort, in römisch 40 , habe das Verhör auch stattgefunden.
Nach Einsichtnahme in die Syria Live Map und könne festgestellt werden, dass sich XXXX unter Kontrolle des syrischen Regimes befindet.Nach Einsichtnahme in die Syria Live Map und könne festgestellt werden, dass sich römisch 40 unter Kontrolle des syrischen Regimes befindet.
In Österreich lebe der BF alleine, aber er und ein Mitbewohner würden sich gegenseitig helfen. Seine beiden Söhne würden in der Türkei in Fabriken arbeiten. Seine Familie sei in der Türkei in Gefahr, weil sie keine Kimlik hätte und sie deswegen jederzeit abgeschoben werden könnte. Seine Söhne wären wegen ihrer Familien nicht nach Europa weitergereist. Auf die Frage, ob es zu den übersandten Länderberichten Einwendungen gebe, sei auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen worden.
Danach folgte der Schluss der Verhandlung. Die Verkündung der Entscheidung entfiel gemäß § 29 Abs. 3 VwGVG.Danach folgte der Schluss der Verhandlung. Die Verkündung der Entscheidung entfiel gemäß Paragraph 29, Absatz 3, VwGVG.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, trägt den im Spruch erwähnten Namen, ist am XXXX in Syrien geboren worden, Araber und sunnitischer Moslem. Er befindet sich in medizinischer Behandlung wegen seiner Bauchspeicheldrüse und hat Krebs. Er nimmt deswegen auch Medikamente und ist in regelmäßiger ärztlicher Behandlung.Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, trägt den im Spruch erwähnten Namen, ist am römisch 40 in Syrien geboren worden, Araber und sunnitischer Moslem. Er befindet sich in medizinischer Behandlung wegen seiner Bauchspeicheldrüse und hat Krebs. Er nimmt deswegen auch Medikamente und ist in regelmäßiger ärztlicher Behandlung.
Er ist verheiratet und hat fünf Kinder. In Syrien leben noch Verwandte des BF, unter ihnen eine Vielzahl seiner Brüder und seiner Schwestern. Seine Ehefrau und seine Kinder würden mittlerweile allesamt in der Türkei leben.
Er verfügt über eine sechsjährige Schulbildung. Er hat Arbeitserfahrung als Fliesenleger gesammelt. Er hat den Militärdienst bei der syrischen Armee abgeleistet.
Syrien hat der BF im Jahr 2021 verlassen. Er ist über die Türkei, wo er einen längeren Aufenthalt hatte, nach Griechenland Bulgarien gekommen. Ohne Stellung eines Asylantrages ist der BF über Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen, wo er am 14.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Er stammt aus XXXX bei der Stadt XXXX . Dort hat er sich bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jahr 2021 aufgehalten. Der BF hat den Militärdienst absolviert.Er stammt aus römisch 40 bei der Stadt römisch 40 . Dort hat er sich bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jahr 2021 aufgehalten. Der BF hat den Militärdienst absolviert.
Dem BF wurde Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2024 der der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
1.2. Dem BF droht bei einer Rückkehr nach Syrien keine asylrelevante Verfolgung aus dem von ihm geltend gemachten oder aus anderen Gründen.
Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers liegt in dem aktuell von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Teil Syriens.
Der Beschwerdeführer ist bei einer Rückkehr nach Syrien in seiner Herkunftsregion, aufgrund des bereits abgeleisteten Wehrdienstes, nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Einziehung oder Zwangsrekrutierung zum Reservedienst durch die syrische Armee ausgesetzt.
Ebenso wenig droht ihm die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund einer Reflexverfolgung wegen der Desertion/Wehrdienstverweigerung seiner Söhne sowie aufgrund seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragstellung im Ausland und einer ihm aus diesen Gründen unterstellten oppositionellen Gesinnung.
Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Syrien in seiner Herkunftsregion auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die reale Gefahr, von Seiten anderer in Syrien präsenter oppositioneller Gruppierungen zwangsrekrutiert zu werden.
Auch eine sonstige dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien in seiner Herkunftsregion drohende Verfolgung aufgrund der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer (allenfalls unterstellten) politischen Gesinnung kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:
? Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2024 (LIB, Version 11).
In diesem wurden eine Vielzahl von Berichten diverser allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt werden und in welchem auch konkret auf die regelmäßig beauftragten Anfragebeantwortungen zur aktuellen Situation bzw. spezifischen Fragestellungen Bezug genommen wurde, verwiesen.
? Politische Lage
? Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
? Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
? Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
? Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).? Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
? Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).? Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).
? Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
? Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.3.2023): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: März 2023), https://www.ecoi.net/en/document/2089904.html, Zugriff 23.6.2023
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 23.6.2023
? Alaraby - New Arab, the (31.5.2023): Why Syria's Kurds and Hayat Tahrir al-Sham are offering to host refugees, https://www.newarab.com/analysis/why-syrias-kurds-and-hts-are-offering-host-refugees, Zugriff 28.6.2023
? Brookings (27.1.2023): Syria’s dissolving line between state and nonstate actors, https://www.brookings.edu/blog/order-from-chaos/2023/01/27/syrias-dissolving-line-between-state-and-nonstate-actors/, Zugriff 27.6.2023
? CMEC - Carnegie Middle East Center (16.5.2023): An Inauspicious Return, https://carnegie-mec.org/diwan/89762, Zugriff 23.6.2023
? FH - Freedom House (9.3.2023): Freedom in the World 2022 - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2088564.html, Zugriff 23.6.2023
? HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103131.html, Zugriff 22.1.2024
? IPS - Inter Press Service (20.5.2022): What the Russian Invasion Means for Syria, https://www.ipsnews.net/2022/05/russian-invasion-means-syria/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=russian-invasion-means-syria, Zugriff 27.6.2023
? SOHR - The Syrian Observatory For Human Rights (7.5.2023): Assad will demand high price for return of refugees, https://www.syriahr.com/en/298175/, Zugriff 23.6.2023
? Spiegel, Der (29.8.2016): Die Fakten zum Krieg in Syrien, https://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-syrien-alle-wichtigen-fakten-erklaert-endlich-verstaendlich-a-1057039.html#sponfakt=1, Zugriff 23.6.2023
? USIP - United States Institute for Peace (14.3.2023): Syria’s Stalemate Has Only Benefitted Assad and His Backers, https://www.usip.org/publications/2023/03/syrias-stalemate-has-only-benefitted-assad-and-his-backers, Zugriff 27.6.2023
? Wilson - Wilson Center (6.6.2023): Syria and the Arab League, https://www.wilsoncenter.org/blog-post/syria-and-arab-league, Zugriff 23.6.2023
Sicherheitslage
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).
Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023):
Quelle: UNGeo 1.7.202