Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
GelVerkG §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Juni 1990, Zl. MA 63 - B 603/89, betreffend Konzessionsentziehung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Juni 1990 wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für das "Platzfuhrwerks-Gewerbe (Taxi-Gewerbe), beschränkt auf die Verwendung nur eines Personenkraftwagens mit 4 bis 6 Sitzplätzen einschließlich des Lenkersitzes" gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 auf die Dauer von drei Jahren entzogen. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung wurde vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr mit Bescheid vom 1. Juli 1994 zurückgewiesen, weil aufgrund der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, mit Wirksamkeit ab 1. Juli 1993 eine Änderung der Rechtslage eingetreten sei, wodurch sich im gegenständlichen Fall der administrative Instanzenzug als durch den Bescheid des Landeshauptmannes ausgeschöpft erweise. Den auf § 46 VwGG gestützten Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes vom 13. Juni 1990 wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1994, Zl. 94/03/0175, Folge gegeben.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides des Landeshauptmannes wird ausgeführt, der Beschwerdeführer und seine Gattin hätten von Jänner 1982 bis Jänner 1988 im einvernehmlichen Zusammenwirken in wiederholten monatlichen Angriffen echte Urkunden mit dem Vorsatz verfälscht, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes gebraucht werden, indem die Gattin des Beschwerdeführers aufgrund einer Vereinbarung mit dem Beschwerdeführer auf den Gehaltszetteln seines Dienstnehmers die Dienstnehmerunterschrift nachgemacht habe und die Gehaltszettel sodann in der Buchhaltung des Taxiunternehmens zwecks allfälliger Vorweisung an die Wiener Gebietskrankenkasse und das Finanzamt verwahrt habe. Der Beschwerdeführer sei deshalb mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Juni 1988, Zl. 12 aEVr n/88, Hv m/88, wegen Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen (zu je 100 S) verurteilt worden. Die Eigenart der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlung sei dadurch gekennzeichnet, daß der Beschwerdeführer keine Bedenken gehabt habe, bei Ausübung des Gewerbes über einen Zeitraum von sechs Jahren vorsätzlich unter Verletzung seiner sozialversicherungsrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht als Dienstgeber durch Verfälschung von Gehaltszetteln eine zu niedrige Entrichtung von Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung sowie einen unbefugten Bezug von Wohnbeihilfe durch den von der Urkundenfälschung betroffenen Dienstnehmer zumindest in Kauf zu nehmen und damit eine Schädigung öffentlicher Interessen zu bewirken. Aufgrund des jahrelang manifestierten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers sei trotz seines - abgesehen von der gegenständlichen strafgerichtlichen Verurteilung - gegebenen Wohlverhaltens eine Wiederholungsgefahr zumindest im Falle einer ungünstigen Unternehmensgebarung als weiterbestehend zu erachten. Die erforderliche Zuverlässigkeit iSd § 89 GewO 1973 sei daher nicht gegeben. Die Befürchtung, daß der Beschwerdeführer bei der weiteren Ausübung des Taxi-Gewerbes eine gleiche oder ähnliche gerichtlich strafbare Handlung begehen könnte wie jene, die zu seiner Verurteilung geführt hat, sei nicht von der Hand zu weisen. Da der Beschwerdeführer aber vom Vorwurf, sich durch die Einbehaltung der aus der Differenz zwischen angegebenen und tatsächlich bezahlten Löhnen resultierenden Sozialversicherungsbeiträge bereichert zu haben, freigesprochen worden sei, erachte die belangte Behörde die für den Zeitraum von drei Jahren befristet ausgesprochene Entziehung der Gewerbeberechtigung für ausreichend, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Gewerbeinhabers zu sichern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe in den Jahren 1982 bis 1988 auf Wunsch seines Dienstnehmers die Anmeldung gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse mit einem geringeren als dem tatsächlichen Lohn vorgenommen. Der Dienstnehmer habe nämlich auf diesem Weg in den Genuß der Wohnbeihilfe kommen wollen. Den Schaden gegenüber der Gebietskrankenkasse habe der Beschwerdeführer mittlerweile durch Nachzahlung der Differenzbeiträge zur Gänze gutgemacht, sodaß tatsächlich nur der Dienstnehmer einen Vorteil aus dem Vorgang gezogen habe. Die belangte Behörde habe im Verwaltungsverfahren sein Vorbringen betreffend die Wiedergutmachung des Schadens gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse nicht und seine bisherige Unbescholtenheit nicht ausreichend berücksichtigt. Bei eingehender Prüfung des Sachverhaltes hätte die belangte Behörde auch entdeckt, daß der Beschwerdeführer seit 1988 das Gewerbe "wieder allein betreibe", sodaß aus diesem Grunde keine Wiederholungsgefahr bestehe. Auch habe der Beschwerdeführer in den letzten sechs Jahren weder eine Urkundenfälschung noch ein ähnliches Vergehen noch überhaupt eine strafbare Handlung begangen. Die Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB sei ein mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedrohtes Delikt. Die Bestimmung des § 13 Abs. 1 GewO 1973 schließe aber nur denjenigen von der Ausübung eines Gewerbes aus, der wegen einer vorsätzlichen, mit mehr als einjährigen Freiheitsstrafe bedrohten Handlung verurteilt worden ist.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, ist eine Konzession von der Behörde auch dann zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber Handlungen oder Unterlassungen begangen hat, die die Annahme rechtfertigen, daß er die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 25 Abs. 1 Z. 1) nicht mehr besitzt.
§ 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ordnet an, daß eine Bewilligung (Konzession) für ein konzessioniertes Gewerbe zu erteilen ist, wenn bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Konzession bewirbt, eine der im § 13 Abs. 7 genannten Person die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.
Der Begriff der Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 hat durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eines Auslegung des Inhaltes erfahren, daß die Annahme der mangelnden Zuverlässigkeit einer natürlichen Person dann gerechtfertigt ist, wenn ihre Handlungen oder Unterlassungen so beschaffen sind, daß das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild erwarten läßt, es werde die künftige Ausübung der gewerblichen Tätigkeit gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen (vgl. hg. Erkenntnis vom 4. März 1992, Zl. 92/03/0002).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bildet für die Beurteilung der Frage, ob eine Person im Hinblick auf die Konzession für das Taxi-Gewerbe dem Erfordernis der Zuverlässigkeit genügt, die Sicherheit der Fahrgäste einen entscheidenen Gesichtspunkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. März 1992, Zl. 91/03/0307). Allerdings sind im Zusammenhang mit dem Taxi-Gewerbe darüber hinaus auch noch andere öffentliche Interessen zu beachten. Ein öffentliches Interesse daran, daß im Bereich des Taxi-Gewerbes - sei es gegenüber den Dienstnehmern oder sei es gegenüber den Fahrgästen - weder falsche Urkunden hergestellt noch echte Urkunden verfälscht werden, konnte die belangte Behörde im Hinblick auf das durch den zwölften Abschnitt des StGB ("Strafbare Handlungen gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweismittel") geschützte Rechtsgut frei von Rechtsirrtum annehmen.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen vom 17. Juni 1988 wurde der Beschwerdeführer des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB für schuldig erkannt. Vom Vorwurf, als Dienstgeber die auf die Differenz zwischen erklärtem und tatsächlichem Lohn entfallenden Dienstnehmerbeiträge einbehalten und dem berechtigten Versicherungsträger vorsätzlich vorenthalten zu haben, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 259 Z. 3 StPO mit Hinweis darauf, daß die Dienstnehmeranteile beglichen worden seien, freigesprochen.
Die Behörde hat gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 unabhängig von einer allfälligen Bestrafung zu beurteilen, ob Handlungen oder Unterlassungen die Annahme des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit rechtfertigen. Sie ist hiebei an rechtskräftige Bestrafungen zwar insoweit gebunden, als damit die Tatsache der Handlung oder Unterlassung, deretwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht, hat aber im Entziehungsverfahren das sich aus dem Gesamtverhalten ergebende Charakterbild des Gewerbeinhabers zu untersuchen. Entscheidend ist, daß die in Frage stehende natürliche Person nach der Beschaffenheit der von ihr begangenen Handlungen oder Unterlassungen keine Gewähr mehr dafür bietet, daß sie bei Ausübung des Gewerbes die hiebei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten wahren werde. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat die Annahme des Mangels der Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 in Ansehung strafgerichtlicher Verurteilungen nicht das Vorliegen der Tatbestandselemente des § 13 Abs. 1 leg. cit. zur Voraussetzung (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 92/03/0002). Der Beschwerdeführer kann daher schon deshalb mit dem Hinweis, das Delikt des § 223 Abs. 1 StGB sei nicht mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzeigen.
Ein rechtswidriges Verhalten der belangten Behörde ist auch nicht darin zu erblicken, daß sie nicht darauf abgestellt hat, daß der Beschwerdeführer den aus seinen Handlungen resultierenden Schaden gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse wieder beseitigt hat. Es ist nicht Tatbestandsmerkmal des Deliktes der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB, daß ein Schaden eintritt oder eine Schädigungsabsicht gegeben sei. Daraus ergibt sich, daß schon das Herstellen einer falschen Urkunde oder das Verfälschen einer echten Urkunde, wenn es mit dem Vorsatz geschieht, daß die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht wird, ein von der Rechtsordnung verpöntes, gegen das öffentliche Interesse an der Zuverlässigkeit von (privaten) Urkunden verstoßendes Verhalten darstellt. Ein derartiges öffentliches Interesse konnte die belangte Behörde jedoch - wie oben ausgeführt - im Hinblick auf Urkunden, die im Zusammenhang mit der Ausübung einer gewerbsmäßigen Tätigkeit erstellt werden, als gegeben annehmen. Im übrigen sei aber darauf verwiesen, daß die Beschwerde Ausführungen zur Beseitigung eines allfälligen, der öffentlichen Hand entstandenen Schadens, der auf die Verwendung der Urkunden zur Erlangung der Wohnbeihilfe zurückzuführen ist, nicht enthält.
Auf dem Boden dieser Rechtslage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund der der strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Handlung des Beschwerdeführers, die sich über einen überaus langen Zeitraum erstreckt, zum Ergebnis gelangte, daß dieser nicht mehr die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit aufweise. An der Annahme mangelnder Zuverlässigkeit vermag das Wohlverhalten des Beschwerdeführers von der Verurteilung im Juni 1988 bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides im Juni 1990 noch nichts zu ändern; da die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im Zeitpunkt seiner Erlassung zu prüfen ist, kommt es im gegenständlichen Fall auf das Wohlverhalten des Beschwerdeführers nach Ergehen des angefochtenen Bescheides nicht an.
Der Beschwerdeführer zeigt mit dem Hinweis, bei eingehender Prüfung des Sachverhaltes hätte die belangte Behörde festgestellt, daß er das Gewerbe "wieder allein betreibe", sodaß keine Wiederholungsgefahr bestehe, keine Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Derartige Erhebungen sind für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr nicht von Bedeutung. Zum einen ist nämlich in keiner Weise absehbar, ob sich der Beschwerdeführer wieder zur Einstellung von Arbeitnehmern entschließen wird, zum anderen kann gegen das Rechtsgut der Zuverlässigkeit von Urkunden auch bei gegenüber den Kunden ausgestellten Urkunden verstoßen werden.
Da sohin die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994030174.X00Im RIS seit
20.11.2000