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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs6 idF 1994/314;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der L-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Wien vom 20. Dezember 1994, Zl. IIc/6702 B-AIS 13729 SCHE, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stellte am 9. November 1993 beim Arbeitsamt Angestellte in Wien (AA) den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den "jugoslawischen" Staatsangehörigen M.P. für die Tätigkeit als technischer Zeichner mit einem Bruttomonatslohn von S 14.000,--. Als spezielle Kenntnisse oder Ausbildung wurde "Diplom d. Bautech.Schule/Architektur" angeführt.
Diesen Antrag wies das AA mit Bescheid vom 23. November 1993 gemäß § 4 Abs. 6 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab. Auf Grund der Ergebnisse des "Ermittlungsverfahrens" sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der technischen Zeichner Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde vom Landesarbeitsamt Wien (LAA) mit Bescheid vom 19. Jänner 1994 unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG abgewiesen.
Diesen Berufungsbescheid hat die Beschwerdeführerin mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof angefochten, welcher den Bescheid vom 19. Jänner 1994 mit seinem Erkenntnis vom 18. Mai 1994, Zl. 94/09/0051, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob, weil M.P. über eine aufrechte Aufenthaltsbewilligung verfügte. Auf dieses den Verfahrensparteien bekannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wird hier zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Im danach fortgesetzten Verfahren hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. August 1994 im wesentlichen vor, der Antrag sei nun in dem nach § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerten Verfahren zu prüfen, wonach eine Beschäftigungsbewilligung nur bei Vorliegen besonders wichtiger Gründe (§ 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 und Abs. 3 AuslBG) in Betracht kommen könne. Für das Kalenderjahr 1994 sei die Landeshöchstzahl für Wien mit Verordnung BGBl. Nr. 794/1993 mit 91.000 festgesetzt worden, diese Landeshöchstzahl sei laut der offiziellen Statistik des Bundesministers für Arbeit und Soziales seit Beginn 1994 weit überschritten.
Mit Eingabe vom 2. September 1994 verwies die Beschwerdeführerin erneut auf die im Rahmen ihres Unternehmens notwendige Tätigkeit des M.P. als technischer Zeichner. Die von der belangten Behörde zitierten Bestimmungen seien der Beschwerdeführerin bekannt; nicht nachvollziehbar sei allerdings die geäußerte Ansicht, daß die für 1994 festgesetzte Landeshöchstzahl im ganzen Jahr 1994 überschritten gewesen sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Dezember 1994 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge gegeben. In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde die einschlägigen Bestimmungen des AuslBG wieder und führte dazu neuerlich aus, die für 1994 festgesetzte Landeshöchstzahl sei laut der offiziellen Statistik des Bundesministers für Inneres seit Beginn 1994 überschritten. Somit seien bei Anträgen auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung in jedem Falle sowohl die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 als auch des § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Im gegenständlichen Fall könnten die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG zur Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in eventu gegeben sein, doch fehle es am Vorliegen eines "besonders wichtigen Grundes" im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG. Dies bedeute, anders als die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 2. September 1994 gemeint habe, kein Aufnahmeverbot, sondern lediglich ein erschwertes Erteilungsverfahren, in welchem die Erteilungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG vorliegen müßten, und zwar im Zeitpunkt der bescheidmäßigen Erledigung des Verfahrens. Der Beschwerdeführerin sei ausdrücklich Gelegenheit zu einem entsprechenden Nachweis eingeräumt worden, doch sei ihre dazu erstattete Stellungnahme in dieser Hinsicht nicht verwertbar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für M.P. nach den Bestimmungen des AuslBG verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:
§ 4 Abs. 6 (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,
b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Die Beschwerdeführerin hat die Befassung des damals dafür vorgesehenen Vermittlungsausschusses im Verfahren erster Instanz nicht in Zweifel gezogen; eine einhellige Befürwortung ihres Antrages auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für M.P. liegt nicht vor. In der Beschwerde wird aber auch die Tatsache der Überschreitung der Landeshöchstzahl im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht in Frage gestellt: Wann es konkret erstmalig zu dieser Überschreitung gekommen ist, ist für den vorliegenden konkreten Einzelfall nicht von Relevanz. Auch in der Beschwerde spricht die Beschwerdeführerin davon, daß durch die Landeshöchstzahl-Verordnung "eindeutig und tatsächlich ein Aufnahmeverbot festgeschrieben" werde. Dies trifft nicht zu, sieht doch das Gesetz im Falle des Vorliegens einer Überschreitung der Landeshöchstzahl in § 4 Abs. 6 AuslBG demonstrativ besonders wichtige Gründe vor, die dessenungeachtet die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung rechtfertigen.
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall davon ausging, daß die Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Landeshöchstzahl-Überschreitungs-Verfahren gegeben waren.
Mit Rücksicht darauf wäre es der Beschwerdeführerin oblegen, nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 sowie Z. 3 AuslBG Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren hätten maßgebend sein können (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1995, Zl. 94/09/0083, und die dort angeführte Vorjudikatur). Trotz gebotener Gelegenheit hat die Beschwerdeführerin aber diesbezüglich nichts Erhebliches vorgebracht; das einzige im Verwaltungsverfahren überhaupt in diese Richtung deutbare Vorbringen findet sich in der Stellungnahme vom 2. September 1994. Es enthält allerdings ausschließlich Hinweise darauf, aus welchen Gründen eine Tätigkeit des M.P. als technischer Zeichner aus einzelbetrieblichen Gründen für die Beschwerdeführerin wertvoll wäre.
Auf dieses Vorbringen, das nicht geeignet ist, einen "besonders wichtigen Grund" im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG darzutun, verweist die Beschwerdeführerin auch in ihrer Beschwerde, in welcher sie in Verletzung des Neuerungsverbotes (§ 41 Abs. 1 VwGG) ergänzt, damit wäre M.P. als "Schlüsselkraft" anzusehen. Dazu fehlt indes jeder Hinweis, daß und inwieweit die Tätigkeit des M.P. im Unternehmen der Beschwerdeführerin "zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer" erforderlich und geeignet sei. In der Beschwerde wird ferner gerügt, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Feststellung getroffen, daß öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des M.P. nicht erforderten; auch hier bleibt die Beschwerdeführerin aber jeden positiven Hinweis darauf schuldig, warum dies gerade im Beschwerdefall zutreffen sollte.
Die belangte Behörde konnte daher die Versagung der Beschäftigungsbewilligung für M.P. rechtlich zutreffend auf § 4 Abs. 6 AuslBG stützen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich daher auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995090037.X00Im RIS seit
20.11.2000