TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/24 93/09/0442

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Veröffentlicht am 24.05.1995
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §12a;
AuslBG §13;
AuslBG §13a;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs2;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs6 Z3 idF 1990/450;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der

S Gesellschaft m.b.H. in F, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Steiermark vom 24. September 1993, Zl. IIIe 6703 B - Dr. Do/Dr, betreffend Sicherungsbescheinigungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei, die eine Fleischwarenfabrik betreibt, beantragte mit Schreiben vom 13. Juli 1993 beim Arbeitsamt die Ausstellung von Sicherungsbescheinigungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zur Anwerbung von zwei namentlich genannten slowenischen Staatsangehörigen für die Tätigkeit als Fleischerlehrling und zur Anwerbung eines weiteren namentlich genannten slowenischen Staatsbürgers für die Tätigkeit als Fleischer.

Mit Bescheid vom 29.Juli 1993 lehnte das Arbeitsamt diese Anträge gemäß § 11 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Nach § 11 Abs. 2 AuslBG dürften Sicherungsbescheinigungen nur ausgestellt werden, wenn u.a. die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1, 2 oder 6 und Abs. 3 Z. 1, 4, 6, 8 und 12 gegeben seien. Nach Zitierung der Bestimmung des § 4 Abs. 6 AuslBG führte das Arbeitsamt aus, der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Ausstellung der Sicherungsbescheinigungen nicht einhellig befürwortet. Darüber hinaus hätten "amtliche Ermittlungen" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

Wegen der Nichterteilung der Sicherungsbescheinigungen für die beiden Fleischerlehrlinge erhob die beschwerdeführende Partei am 10. August 1993 Berufung. Sie machte dazu geltend, daß sie dringend Fleischerlehrlinge benötige. Die derzeitigen Fleischerlehrlinge beendeten nach dreijähriger Lehrzeit im August 1993 die Lehre. Seit Jahren hätten die offenen Lehrstellen weder durch Bemühungen der beschwerdeführenden Partei noch durch das Arbeitsamt besetzt werden können.

In einer "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 30. August 1993 wies die belangte Behörde auf die Überschreitung der Landeshöchstzahl für das Jahr 1993 und das deshalb zur Anwendung kommende Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG hin. Die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG seien nicht gegeben, weil solche wichtigen Gründe, die eine Beschäftigung der ausländischen Arbeitskräfte trotz Überschreitung der Landeshöchstzahl rechtfertigen könnten oder öffentliche bzw. gesamtwirtschaftliche Interessen, welche die Beschäftigung von Ausländern erforderten, "nach ständiger Rechtsprechung" nicht vorlägen. Obwohl der Auftrag zur Vermittlung von Fleischerlehrlingen bis dato noch nicht habe abgedeckt werden können, stelle trotzdem ein dringender Bedarf noch keinen Tatbestand gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG dar. Mangels Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG wäre es nicht gerechtfertigt, die bereits weit überzogene Landeshöchstzahl noch weiter zu überschreiten und die beschwerdeführende Partei müsse daher mit der Ablehnung des Antrages rechnen.

Eine Stellungnahme zu diesem Vorhalt gab die

beschwerdeführende Partei nicht ab.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. September 1993 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 11 Abs. 2 und § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und der maßgebenden Rechtslage (hiezu auch der Feststellung, daß die für das Jahr 1993 mit der Verordnung BGBl. Nr. 738/1992 festgesetzte Landeshöchstzahl bei weitem überschritten sei) begründete die belangte Behörde ihren Bescheid im wesentlichen gleichlautend der "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme". Sie wies neuerlich darauf hin, daß der dringende Bedarf an Fleischerlehrlingen noch keinen Tatbestand des § 4 Abs. 6 AuslBG darstelle.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat erwogen:

Beabsichtigt ein Arbeitgeber, Ausländer für eine Beschäftigung im Bundesgebiet im Ausland anzuwerben, so ist ihm gemäß § 11 Abs. 1 AuslBG auf Antrag eine Sicherungsbescheinigung auszustellen. Sie hat zu enthalten, für welche Ausländer oder welche Anzahl von Ausländern bei Vorliegen der Voraussetzungen die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen in Aussicht gestellt wird.

Gemäß § 11 Abs. 2 AuslBG darf die Sicherungsbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn

1.

die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1, 2 oder 6 und Abs. 3 Z. 1, 4, 6, 8 und 12 gegeben sind und

2.

auf Grund der Angaben des Antragstellers angenommen werden kann, und daß für den Ausländer eine ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 4 Abs. 3 Z. 5 zur Verfügung stehen wird.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Anträge der beschwerdeführenden Partei auf Ausstellung von Sicherungsbescheinigungen für die beiden slowenischen Fleischerlehrlinge auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt (dazu, daß das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG auch auf Beschäftigungsbewilligungen von Lehrlingen anwendbar ist, siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, 93/09/0230).

§ 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahl (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, daß die Landeshöchstzahl überschritten ist und daß der Vermittlungsausschuß der beantragten Ausstellung der Sicherungsbescheinigungen nicht zugestimmt hat. Die beschwerdeführende Partei hat diese Annahme der Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht bestritten. Damit wäre es ihre Aufgabe gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Sicherungsbescheinigungen im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 hätten maßgebend sein können (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1993, 92/09/0302, und die dort angeführte Vorjudikatur). Das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei hat sich hiezu im Verwaltungsverfahren darauf beschränkt (der Vorhalt vom 30. August 1993 blieb unbeantwortet), auf den dringenden Arbeitskräftebedarf hinzuweisen. Daß damit kein "besonders wichtiger Grund" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG gegeben war bzw. das Erfordernis eines öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interesses an der Beschäftigung der beantragten ausländischen Arbeitskräfte nicht erfüllt war (§ 4 Abs. 6 Z. 3 leg. cit.), hat die belangte Behörde im Einklang mit der hg. ständigen Rechtsprechung zutreffend festgestellt (siehe dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1993, 93/09/0273, vom 21. April 1994, 94/09/0001, und vom 15. September 1994, 93/09/0318), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

In der Beschwerde wird (ausschließlich) geltend gemacht, die belangte Behörde habe die Bestimmung des § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG außer acht gelassen und damit zu Unrecht die Berufung abgewiesen. Im wesentlichen wird in der Beschwerde dazu argumentiert, daß bei Mangel an inländischen Fleischerlehrlingen und Verbot der Beschäftigung ausländischer Fleischerlehrlinge eine konkrete Gefahr auch für den gesamten Berufsstand des Fleischereigewerbes bestehe.

Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, daß es über das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen hinausgeht und damit schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich ist. Außerdem wären allgemeine Hinweise auf die Bedeutung der Branche des Fleischereigewerbes für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG für sich allein nicht ausreichend (siehe dazu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1993, 92/09/0362, vom 18. November 1993, 93/09/0378, und vom 23. März 1994, 94/09/0053).

Die Ablehnung der Anträge auf Sicherungsbescheinigungen erweist sich damit nach § 4 Abs. 6 AuslBG als nicht rechtswidrig (die lt. Beschwerde vermißte Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 - richtig wohl Abs. 2 - und Abs. 3 AuslBG konnte damit dahingestellt bleiben - vgl. hiezu beispielsweise wiederum das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1993, 93/09/0273).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993090442.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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