Entscheidungsdatum
20.12.2023Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W601 2268114-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Nadine Frank als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.10.2023, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Nadine Frank als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 alias römisch 40 alias römisch 40 alias römisch 40 alias römisch 40 geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2023, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.10.2023, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 25.02.2022 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 26.02.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er Syrien aufgrund des Krieges verlassen habe. Das Regime habe seinen Bruder getötet. Zudem habe das Regime den Beschwerdeführer zur Ableistung des Reservedienstes aufgefordert. Er habe Angst vor dem Krieg und dem Regime, beim Regime sei „alles möglich“.
3. Am 29.06.2022 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt) statt. Der Beschwerdeführer gab zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, die Lage in Syrien sei im Jahr 2011 nicht mehr sicher gewesen, nach seiner Ausreise sei sein Dorf zerstört worden. Er könne nicht mehr zurück nach Syrien, weil einer seiner Brüder 2013 von den syrischen Behörden festgenommen worden und seitdem verschollen sei. Er habe zudem an etwa fünf friedlichen Demonstrationen in Idlib teilgenommen und „werde für den Reservedienst rekrutiert“. Er habe Angst, dass die Regierung ihn töten würde, weil „alle Syrer getötet werden“ würden. Durch den Krieg seien viele Syrer getötet worden und sein Gebiet sei nach seiner Ausreise beschossen worden.
4. Mit gegenständlichem Bescheid vom 23.01.2023 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.).4. Mit gegenständlichem Bescheid vom 23.01.2023 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte das Bundesamt zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer keine gegen ihn gerichteten Fluchtgründe glaubhaft habe machen können. Seinem Vorbringen sei keine den Beschwerdeführer individuell, persönlich betreffende Verfolgung im Hinblick auf einen Konventionsgrund zu entnehmen.
5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, der Beschwerdeführer sei 2011 aus Syrien geflüchtet, um der Rekrutierung in den Reservemilitärdienst und den damit einhergehenden Zwang zum Töten von Menschen und zur Verübung menschenrechtswidriger Handlungen und Teilnahme an völkerrechtswidrigen Militäraktionen zu entgehen. Im Fall einer Rückkehr nach Syrien sei der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmittelbar einer Rekrutierungsgefahr ausgesetzt. Für den Beschwerdeführer bestehe im Fall einer Rückkehr auch aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung eine asylrelevante Verfolgungsgefahr. Der Beschwerdeführer sei überdies bei einer Rückkehr auch deshalb bedroht, weil er für das syrische Regime aufgrund seiner Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime, seiner illegalen Ausreise aus Syrien, seiner Asylantragstellung und seiner Herkunftsregion als „Oppositioneller“ gelten würde. Im August 2022 habe der Beschwerdeführer auch in XXXX an einer Demonstration gegen das syrische Regime teilgenommen. Bei einer Rückkehr könne der Beschwerdeführer nur über die Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes seien sicher und legal einreisen.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, der Beschwerdeführer sei 2011 aus Syrien geflüchtet, um der Rekrutierung in den Reservemilitärdienst und den damit einhergehenden Zwang zum Töten von Menschen und zur Verübung menschenrechtswidriger Handlungen und Teilnahme an völkerrechtswidrigen Militäraktionen zu entgehen. Im Fall einer Rückkehr nach Syrien sei der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmittelbar einer Rekrutierungsgefahr ausgesetzt. Für den Beschwerdeführer bestehe im Fall einer Rückkehr auch aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung eine asylrelevante Verfolgungsgefahr. Der Beschwerdeführer sei überdies bei einer Rückkehr auch deshalb bedroht, weil er für das syrische Regime aufgrund seiner Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime, seiner illegalen Ausreise aus Syrien, seiner Asylantragstellung und seiner Herkunftsregion als „Oppositioneller“ gelten würde. Im August 2022 habe der Beschwerdeführer auch in römisch 40 an einer Demonstration gegen das syrische Regime teilgenommen. Bei einer Rückkehr könne der Beschwerdeführer nur über die Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes seien sicher und legal einreisen.
Der Beschwerde wurden ein Suchbefehl in Kopie sowie Lichtbilder des Beschwerdeführers, die diesen bei einer Demonstration in XXXX gegen das syrische Regime zeigen würden, beigelegt.Der Beschwerde wurden ein Suchbefehl in Kopie sowie Lichtbilder des Beschwerdeführers, die diesen bei einer Demonstration in römisch 40 gegen das syrische Regime zeigen würden, beigelegt.
6. Am 20.10.2023 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen persönlichen Lebensumständen in Syrien und seinen Fluchtgründen befragt wurde.
7. Am 02.11.2023 langte fristgerecht eine von der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers verfasste Stellungnahme, welche im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gewährt worden war, zu den Länderfeststellungen zu Syrien ein. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Syrien, in XXXX an Demonstrationen teilgenommen habe. Bei der letzten Demonstration im Mai 2011 seien ca. 40 Personen durch Schüsse vom syrischen Regime getötet worden, obwohl es sich um eine friedliche Demonstration gehandelt habe. Der Vater des Beschwerdeführers habe diesem geraten, Syrien zu verlassen und seinen Sohn bis zur syrischen Grenze begleitet. Der Beschwerdeführer habe auch nicht für das Regime kämpfen wollen und habe seine Heimat auch verlassen, weil er den Reservedienst nicht ableisten habe wollen. Durch die Entziehung vom Reservedienst und der Teilnahme an Demonstrationen in Syrien und in Österreich habe der Beschwerdeführer seine oppositionelle Gesinnung bekräftigt. Durch die Teilnahme an einer Demonstration in XXXX habe sich der Beschwerdeführer öffentlich ersichtlich exilpolitisch betätigt und seine oppositionelle Gesinnung erneut objektiviert. Der Beschwerdeführer werde auch aufgrund seiner Demonstrationsteilnahme in Österreich, die dem syrischen Regime mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit durch formelle und informelle Überwachung bekannt geworden sei, aus politischen Gründen asylrelevant verfolgt. Mit entsprechend hoher Wahrscheinlichkeit würde der Beschwerdeführer im Zuge einer (legalen) Einreise in Syrien bei der Sicherheitsüberprüfung durch die Grenzorgane festgehalten und der syrischen Armee zur Ableistung seines Reservedienstes übergeben werden. Im Falle einer Weigerung würde ihm asylrelevante Verfolgung drohen.7. Am 02.11.2023 langte fristgerecht eine von der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers verfasste Stellungnahme, welche im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gewährt worden war, zu den Länderfeststellungen zu Syrien ein. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Syrien, in römisch 40 an Demonstrationen teilgenommen habe. Bei der letzten Demonstration im Mai 2011 seien ca. 40 Personen durch Schüsse vom syrischen Regime getötet worden, obwohl es sich um eine friedliche Demonstration gehandelt habe. Der Vater des Beschwerdeführers habe diesem geraten, Syrien zu verlassen und seinen Sohn bis zur syrischen Grenze begleitet. Der Beschwerdeführer habe auch nicht für das Regime kämpfen wollen und habe seine Heimat auch verlassen, weil er den Reservedienst nicht ableisten habe wollen. Durch die Entziehung vom Reservedienst und der Teilnahme an Demonstrationen in Syrien und in Österreich habe der Beschwerdeführer seine oppositionelle Gesinnung bekräftigt. Durch die Teilnahme an einer Demonstration in römisch 40 habe sich der Beschwerdeführer öffentlich ersichtlich exilpolitisch betätigt und seine oppositionelle Gesinnung erneut objektiviert. Der Beschwerdeführer werde auch aufgrund seiner Demonstrationsteilnahme in Österreich, die dem syrischen Regime mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit durch formelle und informelle Überwachung bekannt geworden sei, aus politischen Gründen asylrelevant verfolgt. Mit entsprechend hoher Wahrscheinlichkeit würde der Beschwerdeführer im Zuge einer (legalen) Einreise in Syrien bei der Sicherheitsüberprüfung durch die Grenzorgane festgehalten und der syrischen Armee zur Ableistung seines Reservedienstes übergeben werden. Im Falle einer Weigerung würde ihm asylrelevante Verfolgung drohen.
8. Mit Parteiengehör vom 07.11.2023 wurde dem Beschwerdeführer der Themenbericht der Staatendokumentation zu Syrien vom 25.10.2023 übermittelt und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt, die der Beschwerdeführer ungenützt verstreichen ließ.
9. Hinsichtlich des am 21.11.2023 gewährten Parteiengehöres betreffend die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur TÜRKEI zu den Ein und Durchreisebestimmungen für Syrer, Passieren von Grenzübergängen zu Syrien vom 24.10.2023, langte am 29.11.2023 eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Wehrdienstverweigerer in Gebieten unter Kontrolle der syrischen Regierung an Kontrollpunkten aufgegriffen und dazu aufgefordert werden würden, sich innerhalb einer bestimmten Frist beim zuständigen Rekrutierungsbüro zu melden. Bei Weigerung würden sie festgenommen und zum Zweck des Militärdienstes an die Militärpolizei ausgehändigt werden. Beim Grenzübergang Semalka–Fishkhabour komme es unter Umständen zu Einreiseverweigerungen und es gäbe auch Falle, wo die Grenze für den Grenzübertritt geschlossen sei und von beiden Seiten kein Passieren möglich sei. Das Queren des Grenzübergangs sei illegal. Eine Einreise in die Herkunftsregion sei dem Beschwerdeführer auf sichere und legale Weise ohne Kontakt zur syrischen Regierung nicht möglich.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und das angeführte Geburtsdatum. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch.
1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX (alternative Schreibweise: XXXX ), im Bezirk XXXX , im Gouvernement Idlib geboren und ist dort aufgewachsen. Er hat dort sechs Jahre lang die Schule besucht und in der Landwirtschaft sowie als Bodenleger gearbeitet.1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde im Dorf römisch 40 (alternative Schreibweise: römisch 40 ), im Bezirk römisch 40 , im Gouvernement Idlib geboren und ist dort aufgewachsen. Er hat dort sechs Jahre lang die Schule besucht und in der Landwirtschaft sowie als Bodenleger gearbeitet.
Im Mai 2011 reiste der Beschwerdeführer letztmalig ohne Probleme mit den syrischen Behörden gehabt zu haben, aus Syrien aus und in den Libanon ein, wo er sich bis April 2021 aufhielt.
1.1.3. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers befindet sich unter Kontrolle der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS).
Als der Beschwerdeführer im Mai 2011 letztmalig aus Syrien ausreiste, befand sich das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers unter Kontrolle des syrischen Regimes.
1.1.4. Der Beschwerdeführer ist mit XXXX verheiratet und hat einen Sohn namens XXXX und eine Tochter namens XXXX (AS 9, 48; OZ 7, S. 8 f). Die Frau und Kinder sowie ein Bruder ( XXXX ) und eine Schwester ( XXXX ) des Beschwerdeführers leben im Libanon. Die Mutter des Beschwerdeführers ( XXXX ) sowie drei seiner Brüder ( XXXX ), zwei Schwestern ( XXXX ) sowie zwei Halbschwestern ( XXXX ) des Beschwerdeführers leben in Idlib. Ein weiterer Bruder ( XXXX ), sowie eine Schwester ( XXXX ) des Beschwerdeführers sind in der Türkei aufhältig. Der Vater ( XXXX ) sowie zwei Halbbrüder ( XXXX ) des Beschwerdeführers sind verstorben. Eine Nichte des Beschwerdeführers und deren Ehemann, der zugleich ein Cousin des Beschwerdeführers väterlicherseits ist und als Richter arbeitet, leben in Damaskus. 1.1.4. Der Beschwerdeführer ist mit römisch 40 verheiratet und hat einen Sohn namens römisch 40 und eine Tochter namens römisch 40 (AS 9, 48; OZ 7, Sitzung 8 f). Die Frau und Kinder sowie ein Bruder ( römisch 40 ) und eine Schwester ( römisch 40 ) des Beschwerdeführers leben im Libanon. Die Mutter des Beschwerdeführers ( römisch 40 ) sowie drei seiner Brüder ( römisch 40 ), zwei Schwestern ( römisch 40 ) sowie zwei Halbschwestern ( römisch 40 ) des Beschwerdeführers leben in Idlib. Ein weiterer Bruder ( römisch 40 ), sowie eine Schwester ( römisch 40 ) des Beschwerdeführers sind in der Türkei aufhältig. Der Vater ( römisch 40 ) sowie zwei Halbbrüder ( römisch 40 ) des Beschwerdeführers sind verstorben. Eine Nichte des Beschwerdeführers und deren Ehemann, der zugleich ein Cousin des Beschwerdeführers väterlicherseits ist und als Richter arbeitet, leben in Damaskus.
1.1.5. Der Beschwerdeführer ist gesund und strafgerichtlich unbescholten. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis vom 11.04.2023 eine Geldstrafe wegen der Verweigerung sich zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Suchtgift zu einem Amtsarzt vorführen zu lassen sowie wegen des Überfahrens einer Haltelinie bei Rotlicht, verhängt. Aufgrund der dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts XXXX vom 29.06.2023 die Strafhöhe herabgesetzt. 1.1.5. Der Beschwerdeführer ist gesund und strafgerichtlich unbescholten. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis vom 11.04.2023 eine Geldstrafe wegen der Verweigerung sich zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Suchtgift zu einem Amtsarzt vorführen zu lassen sowie wegen des Überfahrens einer Haltelinie bei Rotlicht, verhängt. Aufgrund der dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts römisch 40 vom 29.06.2023 die Strafhöhe herabgesetzt.
Dem Beschwerdeführer kommt in Österreich eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Der Beschwerdeführer verließ Syrien im Mai 2011 wegen des Krieges und der allgemein schlechten Sicherheitslage in Syrien. Den Libanon hat der Beschwerdeführer aus wirtschaftlichen Gründen verlassen.
1.2.2. Dem Beschwerdeführer ist es möglich, seinen Herkunftsort ohne Kontakt zum syrischen Regime bzw. dessen Behörden über den nicht vom syrischen Regime gehaltenen auch für Personenverkehr offenen türkisch-syrischen Grenzübergang Bab al-Hawa zu erreichen. Der Teil der Provinz Idlib zwischen dem Herkunftsort des Beschwerdeführers und dem Grenzübergang Bab Al-Hawa liegt im ausschließlichen Machtbereich der HTS. Dem Beschwerdeführer drohen weder bei der Wiedereinreise in seinen Herkunftsstaat noch bei der Weitereise in seinen Herkunftsort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch das syrische Regime.
1.2.3. Der Beschwerdeführer hat seinen Grundwehrdienst beim syrischen Regime als Rekrut von 2007 bis 2009 abgeleistet. Hauptsächlich war er als Koch tätig, hatte teilweise auch Aufgaben im Bereich des Wachdienstes über. Seinen Pflichtwehrdienst schloss er als Rekrut ab. Er hat an keinen Kampfhandlungen teilgenommen.
Der Beschwerdeführer befindet sich mit seinen XXXX Jahren im reservepflichtigen Alter. Der Beschwerdeführer wird von den syrischen Behörden aufgrund des Fernbleibens vom Reservedienst gesucht. Das syrische Regime hat allerdings keinen Zugriff auf die von der HTS kontrollierte Heimatregion des Beschwerdeführers. Es ist dem syrischen Regime nicht möglich, den Beschwerdeführer in seinem Heimatort zu rekrutieren oder festzunehmen. Der Beschwerdeführer befindet sich mit seinen römisch 40 Jahren im reservepflichtigen Alter. Der Beschwerdeführer wird von den syrischen Behörden aufgrund des Fernbleibens vom Reservedienst gesucht. Das syrische Regime hat allerdings keinen Zugriff auf die von der HTS kontrollierte Heimatregion des Beschwerdeführers. Es ist dem syrischen Regime nicht möglich, den Beschwerdeführer in seinem Heimatort zu rekrutieren oder festzunehmen.
Der Beschwerdeführer läuft bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr, zum Reservedienst in der syrischen Armee eingezogen oder aufgrund der Verweigerung der Ableistung relevanten Repressalien durch das syrische Regime ausgesetzt zu sein.
1.2.4. Der Beschwerdeführer wurde in Syrien nicht von der HTS oder anderen Gruppierungen aufgefordert mitzukämpfen und ist nicht aufgrund einer allfälligen Weigerung im Hinblick auf konkrete Rekrutierungsversuche in das Visier der HTS bzw. Al-Nusra Front gelangt. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsort in Syrien nicht die Gefahr von der HTS oder anderen Gruppierungen zwangsrekrutiert zu werden.
1.2.5. Der Beschwerdeführer nahm in Syrien in den Jahren 2010 und 2011 an ca. fünf friedlichen Demonstrationen gegen das syrische Regime teil. An einer Demonstration in XXXX am 20.05.2011 nahm der Beschwerdeführer nicht teil. Er ist durch seine Teilnahme an Demonstrationen in Syrien nicht in das Visier der syrischen Behörden geraten. Der Beschwerdeführer wurde und wird aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen von den syrischen Behörden nicht gesucht. Dem Beschwerdeführer droht in Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung aufgrund seiner Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen.1.2.5. Der Beschwerdeführer nahm in Syrien in den Jahren 2010 und 2011 an ca. fünf friedlichen Demonstrationen gegen das syrische Regime teil. An einer Demonstration in römisch 40 am 20.05.2011 nahm der Beschwerdeführer nicht teil. Er ist durch seine Teilnahme an Demonstrationen in Syrien nicht in das Visier der syrischen Behörden geraten. Der Beschwerdeführer wurde und wird aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen von den syrischen Behörden nicht gesucht. Dem Beschwerdeführer droht in Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die syrische Regierung aufgrund seiner Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen.
1.2.6. Ein Bruder des Beschwerdeführers, XXXX , gilt als verschollen. Dieser Bruder des Beschwerdeführers wurde nicht vom syrischen Regime festgenommen, inhaftiert oder getötet. Ein weiterer Bruder des Beschwerdeführers wurde nicht von einer Person des Regimes wegen des Verbleibes von XXXX kontaktiert. Weder wurde XXXX am Checkpoint XXXX von einem Offizier festgenommen noch wurden drei Cousins des Beschwerdeführers dort von diesem getötet. 1.2.6. Ein Bruder des Beschwerdeführers, römisch 40 , gilt als verschollen. Dieser Bruder des Beschwerdeführers wurde nicht vom syrischen Regime festgenommen, inhaftiert oder getötet. Ein weiterer Bruder des Beschwerdeführers wurde nicht von einer Person des Regimes wegen des Verbleibes von römisch 40 kontaktiert. Weder wurde römisch 40 am Checkpoint römisch 40 von einem Offizier festgenommen noch wurden drei Cousins des Beschwerdeführers dort von diesem getötet.
Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung durch das syrische Regime wegen seiner Familienzugehörigkeit zu seinem verschollenen Bruder und/oder seinen getöteten Cousins (Reflexverfolgung).
1.2.7. Der Bruder des Beschwerdeführers XXXX hat an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Syrien teilgenommen und hat als Koordinator einer Koordinationsstelle Plakate für die Demonstrationen organisiert und diese beschriftet. Der Beschwerdeführer lebt nunmehr in Idlib ohne Verfolgungshandlungen des syrischen Regimes ausgesetzt zu sein. 1.2.7. Der Bruder des Beschwerdeführers römisch 40 hat an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Syrien teilgenommen und hat als Koordinator einer Koordinationsstelle Plakate für die Demonstrationen organisiert und diese beschriftet. Der Beschwerdeführer lebt nunmehr in Idlib ohne Verfolgungshandlungen des syrischen Regimes ausgesetzt zu sein.
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Gouvernement Idlib, hat in Österreich am 25.02.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und ist im Mai 2011 – ohne Probleme mit den syrischen Behörden gehabt zu haben - aus Syrien ausgereist.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich vier- bis fünfmal an Kundgebungen gegen das syrische Regime teilgenommen. Er hat auf XXXX unter dem Namen „ XXXX “ Videos hochgeladen. In der mündlichen Verhandlung legte er Links von zwei Videos vor. Ein Video zeigt eine Ausstellung von Gräueltaten des syrischen Regimes in XXXX , mit den Hashtags „ XXXX “. Ein Video zeigt den Beschwerdeführer mit der Fahne der syrischen Revolution in XXXX sowie zwei XXXX [Emojis], in deren Mitte Idlib geschrieben steht und es wird ein Lied über die syrische Revolution mit Untertiteln wiedergegeben, mit den Hashtags „ XXXX “. Der Beschwerdeführer hat in Österreich vier- bis fünfmal an Kundgebungen gegen das syrische Regime teilgenommen. Er hat auf römisch 40 unter dem Namen „ römisch 40 “ Videos hochgeladen. In der mündlichen Verhandlung legte er Links von zwei Videos vor. Ein Video zeigt eine Ausstellung von Gräueltaten des syrischen Regimes in römisch 40 , mit den Hashtags „ römisch 40 “. Ein Video zeigt den Beschwerdeführer mit der Fahne der syrischen Revolution in römisch 40 sowie zwei römisch 40 [Emojis], in deren Mitte Idlib geschrieben steht und es wird ein Lied über die syrische Revolution mit Untertiteln wiedergegeben, mit den Hashtags „ römisch 40 “.
Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht unter Kontrolle der HTS. Das syrische Regime hat keinen Zugriff auf die von der HTS kontrollierte Heimatregion des Beschwerdeführers.
Dem Beschwerdeführer droht nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsort Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund seiner Asylantragstellung in Österreich, seiner Ausreise aus Syrien, seiner Herkunft aus Idlib, seiner Familienzugehörigkeit zu seinem Bruder, der an Demonstrationen in Syrien teilgenommen bzw. diese koordiniert hat, seiner Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Österreich und/oder aufgrund seiner auf XXXX hochgeladenen Videos.Dem Beschwerdeführer droht nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsort Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund seiner Asylantragstellung in Österreich, seiner Ausreise aus Syrien, seiner Herkunft aus Idlib, seiner Familienzugehörigkeit zu seinem Bruder, der an Demonstrationen in Syrien teilgenommen bzw. diese koordiniert hat, seiner Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Österreich und/oder aufgrund seiner auf römisch 40 hochgeladenen Videos.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Version 9, veröffentlicht am 17.07.2023 (LIB);
- UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Version, März 2021 (UNHCR);
- EUAA Country Guidance Syria, Februar 2023 (EUAA);
- ACCORD Anfragebeantwortung vom 14.06.2023 zu SYRIEN: Einberufung von Reservisten der syrischen Armee: Bedarf, Bedingungen, Alter, Dauer, Einsatzbereich, Möglichkeit des Freikaufs (AB Reservedienst) - ACCORD Anfragebeantwortung vom 14.06.2023 zu SYRIEN: Einberufung von Reservisten der syrischen Armee: Bedarf, Bedingungen, Alter, Dauer, Einsatzbereich, Möglichkeit des Freikaufs Ausschussbericht Reservedienst)
- ACCORD Anfragebeantwortung vom 14.06.2023 zu SYRIEN: Detailfragen zum Vorgehen der syrischen Grenzbehörden bei der Einreise eines registrierten Reservisten nach mehrjährigem Auslandsaufenthalt (AB Einreise reg. Reservist)- ACCORD Anfragebeantwortung vom 14.06.2023 zu SYRIEN: Detailfragen zum Vorgehen der syrischen Grenzbehörden bei der Einreise eines registrierten Reservisten nach mehrjährigem Auslandsaufenthalt Ausschussbericht Einreise reg. Reservist)
- OCHA: TÜRKIYE - SYRIA: Border Crossings Status vom 18.04.2023 (OCHA)
- Research Paper der Staatendokumentation vom 10.10.2023 – Syria: The border situation between Turkey, Syria and Iraq (Research Paper)
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.09.2022 zu Syrien: Fragen des BvwG zur Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion (AB Wehrdienstverweigerung)- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.09.2022 zu Syrien: Fragen des BvwG zur Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion Ausschussbericht Wehrdienstverweigerung)
- The New Arab Staff vom 13.09.2022, Syrian refugees attempting to join ‚Caravan of Light‘ to Europe attacked by HTS militants (New Arab)
- Themenbericht der Staatendokumentation vom 25.10.2023, Syrien – Grenzübergänge, Version 1 (TB)
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 24.10.2023 zur TÜRKEI: Ein und Durchreisebestimmungen für Syrer, Passieren von Grenzübergängen zu Syrien (AB Türkei)- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 24.10.2023 zur TÜRKEI: Ein und Durchreisebestimmungen für Syrer, Passieren von Grenzübergängen zu Syrien Ausschussbericht Türkei)
1.3.1. Politische Lage
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten. Obwohl das Regime oft als alawitisch und als Beschützer anderer religiöser Minderheiten bezeichnet wird, stellt die Regierung kein wirkliches Instrument für die politischen Interessen der Minderheiten dar. In der Praxis hängt der politische Zugang von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten ab (LIB, S. 6).Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten. Obwohl das Regime oft als alawitisch und als Beschützer anderer religiöser Minderheiten bezeichnet wird, stellt die Regierung kein wirkliches Instrument für die politischen Interessen der Minderheiten dar. In der Praxis hängt der politische Zugang von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten ab (LIB, Sitzung 6).
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und konfessionelle Spannungen (LIB, S. 3).Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und konfessionelle Spannungen (LIB, Sitzung 3).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 ist der Konflikt in eine neue Patt-Phase eingetreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 % des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime – unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (LIB, S. 3 f).Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 ist der Konflikt in eine neue Patt-Phase eingetreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 % des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime – unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (LIB, Sitzung 3 f).
Interne Akteure haben das Kernmerkmal eines Staates - sein Gewaltmonopol - infrage gestellt und ausgehöhlt. Externe Akteure, die Gebiete besetzen, wie die Türkei in den kurdischen Gebieten, oder sich in innere Angelegenheiten einmischen, wie Russland und Iran, sorgen für Unzufriedenheit bei den Bürgern vor Ort. In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. AusländischeAkteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten ist die zivile Politik im Allgemeinen den lokal dominierenden bewaffneten Gruppen untergeordnet, darunter die militante islamistische Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) und mit dem türkischen Militär verbündete Kräfte. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB, S. 4).,Interne Akteure haben das Kernmerkmal eines Staates - sein Gewaltmonopol - infrage gestellt und ausgehöhlt. Externe Akteure, die Gebiete besetzen, wie die Türkei in den kurdischen Gebieten, oder sich in innere Angelegenheiten einmischen, wie Russland und Iran, sorgen für Unzufriedenheit bei den Bürgern vor Ort. In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. AusländischeAkteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten ist die zivile Politik im Allgemeinen den lokal dominierenden bewaffneten Gruppen untergeordnet, darunter die militante islamistische Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) und mit dem türkischen Militär verbündete Kräfte. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB, Sitzung 4).,
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (LIB, S. 4 f).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (LIB, Sitzung 4 f).
Das Ziel der Assad-Regierung ist es die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden. Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Die EU-Mitgliedsstaaten und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (LIB, S. 5).Das Ziel der Assad-Regierung ist es die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden. Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Die EU-Mitgliedsstaaten und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (LIB, Sitzung 5).
Syrische Interimsregierung und syrische Heilsregierung
Im März 2013 gab die Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte als höchste offizielle Oppositionsbehörde die Bildung der syrischen Interimsregierung (Syrian Interim Government, SIG) bekannt, welche die Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes im ganzen Land verwalten soll. Im Laufe der Zeit schrumpften die der Opposition angehörenden Gebiete jedoch, insbesondere nach den Vereinbarungen von 2018, die dazu führten, dass Damaskus die Kontrolle über den Süden Syriens und die Oppositionsgebiete im Süden von Damaskus und im Umland übernahm. Der Einfluss der SIG ist nun auf die von der Türkei unterstützten Gebiete im Norden Aleppos beschränkt. Formell erstreckt sich ihr Zuständigkeitsbereich auch auf die von Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) kontrollierte Zone. Dort wurde sie von der HTS jedoch an den Rand gedrängt. Die von der HTS kontrollierten Gebiete in Idlib und Teile der Provinzen Aleppo und Latakia werden inzwischen von der syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Government, SSG), dem zivilen Flügel der HTS, regiert (LIB, S. 10).Im März 2013 gab die Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte als höchste offizielle Oppositionsbehörde die Bildung der syrischen Interimsregierung (Syrian Interim Government, SIG) bekannt, welche die Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes im ganzen Land verwalten soll. Im Laufe der Zeit schrumpften die der Opposition angehörenden Gebiete jedoch, insbesondere nach den Vereinbarungen von 2018, die dazu führten, dass Damaskus die Kontrolle über den Süden Syriens und die Oppositionsgebiete im Süden von Damaskus und im Umland übernahm. Der Einfluss der SIG ist nun auf die von der Türkei unterstützten Gebiete im Norden Aleppos beschränkt. Formell erstreckt sich ihr Zuständigkeitsbereich auch auf die von Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) kontrollierte Zone. Dort wurde sie von der HTS jedoch an den Rand gedrängt. Die von der HTS kontrollierten Gebiete in Idlib und Teile der Provinzen Aleppo und Latakia werden inzwischen von der syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Government, SSG), dem zivilen Flügel der HTS, regiert (LIB, Sitzung 10).
Nicht-staatliche Akteure in Nordsyrien haben systematisch daran gearbeitet, sich selbst mit Attributen der Staatlichkeit auszustatten. Sie haben sich von aufständischen bewaffneten Gruppen in Regierungsbehörden verwandelt. In Gebieten, die von der HTS, einer sunnitischen islamistischen politischen und militärischen Organisation, kontrolliert werden, und in Gebieten, die nominell unter der Kontrolle der SIG stehen, haben bewaffnete Gruppen und die ihnen angeschlossenen politischen Flügel den institutionellen Rahmen einesvollwertigen Staates mit ausgefeilten Regierungsstrukturen wie Präsidenten, Kabinetten, Ministerien, Regulierungsbehörden, Exekutivorganen usw. übernommen (LIB, S. 10).Nicht-staatliche Akteure in Nordsyrien haben systematisch daran gearbeitet, sich selbst mit Attributen der Staatlichkeit auszustatten. Sie haben sich von aufständischen bewaffneten Gruppen in Regierungsbehörden verwandelt. In Gebieten, die von der HTS, einer sunnitischen islamistischen politischen und militärischen Organisation, kontrolliert werden, und in Gebieten, die nominell unter der Kontrolle der SIG stehen, haben bewaffnete Gruppen und die ihnen angeschlossenen politischen Flügel den institutionellen Rahmen einesvollwertigen Staates mit ausgefeilten Regierungsstrukturen wie Präsidenten, Kabinetten, Ministerien, Regulierungsbehörden, Exekutivorganen usw. übernommen (LIB, Sitzung 10).
Die nordwestliche Ecke der Provinz Idlib, an der Grenze zur Türkei, ist die letzte Enklave der traditionellen Opposition gegen Assads Herrschaft. Sie beherbergt Dutzende von hauptsächlich islamischen bewaffneten Gruppen, von denen die HTS die dominanteste ist. Mit der im November 2017 gegründeten syrischen Heilsregierung hat die HTS ihre Möglichkeiten zur Regulierung, Besteuerung und Bereitstellung begrenzter Dienstleistungen für die Zivilbevölkerung erweitert. Diese Institutionen sind Mechanismen, die hochrangige Persönlichkeiten innerhalb der herrschenden Koalitionen ermächtigen und bereichern. In dem Gebiet werden keine organisierten Wahlen abgehalten und die dortigen Loka