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16 MedienrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Bedenken gegen eine Bestimmung des RundfunkG über die Bestellung der Mitglieder der Rundfunkkommission im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz und die Möglichkeit einer wirksamen Beschwerde bei einer nationalen Instanz; Zugehörigkeit eines Organwalters zu einer politischen Partei für sich allein kein Befangenheitsgrund; keine Verletzung des Rechts auf Rundfunkfreiheit und des Gleichheitsrechts durch Abweisung einer Beschwerde an die Rundfunkkommission wegen behaupteter Verletzung des Objektivitätsgebotes bei der Berichterstattung des ORF über den Themenkomplex der Arbeiterkammer SteiermarkSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, den beteiligten Parteien J K, E G, U B und Dr. H F M zu Handen ihres Vertreters Rechtsanwalt Dr. G K die mit insgesamt 18.000,- S bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Dr. J H wandte sich mit einer Beschwerde gemäß §27 Abs1 Z1 litb Rundfunkgesetz (RFG), BGBl. 379/1984, die am 25. Oktober 1990 bei der Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes (Rundfunkkommission) einlangte, gegen die Berichterstattung des Österreichischen Rundfunks (ORF) über den Themenkomplex der Arbeiterkammer (AK) Steiermark. Diese Administrativbeschwerde wurde - wie die Rundfunkkommission festgestellt hat - von mehr als fünfhundert weiteren Inhabern einer Rundfunk-(Fernsehrundfunk-)Hauptbewilligung unterstützt. Darin wurde die Feststellung begehrt, daß der ORF durch seine Berichterstattung über den Themenkomplex AK Steiermark in allen Nachrichtensendungen, insbesondere aber in den Fernsehsendungen ZiB 1 und ZiB 2 vom 15. August 1990 "bis zum heutigen Tag" das RFG in den Bestimmungen des §2 Abs1 Z1 lita und b verletzt habe. Der ORF habe es nämlich unterlassen, darüber zu berichten, daß im letzten Jahrzehnt im Bereich der AK Steiermark ein System der persönlichen Bereicherung von AK-Funktionären geschaffen, konkrete Verdachtsmomente geäußert und urkundliche Nachweise über Parteienfinanzierung durch die AK Steiermark an die Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter erbracht und ein System parteipolitisch orientierter Subventionen errichtet worden seien. Außerdem wurde die Veröffentlichung der Entscheidung der Kommission beantragt.
1.1.2.1. In der mündlichen Verhandlung vor der Rundfunckommission über diese Beschwerde, die am 19. November 1990 stattfand, stellte der Beschwerdeführer den Antrag, "die beiden nichtrichterlichen Mitglieder des Senates gemäß §7 Abs1 Z4 AVG abzulehnen".
1.1.2.2. Die Rundfunkkommission gab dieser Beschwerde mit ihrem Bescheid vom 19. November 1990, Z415/17-RFK/90, nicht Folge.
Begründend hieß es ua.:
"... Die nichtrichterlichen Mitglieder des entscheidenden Senates sind nicht befangen. Die Betroffenen haben sich nicht für befangen erklärt und an der Ausübung ihrer Tätigkeit behindert gesehen. Es liegen auch keine konkreten Umstände vor, die den Schluß auf eine derartige Befangenheit zulassen.
Der Umstand, daß sie allenfalls parteipolitische Funktionen ausüben, reicht zur Begründung einer Befangenheit jedenfalls nicht aus (VwSlg. 2422 A/1952, 8171 A/1972). Schon nach dem Parteienvorbringen in der Verhandlung vor der Kommission, ein Mandat der Hörer- und Sehervertretung sowie des Zentralbetriebsrates (als nichtrichterliches Mitglied der Kommission) wäre nur mit parteipolitischer Nähe erreichbar, ist nicht einmal die Wahrscheinlichkeit für die Annahme, es liege zumindest der Anschein der Parteilichkeit solcher Mitglieder im vorliegenden Fall vor, gegeben. ...
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Verletzung des Gebotes
der objektiven Auswahl und Vermittlung von Nachrichten im
Zusammenhang mit den fraglichen Vorgängen in der AK Steiermark
vorliegt, war zunächst das gesamte ... Sendungsspektrum in die
Betrachtung miteinzubeziehen. ...
Betrachtet man die Inhalte der ... Sendungen insgesamt
zunächst unter diesem Gesichtspunkt, so liegt eine Verletzung des Rundfunkgesetzes nicht vor.
Über die Behauptungen der Existenz von Geheimfonds bei der steirischen AK wurde im Mittagsjournal vom 16. August 1990 berichtet. Im Mittagsjournal vom 17. August 1990 wurde ausführlich eine Pressekonferenz des Beschwerdeführers wiedergegeben, wobei dieser im Originalton Gelegenheit hatte, seinen Standpunkt zur Frage der Refundierungsfonds und Administrativfonds darzulegen. Dabei kam auch zum Ausdruck, daß es nach Meinung des Beschwerdeführers nicht nur den Fall des (früheren) Präsidenten der AK Steiermark A R gebe, sondern die Sache 'System habe', insbesondere habe sich das Kammerbüro der AK mit jährlich 3,000.000,- S selbst subventioniert. Auch von den vom Beschwerdeführer gegenüber der Staatsanwaltschaft Graz erhobenen Vorwürfen wurde entsprechend Mitteilung gemacht.
Mag auch in der Folge der Berichterstattung immer wieder vom Anlaß-'Fall R' ausgegangen werden, so ergibt sich doch jeweils aus dem Inhalt der vermittelten Nachrichten, daß der Name des ehemaligen AK-Präsidenten kennzeichnend für die Gesamtheit der angeprangerten Mißstände, auf die in der Berichterstattung auch immer wieder zurückgegriffen wurde, verstanden werden kann. Daß dabei mit Rücksicht auf die Tagesaktualität - die öffentliche Diskussion entwickelte sich sehr rasch auch in Richtung einer Reform nicht nur der Arbeiterkammern, sondern des gesamten Kammersystems, wozu nicht zuletzt auch Exponenten der FPÖ beitrugen - eine detailliertere und umfassendere Berichterstattung über die Vorgänge in der AK Steiermark in den Hintergrund treten mußte, kann nicht als unobjektive Auswahl von Nachrichten angesehen werden. Daß diese vom Beschwerdeführer geortete Unobjektivität nicht vorliegt, ergibt sich nicht zuletzt auch in der Auswahl des Pressespiegels im Mittagsjournal vom 18. August 1990. Ein Grundsatz, wonach der ORF verpflichtet wäre, sämtliche ihm übermittelten Unterlagen lückenlos zu verwerten, ist dem RFG jedenfalls fremd. Die vom Gesetz vorgesehene 'Auswahl' wäre dann gar nicht mehr denkbar. Dazu kommt, daß die vom Beschwerdeführer angeprangerten Mißstände Gegenstand der Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörde waren und die Diskussion, die sich am 'Fall R' entzündete, in die Zeit des (Vor-)Wahlkampfes für die Nationalratswahl fiel, sodaß naturgemäß dazu eine Fülle von Stellungnahmen aller politischen Richtungen des Landes zu vermitteln war und das Auswahlproblem umso größer wurde. Wenn auch in der Berichterstattung jene Begriffe, die der Beschwerdeführer in seiner Antragstellung bei der Kommission verwendet, nicht wörtlich berücksichtigt wurden, so ist diese Berichterstattung doch inhaltlich in ihrer Gesamtheit nicht zu beanstanden.
Was nun die Bestimmung des §2 Abs1 Z1 litb RFG anlangt, so fallen darunter Kommentare, Standpunkte und kritische Stellungnahmen, die auf Veranlassung des ORF von Personen abgegeben wurden, die nicht dessen Mitarbeiter sind oder zumindest nicht in dieser Eigenschaft sprechen (so zum Beispiel RfR 1982, 39). Eine Verletzung dieser Bestimmung erblickt der Beschwerdeführer darin, daß der ORF eine Berichterstattung über konkrete Verdachtsmomente und urkundliche Nachweise über die erfolgte (behauptete) Parteienfinanzierung sowie über das komplexe System der (behaupteten) persönlichen Bereicherung von Funktionären der AK Steiermark sowie über das System parteipolitisch orientierter Subventionen unterlassen habe.
Der Beschwerdeführer will damit offensichtlich zum Ausdruck bringen, daß die von ihm der Staatsanwaltschaft Graz übermittelten Unterlagen zur Grundlage einer detaillierteren Kommentierung der Ereignisse hätten gemacht werden müssen. Abgesehen davon, daß sich eine Berichterstattung einer vordergründigen Wertung von Tatsachen in der vom Beschwerdeführer gewünschten Form im Interesse der gebotenen Objektivität hätte enthalten müssen, erfordert Objektivität aber auch die Berücksichtigung aller erreichbaren, zuverlässigen Informationsquellen, und nicht zuletzt muß auch den Betroffenen der Inhalt dieser Quelle mitgeteilt und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.
Es kann dem Beschwerdeführer durchaus konzediert werden, daß die von ihm im Rahmen der Sachverhaltsmitteilung an die Staatsanwaltschaft Graz produzierten Unterlagen nicht von vornherein als unzuverlässige Informationsquellen angesehen werden können, welche einer weiteren Überprüfung gar nicht würdig gewesen wären, und es besonderer weiterer journalistischer Recherchen dazu nicht bedurft hätte, jedoch wäre damit noch nicht der Grundsatz des 'audiatur et altera pars' aufgehoben. Betrachtet man die Unterlagen aus diesem Blickwinkel, dann ist festzustellen, daß bei Berücksichtigung des auf der tagespolitischen Berichterstattung lastenden Zeitdrucks die Unterlassung der Einholung einer ausgewogenen Gegendarstellung von jedem einzelnen Betroffenen keine Verletzung des RFG darstellt. Ein derartiger Versuch hätte vielmehr zwangsläufig die Berichterstattung in die Nähe einer 'Medienjustiz' als öffentliche Vorverurteilung Betroffener gebracht; eine solche ist jedoch grundsätzlich abzulehnen. Daß es der ORF deshalb unterlassen hat, in weiten Bereichen strafrechtliche Tatbestände zu recherchieren, kann aber nicht als mangelnde Objektivität gewertet werden. ..."
1.2.1. Gegen diesen Bescheid wendet sich Dr. J H mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 Abs1 B-VG, in der er die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, und zwar auf eine wirksame Beschwerde (Art13 EMRK iVm Art10 EMRK), auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG iVm Art2 StGG) und auf Informationsfreiheit (Art10 EMRK) sowie die Verletzung in Rechten durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
1.2.2.1. Die Rundfunkkommission als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete aber darauf, eine Gegenschrift zu erstatten.
1.2.2.2. Hingegen brachten die für die streitverfangenen Sendungen verantwortlichen Bediensteten des ORF, nämlich der Informationsintendant J K, der Hörfunkintendant E G und die Hauptabteilungsleiter U B und Dr. H F M, als Beteiligte des verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens eine Gegenäußerung ein, in der sie für die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde eintraten.
1.2.2.3. Im Zuge des verfassungsgerichtlichen Verfahrens teilte der ORF dem Verfassungsgerichtshof - auf Anfrage - mit, daß das Kommissionsmitglied Dr. C in keinem Vertragsverhältnis zum ORF stehe oder gestanden sei.
1.2.2.4. Der Beschwerdeführer äußerte sich dazu nicht, wies aber auf die Zugehörigkeit nichtrichterlicher Kommissionsmitglieder zu politischen Parteien hin.
2. Über die Beschwerde wurde erwogen:
2.1.1. Die Rundfunkkommisson ist eine nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Verwaltungsbehörde. Ihre Entscheidungen unterliegen nach §29 Abs5 RFG nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Der administrative Instanzenzug iSd Art144 Abs 1 Satz 2 B-VG ist also ausgeschöpft (vgl. zB VfSlg. 8320/1978, 8906/1980, 11062/1986, 11213/1987, 11572/1987, 11670/1988, 12022/1989, 12035/1989, 12086/1989, 12491/1990; VfGH 30.9.1991 B1110/90, 24.2.1992 B1108/91).
2.1.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 7716/1975, 7717/1975, 7718/1975 und 8320/1978 darlegte, ist es nicht ausgeschlossen, daß eine Person, die eine auf §27 Abs1 Z1 litb RFG gestützte Beschwerde an die Rundfunkkommission gerichtet hat, durch den ihren Antrag ablehnenden Bescheid der Kommission in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt wird. Sie ist daher legitimiert, gegen den Bescheid der Kommission gemäß Art144 Abs1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde zu führen.
2.1.3. Die Prozeßvoraussetzungen treffen (insgesamt) zu (vgl. VfSlg. 12022/1989, 12035/1989, 12086/1989, 12491/1990; VfGH 30.9.1991 B1110/90, 24.2.1992 B1108/91), die Beschwerde ist zulässig.
2.2. Der Beschwerdeführer macht - zusammengefaßt - geltend, daß der hier präjudizielle §25 Abs3 Z2 RFG über die Bestellung der Mitglieder der Rundfunkkommission gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art7 Abs1 B-VG iVm Art2 StGG) und gegen Art13 EMRK (Erfordernis der Einräumung einer wirksamen Beschwerde bei einer nationalen Instanz) verstoße, weil diese Vorschrift die Bundesregierung für je vier der (auf ihren Vorschlag vom Bundespräsidenten zu ernennenden) Kommissionsmitglieder an Besetzungsvorschläge des Zentralbetriebsrates sowie der Hörer- und Sehervertretung binde.
Der Meinung des Beschwerdeführers, daß damit die sachlich gebotene Unparteilichkeit der Kommission in Frage gestellt sei, kann jedoch nicht beigepflichtet werden.
Der Verfassungsgerichtshof sprach bereits mehrmals - und zwar in den Erkenntnissen VfSlg. 9887/1983 und 11239/1987 sowie vom 25. Februar 1991, B120/90, mit ausdrücklicher Bezugnahme auf Art7 Abs1 B-VG - aus, daß weisungsfreie Interessenvertreter nicht als persönliches Sprachrohr einer Verfahrenspartei fungieren (vgl. VfSlg. 11912/1988, 12074/1989, 12470/1990). Dies trifft auch auf die mit solchen Interessenvertretern vergleichbaren weisungsfreien Mitglieder der Rundfunkkommission nach §25 Abs3 Z2 RFG zu. Daß der Zentralbetriebsrat etwa aus seiner Mitte oder aus einem Betriebsrat des ORF Personen zur Ernennung vorschlägt, die gemäß §53 Abs1 und §81 Abs1 Arbeitsverfassungsgesetz im ORF beschäftigt sein müßten und zB einem Landesintendanten (§12 Abs4 letzter Satz RFG) und zugleich auch dem - jedenfalls Parteistellung im Verfahren vor der Kommission einnehmenden - Generalintendanten (§12 Abs3 zweiter Satz, §30 Abs1 RFG) unterstellt sein können, läßt das RFG nicht zu: Arbeitnehmer des ORF dürfen der Kommission nämlich überhaupt nicht angehören, ebenso auch nicht freie Mitarbeiter, sofern sie diese Tätigkeit ständig und nicht bloß als wirtschaftlich unbedeutende Nebenbeschäftigung ausüben (§25 Abs4 Z2 und 3 RFG). Allein schon deswegen kann der Verfassungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer unter den Aspekten des Art7 Abs1 B-VG und des Art13 EMRK vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §25 Abs3 Z2 RFG nicht teilen.
Ebensowenig vermag sich der Verfassungsgerichtshof der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers anzuschließen, daß §7 AVG - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - infolge "Ineffektivität" unter dem Blickwinkel des Art7 Abs1 B-VG (iVm der EMRK) verfassungsrechtlich bedenklich sei. Denn gemäß §7 Abs1 AVG hat sich ein Organwalter, wenn ein Befangenheitsgrund vorliegt, von Amts wegen - ohne daß also ein entsprechender Parteienantrag erforderlich wäre - jeder Amtshandlung zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen. Verletzt er diese zwingende gesetzliche Verpflichtung, macht er sich - zB disziplinär - verantwortlich; zudem kann die Mitwirkung befangener Organwalter im Administrativverfahren von den Parteien jederzeit gerügt werden (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, S 193 f. Anm. 3 und 4 zu §7 AVG).
2.3.1. Ferner sieht der Beschwerdeführer das Recht nach Art. 13 EMRK (auf "effektive Durchsetzung der materiellen Grundrechte", und zwar nach der Beschwerdeauffassung des Art10 EMRK iVm dem "Recht auf eine unparteiische Entscheidungsinstanz") und das Recht nach Art7 Abs1 B-VG (Art2 StGG) dadurch verletzt, daß zwei Mitglieder der belangten Rundfunkkommission (Dr. P und Dr. C) wegen ihrer Tätigkeit in politischen Parteien befangen gewesen seien.
Dem ist zu erwidern, daß die Art13 EMRK relevierende Argumentation der Beschwerde auf einer verfehlten Prämisse beruht, weil die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei und die Mitarbeit in einer solchen Gruppierung für sich allein keinen Befangenheitsgrund herzustellen vermag (vgl. VwSlg. 2422 A/1952; VwGH 17.2.1972, Z256/71 (Leitsatz: VwSlg. 8171 A/1972)). Weitergreifende, hinlänglich konkretisierte besondere Umstände, die es zweifelhaft erscheinen ließen, ob diese beiden Kommissionsmitglieder (wegen ihrer persönlichen Beziehung zu der in Streit stehenden Sache oder zu den am Rechtsstreit beteiligten Parteien) zu der ihnen gesetzlich aufgetragenen objektiven Entscheidung des Rechtsfalls des Beschwerdeführers gewillt und imstande seien, und die nach Lage des Falles tatsächlich den Anschein einer Befangenheit dieser Organwalter begründen könnten, sind hier aber nicht zu ersehen. Die in der Beschwerdeschrift angestellten hypothetischen Überlegungen allgemeiner Art darüber, wie sich die Kommissionsentscheidung für bestimmte politische Parteien letztlich auswirken mag, können solche - eine Befangenheit im zugrundeliegenden Administrativverfahren indizierende - Umstände nicht ersetzen. Unter diesen Umständen mußte nicht mehr auf die Frage eingegangen werden, ob eine Verletzung des Art13 EMRK im konkreten Fall überhaupt in Betracht kommen kann.
2.3.2. Soweit sich der Beschwerdeführer auf Art10 EMRK und Art7 Abs1 B-VG (iVm Art2 StGG) beruft, ist festzuhalten, daß der im Verfassungsrang stehende Art10 EMRK nach der gefestigten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe VfSlg. 12035/1989; vgl. auch VfSlg. 9909/1983, 10948/1986, 11572/1987; VfGH 1.10.1991 B982/90) als Bestandteil des Anspruchs auf freie Meinungsäußerung ua. ein Recht auf Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen verbürgt. Der verfassungsgesetzliche Schutzbereich erstreckt sich dabei auch auf die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen mit Hilfe von Fernseh-Rundfunkanlagen (sogenannte "Rundfunkfreiheit").
Diese grundrechtlichen Freiheitsverbürgungen sind jedoch in zweifacher Weise eingeschränkt. Zum einen ermächtigt Art10 Abs1 letzter Satz EMRK den Staat, Rundfunk- und Fernsehbetriebe einem Genehmigungsverfahren zu unterziehen, zum anderen kann gemäß Art10 Abs2 EMRK die Ausübung der Rundfunkfreiheit bestimmten gesetzlichen Beschränkungen unterworfen werden (VfSlg. 9909/1983, 11572/1987, 12035/1989); die Rundfunkfreiheit ist in dem durch das RFG geschaffenen System freilich nur dann gewährleistet, wenn die Möglichkeit zum Empfang und zur Mitteilung (von Nachrichten) angesichts der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme im Rahmen des ORF wirklich besteht (VfSlg. 10948/1986; VfGH 1.10.1991 B982/90):
Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde, so auch der Rundfunkkommission, kann dieses nach dem Gesagten unter Gesetzesvorbehalt stehende verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Rundfunkfreiheit gemäß Art10 EMRK nach ständiger Rechtsprechung nur dann verletzen, wenn er ohne jede gesetzliche Grundlage erging oder auf einer verfassungswidrigen Norm beruht oder wenn bei seiner Erlassung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage denkunmöglich angewendet, so etwa dem Gesetz ein der Bundesverfassung widersprechender Inhalt fälschlicherweise unterstellt wurde (vgl. zB VfSlg. 9909/1983).
Der angefochtene Bescheid stützt sich nun auf Vorschriften des RFG, deren Verfassungsmäßigkeit der Beschwerdeführer - von der schon erörterten und als verfassungsrechtlich unbedenklich erachteten Vorschrift des §25 Abs3 Z2 RFG abgesehen - selbst nicht in Zweifel zieht und gegen die auch der Verfassungsgerichtshof aus der Sicht dieses Beschwerdefalles keine derartigen Bedenken hegt.
Demgemäß bleibt nur zu prüfen, ob der belangten Behörde eine denkunmögliche Gesetzeshandhabung zur Last fällt.
Der Beschwerdeführer behauptet dies, desgleichen eine - Art7 Abs1 B-VG iVm Art2 StGG verletzende - willkürliche Gesetzesanwendung, ist jedoch damit nicht im Recht, wie die folgenden Überlegungen zeigen:
Es fehlt nämlich an jeglichen Anhaltspunkten dafür, daß die Rundfunkkommission sich bei ihrer Willensbildung von subjektiven, in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Momenten leiten ließ. Auch gab die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ihre von der Meinung des Beschwerdeführers abweichenden Erwägungen, fern von jeder Leichtfertigkeit, im Einklang mit den Denkgesetzen sorgfältig und besonders eingehend wieder. Sie ging dabei sichtlich auf alle maßgebenden Einzelheiten der Rechtssache ein, wie (auch) der aus den Akten zu entnehmende Ablauf des Verwaltungsgeschehens zeigt. Soweit der Beschwerdeführer eine Berichterstattung bestimmten Inhaltes und Umfanges fordert oder der Auffassung anhängt, er habe als Obmann einer politischen Partei ein Recht darauf, daß der ORF über seine Ansichten zu bestimmten Angelegenheiten in einer seinen Intentionen entsprechenden Weise berichte, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Frage der Auswahl und Gewichtung dieser Berichterstattung über bestimmte Ereignisse, Vorkommnisse oder Meinungen innerhalb des schon wiedergegebenen rundfunkverfassungsrechtlichen Rahmens - bei Sendungen, die der ORF selbst gestaltet - Sache des ORF ist (vgl. zur Unterscheidung zwischen vom ORF oder von anderen gestalteten Sendungen: VfSlg. 10948/1986, S 843). Daß der ORF die ihm verfassungsgesetzlich gezogenen Grenzen nicht überschritt, ergibt sich aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen der Verfassungsgerichtshof insoweit nicht entgegenzutreten vermag.
Der Standpunkt der belangten Behörde ist unter den obwaltenden Verhältnissen insgesamt weder in tatsachenmäßiger noch in rechtlicher Hinsicht mit - Willkür indizierender - Denkunmöglichkeit oder dadurch belastet, daß den angewendeten Rechtsvorschriften ein verfassungswidriger Inhalt unterstellt worden wäre. Die beschwerdeführende Partei bringt jedenfalls nichts vor, was diese Wertung des angefochtenen Bescheides erschüttern könnte.
Abschließend bleibt festzuhalten, daß der Beschwerdeführer in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nach Art10 EMRK und Art7 Abs1 B-VG iVm mit Art2 StGG nicht verletzt wurde.
2.4. Wenn - zwar nicht ausdrücklich, so doch der Sache nach einen Verstoß gegen die Besetzungsvorschrift des §25 Abs4 Z2 bzw. 3 RFG und damit eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art83 Abs2 B-VG (vgl. VfSlg. 8731/1980, 10022/1984 ua.) relevierend - eingewendet wird, ein Kommissionsmitglied (Dr. C) "gehör(e) ... dem ORF im Rahmen eines Vertragsverhältnisses an" und sei "Angestellte(r) des ORF", so trifft diese Behauptung angesichts einer dem Beschwerdeführer im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren zur Kenntnis gebrachten gegenteiligen schriftlichen Auskunft des ORF (vgl. Pt. 1.2.2.3), die der Verfassungsgerichtshof für unbedenklich hält, nicht zu.
2.5. Das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren ergab aber auch nicht, daß der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde.
Ob das in den hier präjudiziellen Bestimmungen auf der Stufe eines einfachen Bundesgesetzes stehende RFG von der Rundfunkkommission richtig angewendet wurde, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu entscheiden, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde, wie im vorliegenden Fall, gegen den Bescheid einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, der beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (VfGH 9.12.1992 B1114/92 uvam.).
2.6. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG 1953. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer von 3.000,- S enthalten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz und Z2 VerfGG 1953 ohne vorangehende mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Rundfunk, Beschwerdeverfahren (Rundfunk), Kollegialbehörde, Verwaltungsverfahren, Befangenheit, Meinungsäußerungsfreiheit, Rundfunkkommission, Behördenzusammensetzung, Objektivitätsgebot (Rundfunk)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B468.1991Dokumentnummer
JFT_10069685_91B00468_00