TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/26 95/17/0120

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Veröffentlicht am 26.05.1995
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Index

L34003 Abgabenordnung Niederösterreich;
L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;

Norm

BauO NÖ 1976 §100 Abs4 idF 8200-6;
BauO NÖ 1976 §118 idF 8200-6;
BauO NÖ 1976 §14 Abs1 idF 8200-6;
BauRallg;
LAO NÖ 1977 §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des J in R, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 13. März 1995, Zl. R/1-V-95045/00, betreffend Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde R), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Im Juni 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Errichtung eines Seminarzentrums auf dem Grundstück Nr. 1928/2, KG R. Mit Bescheid vom 7. Dezember 1993 erteilte der Bürgermeister die beantragte Bewilligung. Gleichzeitig erklärte er darin das Grundstück Nr. 1928/2 gemäß § 100 Abs. 3 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0 in der Fassung LGBl. 8200-9, zum Bauplatz. Der Bescheid vom 7. Dezember 1993 erwuchs in Rechtskraft.

1.2. Mit Bescheid vom 3. Mai 1994 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer aus Anlaß der rechtskräftigen Bauplatzerklärung für das in Rede stehende Grundstück die Aufschließungsabgabe in der Höhe von S 349.343,-- gemäß § 14 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1976 vor.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und machte geltend, auf Grund einer geplanten Modifizierung des Bauvorhabens müsse der erlassene Baubewilligungsbescheid ersetzt werden; eine Berechnung der Aufschließungsabgabe sei derzeit nicht möglich.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 1994 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde diese Berufung als unbegründet ab.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung erachtete der Beschwerdeführer die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe als unzulässig, da die Baubewilligung vom 7. Dezember 1993 wegen Widerspruchs zum rechtswirksamen Flächenwidmungsplan überhaupt nicht zu erteilen gewesen wäre und damit als nichtig angesehen werden müsse.

1.3. Mit Bescheid vom 13. März 1995 (dem nunmehr angefochtenen Bescheid) wies die Niederösterreichische Landesregierung die Vorstellung als unbegründet ab. Nach der Begründung dieses Bescheides habe die Baubehörde das ursprünglich eingereichte Projekt seinerzeit als bewilligungsfähig erachtet und aus diesem Grunde die vom Beschwerdeführer beantragte Baubewilligung vom 7. Dezember 1993 erteilt. Da das vom Bauvorhaben betroffene Grundstück Nr. 1928/2 noch nicht als Bauplatz im Sinne des § 2 Z. 7 NÖ Bauordnung 1976 anzusehen gewesen sei, habe der Bürgermeister die - vom Beschwerdeführer in der Folge nicht angefochtene - Erklärung zum Bauplatz für erforderlich erachtet. Wie aus § 100 Abs. 4 leg. cit. abzuleiten sei, erlösche die Bauplatzerklärung für ein Grundstück dann nicht, wenn die damit im Zusammenhang erteilte Baubewilligung nicht konsumiert werde. Eine Nichtigerklärung der rechtskräftigen Baubewilligung vom 7. Dezember 1993 sei im Beschwerdefall nicht erfolgt. Die rechtskräftige Bauplatzerklärung bilde den Anlaß für die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe im Sinne des § 14 Abs. 1 erster Fall der NÖ Bauordnung 1976. 1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht beschwert, "daß richtigerweise die Abgabenfreiheit zum derzeitigen Zustand festzustellen gewesen wäre bzw. von der Vorschreibung von Aufschließungskosten im Sinne der NÖ Bauordnung mangels ausreichender gesetzlicher Grundlage Abstand zu nehmen gewesen wäre bzw. die Aufschließungskosten im Sinne der Bestimmungen der NÖ Abgabenordnung noch nicht als fällig vorgeschrieben hätten werden dürfen". Nach der Begründung der Beschwerde sei die Erteilung der Baubewilligung unter gleichzeitiger Bauplatzerklärung gemäß § 100 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1976 ein einheitlicher Vorgang. Gemäß § 100 Abs. 4 leg. cit. habe eine Aufhebung der Baubewilligung im Rechtsmittelverfahren oder wegen Nichtigkeit auch die Aufhebung der aus ihrem Anlaß erfolgten Bauplatzerklärung zur Folge. Nach der Bewilligungserteilung habe der Beschwerdeführer einen Auswechslungsplan vorgelegt und angestrebt, von der Bauklasse II auf Bauklasse III "umzustellen". Im Bauverfahren sei sodann, wie sich aus der Niederschrift vom 30. September 1994 ergebe, festgestellt bzw. erörtert worden, daß die Flächenwidmung "Bauland-Betriebsgebiet" nur die Errichtung leicht emittierender Produktionsbetriebe, nicht aber von Hotel- und Seminarbetrieben zulasse. Nach Auffassung des Beschwerdeführers wäre daher eine Baubewilligung, wie sie am 7. Dezember 1993 erteilt worden sei, rechtlich gar nicht möglich gewesen, und es sei daher sowohl die Erteilung der Baubewilligung als auch die Bauplatzerklärung im Sinne des eingereichten Projektes nichtig. Es sei nicht dem Beschwerdeführer anzulasten, wenn eine amtswegige Nichtigerklärung nicht erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe die Nichtigerklärung erstmals in der Vorstellung relevieren können. Nach der derzeitigen Flächenwidmung Bauland-Betriebsgebiet sei das Bauprojekt nicht möglich; der Beschwerdeführer strebe eine entsprechende Umwidmung in Bauland-Kerngebiet an. Er könne die Baubewilligung nicht konsumieren. Die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe sei infolge Nichtigkeit der Bauplatzerklärung bzw. der Baubewilligung unzulässigerweise erfolgt. Dies wäre von der belangten Behörde wahrzunehmen gewesen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz NÖ Bauordnung 1976 in der Fassung LGBl. 8200-6 hat die Gemeinde dem Eigentümer aus dem Anlaß der Erklärung eines Grundstückes zum Bauplatz (§ 12) eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben.

§ 100 leg. cit. in der Fassung LGBl. 8200-6 lautet auszugsweise:

"(2) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen dieses Gesetzes, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, der NÖ Mineralölordnung, LGBl. 8270, einer auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnung oder des NÖ Raumordnungsgesetzes, LGBl. 8000, über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten sowie über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt werden.

(3) Wenn die Errichtung eines Gebäudes (§ 2 Z. 5) oder einer großvolumigen Anlage (einzelne oder mehrere Silos oder Tanks mit insgesamt mehr als 200 m3 Rauminhalt sowie Tiefgaragen, Betonmischanlagen oder dergleichen) auf einem Grundstück im Bauland geplant ist, welches noch nicht zum Bauplatz erklärt worden ist und das auch nicht nach § 2 Z. 7 lit. b oder c als solcher gilt, dann gilt der Antrag auf die Erteilung der Baubewilligung auch als Antrag auf die Erklärung des vom Bauvorhaben betroffenen Grundstückes zum Bauplatz und ist dieses Grundstück im Baubewilligungsbescheid zum Bauplatz zu erklären.

Der Antrag auf Erteilung der Baubewilligung ist abzuweisen, wenn das vom Bauvorhaben betroffene Grundstück nicht zum Bauplatz erklärt werden darf.

(4) Eine Bauplatzerklärung darf in einem gemäß Abs. 3 eingeleiteten Verfahren nur dann erfolgen, wenn auch die Baubewilligung erteilt werden darf. Eine Aufhebung der Baubewilligung im Rechtsmittelverfahren oder wegen Nichtigkeit erfaßt auch die aus ihrem Anlaß erfolgte Bauplatzerklärung.

(5) ...

(7) Beabsichtigt der Bewilligungswerber, vom Inhalt des Bescheides gemäß Abs. 1 oder von der Anzeige gemäß § 94 abzuweichen, gelten für die Bewilligungs- oder Anzeigepflicht der Abweichungen und das Verfahren die Bestimmungen dieses Abschnittes sinngemäß.

(8) ..."

Gemäß § 3 Abs. 1 NÖ AO 1977 entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft.

2.2. Aus dem eben wiedergegebenen § 3 Abs. 1 NÖ AO 1977 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 erster Satz NÖ Bauordnung 1976 ergibt sich, daß der Abgabenanspruch mit der Erklärung eines Grundstückes zum Bauplatz entsteht. Es ist im Beschwerdefall nicht strittig, daß eine solche Erklärung rechtskräftig vorliegt. Damit ist der Abgabenanspruch der mitbeteiligten Marktgemeinde entstanden. Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die Gemeindeabgabenbehörden aus Anlaß dieser Bauplatzerklärung vom 7. Dezember 1993 die Aufschließungsabgabe vorgeschrieben haben.

Nicht strittig ist auch, daß der Bescheid über die Bauplatzerklärung ebenso wie die erteilte Baubewilligung dem Rechtsbestand angehört. Eine allfällige Nichtigerklärung desselben im Sinne des § 100 Abs. 4 NÖ Bauordnung 1976 bedeutet nämlich nicht dessen absolute Nichtigkeit, sondern Vernichtbarkeit. Im § 100 Abs. 4 zweiter Satz leg. cit. wird dies klar zum Ausdruck gebracht, wenn dort von der "AUFHEBUNG der Baubewilligung .. wegen Nichtigkeit" die Rede ist, die auch die aus ihrem Anlaß erfolgte Bauplatzerklärung erfaßt (vgl. auch die Verfahrensvorschriften des § 118 leg. cit.). Zutreffend spricht auch der Beschwerdeführer von einer "Nichtigerklärung", die seiner Auffassung nach von Amts wegen vorzunehmen gewesen wäre. Eine Aufhebung des Baubewilligungsbescheides, die auch die aus ihrem Anlaß erfolgte Bauplatzerklärung erfaßt hätte, ist aber nicht erfolgt. Bei diesem Sachverhalt ist es entbehrlich zu prüfen, ob eine Aufhebung (die vom Beschwerdeführer vermißte "Nichtigerklärung" der Baubewilligung bzw. der Bauplatzerklärung) überhaupt rückwirkende Bedeutung hätte oder ob sie nicht vielmehr nur ex nunc wirkt, sowie ferner, welche Auswirkungen eine solche Aufhebung auf die bereits entstandene Abgabenpflicht hat (vgl. etwa die Regelungen des § 15a NÖ BauO 1976 in der Fassung LGBl. 8200-6).

Die belangte Vorstellungsbehörde hat somit den angefochtenen Bescheid nicht mit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtswidrigkeit belastet.

2.3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

2.4. Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 6. September 1978, Zlen. 1902, 1903/78 = ZfVB 1979/2/513).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995170120.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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