TE Vfgh Beschluss 1993/3/15 G179/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.03.1993
beobachten
merken

Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7050 Schischule

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Tir SchischulG §44 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf teilweise Aufhebung einer Übergangsbestimmung des Tir SchischulG betreffend die Verpflichtung zum Nachweis der fachlichen Befähigung als Voraussetzung für die Weitergeltung einer bestehenden Schischulbewilligung mangels Legitimation; Möglichkeit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung im Verwaltungsstrafverfahren

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Gestützt auf Art140 B-VG begehrt der Antragsteller, §44 Abs1 dritter Satz litb, dessen vierten Satz sowie die Passagen "und b" und "bzw. in der litb" des fünften Satzes des §44 Abs1 des Gesetzes vom 16. November 1988, mit dem das Schischul- und Schilehrerwesen geregelt wird (Tiroler Schischulgesetz), LGBl. für Tirol Nr. 12/1989, als verfassungswidrig aufzuheben sowie ihm den pauschalierten Aufwandersatz zuzuerkennen.

1.2. §44 Abs1 des Tiroler Schischulgesetzes LGBl. für Tirol Nr. 12/1989 - die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben - lautet:

"§44

Übergangsbestimmungen

(1) Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden, nach dem Tiroler Schischulgesetz, LGBl. Nr. 3/1981, erteilten Bewilligungen zum Betrieb einer Schischule gelten als Bewilligungen nach diesem Gesetz. §5 Abs10 gilt sinngemäß. Die Inhaber einer solchen Bewilligung haben der Landesregierung

a) bis zum 1. Dezember 1989 das Verfügungsrecht über ein geeignetes Schischulbüro und einen geeigneten Sammelplatz sowie das Bestehen einer ausreichenden Haftpflichtversicherung nach §5 Abs6 und

b) bis zum 1. Dezember 1991 die fachliche Befähigung nach §5 Abs5, soweit sie diese noch nicht besitzen,

nachzuweisen. Die Verpflichtung nach litb besteht nicht, wenn ein Schischulinhaber beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits das 50. Lebensjahr vollendet und die Schischule mindestens zehn Jahre betrieben hat. Kommt ein Schischulinhaber den Verpflichtungen nach lita und b nicht nach, so erlischt die Bewilligung zum Betrieb einer Schischule mit dem in der lita bzw. in der litb festgelegten Zeitpunkt.

..."

1.3.1. Der Antragsteller führt zunächst aus, daß er zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tiroler Schischulgesetzes vom 16. November 1988 im Besitz einer aufrechten Bewilligung zum Betrieb einer Schischule gemäß dem Tiroler Schischulgesetz 1981 gewesen sei und eine von ihm im Jahre 1964 gegründete Schischule geleitet habe. Aufgrund der - mit dem gegenständlichen Individualantrag bekämpften - Übergangsbestimmungen des §44 des Tiroler Schischulgesetzes 1988 sei die Bewilligung des Antragstellers zum Betrieb einer Schischule mit 1. Dezember 1991 ex lege erloschen, da der Antragsteller die von §44 Abs1 litb des Tiroler Schischulgesetzes 1988 geforderten zusätzlichen Befähigungsnachweise nicht erbracht habe und die Ausnahmebestimmung des vierten Satzes des §44 Abs1 leg.cit. nicht erfüllt gewesen sei. Aus diesem Grund sei in der Folge von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zu Z 5 - 1306/92-A,B,C ein Strafverfahren gegen ihn durchgeführt worden.

1.3.2. Zur Frage der Antragslegitimation wird insbesondere ausgeführt:

"Das Tiroler Schischulgesetz normiert das Erlöschen der Bewilligung zum Betrieb einer Schischule ex lege, wenn die Inhaber einer Bewilligung nach dem Schischulgesetz 1981 die zusätzlich geforderten Voraussetzungen nicht bis zum 1.12.1991 nachweisen. Der Verlust einer 'Konzession' bedeutet zunächst eine wirtschaftliche ('faktische' VfSlg. 9136/1981, 11402/1987) Auswirkung. Die Tatsache, daß das Schischulgesetz den Betrieb einer Schischule an eine Bewilligung durch die Landesregierung knüpft (aufgrund welcher Vorschriften bereits ein Straferkenntnis gefällt wurde), bedeutet rechtlich letztlich die Unmöglichkeit, das Unternehmen, welches der Antragsteller seit 28 Jahren vorbildlich leitete, weiterzuführen, wodurch auch die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig betroffen ist.

Diese Eingriffe in die Rechtssphäre des Antragstellers, nämlich in das Recht auf Fortführung einer bestehenden Schischule, sind ohne Dazwischentreten eines weiteren konkretisierenden Aktes erfolgt. Art und Umfang der Rechtsfolge sind durch das Schischulgesetz eindeutig bestimmt, auch das Erfordernis der Aktualität ist gegeben.

Dem Antragsteller steht auch kein anderer zumutbarer Weg der Rechtsverfolgung zur Verfügung:

Er kann wohl ein neues Ansuchen auf Erteilung der Bewilligung zum Betrieb einer Schischule nach §5 des Tiroler Schischulgesetzes stellen, welches in der Folge mangels vorliegender Voraussetzungen des §5 abgewiesen würde. Letztendlich könnte die Übergangsbestimmung des §44 auch nicht im Rahmen einer Bescheidbeschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten werden, da das Erfordernis der Präjudizialität im Hinblick auf §44 in diesem Verfahren nicht gegeben ist.

Auch eine Bescheidbeschwerde in einem Verfahren aufgrund der Strafbestimmungen des Tiroler Schischulgesetzes würde letztlich keinen Erfolg bringen, da die Bestimmung des §44 nicht präjudiziell ist."

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat nach Einsichtnahme in die beigeschafften Verwaltungsakten der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Z 5 - 1306/92-A, Z 5 - 1306/92-B und Z 5 - 1306/92-C, zur Zulässigkeit des Individualantrages erwogen:

2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985, 11684/1988).

Ein solcher zumutbarer Weg ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes u.a. dann gegeben, wenn bereits ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren läuft, das den Betroffenen Gelegenheit zu einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bietet (VfSlg. 8312/1978, 9939/1984, 10857/1986, 11045/1986, 11823/1988). Dieser Grundsatz gilt auch für den Fall, daß ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig war, in welchem der Antragsteller über die Möglichkeit verfügte, eine amtswegige Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen (VfSlg. 8890/1980 und VfGH 30.9.1991 G111/90). In so einem Fall wäre ein Individualantrag nur bei Vorliegen - im gegenständlichen Verfahren gar nicht behaupteter - besonderer, außergewöhnlicher Umstände zulässig (VfSlg. 8312/1978, 11344/1987, 11823/1988).

2.3. Im konkreten Fall stand dem Antragsteller die Möglichkeit offen, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck beim Unabhängigen Verwaltungssenat für das Bundesland Tirol eine Berufung einzubringen und im Berufungsverfahren alle Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §44 des Tiroler Schischulgesetzes vorzutragen.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers war nämlich die Bestimmung des §44 des Tiroler Schischulgesetzes im Verwaltungsstrafverfahren sehr wohl präjudiziell. In der Begründung des - aus den beigeschafften Verwaltungsakten ersichtlichen - Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 18. Februar 1992, Z 5 - 1306/92-A,B,C, wird im Hinblick auf §44 leg.cit. ausgeführt:

    "Der Beschuldigte ... war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des

Tiroler Schischulgesetzes am 1.3.1989, LGBl Nr. 12/1989, im Besitz

einer Bewilligung zum Betrieb der Schischule ... Im §44 Tiroler

Schischulgesetz, LGBl 12/1989 wird festgestellt, daß zwar die am 1.3.1989 bestehenden Bewilligungen nach dem Tiroler Schischulgesetz, LGBl 3/1981 als Bewilligungen nach dem nunmehr bestehenden Gesetz (LGBl 12/1989) gelten, jedoch die Inhaber einer solchen Bewilligung der Landesregierung bis zum 1.12.1991 die fachliche Befähigung nach §5 Abs5 Tiroler Schischulgesetz, soweit sie diese noch nicht besitzen, (Schiführerprüfung, Langlauflehrerprüfung, Unternehmerprüfung) nachzuweisen haben.

Eben diese Verpflichtung besteht nur dann nicht, wenn der Schischulinhaber bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits das 50. Lebensjahr vollendet und die Schischule mindestens 10 Jahre betrieben hat. Da ... (der Antragsteller) sohin am 1.3.1989 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kommt er nicht in den Genuß dieser Begünstigung.

Da dieser weiters bis zum 1.12.1991 der Landesregierung seine Befähigung nicht nachgewiesen hat, erlosch die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegende Schischulbewilligung gemäß §44 Abs1 Tiroler Schischulgesetz ex lege."

Wie aus dem zitierten Teil der Begründung des Straferkenntnisses erhellt, mußte die Behörde zur Feststellung des Sachverhaltes, d.h. zur Beurteilung der Frage, ob der Beschuldigte im Besitz einer gültigen Schischulbewilligung war oder nicht, den §44 des Tiroler Schischulgesetzes anwenden. Folglich stand dem Antragsteller auch die Möglichkeit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat offen.

2.4. Der Individualantrag war darum allein schon aus dieser Erwägung heraus als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Schischulen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:G179.1992

Dokumentnummer

JFT_10069685_92G00179_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten